Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400273/4/Ki/Shn

Linz, 25.08.1994

VwSen-400273/4/Ki/Shn Linz, am 25. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Beschwerde des S K, vertreten durch Rechtsanwälte in L, vom 23. Juni 1994, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides der BPD Linz, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr.838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 23. Juni 1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 27. Juni 1994, wurde Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit eines Schubhaftbescheides der BPD Linz erhoben und beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben sowie der Beschwerde aufhebende Wirkung zuzuerkennen, da der Bescheidvollzug weder im öffentlichen Interesse sei und dem Beschwerdeführer (im folgenden Bf) in seinem Leben wegen der Beeinträchtigung der Grundrechte auf Freiheit und Familie mehr beeinträchtige als die Republik Österreich in öffentlichen Interessen.

2. In der Beschwerdebegründung wird im wesentlichen ausgeführt, daß der Bf staatenlos und eine Abschiebung daher faktisch unmöglich sei. Die Schubhaft könne nicht zur Durchsetzung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes führen.

3. Die BPD Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und gleichzeitig mitgeteilt, daß der Bf am 22. Juni 1994 nach Albanien abgeschoben wurde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorliegenden Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.1 Z1 FrG unterbleiben.

5. Es ergibt sich nachstehender im wesentlichen für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Der Bf ist im Jänner 1984 mit seinen Eltern und seinen Geschwistern illegal in das Bundesgebiet eingereist. Ein bei der Bezirkshauptmannschaft Baden gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 6. Februar 1984 abgewiesen, ein weiterer Asylantrag, gestellt am 24. August 1986, wurde freiwillig wieder zurückgezogen.

Die BPD Linz hat dem Bf am 13. Juli 1992 einen Fremdenpaß mit einer Gültigkeitsdauer bis 13. Juli 1994 ausgestellt. Von dieser Behörde erhielt er auch in der Folge Sichtvermerke, wobei der ihm zuletzt erteilte Sichtvermerk eine Gültigkeitsdauer bis zum 31. Juli 1993 aufweist.

Der Bf hat laut seinen Angaben bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Magistrates Linz um Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung angesucht, dieses Verfahren wurde nicht abgeschlossen.

Der Bf steht im 22. Lebensjahr und ist seit 22. Oktober 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Laut seinen Angaben hat er in Österreich als Kellner gearbeitet, er wurde am 26. November 1993 gekündigt.

Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet wurde der Bf zweimal rechtskräftig gerichtlich verurteilt nämlich 1. durch das Landesgericht Linz mit Urteil vom 4.9.1989, Zl.35 EVR 395/89, nach den §§ 127, 129/1, 129/2, 146, 136/1 und 136/2 StGB, wobei ein Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe ausgesprochen wurde, mit einer Probezeit von zwei Jahren (endgültige Nachsicht von der Verhängung einer Strafe am 25. August 1992) 2. durch das Landesgericht Linz mit Urteil vom 1.12.1992, Zl.31 Vr 1849/92, Hv 5/92, nach den §§ 127, 128 Abs.1/4, 129 Z1, 129 Z2, 130 und 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr, bei einer Probezeit von drei Jahren.

Weiters wurden über den Bf mehrere Verwaltungsstrafen verhängt, darunter vier rechtskräftige Bestrafungen nach § 64 Abs.1 KFG.

Mit Bescheid der BPD Linz vom 4. Jänner 1994, Zl.Fr-69.264, wurde über den Bf ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen. Einer dagegen erhobenen Berufung vom 2. März 1994 wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Mai 1994, Zl.St.91/94, keine Folge gegeben.

Dem Aufenthaltsverbot liegt zugrunde, daß im Hinblick auf die gerichtlichen Verurteilungen bzw die schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen die Annahme gerechtfertigt sei, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würden. In Anbetracht der Schwere der von ihm begangenen Kriminaldelikte, der Höhe der deshalb über ihn zuletzt verhängten Strafe und des Umstandes, daß es sich bereits um die zweite gerichtliche Verurteilung handle und dieser eine Reihe von verschiedenen Tathandlungen zugrundeliegen würden, erscheine das unbefristete Aufenthaltsverbot notwendig, auch wenn dadurch in sein Privat- und Familienleben eingegriffen werde. Es vermöge auch die Heirat vom 22. Oktober 1993 mit einer österreichischen Staatsbürgerin noch keine Integration zu begründen und würde die derzeitige Arbeitslosigkeit nicht für den Bf sprechen.

Das Risiko, daß es zu weiteren Straftaten durch den Bf komme, erscheine zu groß, weshalb ungeachtet der sicherlich gegebenen Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation und die seiner Familie doch die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer zu wiegen scheinen.

Die Berufungsentscheidung wurde dem Rechtsvertreter des Bf am 1. Juni 1994 zugestellt, dennoch hat er das Bundesgebiet vorerst nicht verlassen.

Mit Bescheid der BPD Linz vom 15. Juni 1994, Zl.Fr-69.264c, wurde zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) angeordnet. Dies mit der Begründung, daß er sich trotz des Umstandes, daß gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot in Österreich bestehe, nach wie vor hier aufhalte und offensichtlich nicht gewillt sei, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

Am 21. Juni 1994 um 21.10 Uhr wurde der Bf aufgrund des gegen ihn bestehenden Schubhaftbescheides festgenommen, gleichzeitig wurde der Schubhaftbescheid ausgehändigt.

Die Republik Albanien hat ein Heimreisezertifikat ausgestellt und es wurde der Bf am 22. Juni 1994 mittels Flugzeug nach Albanien abgeschoben. Bei einer am selben Tag erfolgten Einvernahme brachte er zum Ausdruck, daß er nicht nach Albanien abgeschoben werden könne, da er staatenlos sei.

Ein Kostenersatzantrag wurde weder vom Bf noch von der belangten Behörde gestellt.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides behauptet. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, aber nicht begründet.

Der Bf wurde bereits am 22. Juni 1994 nach Albanien abgeschoben und befand sich somit zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht mehr in Schubhaft. Im Sinne der obzitierten Bestimmung des § 52 Abs.4 FrG ist daher ausschließlich im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides) zu entscheiden.

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Der der Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 FrG zur Sicherung der Abschiebung erlassen und stützt sich im wesentlichen darauf, daß gegen den Bf ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für Österreich erlassen worden sei. Dieser Bescheid sei dem Rechtsvertreter am 1. Juni 1994 zugestellt worden, er halte sich somit trotz des Umstandes, daß gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot für Österreich besteht, nach wie vor unerlaubt hier auf und sei offensichtlich nicht gewillt, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.

Gemäß § 36 Abs.1 FrG können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn 1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit notwendig scheint oder 2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder 3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder 4. sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Im vorliegenden Falle ist der Bf seiner im Hinblick auf das erlassene Aufenthaltsverbot bestehenden Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen, zumal er nach Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes unverzüglich ausreisen hätte müssen (§ 22 Abs.1 FrG) und war darüber hinaus aufgrund seines Verhaltens, insbesondere im Hinblick auf seine Bemerkung, er könne nicht abgeschoben werden, da er staatenlos ist, zu befürchten war, er würde seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen. Außerdem ist aus dem bisherigen Verhalten des Bf evident, daß die Überwachung der Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit notwendig war.

Aus den dargelegten Gründen war auch zu befürchten, daß sich der Bf der beabsichtigten Abschiebung entziehen könnte, weshalb eine Sicherung der beabsichtigten Maßnahme durch Verhängung der Schubhaft geboten war.

Die Argumentation des Bf, er sei staatenlos und könne daher nicht nach Albanien abgeschoben werden ist schon damit widerlegt, daß sich die Republik Albanien bereit erklärt hat, ihn zu übernehmen und er am 22. Juni 1994 tatsächlich abgeschoben werden konnte.

Darüber hinaus ist festzuhalten, daß das Fremdengesetz keinerlei Regelung darüber enthält, daß eine Abschiebung nur in den Heimatstaat des Betroffenen zulässig ist. Maßgeblich ist ausschließlich, daß der Betreffende das Bundesgebiet verläßt. Umstände, welche eine Unzulässigkeit der Abschiebung begründen würden (§ 37 FrG) wurden nicht behauptet und sind auch nicht hervorgekommen.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der Bf durch die Verhängung der Schubhaft nicht in seinen Rechten verletzt wurde.

Was den Antrag, der Beschwerde eine aufhebende Wirkung zuerkennen zu lassen, anbelangt, ist festzustellen, daß eine derartige Maßnahme im FrG nicht vorgesehen ist. Durch die Bestimmung des § 51 Abs.2 Z2 FrG (Entscheidungspflicht über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche, wenn die Anhaltung des Fremden nicht vorher geendet hat) ist gewährleistet, daß eine - allfällige - rechtswidrige Inschubhaftnahme rechtzeitig aufgehoben wird.

Über einen Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten (§ 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG) war nicht abzusprechen, zumal weder durch die belangte Behörde noch durch den Bf ein entsprechender Antrag gestellt wurde.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum