Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400280/4/Ki/Shn

Linz, 24.08.1994

VwSen-400280/4/Ki/Shn Linz, am 24. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Beschwerde des A K, vertreten durch Rechtsanwalt vom 12. August 1994, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Freistadt, zu Recht erkannt:

I: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Anhaltung rechtmäßig ist.

II: Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr.838/1992 iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG zu II: §§ 74 und 79a AVG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Schriftsatz vom 12. August 1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 18. August 1994, wurde Beschwerde gegen die Verhängung der Schubhaft durch die belangte Behörde am 6. Juli 1994 sowie die Anhaltung in Schubhaft ab diesem Zeitpunkt erhoben und beantragt festzustellen, daß die Inschubhaftnahme ab 6. Juli 1994 sowie die Anhaltung in Schubhaft ab diesem Zeitpunkt rechtswidrig sind, sowie zu erkennen der Bund (Bundesminister für Inneres) sei schuldig, dem Beschwerdeführer (im folgenden Bf) die Kosten des Beschwerdeverfahrens im gesetzlichen Ausmaß binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu Handen des Beschwerdeführervertreters zu bezahlen.

I.2. In der Beschwerdebegründung wird ausgeführt, daß die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 41 ff FrG für die Inschubhaftnahme nicht vorliegen. Insbesondere bestehe keine Fluchtgefahr. Der Bf habe nach seiner Einreise in Österreich aus freien Stücken einen Asylantrag gestellt und sich zur Asylbehörde begeben. Er sei gewillt, den positiven Ausgang seines Asylverfahrens nach Kräften zu unterstützen und nicht dadurch zu unterlaufen und zu gefährden, daß er untertauche.

Es bestehe kein Anhaltspunkt für eine Fluchtgefahr. Dazu komme, daß die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Bundesbetreuung vorliegen und er daher anstatt in Schubhaft genommen zu werden in die Bundesbetreuung hätte übernommen werden müssen. Bereits aus diesem Grunde sei die Inschubhaftnahme und Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig.

Der angestrebte Schubhaftzweck, letzten Endes seine Ausweisung aus Österreich durchzusetzen, sei aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht erreichbar. Aus tatsächlichen Gründen scheitere seine Ausweisung und nachfolgende Abschiebung daran, daß er staatenlos sei und über keine Dokumente verfüge. Es werde daher faktisch unmöglich sein, seine Ausweisung aus Österreich zu vollstrecken. Rechtlich unzulässig sei seine Abschiebung infolge der Anwendbarkeit des Rückschiebungsverbotes, dessen Voraussetzungen in seinem Falle vollinhaltlich erfüllt wären.

Infolge Anwendung des Rückschiebungsverbotes dürfe seine Ausweisung nicht vollstreckt werden und erweise sich damit aber auch seine Anhaltung in Schubhaft zur Erreichung dieses rechtlich unerlaubten verbotenen Zweckes als rechtswidrig.

I.3. Die BH Freistadt als belangte Behörde hat den diesbezüglichen Verwaltungsakt vorgelegt und mitgeteilt, daß sich der Bf derzeit noch in Schubhaft befinde. Ein Kostenersatzantrag wurde nicht gestellt.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorliegenden Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.1 Z1 FrG unterbleiben.

I.5. Es ergibt sich nachstehender im wesentlichen für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Der Bf ist laut seinen Angaben Mitglied der Hamas. Er verließ ca am 9. Juni 1994 seine Heimat und reiste nach Jordanien, wo er sich zwischen fünf bis sechs Tagen in Aman aufgehalten hat. Unter Verwendung eines falschen Reisepasses begab er sich in der Folge nach Amsterdam und hielt sich ca 20 Tage in Holland auf. Anschließend reiste er von Amsterdam nach Österreich weiter, wobei sowohl die holländisch-deutsche Grenze als auch die deutsch-österreichische Grenze unter Umgehung der Grenzkontrolle passiert wurden. Die Einreise nach Österreich erfolgte am 3. Juli 1994, am 5. Juli 1994 wurde der Bf zusammen mit zwei weiteren Personen aufgegriffen.

Laut seinen Angaben besitzt er zusammen mit diesen Personen etwa 150 US $.

Ein am 6. Juli 1994 gestellter Antrag auf Gewährung von Asyl wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. Juli 1994, Zl.9402.349-Bal, abgewiesen. Die aufschiebende Wirkung der Berufung wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Juli 1994 wurde die Schubhaft angeordnet, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung zu sichern. Die Schubhaft wird im Gefangenenhaus der BPD Linz vollzogen.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 1994 stellte der Bf Anträge auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG sowie auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 36 Abs.2 iVm § 37 FrG.

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Juli 1994 wurde die Berufung des Bf gegen den Bescheid des Bundesasylamtes (als verspätet) zurückgewiesen.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und der Anhaltung in Schubhaft ab 6. Juli 1994 behauptet. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, aber nicht begründet.

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Der der Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 und 2 FrG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung erlassen und stützt sich im wesentlichen darauf, daß der Bf keinen Wohnsitz im Inland hat und nicht über die Mittel zur Bestreitung seines Aufenthaltes verfügt, weshalb zu befürchten ist, daß er sich den beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen könnte. Eine Überprüfung habe ergeben, daß er sich im Bundesgebiet unrechtmäßig aufhalte und sein Antrag auf Gewährung auf Asyl abgewiesen wurde. Die von der belangten Behörde in Aussicht genommene Ausweisung erscheint nicht von vornherein unzulässig, zumal der Bf jedenfalls unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist ist und binnen einem Monat betreten wurde (§ 17 Abs.2 Z6 FrG).

Darüber hinaus wäre auch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes denkbar, da der Bf den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag und er nicht rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist ist (§ 18 Abs.2 Z7 FrG).

Was nun die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung der beabsichtigten Ausweisung (bzw eines Aufenthaltsverbotes) anbelangt, so ist festzuhalten, daß nach der Judikatur des VwGH die illegale Einreise bzw der unrechtmäßige Aufenthalt für die Annahme, der Fremde werde sich dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen bzw diesen zumindest erschweren, ausreicht (vgl VwGH 17.6.1993, 93/18/0078). Auch die Mittellosigkeit und eine fehlende Unterkunft des Bf rechtfertigen diese Annahme (vgl VwGH 14.4.1993, 93/18/0080).

Nachdem sohin der Bf illegal in das Bundesgebiet eingereist ist und er weder über entsprechende Mittel zu seinem Unterhalt noch über eine entsprechende Unterkunft verfügt, ist nicht auszuschließen, daß er sich dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen bzw diesen zumindest erschweren könnte und es hat die belangte Behörde die Schubhaft zu Recht angeordnet.

Mit der Argumentation, er sei gewillt, den positiven Ausgang seines Asylverfahrens nach Kräften zu unterstützen und nicht dadurch zu unterlaufen und zu gefährden, daß er untertauche, ist nichts zu gewinnen, zumal, im Hinblick auf die illegale Einreise des Bf die Voraussetzungen für die Asylgewährung nicht vorliegen. Diesbezüglich wurde bereits von den Asylbehörden eine negative Entscheidung getroffen.

Was die Übernahme in die Bundesbetreuung anbelangt, so ist der unabhängige Verwaltungssenat für eine Sachentscheidung in dieser Angelegenheit nicht zuständig. Darüber hinaus besteht kein Rechtsanspruch auf die Bundesbetreuung (§ 1 Abs.3 Bundesbetreuungsgesetz).

Die Argumentation, der angestrebte Schubhaftzweck, nämlich die Ausweisung aus Österreich durchzusetzen, sei aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht erreichbar, ist zum derzeitigen Zeitpunkt nicht relevant, zumal die Schubhaft vorerst nicht zur Durchsetzung der Ausweisung sondern lediglich zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (bzw allenfalls eines Aufenthaltsverbotes) erlassen wurde. Die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Durchsetzung fremdenpolizeilicher Maßnahmen ist in diesem Verfahrensstadium noch nicht zu prüfen.

Die Argumentation, die Abschiebung sei infolge der Anwendbarkeit des Rückschiebungsverbotes rechtlich unzulässig, zielt auf eine Prüfung des Refoulment-Verbotes gemäß § 37 FrG hin.

Diesbezüglich kommt jedoch dem unabhängigen Verwaltungssenat nach der geltenden Rechtslage keine Sachentscheidungsbefugnis zu, zumal der Bf im Zuge des Verfahrens zur Erlassung der der Schubhaftverhängung zugrundeliegende fremdenpolizeiliche Maßnahme bereits einen Antrag auf Feststellung, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß der Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs.1 oder 2 bedroht ist, gestellt hat (§ 54 Abs.1 FrG). Gemäß den §§ 65 Abs.1 und 70 Abs.1 FrG sind für die Sachentscheidung in diesen Angelegenheiten die Fremdenpolizeibehörden (bzw Sicherheitsdirektionen als Berufungsbehörden) vorgesehen. Die gesetzwidrige Inanspruchnahme einer solchen Entscheidungskompetenz würde eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art.83 Abs.2 B-VG darstellen. Da es dem unabhängigen Verwaltungssenat im Bereich des Sonderverfahrens nach § 54 FrG bereits an der abstrakten Kompetenz zur Entscheidung fehlt, hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 4.10.1993, B 364/93-7, ausgesprochen, daß nach der Rechtslage des Fremdengesetzes nur für jene Fälle, in denen die Möglichkeit der Antragstellung iSd § 54 Abs.1 FrG nicht bestand, hinsichtlich der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Prüfung des Refoulement-Verbotes sinngemäß die Erwägungen des Erkenntnisses vom 19.6.1993, B 1084/92-6, auf der Grundlage des Fremdenpolizeigesetzes gelten.

Damit war auf dieses Beschwerdevorbringen nicht näher einzugehen.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der Bf durch die Verhängung der Schubhaft nicht in seinen Rechten verletzt wurde und derzeit auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich sind, wonach die Schubhaft bisher unangemessen lange dauern würde oder der belangten Behörde unangemessene Verzögerungen anzulasten wären. Es liegen demnach auch die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II:

Die Entscheidung stützt sich auf die angeführten rechtlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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