Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400288/7/Le/La

Linz, 31.08.1994

VwSen-400288/7/Le/La Linz, am 31. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Manfred Leitgeb über die Beschwerde des L X, chinesischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.043,33 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 24.8.1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 24.8.1994, im Wege der Telekopie, erhob Herr L X, durch seinen ausgewiesenen Vertreter, Rechtsanwalt Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau und beantragte die Aufhebung dieses Bescheides sowie die unverzügliche Entlassung des Beschwerdeführers (im folgenden kurz: Bf.) aus der Schubhaft. Gleichzeitig wurde beantragt, die angerufene Behörde möge gem. § 52 Abs.2 FrG eine mündliche Verhandlung anberaumen, weil der Sachverhalt nur durch ergänzende Vernehmung des Bf. geklärt werden könne.

In der Begründung dazu wurde ausgeführt, daß der Bf.

chinesischer Staatsbürger sei und seit mehreren Jahren mit seiner Ehefrau sowie zwei Kindern in Z, wohnhaft bzw. dort polizeilich gemeldet sei. Bis vor kurzem hätte er an diesem Standort mit seiner Gattin ein China-Restaurant betrieben. Die belangte Behörde hätte in Ansehung des § 41 FrG vor Erlassung des Schubhaftbescheides prüfen müssen, ob der Bf. über einen aufrechten Wohnsitz in Österreich verfüge, er einer geregelten Beschäftigung nachgehe und in Österreich (konkret Z) sozial integriert sei. Diese Kriterien würden vom Bf. allesamt erfüllt werden.

Die Behauptung der belangten Behörde, wonach die Bezirkshauptmannschaft Zell am See gegen den Bf. ein Aufenthaltsverbot verhängt hätte, sei nur teilweise richtig:

Es hätte jedenfalls festgestellt werden müssen, daß der Bf.

dagegen eine Berufung an die Sicherheitsdirektion des Landes Salzburg erhoben hat und deshalb nicht von einem rechtskräftigen Aufenthaltsverbot ausgegangen werden könne.

Auch die Feststellung, wonach die Bundespolizeidirektion Wien den Bf. zur Aufenthaltsermittlung für das Gericht ausgeschrieben habe, sei nicht von Relevanz.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg habe gegen den Bf. am 11.7.1994 Strafantrag erhoben und laufe seither beim Landesgericht Salzburg ein Strafverfahren gegen den Bf. Am 10.8.1994 hätte eine Hauptverhandlung stattgefunden, die auf 14.9.1994 vertagt worden sei. Da das Gericht den Bf. auf freiem Fuß belassen habe, sei davon auszugehen, daß das Gericht die soziale Integration des Bf. annehme und sohin die Ausschreibung der Bundespolizeidirektion Wien keine Gültigkeit mehr habe.

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften wird weiters gerügt, daß dem Bf. anläßlich seiner Einvernahme kein Dolmetscher der chinesischen Sprache beigestellt worden sei, obwohl gerichtlich beeidete Dolmetscher im nahegelegenen Salzburg tätig wären.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit wird gerügt, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt hätte, daß beim Bf. ernsthafte Gefahr bestehe, daß er sich dem Zugriff der Behörde entziehen werden, wenn von der Verhängung der Schubhaft Abstand genommen werde. Diese Rechtsansicht sei verfehlt und sohin der Bescheid rechtswidrig. Die belangte Behörde hätte vielmehr von der Verhängung der Schubhaft zwingend absehen müssen, da der Bf.

seinen ordentlichen Wohnsitz in Z habe und dort auch seine Familie lebe, sodaß von einer vollständigen sozialen Integration auszugehen sei. Der Bf. verfüge über genügend finanzielle Mittel, um für sich und seine Familie den Aufenthalt in Österreich zu sichern. Angesichts seiner familiären Bindungen könne nicht angenommen werden, daß der Bf. seine Familie im Stich lassen und sich ins Ausland absetzen würde. Hinzu komme, daß der Reisepaß des Bf. vom Landesgericht Salzburg beschlagnahmt wurde und dieser Umstand eine Flucht zwar nicht unmöglich machen, aber jedoch erheblich erschweren würde.

Die Bezirkshauptmannschaft Zell am See, welche in erster Instanz gegen den Bf. ein Aufenthaltsverbot erlassen habe, hätte den Bf. vor einigen Monaten aus der Schubhaft entlassen. Seither seien hinsichtlich der Lebensverhältnisse des Bf. keine geänderten Umstände eingetreten. Es widerspreche dem Grundsatz der Rechtssicherheit und Rechtseinheit, wenn die belangte Behörde in ihrer Ermessensentscheidung wesentlich von der Ermessensentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See abweiche, ohne hiefür gehörige und nachvollziehbare Gründe anzugeben.

Gefahr im Verzug sei jedenfalls nicht gegeben.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und mitgeteilt, daß sich der Beschwerdeführer in Schubhaft in Steyr befindet.

Weiters legte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg den Verwaltungsakt Zl. Fr-5920/1/94, im Verfahren betreffend Berufung über das verhängte Aufenthaltsverbot, ebenfalls vor.

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau erstattete zum Beschwerdevorbringen eine ausführliche Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde sowie die Zuerkennung des pauschalierten Aufwandersatzes.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Ausführungen in der Beschwerde ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben, zumal die Einvernahme des Bf. zur Wahrheitsfindung in den entscheidungsrelevanten Punkten nichts mehr hätte beitragen können.

4. Es ergibt sich sohin im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf. ist chinesischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben - mit einem gefälschten Sichtvermerk im Juli 1990 mit dem Flugzeug über Rumänien nach Österreich ein, wo er am Flughafen Wien-Schwechat ankam. Nachdem er in Wien in einigen China-Restaurants als Koch bzw. Kellner gearbeitet hatte, eröffnete er ca. im März 1992 in Z ein eigenes China-Restaurant.

Im April 1994 wurde an die Staatsanwaltschaft Salzburg Strafanzeige gegen den nunmehrigen Bf. erhoben wegen des Verdachtes der organisierten Schlepperei, der Urkundenfälschung und der Urkundenunterdrückung.

Aus den Ermittlungen des Gendarmeriepostens Zell am See und der Strafanzeige vom 10.4.1994 geht weiters hervor, daß das China-Restaurant in Z aus sanitätspolizeilichen Gründen gem. § 360 der GewO wegen Vorliegens einer Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen geschlossen wurde.

Weiters geht daraus hervor, daß der nunmehrige Bf. anfangs März 1994 beim Bezirksgericht Zell am See die Scheidung von seiner Frau C A eingereicht hat; eine Verhandlung konnte aufgrund der Festnahme des nunmehrigen Bf. noch nicht stattfinden.

4.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 24.5.1994, Zl. 6/353/10646/16-1994, wurde über den nunmehrigen Bf. (der zum damaligen Zeitpunkt im Polizeigefangenenhaus Klagenfurt inhaftiert war) gem. § 18 Abs.1 und 2 Z5 FrG ein bis zum 24.5.2004 auf die Dauer von 10 Jahren, gerechnet ab Erlassung dieses Bescheides befristetes Aufenthaltsverbot für das österreichische Bundesgebiet ausgesprochen. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung abgesprochen. Gleichzeitig wurde angeordnet, daß er das Bundesgebiet bis zum 1.6.1994 verlassen müsse. In der Begründung dieses Bescheides wurde nach einem Hinweis auf die Rechtslage ausgeführt, daß Herr L dringend verdächtig sei, vorsätzlich mehrere chinesische Staatsangehörige gegen Entgelt geschleppt zu haben bzw. an der Schlepperei maßgeblich beteiligt gewesen zu sein. Darüber hinaus sei er dringend der Urkundenfälschung, der Urkundenunterdrückung sowie der Nötigung verdächtig. (Diese Angaben wurden ausführlich begründet.) Weiters wurde angeführt, daß gegen die Ehegattin des nunmehrigen Bf., Frau C A ebenfalls ein Verfahren zwecks Verhängung eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet worden sei, da diese ebenfalls auf der Grundlage eines gefälschten Sichtvermerkes und damit illegal in Österreich sei. Lediglich aus humanitären Gründen (Frau C stand damals unmittelbar vor ihrer Niederkunft) wäre von der Durchsetzung fremdenpolizeilicher Maßnahmen abgesehen worden. Die einjährige Tochter des Ehepaares sei derzeit in China.

In der Begründung wurde weiters ausgeführt, daß Herr L anfangs März 1994 beim Bezirksgericht Zell am See die Scheidungsklage von seiner Frau C eingereicht habe. Aus diesem Grunde könne von einer privaten sowie familiären Bindung zu Österreich nicht mehr gesprochen werden. Auch der gemeinsame Gaststättenbetrieb in Z sei auf Grund schwerer sanitätspolizeilicher Mängel für unbestimmte Zeit gem. § 360 GewO 1973 geschlossen worden. Die in § 20 Abs.1 FrG erforderlichen Interessensabwägung sei daher zu ungunsten des Bescheidadressaten ausgefallen. Weiters wurde bemerkt, daß die vom Betroffenen an den Tag gelegte Verhaltensweise von der Rechtsordnung verpönt sei und deshalb die nachteiligen Folgen von der Abstandnahme dieser fremdenpolizeilichen Maßnahme schwerwiegender erscheinen als seine persönlichen und privaten Interessen am Verbleib in Österreich. Wegen der im öffentlichen Interesse gelegenen besonderen Dringlichkeit dieser Maßnahme wurde auch die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung aberkannt.

Mit Schriftsatz vom 1.6.1994 brachte der nunmehrige Bf. durch seine damaligen Rechtsvertreter gegen dieses Aufenthaltsverbot Berufung ein; in einem gesonderten Schriftsatz wurde ein Antrag auf Durchsetzungsaufschub gem. § 22 FrG gestellt. Über diese Anträge ist offensichtlich noch nicht entschieden worden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 7.6.1994 wurde gegen den nunmehrigen Bf. Schubhaft angeordnet, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit bzw. um die Abschiebung zu sichern. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß der Fremde das Bundesgebiet bis zum 1.6.1994 hätte verlassen müssen, er dieser Anordnung jedoch nicht gefolgt sei. Er wäre am 6.6.1994 in Saalfelden aufgegriffen und festgenommen worden.

Mit Schriftsatz vom 15.6.1994 erhob der nunmehrige Bf.

dagegen Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg.

Mit Schriftsatz vom selben Tag wurde ein Antrag gem. § 54 und § 36 Abs.2 FrG an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See gestellt.

Der nunmehrige Bf. wurde am 24. Juni 1994 aus der Schubhaft entlassen, weil er angab, unbedingt nach Slowenien ausreisen zu wollen. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, daß er seinen Reisepaß bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See zur Ausreise nach Slowenien beheben könne.

Aus der Niederschrift vom 24.6.1994, aufgenommen vor der Bezirkshauptmannschaft Zell am See mit dem nunmehrigen Bf.

geht hervor, daß er am selben Tage aus der Schubhaft entlassen wurde. Er kündigte sein Vollmachtsverhältnis zur Rechtsanwaltskanzlei und zog seine Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Salzburg zurück.

Er gab weiters an, derzeit mittellos zu sein, jedoch 3.000 S von seiner Gattin zu erwarten.

Die Behörde teilte ihm mit, daß sein Reisepaß nicht ausgefolgt werden könne, weil dieser vom Landesgericht Salzburg weiterhin in Beschlag behalten werde. Er gab an, unverzüglich Österreich zu verlassen, sobald er im Besitz eines Reisedokumentes sei.

Hinsichtlich der Berufung gegen das Aufenthaltsverbot gab er an, kein Interesse an der Durchführung eines Berufungsverfahrens zu haben.

4.3. Am 22.8.1994 wurde der Bf. anläßlich einer fremdenpolizeilichen Kontrolle durch Beamte des Gendarmeriepostenkommandos Braunau am Inn angehalten. Da er sich nicht ausweisen konnte, wurde er festgenommen.

Ermittlungen ergaben, daß er bereits am 20.8.1994 beim Servieren in einem Braunauer China-Restaurant beobachtet worden sei. Er war zu diesen Zeitpunkt in Braunau nicht gemeldet und hatte für Oberösterreich auch keine gültige Arbeitserlaubnis.

4.4. Mit Bescheid vom 22.8.1994 wurde der Bf. zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen. Die Erstbehörde ging dabei von der Annahme aus, daß ein aufrechtes Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Zell am See besteht und der Bf. trotz dieses Verbotes das Bundesgebiet nicht verlassen hat. Außerdem sei er von der Bundespolizeidirektion Wien mit Datum vom 7.7.1994 zur Aufenthaltsermittlung für das Gericht ausgeschrieben.

Der Bf. wurde sodann in das Polizeigefangenenhaus Steyr überstellt.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Anhaltung behauptet und die Feststellung begeht, daß die Voraussetzungen für die Anhaltung bzw. Aufrechterhaltung der Schubhaft nicht vorliegen. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet:

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargelegten Sachverhaltes steht fest, daß der Bf. ohne gültiges Reisedokument, nach Österreich eingereist ist. Weiters steht fest, daß gegen den Bf. mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 24.5.1994 ein Aufenthaltsverbot erlassen wurde; einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters wurde angeordnet, daß Herr L bis zum 1.6.1994 das Bundesgebiet zu verlassen habe.

Dieser Verpflichtung ist er nicht pflichtgerecht nachgekommen.

Daher wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 7.6.1994 (zugestellt am 8.6.1994) die Schubhaft verhängt, die am 24.6.1994 wieder aufgehoben wurde. In der Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 24.6.1994 findet sich keine Begründung für die Aufhebung der Schubhaft. Es findet sich in dieser Niederschrift lediglich die Feststellung, daß der zuständige Richter des Landesgerichtes Salzburg den Reisepaß weiterhin in Beschlagnahme halte.

Der Bf. ist seit diesem Zeitpunkt offensichtlich untergetaucht und wurde erst am 22.8.1994 wieder festgenommen; allerdings nicht an seinem angeblich ordentlichen Wohnsitz, sondern in Braunau. Er hat damit nicht den Eindruck erweckt, daß er Österreich verlassen wolle.

Gemäß § 36 Abs.1 FrG können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot ... durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn ... 2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind ...

Ein Aufenthaltsverbot wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 24.5.1994 verhängt; einer allfälligen Berufung dagegen wurde die aufschiebende Wirkung abgesprochen. Der Bf. hat zwar gegen diesen Bescheid durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter Berufung erhoben, doch hat er anläßlich der Amtshandlung bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See am 24.6.1994 angegeben, daß er kein Interesse an der Durchführung eines Berufungsverfahrens betreffend das Aufenthaltsverbot habe. Ob diese Aussage als Zurückziehung seiner Berufung gewertet wird, obliegt der Beurteilung durch die zuständige Berufungsbehörde, nämlich die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg.

Für das gegenständliche Beschwerdeverfahren ist dies jedoch nicht von gravierender Bedeutung, da das Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Zell am See durchsetzbar iSd § 36 Abs.1 FrG ist:

Auch unter der (eher unwahrscheinlichen) Annahme, daß die Berufung gegen das Aufenthaltsverbot als aufrecht angesehen wird und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell am See daher nicht als rechtskräftig angesehen wird, so ist doch festzustellen, daß das in diesen Bescheid ausgesprochene Aufenthaltsverbot auf Grund des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung auf Grund der Bestimmung des § 22 Abs.2 FrG durchsetzbar ist; auf Grund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung hat der Fremde daher unverzüglich auszureisen.

Da er dieser Verpflichtung bislang nicht nachgekommen ist, wurde gem. § 41 Abs.1 FrG zu Recht die Schubhaft verhängt.

Es obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht, die Erfolgsaussichten der Berufung oder eines allfälligen Antrages auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu beurteilen. Er ist vielmehr gehalten zu prüfen, ob das für die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung eine (mittelbar) Tatbestandswirkung anzeigende (durchsetzbare) Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht ist.

Da dies zutrifft, ist der erkennende Verwaltungssenat daran gebunden (siehe hiezu auch VwGH vom 28.10.1993, 93/18/0372).

5.4. Zu den Ausführungen in der Beschwerde ist folgendes festzustellen:

Dem Vorbringen, der Bf. hätte einen aufrechten Wohnsitz in Österreich und wäre in Zell am See sozial integriert, ist entgegenzuhalten, daß "Österreich" als aufrechter Wohnsitz zu unbestimmt ist. Was die soziale Integration in Zell am See anlangt, geht aus den Verwaltungsakten eindeutig hervor, daß das China-Restaurant in Z, von der Gewerbebehörde geschlossen wurde.

Offensichtlich ist diese Adresse auch nicht mehr der ordentliche Wohnsitz des Bf., da aus den Verwaltungsakten eindeutig hervorgeht, daß er am 6.6.1994 in S und am 22.8.1994 in Braunau festgenommen wurde. Es steht weiters fest, daß der Bf. bereits am 20.8.1994 in einem China-Restaurant in Braunau beobachtet worden ist, als er dort eine Serviertätigkeit ausübte. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß er - zumindest vorläufig, nicht mehr ständig in Z, wohnhaft ist.

Hinsichtlich der Behauptung, das Aufenthaltsverbot sei nicht rechtskräftig, wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Zur Entgegnung, daß die Ausschreibung der Bundespolizeidirektion Wien zur Aufenthaltsermittlung für das Gericht nicht von Relevanz sei, wird angemerkt, daß dieses Kriterium allenfalls zusätzlich zur Begründung der Zulässigkeit der Schubhaft herangezogen werden könnte, jedoch nicht alleine den Grund für die Schubhaft darstellt. Vielmehr ist auf Grund des durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes alleine eine wirkungsvoller Schubhaftgrund gegeben.

Auch der Hinweis darauf, daß am 10.8.1994 beim Landesgericht Salzburg eine Hauptverhandlung stattgefunden hätte, und der Bf. auf freiem Fuß belassen wurde, kann für das gegenständliche Verfahren nichts bringen, zumal die Haftgründe nach der Strafprozeßordnung andere sind als nach dem Fremdengesetz. Das bedeutet, daß bei Nichterfüllung eines Haftgrundes nach der Strafprozeßordnung völlig unabhängig davon ein Grund für die Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes vorliegen kann.

Die Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß dem Bf. anläßlich seiner Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Braunau kein Dolmetscher der chinesischen Sprache beigestellt worden sei, ist nicht zutreffend, zumal aus der Niederschrift hervorgeht, daß der Bf. der Amtshandlung ohne weiteres auch in deutscher Sprache folgen konnte; auf Grund der Tatsache, daß er auch seinen Rechtsvertreter verständigen konnte und dieser die nötigen Prozeßhandlungen vornehmen konnte, ist eine Verletzung von Rechten des Bf. daher nicht in einem solchen Ausmaß offenkundig, daß eine im Ergebnis anders geartete Amtshandlung entstanden wäre.

Die Behauptung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides, wonach auf Grund seines ordentlichen Wohnsitzes in Z, seiner dort lebenden Familie und dadurch gegebenen vollständigen Integration und des Vorhandenseins genügender finanzieller Mittel die Annahme nicht gerechtfertigt sei, daß der Bf. seine Familie im Stich lassen und sich ins Ausland absetzen würde ist aktenwidrig:

In der Niederschrift vom 24.6.1994, aufgenommen bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See, hat der Bf. selbst angegeben, daß er Österreich unverzüglich in Richtung Slowenien verlassen möchte und daß er derzeit mittellos sei.

Seine Gattin hätte ihm zugesagt, zur Ausreise von ihr Geld in der Höhe von 3.000 S zu erhalten.

Auf Grund dieser Aussage, sowie der Tatsache, daß der Bf. in Braunau (sohin nicht in Z) aufgegriffen wurde, ergibt sich, daß er seine sozialen Bindungen zu Z zumindest derzeit abgebrochen hat, sodaß die Verhängung der Schubhaft rechtmäßig war.

Auch der Hinweis darauf, daß die Bezirkshauptmannschaft Zell am See den Bf. "vor einigen Monaten" aus der Schubhaft entlassen habe, kann eine Gesetzwidrigkeit der Inschubhaftnahme durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau nicht darlegen, da die Bezirkshauptmannschaft Zell am See keine Behörde ist, deren Handlungen in irgendeiner Weise die Bezirkshauptmannschaft Braunau binden könnte.

5.5. Da die Gründe für die Verhängung der Schubhaft daher fortbestehen, war die Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig und liegen auch weiterhin die Gründe für die Anhaltung in Schubhaft vor, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

6. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine ausführliche Gegenschrift verfaßt hat, war ihr nach der Pauschalierungsverordnung, BGBl.Nr. 416/1994, der entsprechende Aufwand zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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