Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400297/5/Ki/Shn

Linz, 13.10.1994

VwSen-400297/5/Ki/Shn Linz, am 13. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Beschwerde des A A K, Staatsangehörigkeit Bangladesh, derzeit vom 4. Oktober 1994, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides bzw Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, zu Recht erkannt:

I.1. Die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides wird wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.

I.2. Die Beschwerde gegen die derzeitige Anhaltung in Schubhaft wird als unbegründet abgewiesen. Es wird festgestellt, daß die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Anhaltung rechtmäßig ist.

II: Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (Bund) Kosten in Höhe von 376,66 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr.838/1992, iVm §§ 67c Abs.1 und 3 bzw 68 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG zu II: §§ 74 und 79a AVG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 7. Oktober 1994, hat der Beschwerdeführer (im folgenden Bf) eine Schubhaftbeschwerde erhoben und beantragt, den Schubhaftbescheid Zl.Sich41-468-1994 der Bezirkshauptmannschaft Schärding für rechtswidrig zu erklären bzw die derzeitige Anhaltung für rechtswidrig zu erklären.

I.2. In der Beschwerdebegründung wird ausgeführt, daß die Botschaft des Heimatlandes des Bf kein Heimreisezertifikat ausstelle, sodaß das Ziel gemäß § 48 (2) FrG nicht erreicht werden könne. Der Bf besitze keinen Reisepaß und könne daher nicht abgeschoben werden.

Weiters sei er Mitglied der Jatyo-Partei und stehe in Opposition zur Regierungspartei BNP. Man mache ihn für den Tod eines Studenten verantwortlich, er habe jedoch mit diesem Todesfall nichts zu tun und befürchte, daß ihm die Polizei nicht glaube und ihn als Mitglied der Oppositionspartei streng und unmenschlich für eine nicht begangene Tat bestrafe. Er ersuche um faire Prüfung seiner Fluchtgründe.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und darauf hingewiesen, daß laut telefonischer Ankündigung des BMI, Abteilung III/16, der Botschafter von Bangladesh in Bonn angekündigt habe, daß er in der Zeit von 4.10. bis 7.10.1994 alle in Schubhaft befindlichen Staatsangehörigen aus Bangladesh aufsuchen möchte, um ihnen an Ort und Stelle nach Prüfung ein Heimreisezertifikat auszustellen. Der Bf befinde sich derzeit noch in Schubhaft im Polizeigefangenenhaus Klagenfurt.

Auf telefonische Anfrage des gefertigten Mitgliedes vom 12.10.1994 hat die belangte Behörde ergänzend mitgeteilt, daß nunmehr aufgrund einer telefonischen Anfrage beim BMI mitgeteilt wurde, daß laut einer Zusage der Botschaft von Bangladesh, Konsularabteilung, an die österreichische Botschaft in Bonn die Heimreisezertifikate für die Schüblinge aus Bangladesh noch in dieser Woche bzw Anfang nächster Woche der BH Schärding übermittelt werden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorliegenden Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.1 Z1 FrG unterbleiben.

I.5. Zunächst ist festzustellen, daß der unabhängige Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 23. August 1994, VwSen-400286/3/Ki/Shn, eine Beschwerde des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers vom 16. August 1994 wegen Anhaltung in Schubhaft durch die BH Schärding als unbegründet abgewiesen hat. In diesem Erkenntnis wurde festgestellt, daß der Bf durch die Verhängung der Schubhaft (Bescheid der BH Schärding vom 26. Juli 1994, Sich41-468-1994) nicht in seinen Rechten verletzt wurde. Auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des genannten Erkenntnisses wird verwiesen und nachstehender zusätzlicher im wesentlichen für die Entscheidung relevanter Sachverhalt festgestellt.

Der Bf hat am 8.8.1994 einen Antrag auf Gewährung auf Asyl gemäß § 3 des Asylgesetzes 1991 gestellt, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.8.1994, Zl.9402814-BAG, abgewiesen wurde. Wegen Gefahr im Verzug wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.

Mit Bescheid des Bundesministerium für Inneres vom 14. September 1994, Zl.4.344.719/3-III-13/94, wurde eine Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen.

Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 22. September 1994, Sich41-468-1994-Hol, über den Bf ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen und ebenfalls die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen den Bescheid ausgeschlossen. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Aufenthalt des Bf die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde bzw den im Art.VIII Abs.2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Die Mißachtung der Bestimmungen des FrG bzw des Grenzkontrollgesetzes sowie die Mittellosigkeit des Bf würden nun so schwer schwiegen, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art.VIII Abs.2 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten sei.

Am 22. September 1994 wurde dem Bf ferner mitgeteilt, daß bis dato seitens seiner Botschaft in Bonn kein Rückreisezertifikat eingelangt sei und daher die Schubhaft über zwei Monate hinaus ausgedehnt werden müsse.

Im Verfahrensakt befindet sich ferner ein Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 31. August 1994. Gemäß diesem Beschluß wurde Herr A M, M, zum Vormund des am geborenen (minderjährigen) Bf bestellt.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs.1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, grundsätzlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Nachdem der unabhängige Verwaltungssenat bereits mit Erkenntnis vom 23. August 1994, VwSen-400286/3/Ki/Shn, über eine Beschwerde des Bf hinsichtlich Verhängung der Schubhaft entschieden hat und diese Entscheidung, da dagegen kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist, durch Zustellung an die Verfahrensparteien rechtskräftig wurde, war der diesbezügliche Beschwerdepunkt unzulässig und daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich auch gegen die derzeitige Anhaltung in Schubhaft. Diesbezüglich sind die Beschwerdevoraussetzungen erfüllt. Die Beschwerde ist in diesem Punkt daher zulässig, aber nicht begründet.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Die Schubhaft darf gemäß Abs.2 leg.cit. so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

Gemäß § 48 Abs.3 leg.cit. gilt, wenn ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar wird und die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig erscheint, die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1.) weil über einen Antrag gemäß § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2.) weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder 3.) weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z3) insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden.

Im vorliegenden Falle wurde innerhalb der gemäß Abs.2 festgelegten Zweimonatsfrist ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen, weshalb die Schubhaft bis zu diesem Zeitpunkt (Zustellung am 26. September 1994) aus den im bereits zitierten Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates vom 23. August 1994 dargelegten Gründen gerechtfertigt war. In der Folge gilt die Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit der fremdenpolizeilichen Maßnahme (Aufenthaltsverbot) als zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Dies ist im vorliegenden konkreten Falle insofern zulässig, als der Bf mangels eines gültigen Reisedokumentes derzeit die für die Einreise erforderliche Bewilligung seines Heimatstaates nicht besitzt (§ 48 Abs.4 FrG). Zur Durchführung der Abschiebung hat daher die belangte Behörde ein "Heimreisezertifikat" zu beschaffen, diesbezüglich hat die Botschaft von Bangladesh, Konsularabteilung, der österreichischen Botschaft in Bonn angekündigt, daß die Heimreisezertifikate für die Schubhäftlinge aus Bangladesh der BH Schärding übermittelt werden. Der belangten Behörde ist unter diesen Umständen auch nicht vorzuwerfen, daß sie das Verfahren hinsichtlich der Abschiebung entgegen der Anordnung des § 48 Abs.1 FrG verzögert hätte.

Da der Bf weder über entsprechende Mittel zu seinem Unterhalt noch über eine entsprechende Unterkunft verfügt, gegenteiliges wurde in der verfahrensgegenständlichen Haftbeschwerde auch nicht behauptet, ist nicht auszuschließen, daß er sich der Abschiebung entziehen könnte, sodaß zu deren Sicherung die weitere Anhaltung in Schubhaft notwendig ist. Sollte der als Vormund bestellte Onkel des Bf (Herr A M) bereit sein, für den Unterhalt des Bf zu sorgen und ihm auch Quartier zu beschaffen, so müßte der Bf diese Umstände glaubhaft darlegen.

Der Umstand, daß sich die Botschaft von Bangladesh bereit erklärt hat, der belangten Behörde die erforderlichen Heimreisezertifikate zu übermitteln, widerlegt auch vorerst die Argumentation des Bf, daß keine Heimreisezertifikate ausgestellt würden.

Zum Ersuchen um Prüfung der Fluchtgründe gemäß § 37 Abs.2 FrG ist festzustellen, daß diesbezüglich dem unabhängigen Verwaltungssenat nach der geltenden Rechtslage keine Sachentscheidungsbefugnis zukommt. Diesbezüglich sieht das geltende Fremdengesetz vor, daß im Zuge des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes die Möglichkeit besteht, einen Antrag auf Feststellung, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß der Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs.1 oder 2 bedroht ist, zu stellen (§ 54 Abs.1 FrG). Das der Abschiebung zugrundeliegende Aufenthaltsverbot wurde gemäß den Bestimmungen des FrG erlassen und es wäre dem Bf frei gestanden, im Rahmen dieses Verfahrens eine Antrag auf Prüfung des Refoulementverbotes einzubringen bzw stünde es ihm frei, im Rahmen eines allfälligen Berufungsverfahrens einen solchen Antrag zu stellen.

Gemäß den §§ 65 Abs.1 und 70 Abs.1 FrG sind für die Sachentscheidung in diesen Angelegenheiten die Fremdenpolizeibehörden (bzw Sicherheitsdirektionen als Berufungsbehörden) vorgesehen. Die gesetzwidrige Inanspruchnahme einer solchen Entscheidungskompetenz durch den unabhängigen Verwaltungssenat würde eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter gemäß Art.83 Abs.2 B-VG darstellen. Da es dem unabhängigen Verwaltungssenat im Bereich des Sonderverfahrens nach § 54 FrG bereits an der abstrakten Kompetenz zur Entscheidung fehlt, hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 4.10.1993, B364/93-7, ausgesprochen, daß nach der Rechtslage des Fremdengesetzes nur für jene Fälle, in denen die Möglichkeit der Antragstellung iSd § 54 Abs.1 FrG nicht bestand, hinsichtlich der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Prüfung des Refoulementverbotes sinngemäß die Erwägungen des Erkenntnisses vom 19.6.1993, B1084/92-6, auf der Grundlage des Fremdenpolizeigesetzes gelten. In einem weiteren Erkenntnis vom 16. Juni 1994, B1774/93, hat der VfGH überdies ausgesprochen, daß der unabhängige Verwaltungssenat das Refoulementverbot nicht zu prüfen hat, wenn dem Bf die Möglichkeit eines Feststellungsantrages gemäß § 54 FrG offenstand, und zwar auch dann nicht, wenn er diese Möglichkeit nicht genützt hat.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß derzeit aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich sind, wonach die Schubhaft bisher unangemessen lange dauern würde oder der belangten Behörde unangemessene Verzögerungen anzulasten wären. Es liegen demnach die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vor. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der belangten Behörde war als obsiegender Partei antragsgemäß der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten iSd § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG für den Aktenvorlageaufwand zuzusprechen. Dabei ist nach ständiger Judikatur des VwGH von einem Ansatz in Höhe von zwei Drittel des Pauschalkostenersatzes vor dem VwGH (BGBl.Nr.416/1994, Art.IB Z4 und 5) auszugehen. Dem unterlegenen Bf waren keine Kosten zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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