Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400303/5/Ki/Shn

Linz, 08.11.1994

VwSen-400303/5/Ki/Shn Linz, am 8. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Beschwerde des P D K, irakischer Staatsbürger, derzeit Justizanstalt Ried im Innkreis, vertreten durch Rechtsanwalt vom 28. Oktober 1994 wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides bzw Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, zu Recht erkannt:

I: Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Anhaltung in Schubhaft ab 27. Oktober 1994 für rechtswidrig erklärt wird. Hinsichtlich Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides (Inhaftnahme) sowie der Anhaltung in Schubhaft bis 26. Oktober 1994 wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II: Der Bund hat dem Beschwerdeführer als Ersatz des Aufwandes, der mit der Einbringung der Beschwerde verbunden war (Schriftsatzaufwand) 8.333,33 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr.838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG zu II: §§ 74 und 79a AVG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1994, beim Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 2. November 1994, hat der Beschwerdeführer (Bf) Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft erhoben und beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat möge feststellen, daß der Bescheid der BH Schärding vom 26.8.1994, Sich 41-561-1994, die Inhaftnahme sowie die Anhaltung in Schubhaft ab diesem Zeitpunkt rechtswidrig sind sowie erkennen, der Bund (BMfI) ist schuldig, dem Bf die Kosten des Beschwerdeverfahrens im gesetzlichen Ausmaß binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu Handen des Bf-Vertreters zu bezahlen.

I.2. In der Beschwerdebegründung wird im wesentlichen bemängelt, daß die belangte Behörde die Schubhaft als Vorbereitungs- und nicht als Sicherungsmaßnahme versteht und so in präjudizierender Weise das Ergebnis des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorwegnimmt. Dies sei aber nicht die Aufgabe der einen Schubhaftbescheid erlassenden Behörde, vielmehr habe sie sich lediglich darauf zu beschränken, zu prüfen, ob die Maßnahme der Inhaftnahme notwendig sei, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern.

Die belangte Behörde dürfte den Bescheid auf der Grundlage des § 41 FrG vorangegangenen § 5 Abs.1 FrPG erlassen haben und sei auch insofern von einem rechtswidrigen Bescheid auszugehen.

Weiters wird bemängelt, daß im Schubhaftbescheid die Übernahmebestätigung fehle und es sohin überprüfungswürdig erscheine, ob der Bescheid überhaupt wirksam erlassen wurde.

Hinsichtlich Rechtswidrigkeit der Inhaftnahme wird ausgeführt, daß zum Zeitpunkt der Verfassung des Schubhaftbescheides bereits feststand, daß der Bf irakischer Staatsbürger sei. Zwar sei grundsätzlich die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung nicht Gegenstand eines Schubhaftverfahrens, stehe aber von vornherein fest, daß die Abschiebung in ein Land erfolgen soll, in welches sie nicht erfolgen darf, so entfalle der im § 41 FrG statuierte Zweck, da eine Auslieferung oder Abschiebung in einen Zielstaat untersagt sei, in dem die Vollstreckung, gegebenenfalls auch bloß die Verhängung der Todesstrafe drohe. Die Rückkehr in den Irak würde für den Bf die sofortige Verhängung der Todesstrafe mit sich bringen, weil er den Irak illegal verlassen habe.

Eine Abschiebung in den Irak komme so nicht in Betracht und könne damit auch der Zweck des § 41 FrG, nämlich die Sicherung der Abschiebung in das Heimatland, nicht erreicht werden.

Weiters führt der Bf aus, daß er nach Kanada auswandern möchte und am 26.8.1994 das Bundesgebiet verlassen wollte.

Es könne also von einem mangelnden Ausreisewillen überhaupt nicht gesprochen werden und es bestehe keine Notwendigkeit die Abschiebung zu sichern.

Schließlich wird auch die weitere Aufrechterhaltung der Schubhaft als rechtswidrig bezeichnet.

I.3. Die BH Schärding als belangte Behörde hat mitgeteilt, daß der gesamte Verfahrensakt am 16. September 1994 an die BH Baden zuständigkeitshalber übermittelt wurde. Die BH Baden hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorliegenden Verwaltungsakt Einsicht genommen und darüber hinaus bei der belangten Behörde telefonisch erhoben, daß der Bf bisher nicht iSd § 48 Abs.5 FrG von der weiteren Anhaltung in Schubhaft in Kenntnis gesetzt wurde. Es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.1 Z1 FrG unterbleiben.

I.5. Es ergibt sich nachstehender im wesentlichen für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Der Bf ist irakischer Staatsbürger und am 13. Juli 1994 illegal über den Landweg nach Österreich eingereist. Laut seinen Angaben hat er keinerlei familiäre Verbindungen zu Österreich und er verfügt über keinerlei finanzielle Mittel.

Nach seiner Einreise hielt er sich wenige Tage in Traiskirchen und in der Folge in Wien auf, wo er von der Caritas Wien betreut wurde. Am 26. August 1994 wollte er gemeinsam mit weiteren 16 Personen im Laderaum eines niederländischen LKW nach Holland reisen und wurde am selben Tag beim Zollamt Suben festgenommen. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 26. August 1994, Sich 41-561-1994, zur Vorbereitung eines Aufenthaltsverbotes bzw zur Sicherung der Abschiebung über den Bf die Schubhaft verhängt. Diese Maßnahme wurde damit begründet, daß der Bf illegal und ohne im Besitze eines gültigen Reisedokumentes in das Bundesgebiet eingereist und sich seit seiner Einreise illegal im Bundesgebiet aufgehalten habe. Da beabsichtigt sei, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und anschließend die Abschiebung in das Heimatland vorzunehmen, werde die Schubhaft verhängt. Die fremdenpolizeiliche Maßnahme sei erforderlich, da im weiteren Verfahren die genaue Identität noch zu klären sei, da der Bf nicht im Besitz eines Identitätsdokumentes sei.

Weiters wurde argumentiert, daß sich der Bf illegal im Bundesgebiet aufhalte und mit seiner illegalen Ein- und Ausreise bereits strafbare Tatbestände gesetzt habe. Sein Verhalten habe bisher gezeigt, daß er nicht gewillt sei, sich der österreichischen Rechtsordnung anzupassen. Es bestehe daher ernsthaft die Gefahr, daß er sich bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörden entziehen und dadurch die fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern würde. Die Schubhaft wird in der Justizanstalt Ried/Innkreis vollzogen.

Bereits am 14. Juli 1994 stellte der Bf unter dem Namen C D P einen Antrag auf Gewährung von Asyl, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. Juli 1994, Zl.9402.442-BAT, abgewiesen wurde.

In der Folge hat die BH Baden (Außenstelle Flüchtlingslager Traiskirchen) mit Bescheid vom 21. Juli 1994, Zl.11/T-9402442, über den Bf die Ausweisung aus dem Bundesgebiet mit der Wirkung verfügt, daß er mit Erlassung (Zustellung) des Bescheides unverzüglich auszureisen habe.

Begründet wurde diese fremdenpolizeiliche Maßnahme damit, daß der Bf unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei und er keine geregelte Beschäftigung in Aussicht habe. Für den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet verfüge er nicht über ausreichende Barmittel. Eine Verpflichtungserklärung liege nicht vor. Die Einreise sei ohne zugesicherte Arbeitsmöglichkeit erfolgt und er habe derzeit auch keine solche in Aussicht. Es müßten daher für den weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw sei der Schluß zulässig, daß er versuchen werde, durch Begehung strafbarer Handlungen seinen Unterhalt zu fristen. Er habe im Bundesgebiet keinen ordentlichen Wohnsitz und sei unterstandslos.

Der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet widerspreche daher dem Kraft Gesetzes gegebenen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

Ebenfalls mit Datum vom 21. Juli 1994 hat die BH Baden ein vom Bf beantragtes Verfahren zur Feststellung gemäß § 54 FrG bis zum Vorliegen eines vollstreckbaren Asylbescheides gemäß § 38 AVG ausgesetzt.

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. September 1994, Zl.4.344.782/1-III/13/94, wurde eine Berufung des Bf gegen den Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen.

Schließlich wurde mit Bescheid der BH Baden (Außenstelle Flüchtlingslager Traiskirchen) vom 12. Oktober 1994, Zl.11/T-9402442, über den Antrag des Bf vom 21. Juli 1994 festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß er in dem vom ihm bezeichneten Staat (Irak) gemäß § 37 Abs.1 oder 2 FrG bedroht sei. Dieser Bescheid wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bf am 21. Oktober 1994 zugestellt.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung und weitere Anhaltung in Schubhaft. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig und auch teilweise begründet.

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Der der Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 und 2 FrG iVm § 57 AVG zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw zur Sicherung der Abschiebung erlassen und - entgegen der Beschwerdebehauptung - vom Bf am 26. August 1994 persönlich übernommen.

Die belangte Behörde war zur Erlassung des angefochtenen Schubhaftbescheides zuständig, zumal sich der Bf zum Zeitpunkt seiner Aufgreifung in Suben und somit im örtlichen Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde aufgehalten hat (§ 67 Abs.2 FrG).

Die von der belangten Behörde erwogenen Gründe für die angefochtene Maßnahme wurden bereits unter Pkt.I.5.

angeführt. Im Hinblick darauf, daß die Identität des Bf zum Zeitpunkt seiner Aufgreifung nicht geklärt war, war die belangte Behörde jedenfalls berechtigt, entsprechende fremdenpolizeiliche Maßnahmen zu setzen und durfte im Hinblick auf die versuchte illegale Ausreise bzw auf die evidente Mittellosigkeit des Bf hin auch davon ausgehen, daß entsprechende fremdenpolizeiliche Maßnahmen (Erlassung eines Aufenthaltsverbotes) erforderlich sein könnten. Das von der belangten Behörde in Aussicht genommene Aufenthaltsverbot erscheint daher - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides - nicht von vornherein unzulässig.

Wenn in diesem Zusammenhang der Bf rügt, daß nach dem Wortlaut des angefochtenen Bescheides die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und nicht zur Sicherung dieser Maßnahme erlassen wurde, so ist festzustellen, daß diese Bedenken lediglich formeller Natur sind. Der angefochtene Bescheid stellt nämlich inhaltlich ua auf die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ab und es kann keine Rede davon sein, daß durch den angefochtenen Bescheid in präjudizierender Weise das Ergebnis des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorweggenommen wäre.

Darüber hinaus wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes festgestellt, daß bei der BH Baden bereits ein fremdenpolizeiliches Verfahren anhängig ist. In diesem Verfahren wurde der Bf auf der Grundlage des § 17 Abs.2 Z4 und 6 und Abs.3 FrG bescheidmäßig ausgewiesen und es wurde ihm aufgetragen, mit der Erlassung des Bescheides unverzüglich auszureisen. Diese fremdenpolizeiliche Maßnahme wurde mit ihrer - wenn auch allenfalls nicht rechtskräftigen - Erlassung durchsetzbar (§ 17 Abs.3 FrG).

Nachdem jedoch der Bf diesem fremdenpolizeilichen Auftrag nicht unverzüglich nachgekommen ist, war die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gerechtfertigt. Es wird in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des VwGH hingewiesen, wonach dann, wenn mehrere Schubhaftgründe gegeben sind, es im Hinblick auf die Erlassung des Bescheides gemäß § 57 AVG sehr oft gar nicht möglich ist, eine entsprechende Festlegung zu treffen (Erk. vom 3.3.1994, Zl.93/18/0302).

Das Vorbringen, im Schubhaftbescheid würde eine Übernahmebestätigung des Bf fehlen, ist aktenwidrig. Laut den vorliegenden Verfahrensunterlagen hat der Bf den Schubhaftbescheid am 26. August 1994 persönlich übernommen und dies mit seiner Unterschrift bestätigt.

Was das Verbot der Abschiebung (Refoulementverbot) anbelangt, so ist festzustellen, daß diesbezüglich dem unabhängigen Verwaltungssenat nach der geltenden Rechtslage keine Sachentscheidungsbefugnis zukommt, zumal der Bf im Zuge des fremdenpolizeilichen Administrativverfahrens die Möglichkeit hatte, einen Antrag auf Feststellung, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß der Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs.1 oder 2 bedroht ist, zu stellen (§ 54 Abs.1 FrG). Von dieser Möglichkeit hat der Bf auch Gebrauch gemacht. Gemäß den §§ 65 Abs.1 und 70 Abs.1 FrG sind für die Sachentscheidung in diesen Angelegenheiten die Fremdenpolizeibehörden (bzw Sicherheitsdirektionen als Berufungsbehörden) vorgesehen.

Eine gesetzwidrige Inanspruchnahme einer solchen Entscheidungskompetenz würde eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter gemäß Art.83 Abs.2 B-VG darstellen. Da es dem unabhängigen Verwaltungssenat im Bereich des Sonderverfahrens nach § 54 FrG bereits an der abstrakten Kompetenz zur Entscheidung fehlt, hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 4.10.1993, B364/93-7, ausgesprochen, daß nach der Rechtslage des FrG nur für jene Fälle, in denen die Möglichkeit der Antragstellung iSd § 54 Abs.1 FrG nicht bestand, hinsichtlich der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Prüfung des Refoulementverbotes sinngemäß die Erwägungen des Erkenntnisses vom 19.6.1993, B1084/92-6, auf der Grundlage des FrPG gelten.

Dieser Rechtslage entsprechend, hatte vorerst ausschließlich die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde über den vom Bf am 21.7.1994 gestellten Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG zu entscheiden und wäre für eine allfällige Berufungsentscheidung die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich zuständig. Die Anhaltung in Schubhaft während dieses Verfahrens bzw bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung ist grundsätzlich zulässig.

Mit dem Hinweis auf die versuchte Ausreise und den damit dokumentierten Ausreisewillen ist nichts zu gewinnen, zumal diese Ausreise illegal im Widerspruch zu den Bestimmungen des FrG (§ 2 Abs.1) erfolgt wäre. Dieses rechtswidrige Verhalten ist nicht geeignet, die bereits dargelegten Bedenken zu zerstreuen.

Es ist daher festzustellen, daß der Bf durch die Verhängung der Schubhaft in seinen Rechten nicht verletzt wurde und es sind aus der Aktenlage auch keine Umstände ersichtlich, daß die Schubhaft innerhalb der gemäß § 48 Abs.2 FrG statuierten Zweimonatsfrist unangemessen lange gedauert hätte bzw der belangten Behörde unangemessene Verzögerungen anzulasten wären. Dies vor allem im Hinblick darauf, daß ein Verfahren gemäß § 54 anhängig war, welches - innerhalb einer angemessenen Frist - letztlich mit Bescheid vom 12. Oktober 1994 (zugestellt am 21. Oktober 1994) erstinstanzlich entschieden wurde.

Über die oben erwähnte Zweimonatsfrist hinaus darf gemäß § 48 Abs.4 die Schubhaft unter den dort statuierten Voraussetzungen bis zu einem Zeitpunkt von sechs Monaten aufrechterhalten werden.

Gemäß § 48 Abs.5 FrG hat die Behörde einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs.4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich niederschriftlich in Kenntnis zu setzen.

Der Bf wurde am 26. August 1994 in Schubhaft genommen und endete somit die im § 48 Abs.2 FrG festgelegte Zweimonatsfrist am 26. Oktober 1994.

Im Hinblick auf das Verfahren gemäß § 54 FrG wäre nun zwar die Verlängerung der Schubhaft grundsätzlich möglich, allerdings unter der Voraussetzung, daß der Bf von diesem Umstand unverzüglich niederschriftlich in Kenntnis gesetzt worden wäre. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall, zumal weder die belangte Behörde noch - nach den vorliegenden Verfahrensunterlagen - die BH Baden eine derartige Maßnahme getroffen hatten.

Mit Erkenntnis vom 23.6.1994, B2019/93-15, hat der VfGH ausdrücklich ausgesprochen, daß erst durch die niederschriftliche Information (iSd § 48 Abs.5 FrG) der Fremde in Kenntnis des Umstandes gelangt, daß eine Ausdehnung der Schubhaft über zwei Monate hinaus droht und er erst aufgrund dessen vernünftigerweise dagegen Beschwerde erheben kann. Die Entscheidung des Gesetzgebers, daß der Fremde von der Verlängerung der Schubhaft über zwei Monate hinaus unverzüglich niederschriftlich in Kenntnis zu setzen ist, ist ein wesentliches Element im Rahmen des spezifischen Rechtsschutzsystems. In einem geordneten Fremdenpolizeiwesen ergibt sich daraus zwingend, daß unter unverzüglich im § 48 Abs.5 FrG ein Inkenntnissetzen des Fremden vor Ablauf der zweimonatigen Schubhaft in Betracht kommt. Eine Information des Fremden nach Ablauf dieser Frist (bzw. wohl auch das Unterlassen der Information) erweist sich immer als gesetzlos.

In Anbetracht dieser Judikatur des VfGH wurde somit der Bf durch die Unterlassung der Information iSd § 48 Abs.5 FrG in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt und erweist sich sohin die Anhaltung in Schubhaft ab 27. Oktober 1994 als rechtswidrig.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da der Beschwerde letztlich Folge gegeben wurde, war dem Bf in Entsprechung seines Kostenantrages nach der Pauschalierungsverordnung, BGBl.Nr. 416/1994, ein Schriftsatzaufwand, gekürzt um ein Drittel, von 8.333,33 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum