Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400310/4/Ki/Shn

Linz, 21.11.1994

VwSen-400310/4/Ki/Shn Linz, am 21. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Beschwerde des N K, jugoslawischer Staatsbürger, derzeit Polizeigefangenenhaus Linz, vom 14. November 1994 wegen Rechtswidrigkeit der Verhängung der Schubhaft bzw Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I: Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Anhaltung in Schubhaft ab 31. Oktober 1994 für rechtswidrig erklärt wird. Hinsichtlich Rechtswidrigkeit der Verhängung der Schubhaft sowie der Anhaltung in Schubhaft vom 28. April 1994 bis 3. Juni 1994 bzw 7.

Juni 1994 bis 30. Oktober 1994 wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II: Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 51 Abs.1 und § 52 Abs.1, 2 und 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr.838/1992, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991- AVG zu II: §§ 74 und 79a AVG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Schriftsatz vom 14. November 1994, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 16. November 1994, hat der Beschwerdeführer (Bf) eine Schubhaftbeschwerde erhoben und beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge die Festnahme am 28.4.1994, oder die Verhängung und Vollzug der Schubhaft und weitere Anhaltung des Bf für rechtswidrig erklären und daher die Freilassung des Bf anordnen. Ein Kostenersatzantrag wurde nicht gestellt.

I.2. In der Beschwerdebegründung führt der Bf aus, daß er am 28.4.1994 in Linz verhaftet worden und sich seitdem im Polizeigefangenenhaus der BPD Linz befinden würde. Er sei Kosovo-Albaner und vor vier Jahren nach Österreich gekommen, weil seine ganze Familie hier lebe. Außerdem habe er auch vor fünf Jahren bereits vorübergehend in Österreich gelebt und gearbeitet. Sein Aufenthalt in Österreich sei durch seine Familie finanziell gesichert wie auch seine Unterkunft.

Aus Jugoslawien sei er geflüchtet, weil er als Angehöriger der albanischen Minderheit im Kosovo keinen Dienst in der jugoslawischen Armee leisten wollte und als Albaner immer von serbischen Polizisten und den Regierungstruppen bedroht gewesen wäre. Damals habe er einen Asylantrag gestellt, der aber abgewiesen worden sei.

Im Falle seiner Zurückschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien bestehe für ihn die Gefahr, daß er als Wehrdienstverweigerer vor Gericht komme und als Albaner einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe unterworfen würde.

Im Juni 1994 habe er in der Schubhaft einen Hungerstreik durchgeführt, weil er keine Informationen über seine Situation bekommen habe und weil ein weiterer Aufenthalt in der Schubhaft für ihn unerträglich gewesen sei. Der Polizeiarzt habe dann gegen seinen Willen angeordnet, ihn ins Krankenhaus zu bringen. Nachdem er im Krankenhaus drei Tage verbracht hatte, sei er wieder am 7.6.1994 in die Schubhaft gebracht worden.

Er sei jetzt am 16.11.1994 schon 6 Monate und 17 Tage in der Schubhaft. Es sei ihm bekannt, daß die Schubhaft gemäß § 48 (4) Z3 FrG insgesamt nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden könne.

Er habe die Information bekommen, daß die Fremdenpolizei seinen zwangsweisen Aufenthalt im Krankenhaus als Entlassung aus der Schubhaft gerechnet habe und ab 7.6.1994 die Dauer der Schubhaft von vorne an rechne. Er finde das als rechtswidrigen Vorgang und auch als Mißbrauch seines gesundheitlichen Zustandes. Es sei unzulässig, den gesundheitlichen Zustand des Schubhäftlings auszunützen und seine Anhaltung in Schubhaft auf diese Weise zu verlängern.

I.3. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in einer Stellungnahme vom 17. November 1994 mitgeteilt, daß am 28.4.1994 festgestellt worden sei, daß sich der Bf illegal in Österreich aufhalte, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachweisen könne und über keinen Wohnsitz verfüge. Aus diesem Grund sei über den Bf die Schubhaft verhängt worden.

Mit Bescheid vom 6.5.1994 sei gegen den Bf ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Ein Feststellungsantrag gemäß § 54 FrG sei vom Bf nicht gestellt worden und er habe bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 29.4.1994 angegeben, daß er so schnell als möglich nach Hause möchte.

Mit Schriftsatz vom 2.5.1994 sei beim jugoslawischen Generalkonsulat in Salzburg die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt worden, da der Bf über keinen Reisepaß verfüge. Diesbezüglich sei am 6.6.1994, 8.7.1994, 12.8.1994, 7.9.1994, 14.9.1994, 11.10.1994 und 4.11.1994 beim jugoslawischen Generalkonsulat urgiert worden. Es sei eine bekannte Tatsache, daß aufgrund der derzeitigen Situation in Jugoslawien bei der Ausstellung von Heimreisezertifikaten mit Verzögerungen zu rechnen sei, doch würden solche, wie sich in anderen Fällen gezeigt habe, nach wie vor ausgestellt.

Am 3.6.1994 sei der Bf beim Landesgericht Linz vorgeführt worden, wobei er dort einen Kreislaufkollaps erlitten habe.

Er sei daraufhin in das AKH Linz verbracht und dort stationär aufgenommen worden. Da der Bf somit nicht haftfähig gewesen sei, sei die Schubhaft als formlos aufgehoben zu betrachten. Der Bf sei nicht im Krankenhaus zwangsweise angehalten oder sein Aufenthalt dort polizeilich überwacht worden. Da Grund zur Annahme bestanden habe, daß der Bf seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkomme und er versuchen werde, sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen, sei über ihn nach Entlassung aus dem Krankenhaus am 7.6.1994 zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt worden. Der Bf sei nicht gegen seinen Willen ins Krankenhaus gebracht worden, es war dies keinesfalls eine polizeiliche Zwangsmaßnahme sondern ausschließlich eine rein medizinische Maßnahme, deren Verantwortung beim Notarztteam lag.

Da der Bf am 7.6.1994 neuerlich in Schubhaft genommen worden sei, beginne die Sechsmonatsfrist mit 7.6.1994 zu laufen.

Sollten nämlich frühere Schubhaftzeiten zusammengerechnet werden, könnte die Situation eintreten, daß ein Schubhäftling nach Ausschöpfung der Sechsmonatsfrist (aus verschiedenen Schubhaften) nie wieder in Schubhaft genommen und abgeschoben werden könnte. Dies könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Es werde nach wie vor davon ausgegangen, daß das beantragte Heimreisezertifikat innerhalb der Sechsmonatsfrist ausgestellt werde, weshalb die weitere Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung für notwendig erachtet werde.

Schließlich stellte die belangte Behörde die Anträge, der unabhängige Verwaltungssenat möge die Beschwerde abweisen und erkennen, daß der Bf dem Bund die Pauschalbeträge für Schriftsatzaufwand und Aktenvorlage zu ersetzen hat.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorliegenden Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.1 Z1 FrG unterbleiben.

I.5. Es ergibt sich nachstehender im wesentlichen für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Der Bf ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien und Kosovo-Albaner. Er ist am 12. Juli 1991 illegal in Österreich eingereist und hat einen Antrag auf Asylgewährung gestellt, welcher jedoch mit der Feststellung, daß er nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei, negativ beschieden wurde (Berufungsbescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. September 1992, Zl.4.318.872/2-III/13/91).

Am 29. Oktober 1992 wurde der Bf durch die BPD Linz niederschriftlich unter Hinweis auf das negativ entschiedene Asylverfahren informiert, daß er sich zumindest seit Abschluß des Verfahrens illegal in Österreich aufhalte und er aufgrund dieses illegalen Aufenthaltes mit der Ergreifung fremdenpolizeilicher Maßnahmen und in weiterer Folge mit der Abschiebung in sein Heimatland zu rechnen habe. Bereits am 14. April 1992 hat das Landesgericht Linz den Bf wegen § 164 Abs.1 Z2 und Abs.3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, welche für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. In der Folge wurde der Bf mit Ladungsbescheid der BPD Linz vom 21. Jänner 1994 neuerlich zu einer fremdenpolizeilichen Überprüfung geladen.

Er hat sich jedoch zwischenzeitlich nach unbekannt abgemeldet und war daher für die Behörde nicht greifbar.

Am 28. April 1994 konnte der Bf schließlich von Polizeibeamten in Linz aufgegriffen werden und es wurde daraufhin mit Bescheid der BPD Linz vom 28. April 1994, Zl.Fr-86.084, mittels Mandatsbescheid zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung bzw zur Zurückschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) beschlossen. Als Begründung wurde angeführt, daß er sich seit rechtskräftigem Abschluß seines Asylverfahrens illegal in Österreich aufhalte und festgestellt werden mußte, daß er in Österreich über keinen Wohnsitz verfüge und mittellos sei.

Bei einer niederschriftlichen Einvernahme am 29. April 1994 gab der Bf ua an, daß er seinen Lebensunterhalt nach seiner Entlassung aus der Bundesbetreuung durch Schwarzarbeit und Geldzuschüsse finanziert hätte. Er sei nie im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung gewesen und sei in Österreich unsteten Aufenthaltes. An Bargeld besitze er 200,50 S. Er wolle so schnell wie möglich wieder nach Hause. Sein Vater und sei Bruder würden sich in Linz befinden.

Der Bf wurde informiert, daß er während des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einen Antrag auf Feststellung einbringen könne, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs.1 oder 2 FrG bedroht sei und daher eine Abschiebung in diesen Staat unzulässig wäre. Er erklärte dazu, keinen Antrag stellen zu wollen.

Mit Schreiben vom 2. Mai 1994 wurde das Generalkonsulat der Bundesrepublik Jugoslawien in Salzburg darüber informiert, daß der Bf am 28. April 1994 in Linz festgenommen worden sei, da er sich illegal in Österreich aufhalte und er sich seit diesem Zeitpunkt in Schubhaft befinde. Es sei beabsichtigt, ihn in sein Heimatland abzuschieben und es werde ersucht, für ihn ein Heimreisezertifikat auszustellen. Im Hinblick auf die bestehende Schubhaft werde um vordringliche Erledigung ersucht.

Mit Bescheid vom 6. Mai 1994, Zl.Fr-86.084, hat die BPD Linz über den Bf ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen und einer eventuell eingebrachten Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Einer dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. Mai 1994, St.166/94, keine Folge gegeben.

Aufgrund einer Meldung des Polizeigefangenenhauses vom 3. Juni 1994, wonach der Bf im Zuge einer Verhandlung im Landesgericht Linz einen Kreislaufkollaps erlitten hätte und er in der Folge vom diensthabenden Arzt stationär in das AKH Linz aufgenommen wurde, wurde mit selben Tag die sofortige Entlassung aus der Schubhaft infolge Haftuntauglichkeit angeordnet bzw wurde der Bf aus der Schubhaft entlassen.

Mit Bescheid der BPD Linz vom 6. Juni 1994, Zl.Fr-86.084, wurde gegen den Bf zur Sicherung der Abschiebung neuerlich die Schubhaft angeordnet und er wurde am 7. Juni 1994 nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus bei gleichzeitiger Ausfolgung des Schubhaftbescheides neuerlich in Schubhaft genommen. Die Ausstellung des Heimreisezertifikates wurde von der belangten Behörde mehrmals (6. Juni 1994, 8. Juli 1994, 12. August 1994, 7. September 1994, 14. September 1994, 11. Oktober 1994 und 4. November 1994) beim jugoslawischen Generalkonsulat urgiert. Das Heimreisezertifikat wurde jedoch bis dato nicht ausgestellt.

Am 7. Juni 1994 wurde der Bf niederschriftlich in Kenntnis gesetzt, daß für ihn um ein Heimreisezertifikat angesucht wurde und er bis zum Einlangen dieses Zertifikates bzw bis zu seiner tatsächlichen Abschiebung in Schubhaft bleibe. Eine weitere niederschriftliche Information über die Ausdehnung der Schubhaft bis zur Maximaldauer von sechs Monaten bzw bis zum Einlangen des Heimreisezertifikates und der tatsächlichen Abschiebung erfolgte am 5. August 1994.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Verhängung und weitere Anhaltung in Schubhaft. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig und auch teilweise begründet.

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Die der Schubhaft zugrundeliegenden Schubhaftbescheide wurden gemäß § 41 Abs.1 FrG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung bzw zur Zurückschiebung (Bescheid vom 28. April 1994) bzw zur Sicherung der Abschiebung (Bescheid vom 6. Juni 1994) erlassen.

Im Hinblick darauf, daß der Bf von einem inländischen Gericht zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde und er überdies die Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachweisen konnte, erschien das von der belangten Behörde zum Zeitpunkt der ersten Inschubhaftnahme in Aussicht genommene Aufenthaltsverbot nicht von vorneherein unzulässig, weshalb die belangte Behörde davon ausgehen konnte, daß entsprechende fremdenpolizeiliche Maßnahmen erforderlich sein könnten.

Nachdem der Bf überdies unsteten Aufenthaltes war, er konnte nur durch Zufall von Polizeibeamten aufgegriffen werden, war auch davon auszugehen, daß er sich dem in Aussicht genommenen fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen könnte, weshalb die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung dieser Maßnahmen geboten war.

Gemäß § 48 Abs.1 leg.cit. ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Nach Abs.2 leg.cit. darf die Schubhaft nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

Wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Schließlich legt Abs.4 leg.cit. fest, daß, wenn ein Fremder nur deswegen nicht abgeschoben werden kann oder darf, 1.) weil über einen Antrag gemäß § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2.) weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder 3.) weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z3) insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden kann.

Gemäß Abs.5 leg.cit. hat die Behörde einem Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs.4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich niederschriftlich in Kenntnis zu setzen.

Die belangte Behörde hat gegen den Bf mit Bescheid vom 6. Mai 1994 ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen und die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung aberkannt. Der Bescheid wurde dem Bf am selben Tage zugestellt und damit ab diesem Zeitpunkt durchsetzbar.

Die Fortsetzung der Schubhaft war dann erforderlich, zumal sich die Überwachung der Ausreise des Bf auch nach Dafürhalten des O.ö. Verwaltungssenates als notwendig erwiesen hat. Bei dem gegebenen Sachverhalt war nicht auszuschließen, daß sich der Bf nach einer allfälligen Entlassung wiederum dem behördlichen Zugriff entziehen würde.

Im Hinblick darauf, daß der Bf über keinen Reisepaß verfügt, konnte er nicht unmittelbar abgeschoben werden, sondern es hatte die belangte Behörde die für die Einreise erforderliche Bewilligung des Heimatstaates einzuholen, weshalb, grundsätzlich die Ausdehnung der Schubhaft auf sechs Monate zulässig ist.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Im Falle einer fehlenden Bewilligung für die Einreise in den Heimatstaat ist daher die Behörde verpflichtet, ohne Verzug die entsprechenden Verfahrensschritte vorzunehmen bzw das Verfahren entsprechend zu betreiben. Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde im vorliegenden Falle nachgekommen, zumal bereits am 2. Mai 1994 die Ausstellung des Heimreisezertifikates beim Generalkonsulat der Bundesrepublik Jugoslawien beantragt wurde und die Erledigung dieses Ersuchens auch mehrmals urgiert wurde (zuletzt am 4. November 1994). Der belangten Behörde ist sohin nicht vorzuwerfen, daß sie diesbezüglich gegen das Gebot des § 48 Abs.1 FrG verstoßen hätte.

Freilich ist zu bedenken, daß es aufgrund der derzeitigen Situation im ehemaligen Jugoslawien Schwierigkeiten bereitet, entsprechende Unterlagen zu bekommen. Die Ausstellung von Dokumenten erscheint jedoch nicht von vornherein unmöglich, ist doch der Heimatstaat aus völkerrechtlicher Sicht hiezu verpflichtet.

Die Bestimmung des § 48 Abs.5 FrG wurde ebenfalls eingehalten, der Bf wurde über die Verlängerung der Schubhaft niederschriftlich informiert.

Was die Argumentation anbelangt, im Falle einer Zurückschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien bestehe die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe, so zielt dies auf ein Verbot der Abschiebung (Refoulementverbot) hin. Dazu ist festzustellen, daß diesbezüglich dem unabhängigen Verwaltungssenat nach der geltenden Rechtslage keine Sachentscheidungsbefugnis zukommt, zumal der Bf im Zuge des fremdenpolizeilichen Administrativverfahrens die Möglichkeit hatte, einen Antrag auf Feststellung, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß der Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs.1 oder 2 bedroht ist, zu stellen (§ 54 Abs.1 FrG). Von dieser Möglichkeit hat der Bf nicht Gebrauch gemacht. Gemäß den §§ 65 Abs.1 und 70 Abs.1 FrG sind für die Sachentscheidung in diesen Angelegenheiten die Fremdenpolizeibehörden (bzw Sicherheitsdirektionen als Berufungsbehörden) vorgesehen. Eine gesetzwidrige Inanspruchnahme einer solchen Entscheidungskompetenz würde eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter gemäß Art.83 Abs.2 B-VG darstellen. Da es dem unabhängigen Verwaltungssenat im Bereich des Sonderverfahrens nach § 54 FrG bereits an der abstrakten Kompetenz zur Entscheidung fehlt, hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 4.10.1993, B364/93-7, ausgesprochen, daß nach der Rechtslage des FrG nur für jene Fälle, in denen die Möglichkeit der Antragstellung iSd § 54 Abs.1 FrG nicht bestand, hinsichtlich der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Prüfung des Refoulementverbotes sinngemäß die Erwägungen des Erkenntnisses vom 19.6.1993, B1084/92-6, auf der Grundlage des Fremdenpolizeigesetzes gelten.

Dieser Rechtslage entsprechend hätte ausschließlich die zuständige Fremdenpolizeibehörde (Bundespolizeidirektion Linz) über einen entsprechenden Antrag des Bf zu entscheiden gehabt. Der Bf hat trotz Belehrung einen solchen Antrag nicht gestellt.

Es ist daher festzustellen, daß der Bf durch die Verhängung der Schubhaft, sowohl durch den Bescheid vom 28. April 1994 als auch durch den Bescheid vom 6. Juni 1994 bzw durch seine Anhaltung in Schubhaft vom 28. April 1994 bis 3. Juni 1994 bzw vom 7. Juni 1994 bis 30. Oktober 1994 nicht in seinen Rechten verletzt wurde. Der belangten Behörde sind auch hinsichtlich der zulässigen Sechsmonatsfrist keine unangemessenen Verzögerungen anzulasten, war sie doch stets bemüht, das er forderliche Heimreisezertifikat zu erwirken.

Was hingegen die Anhaltung in Schubhaft ab 31. Oktober 1994 anbelangt, so vermag der O.ö. Verwaltungssenat der belangten Behörde im konkreten Falle nicht folgen.

Wie im Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 8.11. d.J.

(VwSen-400308/2/Gf/Fb) bereits dargelegt wurde, läßt sich aus § 48 FrG dem verfassungsmäßigen Verhältnismäßigkeitsgebot des Art.I Abs.3 des B-VG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr.684/1988, entsprechend ableiten, daß die Sechsmonatsfrist des § 48 Abs.4 FrG eine zwingende Maximalfrist darstellt, nach deren Ablauf die Schubhaft jedenfalls aufzuheben ist. Gegebenenfalls könnte eine solche gegen ein und denselben Bf nur mehr aus anderen Gründen verhängt werden.

Im vorliegenden Falle wurde der Bf anläßlich seines Krankenhausaufenthaltes aus der Schubhaft entlassen und nach Beendigung seines Krankenhausaufenthaltes neuerlich aus demselben Grunde, nämlich zur Sicherung der Abschiebung bis zum Vorliegen eines Heimreisezertifikates, wiederum bescheidmäßig in Schubhaft genommen. Ob nun die Aufnahme in das Krankenhaus "gegen den Willen des Bf" oder aus sonstigen medizinischen Gründen erfolgte, ist nicht relevant.

Jedenfalls steht es im Hinblick auf die aus dem obzitierten B-VG über den Schutz der persönlichen Freiheit erfließenden Rechte nicht an, nach einer Unterbrechung die Schubhaft aus ein- und denselben Gründen diese wiederum von vorne laufen zu lassen. Dies hätte nämlich die Konsequenz, daß letztlich der Schubhäftling unmittelbar nach seiner Freilassung nach Ablauf von sechs Monaten wiederum sofort in Schubhaft genommen werden könnte. Derartige Maßnahmen wurden jedoch vom Gesetzgeber iSd Schutzes der persönlichen Freiheit in keiner Weise beabsichtigt.

Würde die Auffassung der belangten Behörde zutreffen, so würde dies auch dazu führen, daß die Schubhaft eines Bf willkürlich im Falle eines notwendigen Krankenhausaufenthaltes des Schubhäftlings verlängert werden könnte, während ein Schubhäftling normalerweise nach sechs Monaten zu entlassen ist.

Im Hinblick, daß der Bf durch die belangte Behörde, wie oben dargelegt wurde, aus ein und demselben Grund mehr als sechs Monate in Schubhaft gehalten wurde, war seiner Beschwerde insoweit stattzugeben, als die Anhaltung in Schubhaft ab 31. Oktober 1994 als rechtswidrig festzustellen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da der Bf mit seiner Beschwerde teilweise Erfolg hatte, war der Kostenantrag der belangten Behörde abzuweisen. Der Bf hat keinen Kostenersatzantrag gestellt, weshalb auch kein Zuspruch zu erfolgen hatte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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