Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400315/2/Wei/Bk

Linz, 15.12.1994

VwSen-400315/2/Wei/Bk Linz, am 15. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des S P, vertreten durch Rechtsanwalt vom 30. November 1994 wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides der Bundepolizeidirektion Linz vom 29. November 1994 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund, für den die belangte Behörde funktionell eingeschritten ist, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten von S 3.043,33 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr.

838/1992) iVm § 67c Abs 3 und § 79a AVG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom folgenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden Bf), ein bosnischer Staatsangehöriger, war nach seiner Einreise im März 1993 seit Juli 1993 ohne Sichtvermerk und entgegen melderechtlichen Vorschriften im Bundesgebiet aufhältig. Er war unter der Adresse L wohnhaft. Mit der rechtskräftigen Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. März 1994 wurde er wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Fremdengesetz und dem Meldegesetz bestraft.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 20. Juli 1994, Zl. St 213/94, rechtswirksam erlassen durch Zustellung am 25. Juli 1994 zu Handen des Rechtsvertreters des Bf, wurde der Berufung gegen ein von der belangten Behörde erlassenes, auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot keine Folge gegeben und der erstbehördliche Bescheid vom 27. Juni 1994, Zl. Fr-86.107, bestätigt. Das auf § 18 Abs 1 und 2 Z 1 FrG gestützte Aufenthaltsverbot erging wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung. Der Bf wurde mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 11. Oktober 1993 zu 32 EVr 2242/93, EHv 175/93 wegen eines am 4. Oktober 1993 begangenen Einbruchsdiebstahls nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 und 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten bedingt auf drei Jahre rechtskräftig verurteilt.

Gegen den Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich hat der Bf durch seinen Rechtvertreter die zur Zahl 94/18/0583 protokollierte Beschwerde vom 5.

September 1994 an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und mit Schriftsatz vom 30. November 1994 einen Antrag gemäß § 30 Abs 2 VwGG auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist bislang weder aktenkundig noch behauptet worden.

1.2. Am 29. November 1994 wurde der Bf anläßlich einer Personenkontrolle um 16.30 Uhr im Cafe K in L durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes wegen seines unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet gemäß § 85 Abs 2 FrG festgenommen und der belangten Behörde als Fremdenbehörde vorgeführt. Der Journalbeamte der belangten Behörde erließ daraufhin am gleichen Tag den angefochtenen Schubhaftbescheid gegen den Bf zur Sicherung der Abschiebung. Dieser übernahm die Ausfertigung des Bescheides um 19.00 Uhr.

Im Bericht der Sicherheitsorgane vom 29. November 1994 wird die Festnahme und Vorführung mit einem bestehenden Aufenthaltsverbot begründet und darauf hingewiesen, daß sich der Bf nach seinen Angaben seit ca. 1 Monat illegal und unstet in Linz aufhalte, obwohl er Kenntnis vom Aufenthaltsverbot habe.

Im Schubhaftbescheid wurde begründend auf den unrechtmäßigen Aufenthalt und das durchsetzbare Aufenthaltsverbot sowie darauf hingewiesen, daß der Bf keinen fixen Wohnsitz bzw.

keine aufrechte Meldung angeben könne. Weil er für fremdenrechtliche Maßnahmen nicht greifbar sei, wäre es unerläßlich gewesen, die Schubhaft zu verhängen.

1.3. Der Bf gab zuletzt anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 30. November 1994 an, daß sein ordentlicher Wohnsitz in L sei und er sich dort legal (Aufenthaltsbewilligung bis 5.12.1994) aufhalte. Er sei aber auch unter der Adresse seiner Freundin C V in L polizeilich gemeldet und reise seit ca. einem Jahr in Abständen von ca. 2 Monaten zu seiner Freundin, bei der er sich dann zwei bis drei Wochen aufhalte. Zuletzt sei er vor einem Monat beim Grenzübergang Senwald trotz des Aufenthaltsverbotes eingereist. Die Barmittel von S 18.948,-- besitze er durch Zuwendungen seiner Familie, die auch in L wohne.

Der Bf gestand zu, daß er seit Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbotes schon mehrfach nach Österreich reiste.

Zweimal wäre er in Linz und des öfteren in Feldkirch gewesen. Die belangte Behörde teilte dem Bf mit, daß beabsichtigt sei, ihn nach L abzuschieben. Er ersuchte um möglichst rasche Durchführung.

1.4. Der Bf wurde am 1. Dezember 1994 mit einem Dienstkraftwagen der belangten Behörde zum Grenzübergang Tisis überstellt und nach Liechtenstein abgeschoben. Vom Polizeigefangenenhaus Linz wurde er um 9.00 Uhr entlassen.

1.5. Mit dem bei der belangten Behörde am 1. Dezember 1994 eingelangten Schriftsatz vom 30. November 1994 hat der Bf gegen den Schubhaftbescheid Beschwerde erhoben und beantragt, diesen Bescheid als rechtswidrig aufzuheben.

Der Beschwerde wurden Kopien der Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, des Antrags gemäß § 30 Abs 2 VwGG, des Schubhaftbescheides, eines Meldezettels sowie einer Meldeauskunft vom 30. November 1994 beigelegt. Dem Meldezettel ist zu entnehmen, daß sich der Bf per Adresse D (Unterkunftgeberin C V) am 23. Juni 1994 angemeldet hat. Als weiteren Wohnsitz gab er die oben angeführte Adresse in Liechtenstein an. Aus der Meldeauskunft geht die aufrechte Meldung des Bf hervor.

2.1. In der Beschwerde erachtet sich der Bf dadurch beschwert, daß im angefochtenen Schubhaftbescheid ausgeführt wurde, er habe in Österreich keinen festen Wohnsitz und sei für fremdenrechtliche Maßnahmen nicht greifbar. Diese Feststellungen seien objektiv unrichtig. Der Bf sei bei seiner Freundin ordnungsgemäß polizeilich gemeldet und wohnhaft. Er habe daher einen festen Wohnsitz in Österreich und sei entgegen der Rechtsansicht der Erstbehörde jederzeit zur allfälligen Setzung fremdenpolizeilicher Maßnahmen greifbar und liege demnach auch keine Gefahr im Verzug vor.

Insbesondere fehlten die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft im Sinne des § 41 Abs 1 FrG. Der angefochtene Bescheid sei daher rechtswidrig.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 2. Dezember 1994, eingelangt am 7. Dezember 1994, die Beschwerde mit bezughabenden Aktenteilen vorgelegt und in ihrer Stellungnahme die Schubhaft verteidigt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Der gegenständliche Rechtsschutzantrag hätte nicht auf Aufhebung, sondern auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides lauten müssen. Aus den Beschwerdeausführungen geht sinngemäß hervor, daß die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides angestrebt wird.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht im Zweifel auch davon aus, daß die Beschwerde noch in einem Zeitpunkt aufrechter Anhaltung des Bf eingebracht worden ist. Sie war daher zulässig, aber nicht begründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Im gegenständlichen Fall besteht seit Erlassung der abweisenden Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich ein rechtskräftiges und vollstreckbares Aufenthaltsverbot. Das Aufenthaltsverbot wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar. Gemäß § 22 Abs 1 FrG hat der Fremde dann unverzüglich auszureisen, ohne daß es noch einer besonderen Aufforderung bedürfte. Die erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vermag daran nichts zu ändern.

Ihr kommt ex lege keine aufschiebende Wirkung zu. Diese wurde der Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot bisher auch nicht gemäß § 30 Abs 2 VwGG zuerkannt. Nach dem § 23 Abs 1 FrG darf der Fremde ohne Bewilligung während der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes nicht wieder einreisen.

Entgegen der seit 25. Juli 1994 durchsetzbaren Verpflichtung, das Bundesgebiet zu verlassen und nicht wieder einzureisen, hat sich der Bf noch während der nächsten Monate unerlaubt in Österreich aufgehalten und ist mehrmals nach seinem Belieben - zuletzt ein Monat vor der Abschiebung - eingereist. Er brachte trotz des Aufenthaltsverbotes vor, daß er in regelmäßigen Abständen seine Freundin in Linz besuchte und bei ihr einen festen Wohnsitz hätte. Deshalb habe keine Gefahr im Verzug bestanden und wäre er für fremdenpolizeiliche Maßnahmen greifbar gewesen.

Richtig ist zwar, daß der Bf nicht als ohne festen Wohnsitz in Österreich anzusehen war, weil er eine ständige Unterkunft bei seiner Freundin in Linz hatte. Dieser Gesichtspunkt, auf den der bekämpfte Schubhaftbescheid unter anderem auch abstellt, spielt gegenständlich keine entscheidende Rolle, weil es nicht bloß um die Mitwirkung an einem fremdenrechtlichen Administrativverfahren, sondern um die Durchsetzung des vom Bf mißachteten Aufenthaltsverbotes durch Abschiebung gemäß § 36 Abs 1 FrG ging. Nach den Fällen des Absatz 1 dieser Vorschrift können Fremde zur Ausreise verhalten werden, wenn die Überwachung aus sicherheitspolizeilichen Gründen notwendig erscheint (Z 1) oder wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2) oder auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen (Z 3) oder wenn sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind (Z 4).

Der Bf hat durch seine monatelange Wohnsitznahme trotz des gegen ihn durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes dokumentiert, daß er nicht bereit ist, dem Aufenthaltsverbot Folge zu leisten und Österreich freiwillig und zeitgerecht zu verlassen. Vielmehr ist er dem Aufenthaltsverbot zuwider nach seinem Gutdünken mehrfach in das Bundesgebiet zurückgekehrt. Schon aus diesen Gründen durfte ihn die belangte Behörde zwangsweise zur Ausreise verhalten und damit auch die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängen. Schon weil sich der Bf nur fallweise bei seiner Freundin in Linz aufhielt, konnte nicht davon ausgegangen werden, daß er jederzeit für die fremdenpolizeiliche Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes greifbar ist. Die belangte Behörde mußte aus den dargelegten Gründen und im Hinblick auf das frühere widerrechtliche Verhalten des Bf, der ohne Sichtvermerk eingereist ist und sich längere Zeit ohne polizeiliche Meldung in Linz aufhielt, annehmen, daß die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung erforderlich ist, weil sich der Bf sonst der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes entziehen werde.

Im Ergebnis erging der bekämpfte Schubhaftbescheid zu Recht, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

5. Dem Bund war als dem Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, antragsgemäß der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten iSd § 52 Abs 2 FrG iVm § 79a AVG für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Dabei ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem Ansatz in Höhe von zwei Drittel des Pauschalkostenersatzes vor dem Verwaltungsgerichtshof auszugehen (vgl ua VwGH 23.9.1991, 91/19/0162). Nach der derzeit gültigen Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994 beträgt der Vorlageaufwand S 565,-- und der Schriftsatzaufwand S 4.000,--. Diese Beträge waren um ein Drittel auf den Betrag von insgesamt S 3.043,33 zu kürzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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