Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400318/16/Wei/Bk

Linz, 15.02.1996

VwSen-400318/16/Wei/Bk Linz, am 15. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des P V, kroatischer Staatsangehöriger, zuletzt Polizeigefangenenhaus Linz, vertreten durch Rechtsanwalt vom 23. Dezember 1994 wegen Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Schubhaftbescheides sowie der Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land nach Aufhebung des h.

Zurückweisungsbescheides vom 12. Jänner 1995 durch den Verfassungsgerichtshof zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Mangels Antragstellung der obsiegenden Partei entfällt eine Kostenentscheidung.

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr.

838/1992) iVm § 67c AVG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden nur Bf), ein kroatischer Staatsangehöriger, wurde am 21. Juni 1974 in Wels/Oberösterreich geboren. Nach zwei Jahren Aufenthalt in Österreich übersiedelten seine Eltern wieder nach Bosnien, wo der Bf die Volks- und Hauptschule besuchte und den Lehrberuf Schlosser erlernte. Im Jahr 1992 reiste er mit seinen Eltern nach Österreich, wo er sich seit Februar 1992 aufhielt. Der letzte gemeinsame Wohnsitz im elterlichen Haushalt war B.

Der Bf wurde von der Gendarmerie Marchtrenk am 8. November 1994 fremdenpolizeilich überprüft, wobei sich herausstellte, daß er keinen gültigen Sichtvermerk besaß. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am Gendarmerieposten Marchtrenk, der ein Dolmetsch beiwohnte, gab er an, daß er seit seiner Einreise keiner geregelten Arbeit nachginge und seinen Lebensunterhalt von einem monatlichen Taschengeld von cirka S 3.000,-- bestritte. Diese Zuwendung erhielte er von seinem Vater, der als Elektriker bei der Firma A arbeitete. Seine Mutter gehe keiner geregelten Arbeit nach.

Er hätte bereits im September 1993 einen Sichtvermerk beantragt, habe dann aber einen Bescheid bekommen, wonach er die Antragsfrist versäumt hätte. Ein Einspruch bei der Landesregierung wäre bescheidmäßig abgelehnt worden.

Tatsächlich ist der zuletzt erteilte österreichische Sichtvermerk am 31. Juli 1993 abgelaufen. Die Berufung gegen den zurückweisenden Bescheid der belangten Behörde vom 14.

Februar 1994, Sich-06/558/1992/Wim, über einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung hat der Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 22. Juli 1994, Zl. 101.839/2-III/11/94 abgewiesen. Gegen diesen negativen Berufungsbescheid brachte der Bf durch seinen Rechtsvertreter am 24. Oktober 1994 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein.

Die Gendarmerie nahm den Bf fest und führte ihn unter Anschluß einer Anzeige wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet der belangten Behörde vor. Dort unterzeichnete er eine Niederschrift, aus der hervorgeht, daß er keinen Dolmetsch benötigte, weil er der deutschen Sprache hinreichend mächtig wäre. Die belangte Behörde belehrte ihn über seinen unrechtmäßigen Aufenthalt und dessen Folgen und überreichte ihm einen Ausreiseauftrag, den er beim Verlassen des Bundesgebietes einem österreichischen Grenzkontrollorgan übergeben sollte. In der Folge wurde von der Grenzkontrollstelle Spielfeld auf dem Ausreiseauftrag bestätigt, daß der Bf am 10. November 1994 ausreiste.

Am 24. November 1994 wurde der mittlerweile wieder in Österreich aufhältige Bf neuerlich festgenommen und der belangten Behörde vorgeführt. Anläßlich der niederschriftlichen Einvernahme vom 24. November 1994, die ohne Dolmetsch durchgeführt wurde, gab der Bf an, daß er nicht berufstätig, nicht sozialversichert und völlig mittellos wäre und von geringfügigen Zuwendungen seiner Eltern lebte. Die belangte Behörde teilte ihm mit, daß sein weiterer Aufenthalt zur finanziellen Belastung der öffentlichen Hand führen könnte, daß schon sechs Verwaltungsvorstrafen vorlägen und nunmehr die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beabsichtigt wäre. Zur Verfahrenssicherung und Sicherung der Abschiebung werde er in Schubhaft genommen. Nach Verlesung der Niederschrift bestätigte der Bf mit seiner Unterschrift, daß er alles verstanden hätte.

1.2. Mit Bescheid vom 24. November 1994, Zl.

Sich-06/558/1992/OB/OM, verhängte die belangte Behörde die Schubhaft zur Sicherung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß sich der Bf seit 2. August 1993 mit Unterbrechung von drei Tagen in Österreich aufhalte, ohne im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung zu sein. Er sei nicht berufstätig, nicht sozialversichert, nach eigenen Angaben völlig mittellos und lebe von geringfügigen Zuwendungen seiner Eltern. Er sei großjährig und alleinstehend. Unter Hinweis auf sechs Verwaltungsvorstrafen (§ 22 Abs 1 Z 3 Meldegesetz; § 5 Abs 1 StVO; § 64 Abs 5 iVm Abs 1 KFG, dreimal § 82 Abs 1 Z 4 Fremdengesetz) stellte die belangte Behörde fest, daß der Bf nicht gewillt sei, sich der österreichischen Rechtsordnung anzupassen. Es sei zu befürchten, daß er wegen seiner Mittellosigkeit der Republik Österreich zur Last fallen und sich auch weiterhin nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten werde. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung sei beabsichtigt. Die Schubhaft hätte verhängt werden müssen, da zu befürchten sei, der Bf werde sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen.

Dieser Schubhaftbescheid wurde dem Bf am 24. November 1994 anläßlich seiner Überstellung ins Gefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Linz durch die Gendarmerie Thalheim bei Wels zugestellt (vgl Bericht vom 27.11.1994).

1.3. Mit Bescheid vom 28. November 1994 hat die belangte Behörde ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs 1 und 2 Z 2 und Z 7 FrG ausgesprochen sowie die aufschiebende Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs 2 AVG ausgeschlossen. Im Aktenvermerk vom 2.

Dezember 1994 wird festgehalten, daß der Bf laut telefonischer Auskunft des PGH Linz das durchsetzbare Aufenthaltsverbot übernommen hätte.

Einem Aktenvermerk vom 28. November 1994 ist zu entnehmen, daß ein Mitarbeiter der Kanzlei des Rechtsvertreters des Bf an diesem Tag unter Hinweis auf eine mündlich erteilte Vollmacht vom 19. Oktober 1994 Akteneinsicht genommen hat.

Eine Zustellung des erst am 29. November 1994 zur Post gegebenen Aufenthaltsverbotes vom 28. November 1994 an den Rechtsvertreter des Bf ist nicht aktenkundig.

Der Bf wurde dann am 2. Dezember 1994 per Bahn mit dem Dacia-Expreß D-347 (Abfahrt Bruck /Leitha um 19.47 Uhr) über Budapest nach Kroatien abgeschoben. Beamte der Gendarmerie haben den Bf im Auftrag der belangten Behörde vom Polizeigefangenenhaus Linz zum Bahnhof Bruck/Leitha überstellt und dort der Zollwache übergeben.

1.4 Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1994, eingelangt beim unabhängigen Verwaltungssenat am 27. Dezember 1994, hat der Bf vertreten durch seinen Rechtsvertreter Schubhaftbeschwerde erhoben und die kostenpflichtige Feststellung beantragt, den Schubhaftbescheid der belangten Behörde vom 24. November 1994 und die daraufhin am 25.

November 1994 erfolgte Festnahme und Anhaltung bis zur Abschiebung am 2. Dezember 1994 für rechtswidrig zu erklären.

Mit h. Beschluß vom 12. Jänner 1995 wurde die erst am 27.

Dezember 1994 eingebrachte Schubhaftbeschwerde im Hinblick auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine Beschwerde gemäß § 51 Abs 1 FrG nur erheben kann, wer sich tatsächlich (noch) in Schubhaft befindet, als unzulässig zurückgewiesen. Mit Erkenntnis vom 25. September 1995, B 445/95 ua Zlen, hat der Verfassungsgerichtshof den h. Bescheid aufgehoben und festgestellt, daß der Bf in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) verletzt worden wäre.

Dabei hat der Verfassungsgerichtshof seine Auffassung (vgl VfGH 3.3.1994, B 960/93, = JBl 1994, 816; VfGH 29.6.1995, B 2534/94 ua Zlen) bekräftigt, daß auch nach Entlassung aus der Schubhaft eine Beschwerde innerhalb von sechs Wochen zulässig wäre.

1.5. Mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1994 hat der Bf durch seinen Rechtsvertreter überdies Maßnahmenbeschwerde gegen die Abschiebung über den Grenzübergang Bahnhof Nickelsdorf und Ungarn nach Kroatien beim unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland eingebracht. Dieser übermittelte die Beschwerde zuständigkeitshalber an den O.ö. Verwaltungssenat, wo sie am 2. Jänner 1995 einlangte und zur Zahl VwSen-420064/1995 erfaßt wurde.

Mit h. Erkenntnis vom 1. März 1995, VwSen-420064/5/Kl/Rd, wurde der Maßnahmenbeschwerde Folge gegeben und die am 2.

Dezember 1994 durchgeführte Abschiebung für rechtswidrig erkannt. In der Begründung wird festgehalten, daß der RSa-Brief an den Bf per Adresse PGH Linz mit der Aufschrift "Sich-06/558/1992/Ob/Om Aufenthaltsverbot" der belangten Behörde ungeöffnet und mit dem handschriftlichen Vermerk "abgeschoben am 2.12.1994" zurückgestellt worden war. Da an den Rechtsanwalt des Bf, dessen Vertretungsvollmacht auch die Zustellvollmacht umfaßte, keine Zustellung erfolgt war und auch ein tatsächliches Zukommen des Schriftstückes (vgl § 9 ZustellG) nicht angenommen werden konnte, war das Aufenthaltsverbot im Zeitpunkt der Abschiebung noch nicht rechtswirksam erlassen.

1.6. Mit Bescheid vom 20. Juli 1995, Zl. St 217/95, hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich der Berufung des Bf vom 27. Juni 1995 gegen den am 13. Juni 1995 zugestellten Aufenthaltsverbotsbescheid der belangten Behörde keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid bestätigt. Begründend wird unter Hinweis auf acht rechtskräftige Vormerkungen im Verwaltungsstrafregister der belangten Behörde betont, daß den schwerwiegenden Übertretungen nach § 5 Abs 1 StVO (Lenken eines Fahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand) und nach § 64 Abs 1 KFG (Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung) unter dem Aspekt der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung besonderer Stellenwert zukomme. Auch die mehrmalige Übertretung des Fremdengesetzes zeige, daß der Bf nicht gewillt sei, die Vorschriften zur Regelung des Fremdenwesens zu akzeptieren. Die Sicherheitsdirektion hielt den Tatbestand des § 18 Abs 1 iVm Abs 2 Z 2 FrG als gegeben.

Gegen diesen Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion hat der Bf durch seinen Rechtsvertreter Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 1995, Zl. AW 95/21/0327, die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

2.1. In der Begründung der Schubhaftbeschwerde wird ausgeführt, daß das durch Bescheid der belangten Behörde vom 28. November 1994 ergangene Aufenthaltsverbot entgegen § 9 Abs 1 Zustellgesetz dem ausgewiesenen Rechtsvertreter nicht zugestellt und daher nicht wirksam erlassen worden sei. Im übrigen wird das Aufenthaltsverbot im einzelnen bekämpft und werden die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde teilweise in Zweifel gezogen. Da der Bf nur sehr schlecht deutsch spreche und die belangte Behörde keinen Dolmetsch beizog, wären die Angaben des Bf in der Niederschrift unrichtig wiedergegeben.

Zum Beweis, daß es denkunmöglich wäre, daß der Bf behauptet hätte, nicht berufstätig, nicht sozialversichert und völlig mittellos zu sein und nur von geringfügigen Zuwendungen der Eltern zu leben, verweist die Beschwerde auf eine in Kopie beigelegte Anmeldebestätigung der OÖ. GKK vom 23. Juni 1994.

In diesem Schreiben wird dem Bf im wesentlichen mitgeteilt, daß seine Selbstversicherung in der Krankenversicherung (vgl § 16 ASVG) am 22. Juni 1994 beginnt und daß die Beiträge für die Zeit vom 22. Juni 1994 bis 30. Juni 1994 S 208,10 und ab 1. Juli 1994 S 693,60 betragen.

Der Bf sei auch nicht völlig mittellos, sondern lebte mit seinen Eltern und Geschwistern im angemieteten Haus B. Von den Eltern werde er mit ausreichenden Unterhaltsleistungen versorgt, die dazu auch gerne bereit wären. Einer Arbeit hätte er nur deshalb nicht nachgehen können, weil ihm rechtswidrigerweise die Aufenthaltsbewilligung versagt worden wäre.

Im übrigen bekämpft die Beschwerde im einzelnen die Ansicht der belangten Behörde, daß durch seine rechtskräftigen Verwaltungsvorstrafen der Tatbestand eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 Abs 2 Z 2 FrG erfüllt worden wäre. Die belangte Behörde hätte kein Aufenthaltsverbot erlassen dürfen, was zwingend zur Folge hätte, daß auch keine Schubhaft verhängt hätte werden dürfen. Auch die Interessenabwägung gemäß §§ 19 und 20 FrG wäre mangels Erhebung der maßgeblichen Tatsachen nicht richtig vorgenommen worden.

Die Notwendigkeit der Anhaltung in Schubhaft könne der Begründung des Schubhaftbescheides nicht entnommen werden.

Der Befürchtung der Behörde lägen keine bestimmten Tatsachen zugrunde, die aber unabdingbare Voraussetzung für die Haftverhängung wären.

2.2. Die belangte Behörde hat über h. Anforderung ihre Verwaltungsakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

3. Da bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Im gegenständlichen Fall wurde die mit 23. Dezember 1994 datierte Schubhaftbeschwerde iSd § 51 Abs 1 FrG am 27.

Dezember 1994 beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingebracht, obwohl der Bf bereits am 2.

Dezember 1994 abgeschoben und damit aus der Schubhaft entlassen worden war. Der erkennende Verwaltungssenat ist gemäß § 87 Abs 2 VerfGG an die der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes widersprechende Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes gebunden, wonach die Beschwerde gemäß § 51 Abs 1 FrG auch nach Entlassung aus der Schubhaft innerhalb von sechs Wochen zulässig sei.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Richtig ist, daß der Bf nicht als völlig mittellos angesehen werden konnte. Auch bestand eine Selbstversicherung in der Krankenversicherung seit 22. Juni 1994. Allerdings ist der großjährige Bf auch nach dem Beschwerdevorbringen auf die begrenzten Unterhaltsleistungen seiner Eltern angewiesen. Ob eine entsprechende Unterhaltspflicht besteht, hat die belangte Behörde im Hinblick auf die Großjährigkeit des Bf grundsätzlich mit Recht in Zweifel gezogen. Aufgrund der im Rahmen des gegenständlichen Fremdenverfahrens nicht völlig aufgeklärten Lebensumstände besteht möglicherweise trotz eingetretener Großjährigkeit der vom Bf behauptete Rechtsanspruch auf Unterhalt durch seine Eltern, weil er noch nicht selbsterhaltungsfähig erscheint. Insbesondere trifft es zu, daß nach § 4 Abs 3 Z 7 AuslBG (BGBl Nr.

218/1975, zuletzt geändert BGBl Nr. 257/1995) die Beschäftigungsbewilligung - ausgenommen ist der Fall ihrer bloßen Verlängerung - nur erteilt werden darf, wenn der Ausländer zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz (BGBl Nr. 466/1992) berechtigt ist.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Verhängung der Schubhaft bereits das Vorliegen berechtigter Gründe für die Annahme, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes möglich sein werde. Eine abschließende Beurteilung oder gar Gewißheit ist nicht erforderlich (vgl ua VwGH 28.7.1995, 95/02/0038; VwGH 5.4.1995, 93/18/0328, 0330; VwGH 28.4.1995, 93/18/0267; VwGH 24.2.1995, 95/02/0039; VwGH 25.11.1994, 94/02/0301; VwGH 17.11.1994, 93/18/0501; VwGH 23.6.1994, 94/18/0063).

Die von der belangten Behörde verhängte Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes war zumindest im Hinblick auf die im Schubhaftbescheid angeführten rechtskräftigen Verwaltungsvorstrafen gut vertretbar, weil im Zeitpunkt der Schubhaftanordnung genügend Anhaltspunkte für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 Abs 1 und 2 Z 2 FrG vorlagen.

Das mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. November 1994, rechtswirksam erlassen am 13. Juni 1995, verhängte Aufenthaltsverbot wurde von der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich hinsichtlich des Tatbestandes gemäß § 18 Abs 2 Z 2 FrG mit Bescheid vom 20. Juli 1995 bestätigt. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof bewirkt zwar, daß der erkennende Verwaltungssenat an die Entscheidung der Sicherheitsdirektion nicht gebunden ist, weil damit deren Rechtswirkungen suspendiert wurden. Dennoch hatte der erkennende Verwaltungssenat im Rahmen des Schubhaftprüfungsverfahrens nur zu beurteilen, ob für die belangte Behörde berechtigte Gründe vorlagen, die ein Aufenthaltsverbot möglich erscheinen ließen. Die abschließende Beurteilung ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht Aufgabe des unabhängigen Verwaltungssenates im Schubhaftbeschwerdeverfahren. Mit seinem umfangreichen Vorbringen zu einzelnen Verwaltungsvorstrafen konnte der Bf keine Zweifel an der Vertretbarkeit eines Aufenthaltsverbotes erwecken.

Entscheidend ist lediglich, daß die im Schubhaftbescheid angeführten Vorstrafen rechtskräftig waren und daß auch zwei besonders schwerwiegende Übertretungen nach § 5 Abs 1 StVO und § 64 Abs 1 KFG vorlagen. Eine Interessenabwägung nach den §§ 19, 20 FrG ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

4.3. Der Bf vermißt bestimmte Tatsachen im Schubhaftbescheid, die die Notwendigkeit seiner Inschubhaftnahme begründen können. Auch wenn der Bf im Hinblick auf Unterhaltsleistungen seiner Eltern nicht als völlig mittellos betrachtet werden konnte, hat er durch sein bisheriges Verhalten hinreichenden Anlaß für die Befürchtung gegeben, er werde sich der österreichischen Rechtsordnung nicht anpassen und vor allem auch seinen fremdenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen. Er ist bereits in der Zeit vor dem 31. Juli 1993, als er noch einen gültigen Sichtvermerk hatte, keiner geregelten Arbeit nachgegangen.

Auch nach der negativen Entscheidung des Bundesminister für Inneres über die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung am 22. Juli 1994 machte er keine Anstalten Österreich zu verlassen. Nicht einmal den Ausreiseauftrag der belangten Behörde hat er besonders ernst genommen. Er reiste zwar zunächst aus, um der Fremdenbehörde die Ausreisebestätigung der Grenzkontrollstelle zukommen zu lassen, kehrte aber offenbar alsbald wieder zurück, um seinen illegalen Aufenthalt in Österreich unbemerkt fortzusetzen. Schließlich hat er auch durch die Begehung von schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen seine negative Einstellung zu den geschützten öffentlichen Interessen dargetan.

Wenn die belangte Behörde angesichts dieser Fakten befürchtete, der Bf werde sich auf freiem Fuß den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen oder diese zumindest erheblich erschweren, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Die Ausreiseunwilligkeit und mangelnde Bereitschaft des Bf zur Beachtung fremdenrechtlicher Vorschriften ist durch sein Gesamtverhalten hinreichend bewiesen. Schon diese Umstände begründen die Notwendigkeit der Schubhaft (vgl etwa VwGH 28.7.1995, 95/02/0207). Weder ein besonderes Sicherungsinteresse noch im speziellen eine Fluchtgefahr sind für die Inschubhaftnahme geboten (vgl VwGH 28.7.1995, 95/02/0065). Daß der Schubhaftbescheid die Tatsachen, die für die negative Prognose sprechen, nicht mit der wünschenswerten Deutlichkeit aufgezeigt hat, vermag nichts an der Sache selbst zu ändern. Bloßen Begründungsmängeln (iSd § 60 AVG) des Schubhaftbescheides kommt keine solche Relevanz zu, daß der Bescheid deshalb für rechtswidrig erklärt werden müßte (vgl VwGH 24.2.1995, 95/02/0019).

5. Im Ergebnis war daher die eingebrachte Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Mangels Antragstellung der belangten Behörde konnte keine Kostenentscheidung gemäß § 52 Abs 2 FrG iVm § 79a AVG zugunsten des Bundes, für den die belangte Behörde funktionell eingeschritten ist, getroffen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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