Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400354/4/Schi/Bk

Linz, 07.07.1995

VwSen-400354/4/Schi/Bk Linz, am 7. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde des P J, geb.04.09.1971, liberianischer Staatsangehöriger, vertreten durch RAe Dr. H wegen Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als rechtmäßig festgestellt.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.044 S binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 51 Abs.1, § 52 Abs.1, 2 und 4, § 54 und § 48 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr.

110/1994, iVm § 67c Abs.1 und § 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1992; Zu II.: § 74 und 79 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schriftsatz vom 4.7.1995, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 5.7.1995, wurde Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die BPD Linz erhoben und beantragt, 1. den Schubhaftbescheid vom 22.6.1995, Fr-89.064 sowie die weitere Anhaltung der (gemeint wohl: in) Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und 2. den Bund (BPD Linz) gemäß § 79a AVG zum Kostenersatz in Höhe von insgesamt 27.600 S zu verpflichten.

1.2. Die Beschwerde wurde damit begründet, daß die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nur dann erfolgen könne, wenn eine Abschiebung zulässig sei, was wiederum voraussetze, daß ein Aufenthaltsverbot bereits erlassen wurde und durchsetzbar sei bzw eine Ausweisung rechtskräftig bzw zumindest durchsetzbar sei. Es könne somit eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung solange nicht verhängt werden, solange kein Aufenthaltsverbot oder keine Ausweisung erlassen worden sei. Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung sei daher rechtswidrig. Ein Aufenthaltsverbot setze voraus, daß derjenige, gegen den sich ein solches richtet, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß er nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sei, sodaß aus diesem Grund kein Aufenthaltsverbot verhängt werden dürfe und daher die Schubhaftverhängung aus diesem Grund unzulässig sei. Es hätte daher über ihn auch nicht die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes verhängt werden dürfen. Außerdem sei die Schubhaftverhängung zur Sicherung der Zurückschiebung gemäß § 35 FrG nur innerhalb von sieben Tagen ab illegaler Einreise zulässig. Er sei am 13.6.1995 eingereist und die Schubhaftverhängung erfolgte nach Ablauf dieser Frist am 22.6.1995. Im übrigen sei er aus Ungarn eingereist und es bestehe keine zwischenstaatliche Vereinbarung, die seine Zurückschiebung nach Ungarn möglich machen würde. Eine Schubhaftverhängung zur Sicherung der Zurückschiebung komme daher nicht in Frage. Allenfalls wäre daher eine Schubhaftverhängung zur Vorbereitung einer Ausweisung in Frage gekommen. Da allerdings der Spruch des Bescheides durch die Heranziehung auch anderer Schubhaftgründe dermaßen widersprüchlich sei, insbesondere Schubhaftgründe herangezogen würden, die einander wiedersprechen, sei die Schubhaftverhängung insgesamt rechtswidrig. Eine kumulative Anwendung der Haftgründe sei nicht möglich (§ 48 Abs.3 FrG).

Abschiebungen nach Liberia könnten außerdem zur Zeit sowohl tatsächlich als auch rechtlich nicht durchgeführt werden. Es sei beabsichtigt, ihn nach Liberia abzuschieben. Aus einem vorgelegten Bescheid der BH Schärding zu Sich 41-43-1994-Hol, ergebe sich, daß eine Abschiebung nach Liberia aus den in § 37 Abs.1 und 2 FrG genannten Gründen derzeit generell unzulässig sei, sodaß es einer eigenen Überprüfung in einem Verfahren nach § 54 FrG überhaupt nicht bedürfe. Dieser Sachverhalt sei auch amtsbekannt. Darüber hinaus sei Liberia aufgrund der Bürgerkriegsereignisse international so isoliert, daß eine Abschiebung dorthin aus tatsächlichen Gründen unmöglich sei. Die Schubhaft hätte daher gemäß § 48 Abs.2 FrG überhaupt nicht verhängt werden dürfen, da ihr Ziel von vornherein nicht erreicht werden könne. Schließlich sei mittlerweile von "SOS Mitmensch " für ihn eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestellt und sein Unterhalt zuzüglich Taschengeld gesichert, sodaß schon aus diesem Grund auch die Voraussetzung des § 48 FrG nicht mehr gegeben sei, da die allenfalls die Schubhaft rechtfertigenden Unstetheit und Mittellosigkeit nicht mehr gegeben sei.

2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und am 5.7.1995 eine Gegenschrift erstattet. Darin wird darauf hingewiesen, daß über den Beschwerdeführer (Bf) am 22.6.1995 die Schubhaft verhängt wurde, weil ein fremdenpolizeiliches Verfahren zu führen sei und er weder über einen Wohnsitz verfügte noch seine Identität feststand. Mit Bescheid vom 23.6.1995 wurde gegen den Bf die Ausweisung verfügt. Mit Bescheid gleichen Tages wurde festgestellt, daß die Abschiebung nach Liberia zulässig sei. Mit Schreiben vom 26.6.1995 bzw 3.7.1995 wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der liberianischen Botschaft in Zürich bzw beim liberianischen Honorarkonsulat in Wien beantragt. Im übrigen bestehe Grund zur Annahme, daß der Bf versuchen könnte, durch Untertauchen in die Anonymität die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu verhindern und zu erschweren, zumal nicht einmal seine Identität feststeht und er auch keine Möglichkeit hat, seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Die belangte Behörde stellt daher die Anträge, der unabhängige Verwaltungssenat möge die Beschwerde abweisen und erkennen, daß der Bf der BPD Linz (dem Bund) die Pauschalbeträge für Schriftsatzaufwand und Aktenvorlage zu ersetzen hat.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich demnach folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist liberianischer Staatsangehöriger und er lebte bisher in der Hauptstadt Monrovia. Er hat Liberia am 10.5.1995 mit dem Schiff in einem unbekannten Hafen an der Grenze zur Elfenbeinküste verlassen. Am 12.5.1995 begann die Schiffsreise, welche bis 12.6.1995 dauerte; dabei erreichte er ein unbekanntes europäisches Land. Ein Unbekannter hat den Bf gegen ein Schlepperentgelt von 200 $ in der Nacht nach Österreich gebracht, wo er am 13.6.1995 ankam. Zum Zeitpunkt der Einvernahme am 21.6.1995 verfügte er noch über 200 DM und 10 $.Sodann hat der Bf um Asyl angesucht. Dieser ist mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 21.6.1995 gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen worden, wobei die aufschiebende Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs.2 AVG im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug ausgeschlossen wurde. Begründend wurde im wesentlichen nach Schilderung des Sachverhaltes - ausgeführt, daß der Bf in seinem Heimatstaat keine Verfolgung in bezug die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention zu befürchten hätte, weshalb ihm auch nicht Asyl gewährt werden könne.

Insbesondere wurde darauf hingewiesen, daß die Bürgerkriegssituation in Liberia für sich allein nicht die Flüchtlingseigenschaft indiziere. Das Asylrecht hat nicht zur Aufgabe, vor den allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die auf Krieg, Bürgerkrieg, Revolution und sonst. Unruhen hervorgehen. Wesentlich für den Flüchtlingsbegriff ist die Furcht vor einer gegen den Asylwerber selbst konkret gerichteten Verfolgungshandlung, nicht die Tatsache, daß es Kämpfe zwischen der Gruppe, welcher der Asylwerber angehört und anderen Gruppen im Heimatstaat gibt. Auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen oder religiösen Minderheit gibt als solche noch keinen Grund für die Gewährung von Asyl. Auf den Fall des Bf sind diese Entscheidungsgrundlagen anzuwenden, weshalb aufgrund der von ihm dargelegten Sachverhalte die Gewährung von Asyl nicht in Frage kommt.Im übrigen wird festgestellt, daß es sich bei den vom Bf geschilderten Vorfällen um keine Übergriffe staatlicher Organe, sondern um Rebellengruppen handelt, sodaß schon aus diesem Grund kein Asylgrund i.S.der Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des Asylgesetztes 1991 vorlag.

4.2. Mit Bescheid vom 22.6.1995, Fr-89.064 hat die BPD Linz gegen den Bf gemäß § 41 Abs.1 FrG in Anwendung des § 57 AVG die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) des Bf zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung bzw zur Zurückschiebung angeordnet. Begründend wurde ausgeführt, daß der Bf am 13.6.1995 illegal nach Österreich eingereist ist.

Sein Asylantrag vom 20.6.1995 bereits mit Bescheid vom 21.6.1995 gemäß § 3 Asylgesetz vom Bundesasylamt Linz abgewiesen worden ist. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung kommt dem Bf nicht zu und wurde auch eine solche befristete Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht erteilt, weshalb sich der Bf nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Außerdem ist er nicht im Besitz eines Reisepasses und praktisch mittellos. Da gegen ihn ein fremdenpolizeiliches Verfahren zu führen ist und er in Österreich über keinen Wohnsitz verfügt, war spruchgemäß zu entscheiden.

4.3. Mit Bescheid vom 23.6.1995, Fr-89.064, wird der Bf gemäß § 17 Abs.2 Z4 und 6 FrG ausgewiesen. Begründend wurde dazu - nach Zitierung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sowie des maßgeblichen Sachverhaltes ausgeführt, daß der Bf unter Mißachtung der Bestimmungen des 2. Teiles des Fremdengesetzes und unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist ist, den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag und innerhalb eines Monates nach seiner Einreise betreten wurde. Er ist deshalb im Interesse der öffentlichen Ordnung auszuweisen.

4.4. Der Bf hat anläßlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am 22.6.1995 den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Liberia gestellt. Über diesen Antrag wurde mit Bescheid der BPD Linz vom 23.6.1995, Fr-89.064, insofern entschieden, als gemäß § 54 Abs.1 FrG festgestellt wird, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Bf in Liberia gemäß § 37 Abs.1 oder 2 FrG bedroht ist; seine Abschiebung nach Liberia ist daher zulässig. Begründend wurde im wesentlichen - nach Schilderung des Sachverhaltes und Zitierung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen - auf die Begründung des Bescheides des Bundesasylamtes Linz vom 21.6.1995 verwiesen und festgestellt, daß auch die BPD Linz zu diesem Ergebnis gekommen ist, da diesbezüglich keine neuen Erkenntnisse sich fanden. Weiters wurde festgestellt, daß iSd § 37 Abs.1 FrG keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Bf Gefahr laufen würde, in seinem Heimatland einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

4.5. Mit Strafverfügung der BPD Linz vom 23.6.1995 wurden über den Bf wegen Übertretung des Grenzkontrollgesetzes sowie wegen Übertretung des Fremdengesetzes wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich Geldstrafen von je 1.000 S verhängt.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 FrG).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 FrG).

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt seiner Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

5.2. Der der Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 FrG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung bzw zur Zurückschiebung erlassen.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 48 Abs.2 leg.cit.). Wird ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt (§ 48 Abs.3 FrG).

5.3. Aufgrund des dargelegten Sachverhaltes steht fest, daß der Beschwerdeführer illegal, dh ohne gültigem Reisedokument, nach Österreich eingereist ist, nicht im Besitz der Mittel für seinen Lebensunterhalt in Österreich war und über keine Unterkunft in Österreich verfügte.

Weiters verfügt er über keine Beschäftigungsbewilligung in Österreich, sodaß er auch nicht die Möglichkeit gehabt hätte, die erforderlichen Mittel für den Lebensunterhalt in rechtmäßiger Weise zu erwerben. Aufgrund dieses Sachverhaltes ist nach der ständigen Judikatur des VwGH die Befürchtung der belangten Behörde begründet, daß sich der Bf durch Untertauchen einem fremdenpolizeilichen Verfahren und einer Ausreise bzw einer Abschiebung zu entziehen suchen oder jedenfalls dieses Verfahren erschweren werde. Für eine solche Annahme reichen nach der Judikatur bereits eine illegale Einreise und unrechtmäßiger Aufenthalt oder Mittellosigkeit und fehlende Unterkunft aus (VwGH vom 17.6.1993, 93/18/0078; VwGH 14.4.1993, 93/18/0080).

5.4. Aufgrund dieser Sach- und Rechtslage war daher die Verhängung der Schubhaft und die Inschubhaftnahme zur Sicherung des Verwaltungsverfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bzw. um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern, jedenfalls gerechtfertigt und erforderlich. Da der Bf erst am 22.6.1995 in Schubhaft genommen worden war, kann auch von einer unnötig langen Haftdauer in keiner Weise gesprochen werden.

6. Die vom Bf geltend gemachten Beschwerdegründe sind aus nachstehenden Erwägungen unzutreffend.

6.1. Insofern der Bf vorbringt, daß gegen ihn ein Rückschiebungsverbot bestehe, weil er nach Liberia wegen der Bürgerkriegssituation sowohl rechtlich als auch tatsächlich nicht abgeschoben werden könne, ist dazu folgendes festzustellen:

6.1.1. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden (§ 37 Abs.1 FrG). Die Zurückweisung oder Zurückschiebung eines Fremden in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (§ 37 Abs.2 leg.cit.). Ein Fremder, der sich auf eine der in Abs.1 oder 2 genannten Gefahren beruft, darf erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem er Gelegenheit hatte, entgegenstehende Gründe darzulegen.

6.1.2. Nach der Rechtsprechung des VfGH kann ein Schubhäftling Gründe nach § 37 FrG, sofern ihm keine wirksame Beschwerde (Feststellungsverfahren) offensteht, anläßlich einer Schubhaftbeschwerde vor dem unabhängigen Verwaltungssenat geltend machen, wobei diese Gründe iS einer umfassenden Haftprüfung zu prüfen sind. In diesem Zusammenhang hat der VwGH die Auffassung vertreten, daß ein Abschiebungsverbot nicht im Schubhaftverfahren, sondern bei der Abschiebung zu prüfen ist, sofern nicht feststeht, daß die Abschiebung in alle in Betracht kommenden Staaten rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist. Dies begründete er damit, daß die Einhaltung der Entscheidungsfrist von einer Woche in der Regel nicht ausreichte, um ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, das Feststellungen über ein Abschiebungsverbot ermöglichte, die einer nachträglichen Überprüfung durch den VwGH standhielten. Diese Auffassung vertrat im übrigen auch immer der erkennende Verwaltungssenat.

6.1.3. Im Bestreben (auch) der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes weitgehend Rechnung zu tragen, gelangt daher der entscheidende O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die gegenständliche Beschwerde stichhaltige Gründe, die die Annahme eines Rückschiebungsverbotes rechtfertigen, nicht vorgebracht hat.

Denn mit seinem Vorbringen hat der Bf weder Behauptungen aufgestellt, daß er unmenschlicher Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen sei, noch daß sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität usw bedroht wäre. Jedenfalls enthält sein Vorbringen keine Konkretisierung dahingehend, welche Auswirkungen er selbst tatsächlich bei Rückkehr in sein Heimatland von staatlichen Organen (und nicht von einzelnen Rebellen) zu erwarten hätte. Auch der vom Bf vorgelgete Bescheid der BH Schärding vom 14.2.1995 kann daran nichts ändern, zumal hier in offenbarer Verkennung der Rechtslage Übergriffe von einzelnen Rebellengruppen im Jahr 1992 so angesehen worden sind, als wäre diese Gewalt vom Staat ausgegangen. Außerdem hat dieser Bescheid keinerlei Bindungsoder Präjudizwirkung, schon gar nicht für den unabhängigen Verwaltungssenat.

Abgesehen davon, scheint die Glaubwürdigkeit der Angaben des Bf allgemein schwer erschüttert. Zunächst ist hier auf die laufend wechselnde Darstellung seiner Flucht (Reise zur Elfenbeinküste; Berichtigung dahingehend, daß er nie zur Elfenbeinküste, sondern nach Sierra Leone gefahren ist).

Weiters hat der Bf - offenbar um Widersprüche zu vermeiden angegeben, er kenne weder den Hafen, in dem das Schiff, mit dem er Afrika verlassen hätte, noch kenne er den Ankunftshafen bzw. das Land, aus dem er nach Österreich eingereist sei. Völlig abenteuerlich (und damit unglaubwürdig) ist seine Version des nächtlichen Überfalles auf sein bzw. seines Vaters Haus, bei dem er fluchtartig das Haus durch das Fenster verlassen mußte und dennoch offensichtlich Zeit hatte, größere Geldmengen mitzunehmen, da er damit immerhin die Reise samt Schlepperkosten von 200 $ sowie Verpflegung bestreiten mußte und er schließlich sogar noch über immerhin 200 DM, 10 $ und 55 S besaß.

Dazu kommt noch, daß es der internationalen Presse zu entnehmen ist, daß es in Liberia zu einem Waffenstillstand kam und Verhandlungen zwischen den Bürgerkriegsparteien gibt, sodaß weder das Verlassen seines Heimatlandes als Flucht zu bezeichnen ist, noch eine Gefahr für ihn im Falle der Abschiebung nach Liberia besteht (sh dazu Begründung des Asylbescheides vom 21.6.1995, BAL 95 02.459).

6.1.4. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß der Bf ohnedies einen ausdrücklichen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Liberia gestellt hat, dieser aber mit Bescheid vom 23.6.1995 abgewiesen wurde (s.Pkt.4.4.). Anzumerken ist dazu noch, daß der VwGH in st.

Rspr. ausgesprochen hat, daß eine diesbezügliche Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nicht gegeben ist (Erk.v. 24.2.1995, Zl. 94/02/0435). Schließlich ist darauf zu verweisen, daß der VwGH im Erk.v. 27.1.1995, Zlen. 94/02/0201, 0202,0283, dargetan hat, daß die Überprüfung der Frage, ob eine Abschiebung aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist, nicht im Rahmen einer Schubhaftbeschwerde zu erfolgen hat.

6.2. Entgegen der Meinung des Bf stellt es keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dar, wenn die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Schubhaftbescheides iSd § 41 Abs.1 FrG die dort angeführten Schubhaftzwecke aufnimmt. Auch die Ansicht des Bf, wonach eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung solange nicht verhängt werden könne, solange kein Aufenthaltsverbot oder keine Ausweisung erlassen worden ist, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Bf offenbar übersieht, daß einerseits die Schubhaft bereits zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes etc verhängt werden kann und andererseits im gegenständlichen Fall sogar eine durchsetzbare Ausweisung (Bescheid vom 23.6.1995, Fr-89.063) bestanden hat, weshalb die Schubhaft demnach auch zur Sicherung der Abschiebung zur Durchsetzung der Ausweisung verhängt wurde (vgl VwGH vom 7.4.1995, Zl.94/02/0517).

Zum Einwand des Bf, daß über ihn nicht die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes hätte verhängt werden dürfen, ist darauf hinzuweisen, daß bislang über den Bf kein Aufenthaltsverbot sondern lediglich der oben mehrfach zitierte - Ausweisungsbescheid vom 23.6.1995 erlassen wurde.

6.3. Zum Vorbringen des Bf, wonach ihm vom der Organisation "SOS Mitmensch " Wohnmöglichkeit sowie Unterhalt zuzüglich Taschengeld zur Verfügung bzw in Aussicht gestellt worden sei ist folgendes festzustellen: In ständiger Rechtsprechung hat der VwGH ausgesprochen, daß bei Mittellosigkeit und Fehlen einer Unterkunftsmöglichkeit die Annahme gerechtfertigt sei, daß sich der Fremde dem behördlichen Zugriff entziehen werde, um die zwangsweise Ausweise zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren (VwGH 14.4.1993, 93/18/0071). Gleiches gilt für den Fall, daß der Bf keine ausreichende Mittel für den Unterhalt, keine Unterkunft und auch über kein Reisedokument verfügt (VwGH 11.11.1993, 93/18/0417). Da der unabhängige Verwaltungssenat zufolge § 52 Abs.2 Z2 FrG über Schubhaftbeschwerden binnen einer Woche zu entscheiden hat, unterliegt der Bf einer erhöhten Mitwirkungspflicht, insbesondere über den Nachweis der erforderlichen Mittel und der Unterkunft. Diese schließt auch den Nachweis der Bonität der sich verpflichtenden Person ein (VwGH 29.7.1992, 92/18/0499). Außerdem ist eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der die Erklärung abgebenden Person glaubhaft zu machen (VwGH 13.1.1994, 93/18/0183).

Der Bf hat nun lediglich erklärt, daß ihm SOS Mitmensch eine Wohnmöglichkeit samt Unterhalt zuzüglich Taschengeld zur Verfügung stellen würde. Im Fremdenakt der BPD Linz findet sich weiters ein Schreiben von SOS Mitmensch Oberösterreich vom 28.6.1995 betreffend Unterbringung von vier Liberianern, unter denen sich auch der Bf befindet; darin wird ausgeführt, daß die Liberianer sieben Wochen hindurch durch die Heimküche mitversorgt würden. Für die restliche Zeit übernehme SOS Mitmensch in Kooperation mit der Caritas die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln. Weiters werde SOS Mitmensch die Liberianer mit einem bescheidenen Taschengeld versorgen.

Aber auch diese Unterlagen reichen iSd zitierten Judikatur nicht aus. Denn zunächst findet sich keinerlei Hinweis über die Bonität der Organisation SOS Mitmensch , die sich, soweit allgemein bekannt, lediglich aus Spenden finanziert.

Wie weit deren finanzielle Kapazitäten reichen, insbesondere im Hinblick darauf, daß nicht nur der Bf sondern auch für drei weitere Liberianer (und möglicherweise noch weitere andere Personen, die im Akt nicht aufscheinen) untergebracht, versorgt, verpflegt und unterhalten werden sollten. Weiters ist weder behauptet worden noch erkennbar die geforderte gewisse persönliche Bindung zwischen dem Bf und der Organisation SOS Mitmensch OÖ. Schließlich ist noch festzuhalten, daß auch bei Gewährung eines Taschengeldes für eine erwachsene Person, noch dazu wenn es im bescheidenen Umfang bleibt, von einem Vorliegen der erforderlichen Mittel zum Unterhalt auf Dauer nicht gesprochen werden kann.

Außerdem sind dies alles keine zivilrechtlich einklagbaren Verpflichtungserklärungen dieser Organisation. Es ist daher weiterhin von der Mittellosigkeit des Bf auszugehen.

Außerdem widerspricht es wohl jeglicher Lebenserfahrung, daß sich der Bf über längere Zeit in einem Kinderferienheim in Kirchschlag mit einem bescheidenen Taschengeld aufhalten würde. Diese Annahmen werden auch durch das Erkenntnis des VwGH vom 24.2.1995, 94/02/0435 gestützt. Darin hat der VwGH ua ausgesprochen, daß eine nicht bloß vorübergehende Sicherung auch des künftigen Unterhaltes mangels Darlegung eines dem Bf zustehenden durchsetzbaren Rechtsanspruches nicht abgeleitet werden kann; dabei wird insbesondere auf ein Vorjudikat vom 25.11.1994 hingewiesen, in dem eine angebliche Unterkunft und Versorgung in einem "Caritas-Heim" stattfinden hätte sollen. Auch hier hat der VwGH ausgesprochen, daß den Anforderungen der Rechtsprechung an eine taugliche Verpflichtungserklärung somit nicht entsprochen wurde. Dies gilt somit auch im gegenständlichen Fall.

7. Da sohin die Gründe für die Verhängung der Schubhaft vorlagen, diese Gründe fortbestanden und keine Änderung erfahren haben, war die Inschubhaftnahme rechtmäßig und liegen auch weiterhin Gründe für die Anhaltung in Schubhaft vor.

8. Der belangten Behörde als obsiegender Partei war antragsgemäß der Ersatz der Kosten iSd § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Dabei ist nach ständiger Judikatur des VwGH von einem Ansatz in Höhe von 2/3 des Pauschalkostenersatzes vor dem VwGH (BGBl.Nr. 416/1994, Art.I BZ4 und 5) auszugehen.

Der diesbezügliche Kostenersatzantrag des Bf war daher abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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