Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400362/2/Schi/Ka

Linz, 20.07.1995

VwSen-400362/2/Schi/Ka Linz, am 20. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des D S, geb.9.3.1961, rumänischer Staatsangehöriger, dzt.

Justizanstalt Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 56, 4910 Ried im Innkreis, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Ernst Haderer und Dr. K, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I., zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (der Republik Österreich) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.044 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4, 54 und 48 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr.

110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr.

51/1991; Zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schriftsatz vom 14.7.1995 (bei der belangten Behörde eingelangt am 17.7.1995, beim O.ö. Verwaltungssenat eingelangt am 19.7.1995) hat der Beschwerdeführer (Bf) gegen den Bescheid der BH Ried/I. vom 30.6.1995, Sich41-98-1995-Stö, "Berufung" (gemeint wohl: Beschwerde) erhoben wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, daß die Behörde zu Unrecht annehme, daß er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen würde, weil er im Falle seiner Rückkehr nach Rumänien dort eine Haftstrafe zu verbüßen hätte. Er könne seiner Ausreiseverpflichtung auch dadurch nachkommen, indem er sich in ein Drittland begebe. Er habe jedoch bis dato wegen seiner Inhaftierung keine Gelegenheit gehabt, das Land freiwillig zu verlassen. Darüber hinaus sei er vom Landesgericht Krems in Auslieferungshaft genommen worden.

Solange das Landesgericht Krems über die Frage der Auslieferung nicht entschieden habe, sei es nicht Aufgabe der Verwaltungsbehörde, der Entscheidung des Gerichtes vorzugreifen. Schließlich sei mit Beschluß des Landesgerichtes Ried/I. zu 11 VR 409/95 vom 27.6.1995 die über ihn verhängte Untersuchungshaft aufgehoben worden, jedoch nur gegen Gelöbnis, sich bis zur rechtskräftigen Beendigung des Strafverfahrens nicht von seinem bisherigen Wohnort in 3871 Neu- Nagelberg Nr.36/3, zu entfernen, sich wöchentlich bei der zuständigen Gendarmeriedienststelle zu melden und gegen Abnahme seines rumänischen Reisepasses sowie gegen Leistung einer Kaution. Die nunmehr verhängte Schubhaft stehe in unlösbarem Widerspruch zu der ihm mit dem genannten Beschluß auferlegten Verpflichtung und sei somit rechtswidrig. Er stelle daher den Antrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

1.2. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in ihrer Gegenschrift darauf hingewiesen , daß sich der Bf nicht in Schubhaft, sondern in gerichtlicher Untersuchungshaft befindet. Erst mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung würde er in Schubhaft genommen werden. Aus dem Aktenvermerk vom 17.7.1995 gehe wiederum hervor, daß sich der Bf noch immer in U-Haft und keinesfalls in Schubhaft befindet.

2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Ausführungen in der Beschwerde hinreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben, zumal die Einvernahme des Bf zur Wahrheitsfindung in den entscheidungsrelevanten Punkten nichts mehr hätte beitragen können.

3. Es ergibt sich sohin im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

3.1. Der Bf ist am 18.8.1991 bei Spielfeld illegal zu Fuß in das Gebiet der Republik Österreich eingereist. Drei Tage später hatte er in Traiskirchen einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 6.9.1991, FrA-R4010/91, bzw Berufungsbescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 25.11.1991, Zl.4320.474/2-III/13/91, rechtskräftig abgewiesen wurde. Der Bf ist im Jahr 1986 vom Gericht Petrosani wegen illegalen Goldhandels zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden; nach Verbüßung eines Teils der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 1 1/2 Jahren ist der Bf im Zuge einer Amnestie entlassen worden. Der Bf war zuletzt bei der Fa. Silbernagl in Hoheneich beschäftigt und in 3871 Nagelberg, Neu-Nagelberg 36 wohnhaft; er besaß eine bis zum 7.9.1995 befristete Aufenthaltsbewilligung der BH Gmünd. Am 13.3.1995 wurde der Bf vom Landesgericht Krems zu Zl. 17Vr135/95 (17 UR 46/95) wegen einer in Rumänien offenen Gefängnisstrafe in Auslieferungshaft genommen. Demnach ist der Bf vom Gericht Hunedoara wegen Hehlerei verurteilt worden. Am 6.4.1995 wurde der Bf in die Jusitizanstalt Eisenstadt überstellt.

Mit Bescheid vom 13.4.1995, Zl.11-F/95, verhängte die BH Gmünd gegen den Bf gemäß § 18 Abs.1 und Abs.2 Z1 FrG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für Österreich. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Seit 16.5.1995 befindet sich der Bf über Anordnung des LG Ried/I. zu Zl.11 VR-409/95 wegen des Verdachtes des Verbrechens der Geldfälschung gemäß § 232 Abs.2 StGB in der Justizanstalt Ried/I. in Untersuchungshaft. Die belangte Behörde hat aufgrund dieses Sachverhaltes keinen Zweifel gehabt, daß der Bf nach Beendigung der gerichtlichen Anhaltung seiner Ausreiseverpflichtung, der er seit Rechtskraft des Aufenthaltsverbotes unterliege, aus freien Stücken nachkommen werde. Es bestehe vielmehr die Gefahr, daß sich der Bf dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde zu entziehen suchen werde und auf diese Weise die Außerlandschaffung verhindern oder wesentlich erschweren würde. Seine Abschiebung sei aus Gründen der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit jedenfalls dringend geboten. Die belangte Behörde hat daher mit Bescheid vom 30.6.1995, Sich41-98-1995-Stö gegen den Bf gemäß § 41 Abs.1 und Abs.2 FrG den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen, mit dem unter Punkt 1 ausgesprochen wurde, daß der Bf mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Untersuchungs- oder Strafhaft) in Schubhaft genommen wird, um seine Abschiebung zu sichern.

Weiters wurde ausgesprochen, daß der Bf die Kosten der Vollziehung der Schubhaft und die Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes entstehen, er gemäß § 79 Abs.1 FrG sowie § 10 der VO des BMfI BGBl.Nr.840/1992 zu ersetzen hat.

3.2. Zufolge einer tel. Auskunft des Landesgerichtes Ried/I.

am 19.7.1995 befindet sich der Bf nach wie vor in Untersuchungshaft, da die Kaution bisher nicht bezahlt wurde. Außerdem werde seitens der Staatsanwaltschaft in Kürze ein Strafantrag gestellt.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 FrG) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 FrG).

4.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt seiner Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

4.3. Der der Schubhaft zugrundeliegende Schubhaftbescheid wurde gemäß § 41 Abs.1 FrG iVm § 57 AVG einerseits zur Sicherung der Abschiebung nach § 36 FrG und andererseits, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 FrG zu sichern, erlassen.

Gemäß § 41 Abs.4 FrG kann die Verhängung der Schubhaft mit Beschwerde gemäß § 51 angefochten werden. Zufolge § 70 Abs.3 zweiter Satz FrG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

4.4. Mit seiner (als Berufung bezeichneten) Beschwerde übersieht der Bf, daß § 41 Abs.4 FrG nicht schlechthin von einem Beschwerderecht spricht, sondern die im § 51 FrG umschriebene Beschwerde nennt. Dieses steht aber nur Personen zu, die gemäß § 43 festgenommen worden sind oder unter Berufung auf das FrG angehalten werden. Da beim Bf unbestrittenermaßen keine der beiden Voraussetzungen zutrifft, stand ihm somit das Beschwerderecht nach § 51 FrG, auf welches § 41 Abs.4 FrG Bezug nimmt, nicht zu.

Der Schubhaftbescheid der BH Ried/I. vom 30.6.1995 ist demgemäß auch so abgefaßt, daß er erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten soll, nämlich dem Zeitpunkt "mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Untersuchungs- oder Strafhaft)".

4.5. Damit steht aber fest, daß der Bf weder zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde am 17.7.1995, noch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat auf Grund von Bestimmungen des Fremdengesetzes angehalten wird, sondern ausschließlich aus Gründen der StPO (Untersuchungshaft).

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat insbesondere im Erkenntnis vom 8.7.1993, Zl.93/18/0287, eingehend dargelegt, daß in derartigen Fällen, in denen sich der Bf nicht in Schubhaft sondern in gerichtlicher Haft befindet, der Schubhaftbescheid nicht mit Beschwerde nach § 51 FrG bekämpfbar ist, weil der Fremde nicht "unter Berufung auf dieses Bundesgesetz" angehalten wird. Vielmehr hätte der Bf im Hinblick auf den im § 70 Abs.3 FrG enthaltenen Ausschluß einer Berufung gegen den Schubhaftbescheid gegen diesen Bescheid unmittelbar Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erheben können (vgl. VwGH 8.7.1993, 93/18/0287). Die vorliegende Beschwerde war daher unzulässig und mußte zurückgewiesen werden.

Zu II.:

Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Der belangten Behörde als obsiegender Partei war antragsgemäß der Ersatz der Kosten im Sinn des § 52 Abs.2 FrG iVm § 79 AVG für den Vorlage- und den Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Dabei ist nach ständiger Judikatur des VwGH von einem Ansatz in Höhe von zwei Drittel des Pauschalkostenersatzes vor dem Verwaltungsgerichtshof (BGBl.Nr.416/1994, Art.I B Z4 und Z5) auszugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum