Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400374/3/Schi/Ka

Linz, 21.09.1995

VwSen-400374/3/Schi/Ka Linz, am 21. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde des S B, geb.5.4.1974, vertreten durch RA Dr. H diese vertreten durch RA Dr. E, wegen Anhaltung in Schubhaft bzw Abschiebung durch die Bundespolizeidirektion Linz, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; der Antrag gemäß § 36 Abs.2 FrG wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 377 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm §§ 67a Abs.1 Z2 und 67c AVG iVm § 22, 36 und 37 sowie §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr.838/1992 idF BGBl.Nr.110/1994.

zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 11.9.1995, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 18.9.1995, wurde Beschwerde wegen "Abschiebung, verbunden mit einem Antrag gemäß § 36 Abs.2 FrG" erhoben und beantragt, der O.ö.

Verwaltungssenat möge den angefochtenen Bescheid der BPD Linz vom 11.9.1995, Fr78.713, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ersatzlos beheben.

Begründend wurde ausgeführt, daß der Bf heute (sohin am 11.9.1995) von Beamten der BPD Linz verhaftet worden sei.

Seine Abschiebung stehe unmittelbar bevor. Mit Bescheid vom 4.7.1995 sei über ihn ein mit 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für Österreich erlassen worden. Dagegen habe er Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Durch seine Abschiebung nach Serbien drohe ihm nicht nur die Einberufung zum Militär, sondern auch der Tod, weil er in die am meisten umkämpften Gebiete versetzt werden würde. Dies bedeute für ihn nicht nur eine unmenschliche Behandlung, sondern auch de facto die Todesstrafe. Gemäß § 37 FrG dürfe ein Fremder nicht abgeschoben werden, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß er Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung oder der Todesstrafe unterworfen zu werden. Da er als ein Mann im besten wehrfähigen Alter sicherlich in den Krieg geschickt werde und daher nicht nur gegen Kroaten und Moslems sondern auch auf UNO-Soldaten zu schießen gezwungen würde, bleibe ihm bei sonstiger Todesstrafe nichts anderes übrig, als diesen Befehlen zu gehorchen. Er habe in Österreich einen Wohnsitz und eine Arbeitserlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz; er gehe einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nach. Es lägen daher keine Anhaltspunkte vor, daß er die innere Ordnung und Sicherheit störe. Er führe daher in Österreich einen geordneten Lebenswandel, sodaß es nicht notwendig sei, zur Sicherung des Verfahrens ihn in Schubhaft zu nehmen. Die Voraussetzungen für einen Aufschub der Abschiebung gemäß § 36 Abs.2 FrG lägen daher vor.

2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 13.9.1995, eingelangt beim O.ö. Verwaltungssenat am 18.9.1995, den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Mit Schreiben vom 14.9.1995, eingelangt beim O.ö.

Verwaltungssenat am 18.9.1995 hat die belangte Behörde die Originalbeschwerde dem O.ö. Verwaltungssenat vorgelegt. Eine Stellungnahme oder Gegenschrift hat die belangte Behörde nicht abgegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Fremdenakt, Fr-78.713 Einsicht genommen. Da der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Ausführungen in der Beschwerde geklärt erscheint, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:

4.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der jugoslawischen Föderation (Rest-Jugoslawien, Bundesrepublik Jugoslawien) und am 3.10.1991 nach Österreich eingereist. Er hat zunächst bei seinen Eltern, später bei seinen Lebensgefährtinnen (zunächst D R, geb. 20.7.1975, die leibliche Mutter seines Sohnes Daniel, geb.11.6.1993, später L, geb.17.2.1977, die mittlerweile ebenfalls ein Kind vom Bf erwartet, gewohnt. Dem Bf wurde zuletzt vom Magistrat Linz eine Aufenthaltsbewilligung erteilt, die bis 14.9.1995 gültig war.

4.2. Da der Bf mehrere Verwaltungsvorstrafen aufwies und insbesondere vom Landesgericht Linz am 11.11.1994 unter Zl.31 EVr1139/94 wegen Vergehens nach den §§ 105 Abs.1, 106 Abs.1 Z1, iVm § 15, § 83 Abs.1 StGB, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt worden war, wurde gegen den Bf von der BPD Linz mit Bescheid vom 30.5.1995, Fr-78.713, gemäß § 18 Abs.1 Z1 und Z2 iVm §§ 19 bis 21 FrG ein mit 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4.7.1995, Zl.St.198/95, wurde dieses Aufenthaltsverbot mit der Maßgabe bestätigt, daß die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 5 Jahre herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Nach Angaben des Bf hat dieser gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben und um die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung angesucht. Bislang wurde aber vom VwGH noch keine diesbezügliche Entscheidung getroffen.

4.3. Am 11.9.1995 um 10.15 Uhr wurde der Bf im Zuge einer Personenkontrolle in Linz trotz des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes angetroffen und in Schubhaft genommen.

Am gleichen Tag um 11.15 Uhr wurde der Bf unter Zuziehung eines Dolmetschers zur Inschubhaftnahme niederschriftlich vernommen und er entsprechend informiert sowie der Schubhaftbescheid dem Bf zu Handen seiner Rechtsanwältin Dr.

H in W, zugestellt. Noch am gleichen Tag wurde der Bf zufolge des Überstellungsauftrages vom 11.9.1995, Zl.Fr-78.713, mit einem Dienstkraftwagen zum Bahnhof Bruck a.d. Leitha (Burgenland) verbracht und mit den um 19.43 Uhr abfahrenden Zug nach Subotica abgeschoben.

4.4. Der Bf hat durch seine Rechtsvertreterin bzw. letztlich durch seine Rechtsvertreter die in Punkt 1. angeführte Beschwerde mittels Telefax bei der BPD Linz am 11.9.1995 um 16.16 Uhr eingebracht. Diese per Telefax eingebrachte Beschwerde und die nachträglich mit der Post eingelangte Originalbeschwerde wurde von der BPD Linz dem O.ö.

Verwaltungssenat übermittelt, wo sie am 18.9.1995 eingelangt sind.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Anhaltung seit (am) 11.9.1995 behauptet und die Feststellung, daß die Voraussetzungen für die Anhaltung bzw. Aufrechterhaltung der Schubhaft nicht vorliegen, begehrt. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 48 Abs.2 leg.cit.).

5.3. Gegenständlich lag ein rechtskräftiges und vollstreckbares Aufenthaltsverbot mit Zustellung der abweisenden Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vor. Entgegen der Beschwerdeansicht wird die Rechtskraft durch das außerordentliche Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof nicht hinausgeschoben. Nur die gemäß § 30 Abs. VwGG und § 85 Abs.2 VerfGG vorgesehene Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde hindert die Vollstreckbarkeit. Die aufschiebende Wirkung hinsichtlich der gegen den Berufungsbescheid der Sicherheitsdirektion eingebrachten Bescheidbeschwerde wurde aber bislang nicht zuerkannt.

Da der Bf offensichtlich nicht freiwillig das Bundesgebiet verlassen und dem Aufenthaltsverbot entsprechen wollte, mußte die belangte Behörde die Schubhaft verhängen und seine Ausreise zwangsweise veranlassen. Dabei ist zu bemerken, daß im gegenständlichen Falle die Schubhaft im Sinne des § 48 Abs.1 FrG äußerst kurz war und der Bf sich lediglich von ca.

10.00 Uhr bis 19.00 Uhr am 11.9.1995 in Schubhaft befand.

Eine unangemessene Dauer der Schubhaft kann somit vom O.ö.

Verwaltungssenat nicht erkannt werden. Auch wurde dem Erkenntnis des VfGH vom 10.10.1994 weitgehend Rechnung getragen, wonach ein Festgenommener gemäß Art.4 Abs.6 PersFrSchG ehestens bzw gemäß Art.5 Abs.2 MRK in möglichst kurzer Frist über die Gründe der Festnahme in einer ihm verständlichen Sprache in Kenntnis zu setzen ist, zumal der Bf am 11.9.1995 bereits ca. eine Stunde nach seiner Inschubhaftnahme entsprechend vernommen und belehrt wurde.

Da der Bf sohin ausreiseunwillig war, war es entgegen seiner Meinung sehr wohl notwendig, ihn in Schubhaft zu nehmen, und zwar zur Sicherung der Abschiebung; da es dabei eben gerade um die Abschiebung des Bf geht und er bislang ausreiseunwillig war, ist es unerheblich, daß er in Österreich einen "geordneten Lebenswandel" führt, einen ordentlichen Wohnsitz hat und einer Beschäftigung nachgeht.

5.4. Was die Prüfung der Rechtmäßigkeit durch den unabhängigen Verwaltungssenat betrifft, ist der Bf (wiederum) darauf zu verweisen, daß ein durchsetzbares rechtskräftiges Aufenthaltsverbot vorliegt, an das der erkennende Verwaltungssenat schon im Hinblick auf § 68 AVG gebunden ist. Im übrigen teilt der O.ö. Verwaltungssenat die Ansicht der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich auch in der Sache, wonach trotz der familiären Situation des Bf die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen zwingender Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten war. Die ausschlaggebenden Verwaltungsübertretungen nach § 64 KFG usw und insbesondere die gerichtliche Verurteilung nach den §§ 105 Abs.1, 106 Abs.1 Z1 iVm § 15, und § 83 Abs.1 StGB hat die Sicherheitsdirektion gegen die Berufungsbehauptungen überzeugend nachgewiesen. Eine Verletzung des Art.8 EMRK ist nach h. Ansicht daher nicht erkennbar, zumal die leibliche Mutter seines Sohnes Daniel gerade das Objekt der gefährlichen Drohung und Körperverletzung war.

5.5. Der Vollständigkeit halber sei der Bf auch auf die Judikatur des VwGH hingewiesen, wonach der unabhängige Verwaltungssenat im Schubhaftbeschwerdeverfahren die Rechtmäßigkeit eines vollstreckbaren Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen oder die Ausweisung verfügt wurde, nicht zu prüfen hat (vgl. VwGH 23.3.1995, 92/18/0423; 1.12.1994, 93/18/0518; 25.11.1994, 94/02/0103). Seine diesbezüglichen Ausführungen gehen schon deshalb ins Leere.

6.1. Insofern der Bf vorbringt, durch seine Abschiebung "nach Serbien" (gemeint wohl in die Bundesrepublik Jugoslawien, sogenanntes Rest-Jugoslawien) drohe ihm nicht nur die Einberufung zum Militär sondern auch der Tod, weil er höchstwahrscheinlich in die meistumkämpften Gebiete versetzt werden würde, was für ihn eine unmenschliche Behandlung bzw die Todesstrafe darstellen würde, so zielt diese Einwendung auf ein Verbot der Abschiebung (Refoulementverbot) hin.

6.2. Dazu ist festzustellen, daß diesbezüglich dem unabhängigen Verwaltungssenat grundsätzlich keine Sachentscheidungsbefugnis zukommt, zumal der Bf im Zuge des fremdenpolizeilichen Administrativverfahrens die Möglichkeit hat, durch einen Antrag auf Feststellung, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, daß der Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 37 Abs.1 oder 2 FrG bedroht ist, zu stellen (§ 54 Abs.1 FrG). Gemäß den §§ 65 Abs.1 und 70 Abs.1 FrG sind für die Sachentscheidung in diesen Angelegenheiten die Fremdenpolizeibehörden (bzw Sicherheitsdirektionen als Berufungsbehörden) vorgesehen.

Eine gesetzwidrige Inanspruchnahme einer solchen Entscheidungskompetenz würde eine Verletzung des Rechtes auf den gesetzlichen Richter gemäß Art.83 Abs.2 B-VG darstellen.

Da es dem unabhängigen Verwaltungssenat im Bereich des Sonderverfahrens nach § 54 FrG bereits an der abstrakten Kompetenz zur Entscheidung fehlt, hat der VfGH in seinem Erkenntnis vom 4.10.1993, B 364/93-7, ausgesprochen, daß nach der Rechtslage des FrG nur für jene Fälle, in denen die Möglichkeit der Antragstellung im Sinne des § 54 Abs.1 FrG nicht bestand, hinsichtlich der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Prüfung des Refoulmentverbotes sinngemäß die Erwägungen des Erkenntnisses vom 19.6.1992, B 1084/92-6, auf der Grundlage des Fremdenpolizeigesetzes, gelten. Dieser Rechtslage entsprechend hätte ausschließlich die zuständige Fremdenpolizeibehörde (Bundespolizeidirektion Linz über einen entsprechenden Antrag des Bf zu entscheiden gehabt).

Der Bf hat offenbar einen derartigen Antrag mit Telefax vom 11.9.1995 (15.43 Uhr) bei der BPD Linz gestellt, über den allerdings bislang noch nicht entschieden worden ist (hinsichtlich der Folgen siehe unten Punkt 7.6.2.).

6.3. Es ist daher festzustellen, daß der Bf weder durch die Verhängung der Schubhaft am 11.9.1995 noch durch den Schubhaftbescheid vom 11.9.1995, Zl.Fr-78.713 in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb gegen die Annahme der belangten Behörde, daß die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung des Bf im Grunde des § 41 Abs.1 FrG notwendig war, sohin keine Bedenken bestehen. Der Antrag gemäß § 36 Abs.2 FrG hingegen mußte, wie eben ausgeführt, deshalb wegen Unzuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen werden.

7. Im gegenständlichen Fall war weiters zu prüfen, ob die vorliegende Beschwerde auch als Maßnahmebeschwerde im Sinne des Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG anzusehen war, zumal die Beschwerde in der diesbezüglichen Formulierung des Textes unklar ist bzw sehr viel offen läßt; die Verwendung der Worte "Beschwerde wegen Abschiebung" deutet allerdings darauf hin, daß auch eine derartige Maßnahmebeschwerde erhoben werden sollte. Zugunsten des Bf wird daher davon ausgegangen, daß mit der vorliegenden Beschwerde vom 11.9.1995 auch eine derartige Maßnahmebeschwerde gegen die Abschiebung erhoben wurde, zumal der Bf ja tatsächlich noch am Tag der Anhaltung (11.9.1995) abgeschoben worden war.

7.1. Gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

7.2. Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde in Schubhaft genommen und es wurde die Schubhaft im PGH Linz vollzogen. Die Abschiebung wurde von der belangten Behörde veranlaßt und daher in ihrer Zurechnung, beginnend ab dem PGH Linz, durchgeführt.

7.3. Zur Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates:

Gemäß § 67c Abs.1 AVG sind Beschwerden nach § 67a Abs.1 Z2 AVG innerhalb von sechs Wochen bei dem unabhängigen Verwaltungssenat einzubringen, in dessen Sprengel dieser Verwaltungsakt gesetzt wurde.

Das Verhalten zur Ausreise beginnt am tatsächlichen Aufenthaltsort des Fremden und geht auf den Willen derjenigen Fremdenpolizeibehörde zurück, die die Abschiebung veranlaßt hat. Daraus folgt, daß zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung nur jener unabhängige Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen örtlichen Wirkungsbereich die Abschiebung beginnt. Daß in diesem Zusammenhang auch im Gebiet anderer Länder gegen den Fremden auf die Abschiebung gerichteter behördlicher Zwang wirksam wird, ist für die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates ohne Belang (vgl. VwGH vom 23.9.1994, 94/02/0139).

7.4. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH zum Fremdenpolizeigesetz stellte die Abschiebung selbst keine Vollstreckungsverfügung dar, sondern die Anwendung unmittelbaren Zwangs in der Form einer bestimmten Maßnahme tatsächlicher Art, also eine der Vollstreckung der vorangegangenen Bescheide (Aufenthaltsverbot, Schubhaft) dienende Maßnahme.

Derartige Verwaltungsakte, die bloß als Maßnahmen zur Vollstreckung vorangegangener Bescheide anzusehen waren, konnten nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt qualifiziert werden.

In seinem Erkenntnis vom 1.10.1994, B 75/94-6, hält der VfGH an dieser Auffassung auch im Hinblick auf das FrG fest, nämlich daß die Abschiebung eine der Vollstreckung vorangegangener Bescheide dienende Maßnahme darstellt. "Dient allerdings die Anwendung von Befehls- und Zwangsgewalt zwecks Abschiebung iSd § 40 FrG nicht bloß der Vollstreckung vorangegangener Bescheide, ist diese als - selbständig bekämpfbare - Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iSd Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG zu werten." Aufgrund dieser Rechtsprechung war daher, wie im folgenden noch näher auszuführen sein wird, die gegenständliche Beschwerde zulässig (sh. Punkt 7.6.2.).

7.5. Gemäß § 36 Abs.1 Fremdengesetz - FrG können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn 1) die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig erscheint oder 2) sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder 3) aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder 4) sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Die Ausweisung gemäß § 17 Abs.1 und das Aufenthaltsverbot werden mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen (§ 22 Abs.1 FrG). Hat die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen eine Ausweisung gemäß § 17 Abs.1 oder gegen das Aufenthaltsverbot ausgeschlossen, so werden diese mit dem Ausspruch durchsetzbar; der Fremde hat dann unverzüglich auszureisen (§ 22 Abs.2 FrG). Unter "Ausspruch" ist im Sinn der allgemeinen Verfahrensbestimmungen die Erlassung des Bescheides, als eine rechtswirksame Bescheidzustellung, zu verstehen.

7.6.1. Nach dem Akteninhalt steht - wie bereits oben ausgeführt - als erwiesen fest, daß gegen den Bf ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot besteht und er nicht ausreisewillig war. Allerdings hat der Bf gegen seine Abschiebung eingewendet, daß er nach seiner Abschiebung in Jugoslawien zum Militär einberufen werden würde, wobei ihm durch Einsatz in den Kampfhandlungen eine unmenschliche Behandlung bzw die Todesstrafe drohe.

7.6.2. Im zitierten Erkenntnis des VfGH vom 1.10.1994, B 75/94-6, hat der VfGH ausgeführt, daß bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einem bestimmten Staat der Fremde nicht in diesen Staat abgeschoben werden darf (§ 54 Abs.4 FrG). Die Zulässigkeit der Abschiebung ist sohin erst mit Rechtskraft des Bescheides, mit dem gemäß § 54 FrG die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgestellt wird, gegeben. Eine Vollstreckung der vorangegangenen Bescheide, mit denen eine Ausweisung bzw ein Aufenthaltsverbot und die Schubhaft verhängt wurden, ist bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls unzulässig. Wird der Fremde entgegen § 54 Abs.4 FrG dennoch bereits vor Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag gemäß § 54 FrG abgeschoben, so stellt sich die Abschiebung daher nicht bloß als zulässige Vollstreckung vorangegangener Bescheide dar, weil ihre Zulässigkeit noch gar nicht feststeht. Eine Abschiebung ist diesfalls vielmehr als gesondert bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des Art.129a Abs.1 Z2 B-VG zu qualifizieren. In diesem Falle kann die Abschiebung daher gemäß Art.129a Abs.1 Z2 B-VG beim unabhängigen Verwaltungssenat bekämpft werden. Auch diese Beschwerde ist daher zulässig aber nicht begründet.

7.6.3. Grundsätzlich ist auf die bisher gemachten Ausführungen zu verweisen. Darüber hinaus ist zum Refoulementverbot folgendes festzustellen:

7.6.4. Zunächst ist darauf zu verweisen, daß die Einberufung zur Ableistung der Wehrpflicht in beinahe allen Staaten der Welt eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht darstellt und somit nicht von vornherein als unmenschliche Behandlung oder Todesstrafe bezeichnet werden kann, auch dann nicht, wenn sich der betreffende Heimatstaat im Kriegszustand befinden würde. In diesem Zusammenhang ist es auch unerheblich, wenn der Bf einwendet, er wolle weder auf Kroaten noch auf Moslems oder auf Serben und schon gar nicht auf UNO-Soldaten schießen und er bei einer diesbezüglichen Verweigerung standrechtlich erschossen werden würde; denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt steht noch keinesfalls fest, daß der Bf einen derartigen Schießbefehl erhalten würde bzw. er zum Kriegseinsatz herangezogen würde, vorausgesetzt, daß sein Heimatstaat überhaupt Krieg führt. Unverständlich ist der Einwand hinsichtlich des Schießbefehles auf Kroaten und Serben, zumal zu letzterem Volk doch offenbar der Bf gehört.

Abgesehen von diesen grundsätzlichen Ausführungen ist weiters festzustellen, daß der Bf Staatsbürger der sogenannten Bundesrepublik Jugoslawien (Rest-Jugoslawien) ist und sich dieser Staat zum gegenwärtigen Zeitpunkt in keinem Krieg mit irgendeinem anderen Nachbarstaat befindet.

Das gesamte diesbezügliche Vorbringen des Bf ist daher insgesamt nur rein theoretischer Natur. Da der Bf Staatsbürger der Bundesrepublik Jugoslawien (Rest-Jugoslawien) ist, und es eine offenkundige Tatsache darstellt, daß Personen (Militärpersonen) dieses Staates nicht in die vom Bf bezeichneten Gebiete zu Kampfhandlungen entsendet werden, konnte der Beschwerde im Hinblick auf das behauptete Abschiebeverbot kein Erfolg beschieden sein.

8. Gemäß § 67c Abs.3 AVG hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch andauert.

Da die Abschiebung bereits beendet ist, waren keine diesbezüglichen Feststellungen zu treffen.

9. Gemäß § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu. Da die Beschwerde(n) erfolglos geblieben ist (sind), und dagegen die belangte Behörde im gegenständlichen Fall obsiegende Partei war, waren ihr die entsprechenden Kosten zuzusprechen. Da die belangte Behörde zwar den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt hat, jedoch keine Gegendarstellung verfaßt hat, war ihr nach der Pauschalierungsverordnung, BGBl.Nr.416/1994, ein Vorlageaufwand, entsprechend der Judikatur des VwGH, gekürzt um ein Drittel, in Höhe von 377 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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