Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400389/4/Wei/Bk

Linz, 30.01.1996

VwSen-400389/4/Wei/Bk Linz, am 30. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des M M, geb. , dzt PGH , D, , vertreten durch L, vom 23. Jänner 1996 wegen Festnahme durch Grenzkontrollorgane, Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft in der Zeit vom 26. November 1995 bis zur fremdenpolizeilichen Einvernahme am 21. Dezember 1995 mit der Feststellung für rechtswidrig erklärt, daß der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) dadurch verletzt worden ist, daß er nicht in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Inhaftierung unterrichtet worden ist.

II. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Bund, für den die belangte Behörde funktionell eingeschritten ist, hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von S 8.520,-- (darin enthalten S 120,-- Bundesstempel) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr.

838/1992) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 iVm VO BGBl Nr.

855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom folgenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden Bf), ein im Libanon geborener palästinensischer Staatsangehöriger, erhielt im Oktober 1995 von den Behörden der libanesischen Republik eine Ausreiseerlaubnis mit der Gültigkeit von einem Jahr.

Auf dem Luftwege gelangten er und sein Bruder M M, geb. von B nach B. Am 25. November reisten sie per Bahn nach Wien, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokuments zu sein. Den Ausreisezettel hatte sein Bruder aus Angst vor Problemen weggeworfen. Der Paßkontrolle entzog sich der Bruder des Bf durch das Verstecken unter dem Sitz in einem leeren Abteil.

Der Bf wurde nicht kontrolliert. In weiterer Folge konnten sie im PKW des deutschen Staatsbürgers E, geb. , bis zum Autobahngrenzübergang S mitfahren (vgl die niederschriftlichen Einvernahmen durch die BPD W je vom 21.12.1995).

Anläßlich des Ausreiseversuchs nach Deutschland am 25. November 1995 um 19.30 Uhr wurde festgestellt, daß der Bf und sein Bruder über keine gültigen Reisedokumente verfügten. Sie konnten sich nicht ausweisen und wurden von den österreichischen Grenzorganen nach Rücksprache mit der belangten Behörde festgenommen und dem Gendarmerieposten Suben zwecks Vorführung vor die belangte Behörde übergeben.

1.2. Die belangte Behörde verhängte nach Überprüfung des Sachverhaltes mit den im wesentlichen gleichlautenden Bescheiden je vom 26. November 1995, Zlen. Sich 41-1067-1995 und Sich 41-1068-1995, die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung. Begründend wird ausgeführt, daß im fremdenpolizeilichen Verfahren noch die genaue Identität unter Beiziehung eines Dolmetschers festzustellen sein werde. Außerdem wird der illegale Aufenthalt im Bundesgebiet mangels gültigen Reisedokuments betont. Beim Bf und seinem Bruder bestünde die Gefahr, daß sie sich dem behördlichen Zugriff entzögen und die fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhinderten.

Der Bf und sein Bruder haben die Übernahme des Schubhaftbescheides noch am 26. November 1995 ohne Angabe einer Uhrzeit durch ihre Unterschrift bestätigt. Sie wurden in weiterer Folge im Auftrag der belangten Behörde von der Gendarmerie S zum Vollzug der Schubhaft in das Polizeigefangenenhaus der Bundespolizeidirektion überstellt.

Dort werden sie bis dato in Schubhaft für die belangte Behörde angehalten.

1.3. Am 21. Dezember 1995 fand die fremdenpolizeiliche Einvernahme des Bf und seines Bruders im Rechtshilfeweg vor der Bundespolizeidirektion unter Beiziehung eines Dolmetschers statt. Neben der Erhebung der "NATIONALE" der Schubhäftlinge wurden sie zur Ein- und Ausreise befragt. An Barmittel hatte der Bruder des Bf noch DM 600,--, der Bf umgerechnet etwa US $ 30,--. Beide gaben an, daß sie kein gültiges Reisedokument hätten. Es wurde ihnen eröffnet, daß ein Heimreisezertifikat zwecks Abschiebung beigeschafft werden werde. Beide gaben ohne nähere Begründung an, daß sie im Fall der Abschiebung in den L damit rechnen müßten, ins nächste Flugzeug zur Ausreise gesteckt zu werden. Es könnte aber auch passieren, daß sie bis zu drei Jahren eingesperrt werden würden. Auf die Möglichkeit einer Antragstellung im Sinne des § 54 FrG wurden sie aufmerksam gemacht. Der Bruder des Bf stellte den Antrag auf Unzulässigkeit der Abschiebung in den Libanon sofort. Der Bf brachte nachträglich durch seinen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 23. Jänner 1996 einen "Feststellungsantrag gem. §§ 37 Abs 1 u. 2 sowie 54 FrG" ein.

1.4. Mit Bescheid vom 11. Jänner 1996, Zl.

Sich 41-1067-1995-Hol, hat die belangte Behörde den Bruder des Bf unter Hinweis auf § 17 Abs 2 Z 6 (illegale Einreise und Umgehung der Grenzkontrolle) FrG aus dem Gebiet der Republik Österreich ausgewiesen und festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für seine Bedrohung gemäß § 37 Abs 1 oder 2 FrG in der libanesischen Republik bestünden, weshalb die Abschiebung zulässig wäre. Gegen diesen Bescheid hat der Bruder des Bf durch seinen Rechtsvertreter die Berufung vom 23. Jänner 1996 an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich eingebracht, über die noch nicht entschieden worden ist.

Der Bf wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Jänner 1996, Zl. Sich 41-1068-1995-Hol, unter Hinweis auf § 17 Abs 2 Z 4 (fehlende Mittel zum Unterhalt) und Z 6 (illegale Einreise) FrG aus dem Gebiet der Republik Österreich ausgewiesen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Jänner 1996, Zl. Sich 41-1068-1995-Hol, wurde auch für ihn festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme einer Bedrohungssituation gemäß § 37 Abs 1 oder 2 FrG im Libanon bestünden und seine Abschiebung daher zulässig wäre. Eine Berufung gegen diese Bescheide erliegt nicht im vorgelegten Aktenkonvolut.

1.5. Mit Schreiben vom 10. Jänner 1996 hat die belangte Behörde bei der libanesischen Botschaft, Konsularabteilung, in S 2/15, unter Vorlage der notwendigen Unterlagen (Nationale, Ablichtungen libanesischer Ausweise, Paßbilder) um die Ausstellung von Heimreisezertifikaten für die beiden Schubhäftlinge angesucht. Eine Antwort ist noch nicht aktenkundig.

Über Ersuchen der belangten Behörde hat die Bundespolizeidirektion W dem Bf und seinem Bruder jeweils am 22. Jänner 1996 niederschriftlich den Verlängerungsgrund gemäß § 48 Abs 4 Z 3 FrG zur Kenntnis gebracht, weil die libanesische Botschaft das beantragte Heimreisezertifikat noch nicht ausgestellt hat.

1.6. Am 24. Jänner 1996 haben der Bf und sein Bruder je einen Asylantrag beim Bundesasylamt, Außenstelle gestellt.

Die Einvernahme im Asylverfahren ist für 1. Februar 1996 vorgesehen.

Mit Schriftsätzen vom 23. Jänner 1996, eingelangt am 25. Jänner 1996, haben der Bf und sein Bruder je eine gleichlautende "Beschwerde gegen die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und der Anhaltung in Schubhaft gem. § 51 Abs 1 FrG" beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingebracht und die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme durch Organe der Grenzkontrollstelle und der Anhaltung in Schubhaft beantragt.

2.1. Begründend wird in der Beschwerde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1994, Zl. B 46,85/94, ausgeführt, daß die Muttersprache des Bf und seines Bruders arabisch sei und daß sie über keine Fremdsprachenkenntnisse verfügen. Sie wären weder bei der Festnahme noch in absehbarer Zeit danach über die Gründe ihrer Festnahme in einer ihnen verständlichen Sprache in Kenntnis gesetzt worden. Die erste fremdenpolizeiliche Einvernahme habe erst am 21. Dezember 1995 stattgefunden. In der Zeit vom 26. November 1995 bis zum 21. Dezember 1995 habe die belangte Behörde den Bf über die Gründe seiner Festnahme und Anhaltung im Unklaren gelassen, weshalb die Festnahme und Anhaltung für rechtswidrig zu erklären wären.

Die Beschwerde rügt weiters, daß die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angeordnet, tatsächlich aber eine Ausweisung erlassen worden wäre, weshalb der Schubhaftbescheid für rechtswidrig zu erklären wäre.

Unter Hinweis auf § 48 Abs 1 FrG bringt die Beschwerde vor, daß die Fremdenpolizei drei Wochen und 4 Tage untätig geblieben und daher in keiner Weise auf eine möglichst kurze Haftdauer hingewirkt hätte. Ein fremdenpolizeiliches Tätigwerden höchstens binnen einer Woche wäre zu erwarten und auch organisatorisch zu bewältigen gewesen.

Trotz der erteilten Ausreisebewilligung wären die libanesischen Behörden derzeit wegen der großen palästinensischen Flüchtlingsströme (Massenausweisungen aus Libyen, wachsender Einwanderungsdruck) nicht an der Wiedereinreise des Bf interessiert und auch nicht bereit Heimreisezertifikate für Palästinenser auszustellen. Damit könne der Bf als staatenlos bezeichnet werden. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates werde daher in absehbarer Zeit ebensowenig wie die Abschiebung möglich sein. Eine weitere Anhaltung entbehre somit jeder Grundlage.

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 25. Jänner 1996, eingelangt erst am 29. Jänner 1996, ihre Verwaltungsakten zur Entscheidung vorgelegt und für den Fall der Abweisung einen Kostenersatzantrag gestellt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Die Beschwerde ist zulässig, aber großteils unbegründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Die von der belangten Behörde verhängte Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes war vertretbar, weil im Zeitpunkt der Schubhaftanordnung genügend Anhaltspunkte für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 18 Abs 2 Z 7 FrG vorlagen. Der Bf und sein Bruder verfügten nur über geringe Barmittel (DM 600,-- und US$ 30,--), die ihren Unterhalt kaum für zwei Wochen hätten sichern können. Da sie in Österreich keine Unterkunft, keine Verwandten und keine legale Beschäftigungsmöglichkeit haben und auch sonst kein Umstand bekannt ist, der den Besitz der Mittel zum Unterhalt bescheinigen könnte, wäre die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes möglich gewesen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Verhängung der Schubhaft bereits das Vorliegen berechtigter Gründe für die Annahme, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes möglich sein werde. Eine abschließende Beurteilung oder gar Gewißheit ist nicht erforderlich (vgl ua VwGH 5.4.1995, 93/18/0328, 0330; VwGH 28.4.1995, 93/18/0267; VwGH 24.2.1995, 95/02/0039; VwGH 25.11.1994, 94/02/0301; VwGH 17.11.1994, 93/18/0501; VwGH 23.6.1994, 94/18/0063). Daß die belangte Behörde in weiterer Folge kein Aufenthaltsverbot, sondern einen Ausweisungsbescheid erlassen hat, bewirkt keine nachträgliche Rechtswidrigkeit der Schubhaft. Sie hätte sich im Schubhaftbescheid gar nicht auf die Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes festlegen müssen, sondern hätte auch alternativ die Schubhaft zur Sicherung des Ausweisungsverfahrens anordnen können. Dies ist jedenfalls solange unbedenklich, als keine der Verfahrensarten auszuschließen ist (vgl VwGH 3.3.1994, 93/18/0302). Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes schadet es auch nicht, wenn eine Schubhaft, die zur Sicherung eines Aufenthaltsverbotsverfahrens angeordnet wurde, in Wahrheit der Sicherung der Abschiebung zur Durchsetzung eines bestehenden Ausweisungsbescheides dient (vgl VwGH 7.4.1995, 94/02/0517).

Gemäß § 17 Abs 3 FrG wird die Ausweisung gemäß Abs 2 mit ihrer - wenn auch nicht rechtskräftigen - Erlassung durchsetzbar. Einer Berufung gegen eine solche Ausweisung nach § 17 Abs 2 FrG kommt gemäß § 27 Abs 3 FrG keine aufschiebende Wirkung zu. Die entsprechenden Ausweisungsbescheide je vom 10. Jänner 1996 gegen den Bf und seinen Bruder wurden am 12. Jänner 1996 zugestellt. Sie waren damit unabhängig von ihrer Rechtskraft durchsetzbar.

Ab diesem Zeitpunkt diente die auch zur Sicherung der Abschiebung angeordnete Schubhaft diesem Zweck zur Durchsetzung der erlassenen Ausweisungen.

4.3. Gemäß § 48 Abs 1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 48 Abs 4 FrG darf die Schubhaft gemäß § 48 Abs 2 FrG nicht länger als zwei Monate dauern.

Die Beschwerde vermeint, die belangte Behörde hätte höchstens binnen einer Woche tätig werden müssen. Soweit damit die Information des Bf über die Gründe der Festnahme und Anhaltung in einer ihm verständlichen Sprache gemeint ist, trifft diese Ansicht zu. Diese Informationspflicht vermag aber per se nichts an der Notwendigkeit der Schubhaft und ihrer Dauer zu ändern. Im übrigen ist dem Bf entgegenzuhalten, daß die Fremdenbehörde neben der Einvernahme des Fremden noch zahlreiche andere Aufgaben zu erfüllen hat. Eine unverhältnismäßige Dauer der Schubhaft wegen behördlicher Untätigkeit kann der erkennende Verwaltungssenat der Aktenlage nicht entnehmen. Der Bf hat diesbezüglich auch keine konkreten Gesichtspunkte vorgebracht. Seine Einlassung erschöpft sich in einer ganz allgemeinen und gänzlich unbegründeten Behauptung zu den organisatorischen Möglichkeiten der belangten Behörde. Damit kann er aber keine Rechtswidrigkeit aufzeigen.

Ebensowenig zielführend sind die Spekulationen der Beschwerde zur Frage, ob der Libanon an einer Wiedereinreise interessiert und bereit sein wird, ein Heimreisezertifikat auszustellen oder nicht. Die belangte Behörde hat die Heimreisetzertifikate bereits mit Schreiben vom 10. Jänner 1996 bei der zuständigen libanesischen Botschaft in angefordert. Es wird sich im Zuge des weiteren Verfahrens herausstellen, wie diese Vertretungsbehörde reagiert. Wegen der bisher verstrichenen kurzen Zeit war noch keine Antwort zu erwarten. Eine endgültige Unmöglichkeit der Abschiebung hat der Bf mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft gemacht.

Das Zuwarten auf die - allenfalls verzögerte - Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist nicht rechtswidrig, solange die Fremdenbehörde mit einer positiven Erledigung rechnen kann (vgl VwGH 8.9.1995, 95/02/0178 und 95/02/0322; VwGH 9.6.1995, 95/02/0041).

Die behauptete tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung nach Liberia wäre ein Grund für einen Abschiebungsaufschub nach § 36 Abs 2 FrG. Es ist nicht Aufgabe des unabhängigen Verwaltungssenates, das allfällige zukünftige Problem der Unmöglichkeit der Abschiebung zu untersuchen. Auch diese Frage ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Schubhaftprüfungsverfahren zu klären (vgl VwGH 28.7.1995, 94/02/0118, 0230, 0277; VwGH 8.7.1994, 94/02/0227; VwGH 12.8.1994, 94/02/0123; VwGH 25.11.1994, 94/02/0409; VwGH 27.1.1995, 94/02/0201, 0202, 0283).

4.4. Soweit sich die Beschwerde - allerdings nur in ihrer formellen Antragstellung- auch gegen die Festnahme durch Organe der Grenzkontrollstelle wendet, ist sie ebenfalls unbegründet. Der Aufenthalt des Bf im Bundesgebiet war mangels gültiger Reisedokumente evidentermaßen unrechtmäßig, weshalb zumindest objektiv der Tatbestand der Verwaltungsübertretung des § 82 Abs 1 Z 3 FrG gegeben ist.

Gemäß § 85 Abs 2 FrG sind aber Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die einen Fremden bei einer Verwaltungsübertretung nach § 82 oder 83 Abs 2 lit b) FrG betreten, zu seiner Festnahme zum Zwecke einer für die Sicherung des Verfahrens unerläßlichen Vorführung vor die Fremdenbehörde befugt, es sei denn, es wäre aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen, er werde das Bundesgebiet unverzüglich verlassen. Letzteres konnte gegenständlich schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland mangels legaler Ausreisemöglichkeit vergeblich versucht worden ist. Die Grenzkontrollorgane haben überdies in vorbildlicher Weise sofort mit der belangten Behörde fernmündlich Kontakt aufgenommen, um die Notwendigkeit der Vorführung abzuklären.

4.5. Im Hinblick auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Informationspflicht gegenüber dem festgenommenen Fremden ist die Beschwerde teilweise im Recht. Im Erkenntnis vom 10. Oktober 1994, Zlen. B 46/94 und 85/94, hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, daß es sich bei dieser Informationspflicht über die Gründe der Festnahme in einer verständlichen Sprache gemäß Art 5 Abs 2 EMRK ("in möglichst kurzer Frist") und gemäß Art 4 Abs 6 PersFrSchG 1988 ("ehestens, womöglich bei ihrer Festnahme") um verfassungsgesetzlich festgelegte Erfordernisse der Festnahme bzw Anhaltung handelt. Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes hat der unabhängige Verwaltungssenat diese Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit im Schubhaftprüfungsverfahren aufzugreifen und die Anhaltung bis zur Information in einer verständlichen Sprache für rechtswidrig bzw verfassungswidrig zu erklären.

Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, daß der Bf und sein Bruder, die beide aus P stammen, nur arabisch sprechen. Für Fremdsprachenkenntnisse finden sich keine aktenkundigen Anhaltspunkte. Das Gegenteil geht aus der Begründung der Schubhaftbescheide hervor, wo ausgeführt wird, daß im fremdenpolizeilichen Verfahren unter Beiziehung eines Dolmetschers die genaue Identität noch festzustellen sein werde. Erst anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 21. Dezember 1995 wurden der Bf und sein Bruder mit Hilfe eines Dolmetschers ausreichend informiert und belehrt.

Sie erhielten anläßlich der Schubhaftverhängung weder ein Informationsblatt in arabischer Sprache noch wurden die ausgehändigten Schubhaftbescheide in das Arabische übersetzt. Die gerügte Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Informationsrecht über die Gründe der Festnahme und Anhaltung trifft demnach bis zur fremdenpolizeilichen Einvernahme zu.

5. Gemäß § 52 Abs 2 FrG iVm § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr.

471/1995 hat der Bf Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nach Pauschalsätzen, weil der Verwaltungsakt zumindest teilweise für rechtswidrig erklärt wurde (vgl idS wohl § 79a Abs 2 AVG analog dem § 50 VwGG 1985).

Gemäß dem § 79a Abs 4 Z 1 AVG gelten offenbar im Gegensatz zu § 59 Abs 3 Satz 3 VwGG 1985 Stempelgebühren, für die der Bf aufzukommen hat, unabhängig von der tatsächlichen Entrichtung als ersatzfähige Aufwendungen. Deshalb sind sie dem Bf im gesetzlichen Ausmaß zuzusprechen, obwohl er sie tatsächlich nicht entrichtet hat. Nach der am 1. Jänner 1996 in Kraft getretenen Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr.

855/1995, kann der Bf für seinen Schriftsatzaufwand einen Betrag von S 8.400,-- ansprechen.

Der Bf hat neben dem Schriftsatzaufwand von S 8.400,-- noch Stempelgebühren und Versandspesen von zusammen S 146,-begehrt. Für die zu entrichtende Eingabegebühr für die Beschwerde sind S 120,-- zuzusprechen. Die Versandspesen von S 26,-- sind im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand enthalten und daher nicht ersatzfähig. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Eine Leistungsfrist sieht auch der novellierte § 79a AVG nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes im Falle des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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