Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400392/5/Ki/Shn

Linz, 02.02.1996

VwSen-400392/5/Ki/Shn Linz, am 2. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Beschwerde des Lumni A, geb. 17.7.1967, dzt. B, R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Benno W, A-Straße 16, R, vom 29. Jänner 1996 gegen die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn wegen Verletzung verfassungsmäßig gewährleisteter Rechte zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird, was den Zeitraum vom 24.11.1995 bis 24.1.1996 anbelangt, wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, daß die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Anhaltung rechtmäßig ist.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) Aufwendungen in Höhe von 3.365,-- S binnen 14 Tagen ab der Zustellung des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idgF iVm §§ 67c und § 68 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

zu II.: § 79a AVG iVm VO BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Schriftsatz vom 29.1.1995, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 30.1.1995, hat der Beschwerdeführer (Bf) gegen den Bezirkshauptmann der Bezirkshauptmannschaft Braunau (Sich40-12952) wegen Verletzung verfassungsmäßig gewährleisteter Rechte Beschwerde gem. Art. 129a Abs.1 Z.3 B-VG iVm § 67c Abs.3 AVG erhoben und beantragt, der Unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich möge als rechtswidrig feststellen, daß der Bf nicht rechtzeitig in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme unterrichtet worden ist bzw dem Bf die Kosten des Verfahrens zuerkennen.

I.2. In der Beschwerdebegründung wird ausgeführt, daß, wie sich aus der Aktenlage ergebe, der Bf nur unzureichend der deutschen Sprache mächtig und ihm insbesondere Amtsdeutsch nicht verständlich sei. Nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes sei ihm nur ein Informationsblatt in deutscher Sprache ausgehändigt worden. Dem Verwaltungsakt sei weiters nicht zu entnehmen, daß der Bf über die Gründe seiner Festnahme auf andere Weise in einer ihm verständlichen Sprache gegebenenfalls unter Beiziehung eines Dolmetschers - in Kenntnis gesetzt worden wäre. Der Schubhaftbescheid vom 24.11.1995 sei ebenfalls in deutscher Sprache abgefaßt. Auch hier könne dem Verwaltungsakt nicht entnommen werden, daß dem Bf der Inhalt dieses Bescheides in einer ihm verständlichen Sprache zur Kenntnis gebracht worden wäre.

Ein Dolmetsch für die albanische Sprache sei erstmals bei der Einvernahme durch die BH Ried vom 29.11.1995 zugezogen worden. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sei ein Schubhäftling womöglich bei seiner Festnahme über deren Gründe und der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in der Gegenschrift ausgeführt, daß der Genannte mit Bescheid vom 24.11.1995 zur Sicherung der Zurückschiebung bzw der Erlassung einer Ausweisung in Schubhaft genommen worden sei.

Er verfüge in Österreich über keinen Wohnsitz.

Zum wesentlichen Sachverhalt werde auf die Gegenschrift vom 18.1.1996 verwiesen. Das am 4.12.1995 an die deutsche Botschaft gerichtete förmliche Ansuchen um Rückübernahme gemäß dem österreichisch-deutschen Schubabkommen sei bis zum heutigen Tage unbeantwortet.

Dem in der Schubhaftbeschwerde erhobenen Vorwurf, es sei dem Bf kein Informationsblatt in serbokroatischer Sprache ausgehändigt worden und er sei nicht über den Grund seiner Anhaltung belehrt worden, sei entgegenzuhalten, daß dieser sehr wohl der deutschen Sprache mächtig ist und im Zuge der Amtshandlung über den Grund der Anhaltung aufgeklärt wurde.

Der Bf habe bereits seit mindestens zwei Jahren in der Bundesrepublik Deutschland gelebt und gearbeitet. Es sei anzunehmen, daß jemand, der in Deutschland am Erwerbsleben aktiv teilnimmt, sich auch in der Landessprache verständigen könne.

Da der Genannte über kein Reisedokument verfüge, könne er das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht aus eigenem auf legalem Wege verlassen.

Der ergangene Schubhaftbescheid entspreche somit zum Zeitpunkt der Anhaltung der Rechtslage und wolle die Beschwerde abgewiesen werden. Weiters wurde der Zuspruch des pauschalierten Aufwandsersatzes begehrt.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.1 Z1 FrG unterbleiben.

I.5. Es ergibt sich nachstehender im wesentlichen für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Mit Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates vom 24.1.1996, VwSen-400386/5/Le/La, wurde eine am 11.1.1996 zur Post gegebene und am 18.1.1996 beim O.ö. Verwaltungssenat eingelangte Schubhaftbeschwerde des Bf als unbegründet abgewiesen und es wurde festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Diese Entscheidung wurde dem Bf am gleichen Tag mittels Telefax zugestellt. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Entscheidungsgründe des zitierten Bescheides verwiesen.

Der Bf befindet sich nach wie vor in Schubhaft und es ist seitens der belangten Behörde beabsichtigt, den Bf, gegen den eine durchsetzbare Ausweisung verfügt wurde, in die BRD zurückzuschieben. Ein am 4.12.1995 von der belangten Behörde an die Deutsche Botschaft gerichtetes förmliches Ansuchen um Rückübernahme gemäß dem österreichisch-deutschen Schubabkommen blieb bis dato unbeantwortet. Der Bf verfügt über kein Reisedokument und kann daher das Bundesgebiet der Republik Österreich nicht aus eigenem auf legalem Weg verlassen.

Am 23.1.1996 wurde der Bf im Rechtshilfeweg durch die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis im Beisein eines Dolmetsch gemäß § 48 Abs.5 FrG hinsichtlich der weiteren Anhaltung in Schubhaft über zwei Monate hinaus belehrt.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind gemäß § 68 Abs.1 AVG, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Absätzen 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Gemäß § 51 Abs.1 FrG, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen eine Verletzung verfassungsmäßig gewährleisteter Rechte und rügt, daß der Bf nicht rechtzeitig in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme unterrichtet worden ist. In Zusammenschau mit den vom Bf angesprochenen Rechtsnormen (Art.129a Abs.1 Z3 B-VG und § 67a Abs.1 Z1 AVG) ist davon auszugehen, daß es sich auch im vorliegenden Falle um eine Schubhaftbeschwerde handelt (arg.:"Wer gemäß § 43 festgenommen worden ist ..., hat das Recht den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit ...

der Festnahme ... anzurufen"). Mit dem oben zitierten Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates vom 24.1.1996 wurde bereits rechtskräftig über den Zeitraum vom 24.11.1995 bis 24.1.1996 abgesprochen und diesbezüglich die Beschwerde als unbegründet abgewiesen bzw. gleichzeitig festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Im Sinne der obzitierten Bestimmung des § 68 Abs.1 AVG war daher die Beschwerde, was den Zeitraum vom 24.11.1995 bis 24.1.1996 und damit auch die Festnahme anbelangt, nicht mehr zulässig und es war die Beschwerde wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Aufgrund der vorliegenden Beschwerde hat daher der unabhängige Verwaltungssenat nunmehr zu prüfen, ob die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nach wie vor vorliegen. Die Beschwerde ist daher diesbezüglich zulässig, aber nicht begründet.

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Die verfahrensgegenständliche Schubhaft wurde zur Sicherung zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung bzw zur Sicherung der Zurückschiebung verhängt. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.1.1996, Sich 40-12952, wurde der Genannte aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen und es wurde einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen. Die Ausweisung gegen den Bf ist somit durchsetzbar.

Nachdem es dem Bf, da er über kein Reisedokument verfügt, nicht möglich ist, das Bundesgebiet der Republik Österreich aus eigenem auf legalem Wege zu verlassen, erscheint es jedenfalls geboten, seine Ausreise fremdenbehördlich zu überwachen. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde die BRD förmlich um Rücknahme des Bf gemäß dem österreichisch-deutschen Schubabkommen (BGBl.Nr.227/1961) ersucht. Gemäß diesem Schubabkommen muß sich die BRD binnen zwei Monaten zu einem derartigen Begehren äußern.

Durch die Stellung dieses Ersuchens hat die belangte Behörde entsprechende Schritte in die Wege geleitet, für den Bf die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates (§ 48 Abs.4 Z3 FrG) zu erlangen und es ist ihr im Hinblick auf die im zitierten Schubabkommen vorgesehene Zweimonatsfrist auch keine dem Gebot des § 48 Abs.1 FrG widersprechende Verzögerung anzulasten.

Die Anhaltung ist auch erforderlich, zumal im vorliegenden Falle wegen fehlender Reisedokumente nicht auszuschließen ist, daß der Bf versuchen würde, illegal das Gebiet der Republik Österreich zu verlassen.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß derzeit die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und der Bf nicht in seinen Rechten verletzt wird.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Gemäß dem lt. § 52 Abs.2 FrG geltenden § 79a AVG hat die im Verfahren obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Bf die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei (Abs. 2).

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Bf vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Bf die unterlegene Partei (Abs. 3).

Als Aufwendungen gemäß Abs.1 gelten die Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Bf aufzukommen hat sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz- und für den Verhandlungsaufwand. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Gemäß der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995) wurden Pauschbeträge für den Vorlageaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei von 565 S sowie für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei von 2.800 S festgelegt.

Es waren daher der belangten Behörde die beantragten Kosten als Vorlage- bzw Schriftsatzaufwand spruchgemäß zuzuerkennen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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