Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400404/4/Ki/Shn

Linz, 23.04.1996

VwSen-400404/4/Ki/Shn Linz, am 23. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Beschwerde des Ruzhdi B, vom 12. April 1996, gegen die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz zu Recht erkannt:

I: Der Beschwerde wird Folge gegeben und es wird festgestellt, daß die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft rechtswidrig war.

II: Der Antrag um Befreiung von Stempel- und sonstigen Gebühren wegen Mittellosigkeit wird als unzulässig zurückgewiesen.

III: Die belangte Behörde (Bund) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von 8.520 S binnen 14 Tagen ab Zustellung des Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr. 838/1982 idgF iVm § 67c Allgemeines Verwaltungs verfahrensgesetz 1991 - AVG zu II: § 75 Abs.3 AVG zu III: § 79a AVG iVm VO BGBl.Nr.855/1995 Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Schriftsatz vom 12. April 1996 hat der Beschwerdeführer (Bf) gegen die BH Braunau/Inn Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 51 Abs.1 FrG erhoben und beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft im Polizeigefangenenhaus der Bundespolizeidirektion Wels für rechtswidrig erklären und die sofortige Freilassung erwirken bzw ihn wegen seiner Mittellosigkeit von Stempel- und sonstigen Gebühren befreien.

Weiters wurde ein Ersatz für den Schriftsatzaufwand des Bf zuzugüglich Stempelgebühren beantragt.

I.2. In der Beschwerdebegründung wird ua unter Hinweis auf die Judikatur des VwGH ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der "Schubhaftbescheid" rechtswidrig sei, da er nicht mit der gemäß § 58 Abs.3 iVm § 18 Abs.4 AVG erforderlichen, unter leserlicher Beifügung des Namens versehenen, Unterschrift dessen versehen ist, der die Erledigung genehmigt hat.

I.3. Die BH Braunau/Inn als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und mitgeteilt, daß der Bf am 12. April 1996 aus der Schubhaft entlassen wurde.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.1 Z1 FrG unterbleiben.

I.5. Es ergibt sich nachstehender im wesentlichen für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Der Bf wurde am 30. März 1996 wegen illegaler Einreise in das Bundesgebiet vorläufig in Verwahrung genommen und er wurde in der Folge von der BH Braunau/Inn zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung in Schubhaft genommen. Am 31. März 1996 wurde er in das Polizeigefangenenhaus Wels eingeliefert.

Am 12. April 1996 wurde er aus der Schubhaft entlassen.

Die von der belangten Behörde der Schubhaft zugrundegelegte Erledigung der BH Braunau/Inn vom 30.3.1996, Sich-41-000046-1996, weist weder im Entwurf noch im vom Bf vorgelegten Original (Kopie) eine leserliche Beifügung des Namens jenes Organwalters auf, welcher diese Erledigung unterschrieben bzw genehmigt hat. Am Original des "Bescheides" ist überdies keine Geschäftszahl vermerkt.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Anhaltung in Schubhaft und ist somit iSd obzitierten Bestimmung des § 51 Abs.1 FrG zulässig und auch, wie noch dargelegt wird, begründet.

Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid (gemäß § 57 AVG) anzuordnen.

Gemäß § 18 Abs.4 erster Satz iVm § 58 Abs.3 AVG müssen auch schriftliche Bescheide die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat.

Im vorliegenden Falle wurde die Erledigung (der Schubhaftbescheid) zwar eigenhändig - offensichtlich von einem Beamten der belangten Behörde - unterfertigt, aus dem Schriftbild kann jedoch weder im Original noch im Erledigungsentwurf der Name des betreffenden Beamten herausgelesen werden. Durch diesen Schriftzug läßt sich die Identität des Unterschreibenden in keiner Weise objektiv feststellen, weshalb es erforderlich gewesen wäre, den Namen des Unterschreibenden in leserlicher Form der Erledigung (etwa mittels Maschinschrift oder Stempelabdruck) beizufügen.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 18 Abs.4 AVG liegt eine Ausfertigung (und somit ein Bescheid) iSd Gesetzesstelle nur vor, wenn beide Formerfordernisse, nämlich handschriftliche Unterschrift und leserliche Beifügung des Namens, erfüllt sind (vgl VwGH 91/01/0087 vom 18.9.1991). Nachdem im vorliegenden Falle diese Kriterien nicht erfüllt wurden, stellt die verfahrensgegenständliche schubhaftverhängende Maßnahme einen "Nichtbescheid" dar und es liegt somit kein rechtsgültiger Titel für die angefochtene Schubhaft vor.

Nachdem eine Schubhaft nur mit Bescheid angeordnet werden darf, stellt sich im Hinblick auf die dargelegten Erwägungen die Anhaltung des Bf in Schubhaft - jedenfalls formell - als rechtswidrig dar und er wurde durch die Anhaltung in Schubhaft in seinen Rechten verletzt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

II. Gemäß § 75 Abs.3 AVG bleiben (im Hinblick auf das Verwaltungsverfahren) die gesetzlichen Bestimmungen über die Stempel- und Rechtsgebühren des Bundes unberührt.

Bei den vom Bf angesprochenen Stempel- und sonstigen Gebühren handelt es sich um solche, welche im Gebührengesetz 1957 geregelt sind. Zur Vollziehung des Gebührengesetzes sind jedoch nicht die zur Anwendung des AVG berufenen Behörden, sondern die Finanzbehörden des Bundes zuständig. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher für eine diesbezügliche Entscheidung nicht zuständig, weshalb das Vorbringen in diesem Punkt als unzulässig zurückzuweisen war.

III. Gemäß dem laut § 52 Abs. 2 FrG geltenden § 79a AVG hat die im Verfahren obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei (Abs. 2).

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (Abs. 3).

Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten die Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz- und für den Verhandlungsaufwand. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

Gemäß der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995) wurden Pauschbeträge für den Schriftsatzaufwand des Beschwerdeführers als obsiegende Partei von 8.400 S und für den Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers als obsiegende Partei von 10.400 S für den Vorlageaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei von 565 S, für den Schriftsatzaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei von 2.800 S bzw. für den Verhandlungsaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei von 3.500 S festgelegt.

Es waren daher der beschwerdeführenden Partei die beantragten Kosten als Schriftsatzaufwand bzw Ersatz der Aufwendungen für Stempelgebühren (120,-- S) spruchgemäß zuzuerkennen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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