Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400408/4/Wei/Bk

Linz, 04.07.1996

VwSen-400408/4/Wei/Bk Linz, am 4. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des H S, geb. , Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, zuletzt Polizeigefangenenhaus Linz, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, vom 29. Mai 1996 wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 3.365,-- binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 51 Abs 1, 52 Abs 2 und 4 Fremdengesetz - FrG (BGBl Nr.

838/1992) iVm §§ 67 c und 79a AVG 1991 iVm V BGBl Nr.

855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde vom folgenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden Bf), ein jugoslawischer Staatsangehöriger und Kosovoalbaner, reiste am 29. August 1994 von Ungarn kommend, auf der Ladefläche eines LKW versteckt, illegal nach Österreich ein. Sein Asylantrag vom 30. August 1994 ist im Verwaltungsweg mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. September 1995, Zl. 4.345.166/1-III/13/94, rechtskräftig abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig, über die aktenkundig noch nicht entschieden wurde.

1.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Dezember 1995, Zl. Fr-87.055, wurde der Bf gemäß § 17 Abs 1 iVm § 15 Abs 1 Z 1 FrG ausgewiesen. Der dagegen eingebrachten Berufung hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 16. Jänner 1996, Zl. St 10/96, keine Folge gegeben und den erstbehördlichen Ausweisungsbescheid bestätigt. Die Zustellung der Berufungsentscheidung erfolgte durch Hinterlegung beim Zustellpostamt L am 23. Jänner 1996.

Die belangte Behörde erließ daraufhin gemäß § 42 Abs 2 FrG den Festnahmeauftrag vom 19. Februar 1996 für den Fall, daß der Bf seiner Ausreiseverpflichtung noch nicht nachgekommen ist. Am 22. Februar 1996 wurde der Bf im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle in L, L, angetroffen und von Organen der belangten Behörde festgenommen. Anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 22. Februar 1996 gab der Bf an, daß ihm sein Reisepaß vor etwa einem Monat gestohlen worden wäre.

Mit Bescheid vom 22. Februar 1996 ordnete die belangte Behörde zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft an und ersuchte mit Schreiben vom gleichen Tage das jugoslawische Generalkonsulat in S um Ausstellung eines Heimreisezertifikates. Mit Bescheid vom 4. März 1996 wurde dem Bf gemäß § 36 Abs 2 FrG von Amts wegen ein Abschiebungsaufschub bis längstens 30. April 1996 erteilt.

In der Folge wurde er enthaftet. Am 30. April 1996 langte das vom Generalkonsulat der Bundesrepublik J ausgestellte Heimreisezertifikat bei der belangten Behörde ein.

1.3. Mit Mandatsbescheid vom 3. Mai 1996, Zl. Fr-87.055, ordnete die belangte Behörde neuerlich zur Sicherung der Abschiebung die vorläufige Verwahrung gegen den Bf (Schubhaft) an. Begründend wird auf die durchsetzbare Ausweisung und den Umstand hingewiesen, daß der Bf bislang seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist. Da er offensichtlich nicht gewillt sei, Österreich freiwillig zu verlassen, hat die belangte Behörde zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Diesen Bescheid hat der Bf am 6. Mai 1996 um 08.30 Uhr übernommen. Danach wurde er von einem Polizeiorgan festgenommen und der belangten Behörde vorgeführt. Anläßlich der fremdenpolizeilichen Einvernahme wurde dem Bf mitgeteilt, daß das Heimreisezertifikat mittlerweile einlangt sei und er daher abgeschoben werde. Sein Antrag auf Erteilung eines weiteren Abschiebungsaufschubes wurde mit Bescheid vom 6. Mai 1996 abgewiesen.

1.4. Nach der Aktenlage wurde der Bf noch am 6. Mai 1996 vom Polizeigefangenenhaus Linz nach B überstellt und der österreichischen Grenzkontrolle in B übergeben. In weiterer Folge wurde er per Bahn (Abfahrt des D von B um 19.47 Uhr) von B über Ungarn nach S in der Bundesrepublik Jugoslawien abgeschoben.

1.5. Am 17. Juni 1996 (Postaufgabe 14. Juni 1996) brachte der Bf die mit 29. Mai 1996 datierte Schubhaftbeschwerde durch seinen Rechtsvertreter beim erkennenden Verwaltungssenat mit dem Antrag ein, kostenpflichtig festzustellen, daß seine Anhaltung in Schubhaft am 3. Mai 1996 rechtswidrig gewesen wäre.

Begründend wurde behauptet, daß die Schubhaft am 3. Mai 1996 verhängt und der Bf an diesem Tag nach Ungarn "abgeschoben" worden wäre. Die Schubhaft hätte der Zurückschiebung nach Ungarn gedient, weil der Bf von Ungarn kommend nach Österreich eingereist war. Die erweise sich unter diesem Blickwinkel als rechtswidrig, weil sich die belangte Behörde auf die Abschiebung festgelegt hatte.

2. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsakt mit Schreiben vom 19. Juni 1996, eingelangt am 21. Juni 1996, vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Begründend verwies sie auf die Ausreiseunwilligkeit des Bf, weshalb er zur Sicherung der Abschiebung am 6. Mai 1996 in Schubhaft genommen und noch am gleichen Tag abgeschoben wurde. Bei der Außerlandesschaffung hätte es sich um die Durchsetzung der Ausweisung durch Abschiebung in das Heimatland gehandelt. Daß die Abschieberoute zufällig durch den Nachbarstaat führte, aus dem der Fremde einreiste, lasse keinesfalls den Schluß zu, daß es sich um eine Zurückschiebung handeln müsse.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb gemäß § 52 Abs 2 Z 1 FrG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann gemäß § 51 Abs 1 FrG der unabhängige Verwaltungssenat von dem in Schubhaft Angehaltenen angerufen werden. Solange die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 52 Abs 4 FrG).

Im Hinblick auf die einschlägige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfGH 3.3.1994, B 960/93 = JBl 1994, 816; VfGH 29.6.1995, B 2534/94 ua Zlen; VfGH 25.9.1995, B 445/95 ua Zlen) wird die genau sechs Wochen nach Entlassung aus der Schubhaft eingebrachte Beschwerde trotz gegenteiliger ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl grundlegend VwGH 23.9.1994, 94/02/0209 und zuletzt VwGH 28.7.1995, 95/02/0206) als zulässig behandelt. Die Beschwerde ist aber aus den folgenden Überlegungen unbegründet.

4.2. Gemäß § 41 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder Durchbeförderung zu sichern.

Schon aufgrund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Schubhaftbeschwerde als unbegründet. Der Bf wurde entgegen der Beschwerdebehauptung am 3. Mai 1996 weder in Schubhaft genommen noch abgeschoben. Tatsächlich wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung am 6. Mai 1996 angeordnet und im Polizeigefangenenhaus L bis zur Überstellung nach B noch am gleichen Tag zwecks Abschiebung per Bahn vollzogen. Da der Bf mit dem Zug bis nach S in Jugoslawien verbracht wurde, kann von einer Zurückschiebung überhaupt keine Rede sein. Der Umstand, daß die Bahnfahrt nach der gewählten Abschieberoute zwangsläufig durch den Nachbarstaat Ungarn führte, bedeutet nur, daß Ungarn den österreichischen Fremdenbehörden Rechtshilfe bei der Abschiebung nach Jugoslawien im Wege der zwangsweisen Durchbeförderung leistete. Die Argumentation der Beschwerde geht demnach von vornherein ins Leere.

Selbst wenn die belangte Behörde zur Durchsetzung des rechtskräftigen Ausweisungsbescheides mit Zustimmung des Nachbarstaates Ungarn bloß eine Außerlandesschaffung des Bf nach Ungarn vorgesehen hätte, läge nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates dennoch keine Zurückschiebung, sondern eine Abschiebung gemäß § 36 Abs 1 FrG vor. Die Durchsetzung eines rechtskräftigen fremdenrechtlichen Administrativaktes (Ausweisung oder Aufenthaltsverbot) ist nämlich immer als Abschiebung anzusehen. Die unter den Voraussetzungen des § 35 Abs 1 FrG zulässige Zurückschiebung erfolgt demgegenüber nicht auf der Grundlage eines solchen durchsetzbaren Ausreisetitels und stellt sich daher nicht als Vollstreckungsmaßnahme, sondern als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt dar. Schon wegen dieser grundsätzlichen systematischen Unterscheidung spielte es rechtlich keine Rolle, daß der Bf im Jahr 1994 unter Umgehung der Grenzkontrolle aus Ungarn einreiste und gegebenenfalls binnen sieben Tagen betreten wurde.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde tätig geworden ist, antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG (iVm § 52 Abs 2 FrG) für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Nach § 1 Z 1 und Z 2 der am 1. Jänner 1996 inkraftgetretenen Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers, BGBl Nr. 855/1995, betragen die von der belangten Behörde als obsiegender Partei anzusprechenden Pauschbeträge für den Vorlageaufwand S 565,-- und für den Schriftsatzaufwand S 2.800,--. Insgesamt waren dem Bund daher Aufwendungen in Höhe von S 3.365,-- zuzusprechen.

Eine Leistungsfrist sieht der novellierte § 79a AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 nicht vor. Der erkennende Verwaltungssenat nimmt insofern eine echte Lücke an, zumal nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber hätte in Abweichung von der Regelung des § 59 Abs 4 VwGG 1985 die sofortige Vollstreckbarkeit des zugesprochenen Aufwandersatzes für den Fall des Fehlens einer Leistungsfrist (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Angst/Jakusch/Pimmer, MGA EO, 12. A [1989], E 107 und E 114 zu § 7 EO) vorsehen wollen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (vgl Erl RV 130 BlgNR 19. GP, 14 f) wird ausdrücklich davon gesprochen, daß die Regelung im wesentlichen den Kostentragungsbestimmungen im VwGG 1985 angeglichen worden sei. Demnach ist nach wie vor (vgl schon bisher stRsp seit VwGH 23.9.1991, 91/19/0162) von einer analogen Anwendbarkeit der Kostenbestimmungen des VwGG 1985 auszugehen, soweit der Verfahrensgesetzgeber eine Regelung vergessen hat. Deshalb war analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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