Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400414/5/Schi/Ka

Linz, 11.07.1996

VwSen-400414/5/Schi/Ka Linz, am 11. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde des M J, geb. 1.8.1972, Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesh, vertreten durch RA Dr. W V, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß die zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Anhaltung rechtmäßig ist. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird abgewiesen. Der Kostenantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 565 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4, 48 sowie 17 und 41 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr.

110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1992 idF BGBl.Nr. 471/1995.

zu II.: §§ 74 und 79a AVG iVm § 1 Z3 und 4 Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 8.7.1996, eingelangt beim O.ö.

Verwaltungssenat mittels Telefax am 9.7.1996, hat der Beschwerdeführer (Bf) durch seinen ausgewiesenen Vertreter Beschwerde gemäß § 51 FrG erhoben und beantragt 1. eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, 2. festzustellen, daß "die Bf durch ihre Anhaltung durch Organe der belangten Behörde vom 11.4.1996 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den erkennenden O.ö. Verwaltungssenat wegen Verstoßes gemäß Art.1 PersFrG und Art.5 MRK in seinen Rechten verletzt worden ist bzw nach wie vor verletzt wird und 3. der belangten Behörde aufzutragen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten dieses Verfahrens (insges. 18.000 S) zu ersetzen.

Begründend wird im wesentlichen ausgeführt, der Bf sei Staatsangehöriger von Bangladesh und Mitte März 1996 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Mit Bescheid vom 11.4.1996 sei gegen den Bf die Schubhaft verhängt worden. Über die Gründe der Anhaltung sei der Bf nicht in einer verständlichen Sprache belehrt worden. Im übrigen sei der Bf über die Gründe der Verlängerung nach Ablauf der zweimonatigen Schubhaftfrist nicht in Kenntnis gesetzt worden. Bereits aus der Bescheidbegründung ergebe sich, daß eine Verständigung mit dem Bf nicht entsprechend möglich gewesen sei, da erst für die weitere Behandlung im fremdenpolizeilichen Verfahren ein Dolmetscher beigezogen werden mußte. Auch eine Übersetzung des Schubhaftbescheides in eine verständliche Sprache sei nicht erfolgt, weshalb die Anhaltung von Beginn an rechtswidrig gewesen sei.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt, keine Gegenschrift erstattet und für den Fall des Obsiegens die Zuerkennung der Kosten beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 FrG unterbleiben und es war daher der diesbezügliche Antrag des Bf abzuweisen.

4. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Bf ist Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesh und wurde am 1.8.1972 in M geboren. Er besuchte von 1981 bis 1984 in K P die Grundschule und von 1984 bis 1989 eine allgemein bildende höhere Schule in B.K. N.

Weiters studierte er in der Zeit von 1989 bis 1995 am College in S C. Er spricht neben seiner Muttersprache Bengali auch Englisch.

4.2. Der Bf ist etwa Mitte März 1996 illegal in das Gebiet der Republik Österreich eingereist. Am 26.3.1996 ist er unter Beihilfe eines Schleppers in Österreich in den LKW mit dem amtlichen Kennzeichen (D) KA-AA-7943 auf dessen Ladefläche zugestiegen und anschließend illegal unter Entziehung der Grenzkontrolle versteckt beim Grenzübergang Suben - Autobahn von Österreich nach Deutschland ausgereist.

In der Nacht vom 26. zum 27.3.1996 wurde er anläßlich einer Kontrolle durch die deutsche Polizei in Karlsruhe mit 15 weiteren illegal nach Deutschland eingereisten Personen aus verschiedenen Ländern (Sri Lanka, Afghanistan) festgenommen.

Am 11.4.1996 wurde der Bf entsprechend dem österreichisch-deutschen Schubabkommen von den deutschen Behörden der belangten Behörde rücküberstellt.

4.3. Mit Bescheid vom 11.4.1996, Sich41-330-1996, wurde der Bf gemäß § 57 Abs.1 AVG iVm § 41 Abs.1 und 2 FrG zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit bzw zur Vorbereitung der Erlassung einer Ausweisung bis zum Eintritt der Durchsetzbarkeit und zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen, weil der Bf neben seinem illegalen Grenzübertritt weder im Besitz eines gültigen Reisedokumentes und eines Sichtvermerkes bzw einer Aufenthaltsbewilligung war und auch keine finanziellen Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes vorweisen konnte. Weiters war seine genaue Identität nicht geklärt und sein Aufenthalt in Österreich daher illegal.

Am 11.4.1996 um 15.00 Uhr wurde dem Bf ein in englischer Sprache ausgefülltes Schubhaftinformationsblatt (FrG-Drucksorte Nr.2) von der belangten Behörde ausgehändigt, in dem er über die Gründe seiner Inschubhaftnahme informiert worden ist.

4.4. Aufgrund eines Amtshilfeersuchens der belangten Behörde wurde der Bf unter Zuziehung eines Dolmetschers bereits am 23.4. 1996 und weiters am 7.6.1996 niederschriftlich einvernommen und von der Verlängerung der Schubhaft über die Dauer von 2 Monaten hinaus gemäß § 48 Abs.4 und Abs.5 FrG informiert.

4.5. Mit Schreiben vom 7.5.1996 hat die belangte Behörde bei der Botschaft der Volksrepublik Bangladesh, Konsularabteilung, in D-53173 Bonn/BRD, um Ausstellung eines Heimreisezertifikates angesucht.Mit Schreiben vom 13.5.1996 hat die belangte Behörde eine - in bengalischer Schrift und Sprache verfaßte - Eingabe des Bf an die belangte Behörde an ein Übersetzungsbüro gesendet. Die Übersetzung wurde mit der Kostennote vom 29.5.1996 der belangten Behörde am 30.5.1996 zugestellt.

4.6. Mit Bescheid vom 13.5.1996, Sich41-330-1996-Hol, wurde über den Bf gemäß § 17 Abs.2 iVm § 27 Abs.3 FrG die Ausweisung aus dem Gebiet der Republik Österreich verfügt.

4.7. Aufgrund eines Antrages gemäß § 54 Abs.1 FrG vom 24.5.1996, eingelangt bei der belangten Behörde am 28.5.1996, hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 7.6.1996 festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß der Bf in der VR Bangladesh gemäß § 37 Abs.1 oder Abs.2 FrG bedroht ist; seine Abschiebung dorthin ist somit zulässig. Der dagegen eingebrachten Berufung vom 27.6.1996 wurde von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 8.7.1996, Zl.St.330/96, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft behauptet. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist zulässig.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 48 Abs.2 leg.cit.).

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der 4. Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z3), insgesamt jedoch nicht länger als 6 Monate aufrechterhalten werden (§ 48 Abs. 4 FrG).

Zufolge § 48 Abs.5 FrG hat die Behörde einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Absatz 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich niederschriftlich in Kenntnis zu setzen.

5.3. Aufgrund des dargelegten und als erwiesen festgestellten Sachverhaltes steht fest, daß der Bf illegal, dh ohne gültiges Reisedokument bzw Sichtvermerk sowie unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist bzw.

auch in gleicher Weise ausgereist ist und sich sohin hier unrechtmäßig aufgehalten hat; weiters verfügt er im Inland über keinen Wohnsitz und keine Barmittel für die Bestreitung eines geordneten Lebensunterhaltes, weist keinerlei Bindungen zu Österreich auf (keine Angehörigen). Die Inschubhaftnahme erfolgte daher zu Recht.

Sie war iS der Jud. des VwGH auch notwendig, um ein Untertauchen des Bf in der Anonymität zu verhindern und um sicherzustellen, daß die fremdenpolizeilichen Maßnahmen gegen ihn entsprechend durchgeführt werden können. Von einer Unverhältnismäßigkeit kann ebensowenig gesprochen werden, zumal sich hier keine entsprechenden Anhaltspunkte ergaben.

Auch die weitere Anhaltung in Schubhaft zu diesem Zweck ist gerechtfertigt, zumal die belangte Behörde bereits mit Bescheid vom 13.5.1996 die Ausweisung des Bf verfügt hat.

Weiters geht aus der Aktenlage eindeutig hervor, daß die belangte Behörde bestrebt war, die Haft so kurz wie möglich zu halten, indem sie - nach diesbezüglicher vorheriger niederschriftlicher Einvernahme am 23.4.1996 - unverzüglich um Ausstellung eines Heimreisezertifikates angesucht hat.

Weiters hat die Botschaft der VR Bangladesh mit Schreiben vom 24.5.1996 weitere Unterlagen angefordert; daraufhin wurde noch vor Ablauf der zweimonatigen Frist gemäß § 48 Abs.2 FrG der Bf im Rechtshilfeweg am 7.6.1996 um 10.50 Uhr unter Zuziehung eines Dolmetschers über die Verlängerung der Schubhaft über zwei Monate hinaus niederschriftlich einvernommen (§ 48 Abs.5 FrG). Die diesbezügliche Behauptung des Bf, wonach er "nicht über die Gründe der Verlängerung nach Ablauf der zweimonatigen Schubhaftfrist" (das wäre nach dem 11.6. gewesen) in Kenntnis gesetzt worden sei, ergibt somit einerseits im Hinblick auf § 48 Abs. 5 FrG, wonach diese Information noch vor Ablauf der zweimonatigen Frist erfolgen muß, überhaupt keinen vernünftigen Sinn; sollte aber doch "vor" diesem Fristablauf gemeint sein, so entbehrt diese Behauptung jeglicher Grundlage, weil der Bf nachweislich darüber bereits am 7.6.1996 niederschriftlich in Kenntnis gesetzt worden war.

5.4. Ebenso haltlos ist die weitere Behauptung des Bf, wonach er über die Gründe der Anhaltung nicht in einer verständlichen Sprache belehrt worden sei. Denn aus dem vorgelegten Akt ergibt sich eindeutig, daß dem Bf noch am gleichen Tag, an dem er aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt und von der belangten Behörde in Schubhaft genommen wurde (11.4.1996), bereits um 15.00 Uhr dieses Tages das im Akt einliegende Schubhaftinformationsblatt, mit dem er entsprechend über die Schubhaftgründe in englischer Sprache belehrt worden war, erhalten hat.

Daß der Bf aber der englischen Sprache hinreichend mächtig war, ergibt sich nicht nur aus dem von einem Organ der belangten Behörde am Schubhaftbescheid befindlichen Aktenvermerk, sondern auch aus seinen eigenen Angaben in der Niederschrift vor dem Bundesasylamt Graz am 24.4.1996, insbesondere am Beginn dieser Niederschrift, wo der Bf in englischer Sprache u.a. angibt, er sei dieser Sprache mächtig. Dies wird weiters durch seine Angaben betreffend seiner Schulausbildung (Studium am College und allgemein bildende höhere Schule - vgl. Pkt. 5) sowie unter Punkt 6 (Sprachen) in dieser Niederschrift, wo ausdrücklich "Englisch" angeführt wurde.

Sohin entbehrt die diesbezügliche Behauptung des Bf ebenfalls jeglicher Grundlage und war daher abzuweisen.

5.6. Nachdem im gegenständlichen Beschwerdeverfahren auch sonst - abgesehen von den ausdrücklich gerügten, jedoch haltlosen, Anschuldigungen - sich kein Anhaltspunkt ergeben hat, daß der Bf in einem sonstigen Recht verletzt worden wäre, war die vorliegende Beschwerde insgesamt als unbegründet abzuweisen.

6. Der belangten Behörde war daher antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG iVm § 52 Abs.2 FrG zuzusprechen. Nach § 1 Z3 der am 1.1.1996 in Kraft getretenen Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers, BGBl.Nr.855/1995, beträgt der von der belangten Behörde als obsiegender Partei anzusprechende Pauschbetrag für den Aktenvorlageaufwand 565 S. Dieser Betrag war daher dem Bf aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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