Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102863/7/Br

Linz, 06.06.1995

VwSen-102863/7/Br Linz, am 6. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. C R, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. März 1995, Zl.:

VerkR96-12394-1994, wegen Übertretung der StVO, nach der am 6. Juni 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren in allen Punkten eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 AVG iVm §§ 24, § 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51i und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach den §§ 20 Abs.2, 52a Z10a u. 11 Abs.3 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Strafen von 1) 2.000 S, 2) 4.000 S und 3) 500 S und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 72, 2) 144 und 3) 24 Stunden verhängt und im Spruch dieses Straferkenntnisses ausgeführt:

"Sie haben am 12.5.1994 gegen 15.25 Uhr den Pkw auf der A , W Richtung gelenkt und haben 1) zwischen km 184,000 - km 177,480 in den Gemeindegebieten E, A und P die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 37 km/h überschritten.

2) Ab km 177,480 - km 175,700 im Gemeindegebiet P überschritten Sie die durch deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 47 km/h.

3) Bei km 172,900 im Gemeindegebiet von A (Zufahrt zum Rasthaus A) wechselten Sie vom rechten Fahrstreifen auf den Verzögerungsstreifen, ohne diesen Wechsel mittels Fahrtrichtungsanzeiger anzuzeigen." 1.1. Begründend führt die Erstbehörde folgendes aus:

"Die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen sind durch die dienstliche Wahrnehmung eines Beamten des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, Außenstelle H, und dadurch, daß Sie die Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen unbestritten ließen, so ausreichend erwiesen, daß spruchgemäß zu entscheiden war.

Da Sie der ha. Aufforderung vom 13.10.1994 sich schriftlich zu rechtfertigen oder zur mündlichen Verhandlung bei diesem Amt am 2.11.1994 persönlich zu erscheinen oder einen mit der Sachlage vertrauten und schriftlich bevollmächtigten, eigenberechtigten Vertreter zu entsenden, keine Folge geleistet haben, wird das Verwaltungsstrafverfahren nunmehr ohne Anhörung durchgeführt. Die Durchführung des Strafverfahrens ohne Anhörung wurde angedroht.

Gemäß § 20 Abs.2 StV0.1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges sofern die Behörde nicht eine geringere Höchst geschwindigkeit erläßt (§ 43 Abs.1) oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt (§ 43 Abs.4), im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StV0.1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

Gemäß § 52 a Z.10 a StV0.1960 zeigt das Zeichen Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gemäß § 11 Abs.3 StV0.1960 ist die Änderung der Fahrtrichtung oder der Wechsel des Fahrstreifens mit den hiefür bestimmten, am Fahrzeug angebrachten Vorrichtungen anzuzeigen. Sind solche Vorrichtungen nicht vorhanden oder gestört, so ist die Anzeige durch deutlich erkennbare Handzeichen durchzuführen. Wenn diese Zeichen jedoch wegen der Beschaffenheit des Fahrzeuges oder seiner Ladung nicht erkennbar sind, so sind sie mit einer Signalstange zu geben.

Zu den Bestimmungen des § 19 VStG.1991 wird festgestellt, daß Sie trotz schriftlichem Ersuchen keine Auskunft über Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erteilten. Es wird daher ein fiktives monatliches Durchschnittseinkommen als selbständiger Rechtsanwalt von S 35.000.--, Sorgepflicht für Gattin und kein Vermögen angenommen.

Bei der Strafbemessung waren einschlägige Verwaltungsstrafen als erschwerend zu werten. Strafmildernde Umstände lagen nicht vor.

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet." 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber in seiner fristgerecht erhobenen Berufung und führt darin nachfolgendes aus:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache wurde das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 6.3.1995, VerkR96-12394-1994, dem Einschreiter am 24.3.1995 zugestellt.

Innerhalb offener Frist erstattet der Einschreiter nachstehende B E R U F U N G und führt diese wie folgt aus:

I.

Das Straferkenntis wir seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

Als Berufungsgrund wird Mangelhaftigkeit des Verfahrens unrichtige Beweiswürdigung geltend gemacht.

In der Begründung des gegenständlichen Bescheides wird lapidar festgestellt, daß die angelasteten Verwaltungsübertretungen durch die dienstliche Wahrnehmung eines Beamten des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, Außenstelle H, ausreichend erwiesen wären.

Bei einer Betrachtung der Darstellung der Tat durch den Meldungsleger mit einem gewissen technischen Vorverständnis hätte die erstinstanzliche Behörde massive Bedenken gegen die Richtigkeit des von ihr im Straferkenntnis angenommenen Sachverhaltes haben müssen.

Es stellt sich doch diese Anzeige so dar, daß der Meldungsleger, Insp. H, am 12.5.1994 gegen 15:25 Uhr auf dem Parkplatz E bei Strkm. 185,600 Richtungsfahrbahn W mit seinem Motorrad gestanden ist und er dann den vom Berufungswerber angeblich mit überhöhter Geschwindigkeit gelenkten PKW Mercedes Benz hat vorbeifahren sehen.

Wenn nun in der Darstellung der Tat ausgeführt wird, daß der Berufungswerber zwischen Kilometer 184,000 und Kilometer 177,480 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mind. 40 km/h überschritten habe, dann bedeutet dies letztlich, daß der Meldungsleger glaubhaft machen will, daß er bereits 1,6 Kilometer nach dem erwähnten Parkplatz auf das angeblich mit überhöhter Geschwindigkeit fahrende Fahrzeug aufgeschlossen hat.

Dies ist aus technischer Sicht völlig ausgeschlossen und beruht offenbar nur auf einer Vermutung und nicht auf einer Wahrnehmung, die einen Sachverhalt mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit belegen könnte.

Beweis: KFZ-SV.

II.

Darüberhinaus wird betont, daß am Tage des behaupteten Vorfalles äußerst reger Verkehr auf der Westautobahn Richtung W herrschte und daher sich einerseits der Sachverhalt nicht so darstellen kann, wie ihn der Meldungsleger vermittelt und dies die Ursache dafür ist, warum der Meldungsleger den Berufungswerber - der keine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat erst beim Strkm.

172,900 einholte.

Darüberhinaus befand sich der Meldungsleger während der gesamten Fahrstrecke vom erwähnten Parkplatz bis kurz vor der Abfahrt A nicht im Sichtbereich des Berufungswerbers, der während dieser Fahrstrecke als erfahrener Autofahrer den Nachfolgeverkehr beobachtet hat.

Daß die Geschwindigkeitsübertretung auf reiner Vermutung basiert, zeigt sich auch darin, daß der Meldungsleger unmittelbar nach der Anhaltung des Berufungswerbers behauptet hat, dieser sei über 200 km/h gefahren, dann in seiner eigenen Darstellung von rund 40 - 50 km/h Geschwindigkeitsüberschreitung spricht und nunmehr im Straferkenntnis selbst von exakt 47 bzw. exakt 37 km/h die Rede ist, obwohl es für eine solch exakte Festlegung überhaupt keine ausreichenden Hinweise gibt.

Hätte sich die erstinstanzliche Behörde die Mühe gemacht was bei einer so dürftigen Faktenlage zwingend erforderlich gewesen wäre - eine Weg/Zeitrechnung anzustellen, so hätte sie feststellen können, daß dann, wenn der Berufungswerber mit den erlaubten 130 km/h am erwähnten Parkplatz vorbeigefahren ist und so wie er das tatsächlich gemachten hat - bis zur Autobahnausfahrt A keine Geschwindigkeitsübertretung begangen hat, der Meldungsleger, der aus dem Stillstand die Nachfahrt begann, den Berufungswerber erst bei der Autobahnausfahrt A einholen konnte, wenn dieser die dem Meldungsleger zur Last gelegten Geschwindigkeitsübertretungen selbst begangen hat.

Daraus den Umkehrschluß zu ziehen, der Berufungswerber hätte eine Geschwindigkeitsübertretung zu verantworten, ist jedenfalls unzulässig.

Das Gutachten eines KFZ-SV wird zeigen, daß der Meldungsleger hier offenbar subjektiv wahrgenommenes und rekonstruiertes vermischt.

Darüberhinaus scheint die Anzeigenerstattung auch zum Teil im persönlichen Bereich zu liegen, zumal in der Anzeige vom 19 Juli 1994 angeführt ist, daß sich der nunmehrige Berfungswerber während der gesamten Amtshandlung sehr arrogant benommen hat, was auf eine persönliche Voreingenommenheit des Meldungsleger hindeutet und im Zuge der Beweiswürdigung hätte berücksichtigt werden müssen.

Beweis: KFZ-SV.

III.

Soweit dem Berufungswerber zur Last gelegt wird, er hätte vom rechten Fahrstreifen auf den Verzögerungsstreifen bei der Autobahnabfahrt A gewechselt, ohne diesen Wechsel mittels Fahrtrichtungsanzeiger anzuzeigen, so wird hier betont, daß die entsprechende Aufforderung durch den Meldungsleger so aprupt und renitent erfolgte, daß dem Berufungswerber nur die Möglichkeit blieb, sich auf das Fahrgeschehen zu konzentrieren und der Aufforderung Folge zu leisten - für das Betätigen des Fahrtrichtungsanzeigers blieb keine Zeit mehr.

IV.

Es wird daher folgender A N T R A G gestellt, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes wolle der Berufung vollinhaltlich Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das gegen den Berufungswerber eingeleitete Strafverfahren einstellen.

V, am 6.4.1995 Dr. C R" 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war durchzuführen, weil vom Berufungswerber die ihm angelasteten Übertretungen dem Grunde nach bestritten wurden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl.: VerkR96-12394-1994, und die zeugenschaftliche Vernehmung des Insp. H und der Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

5. Der Berufungswerber lenkte am 12. Mai 1994 gegen 15.25 Uhr seinen Pkw auf der A in Richtung , wobei seine Fahrgeschwindigkeit durchaus über 130 km/h betragen haben könnte. Im Bereich des Parkplatzes bei Kilometer 185,600 in Fahrtrichtung Wien stand der Meldungsleger mit seinem Dienstmotorrad und nahm hinsichtlich des vermeintlich mit überhöhter Geschwindigkeit fahrenden Fahrzeuges des Berufungswerbers die Nachfahrt auf. Der Berufungswerber bemerkte während der Vorbeifahrt den am besagten Parkplatz stehenden Gendarmeriebeamten und bremste sein Fahrzeug aus diesem Grunde kurz ab, wobei ihn seine mitfahrende Ehegattin, den Grund dieser Bremsung nicht erkennend, fragte warum er den bremste. Das Dienstkraftrad erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 200 km/h. Im Zuge der Nachfahrt vermochte der Gendarmeriebeamte auf einen Tiefenabstand von einigen hundert Metern auf das Fahrzeug des Berufungswerbers aufzuschließen und dabei an seinem nicht gesondert geeichten Tacho die in der Anzeige dargelegten Fahrgeschwindigkeiten abzulesen. Im Bereich des sogenannten P Berges, der dortigen Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h, habe die Nachfahrt in eben diesen Abstand auf eine Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers von 150 km/h schließen lassen. Als im Bereich des Parkplatzes A dem Berufungswerber schließlich das Zeichen zum Zufahren auf dem Parkplatz zur Raststätte gegeben wurde, hat der Berufungswerber den Rechtsabbiegevorgang nicht mittels Fahrtrichtungsanzeiger angezeigt. Daß sich dadurch andere Fahrzeuglenker nicht auf diesen Abbiegevorgang rechtzeitig hätten einstellen können ist nicht anzunehmen. In diesem Bereich, wo der Meldungsleger bereits auf das Fahrzeug des Berufungswerbers aufgeschlossen hatte, sei die Fahrgeschwindigkeit (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 60 km/h) nur mehr um 10 km/h überschritten worden.

5.1. Folgt man nun der unbestrittenen Angabe, daß der Meldungsleger zum Zeitpunkt der Vorbeifahrt des Berufungswerbers am besagten Parkplatz gestanden ist, so würde dies unter Zugrundelegung einer Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers im Ausmaß von 170 km/h bedeuten, daß bis zum Erreichen der Höchstgeschwindigkeit des Motorrades, vorsichtig geschätzt, nach etwa 25 Sekunden aus einer Beschleunigung aus dem Stand heraus, der Berufungswerber knappe 1,5 km zurückgelegt gehabt hätte, während der Meldungsleger im Zuge des Beschleunigungsvorganges (mittlere Geschwindigkeit 100 km/h) etwa 500 Meter zurücklegte. Unter weiterer Annahme einer eingehaltenen Geschwindigkeitsdifferenz der beiden Fahrzeuge von nunmehr 30 km/h konnte der Meldungsleger frühestens nach weiteren 25 Sekunden auf das Fahrzeug des Berufungswerbers auf einen Abstand von 200 Metern aufgeschlossen haben. Dies konnte daher selbst unter Zugrundelegung der günstigsten Fahrbedingungen des Meldungslegers frühestens bei Strkm 182,600 gewesen sein.

Nachdem der Meldungsleger mehrmals den Fahrstreifen wechseln mußte, ist es sogar sehr wahrscheinlich, daß er die Höchstgeschwindigkeit nicht während der gesamten Nachfahrt zu halten vermochte. Unter dieser Betrachtung ist der Verantwortung des Berufungswerbers durchaus zu folgen bzw.

kann es jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, wenn dieser vermeint, daß der Tiefenabstand während der ganzen Nachfahrtstrecke einen wesentlich größeren Abstand zum Ergebnis gehabt hätte. Jedenfalls nicht nachvollziehbar ist, daß der Meldungsleger bereits ab Kilometer 184 auf einen Abstand von 200 Meter auf das Fahrzeug des Berufungswerbers - falls dieses tatsächlich mit 170 km/h unterwegs gewesen wäre - aufgeschlossen haben konnte. Entweder entspricht hier die Kilometerangabe nicht den Gegebenheiten, oder ist eben die Fahrgeschwindigkeit eine niedrigere gewesen. Es ist durchaus vorstellbar, daß es für einen Motorradfahrer sehr schwierig ist bei einer Fahrgeschwindigkeit von an die 200 km/h, welche bereits an sich höchste Konzentration erfordert, zusätzlich noch drei weitere Komponenten, nämlich die Fahrgeschwindigkeit, den Tiefenabstand und auch noch die Kilometrierung, zu erfassen und diese sich zu merken. Dies mag schon nicht leicht sein, wenn dies von einem Funkstreifewagen aus geschieht, wo ein Beamter lenkt während der andere die entsprechenden Beobachtungen macht und notiert. Im Zuge der Verhandlung wurde der Eindruck gewonnen, daß die Daten hier nicht der Realität entsprechen und somit nicht in einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit und Genauigkeit festgestellt zu erachten sind.

Daß selbst eine gewisse Unsicherheit auch seitens des Meldungslegers bestand, belegt schließlich auch dessen Aussage. Insbesondere wenn er meinte, daß er den Berufungswerber "zumindest wegen des Nichtblinkens beim Rechtsabbiegen zum Parkplatz erwischen könne." Dies hat der Zeuge bei der Verhandlung auch eingeräumt. Aus diesem Grunde war jedenfalls im Zweifel von einer für den Berufungswerber günstigeren Variante auszugehen gewesen.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. Um Wiederholungen zu vermeiden wird, was die Rechtsnormen bezüglich der Geschwindigkeitsüberschreitungen anlangt, auf die rechtlichen Ausführungen der Erstbehörde verwiesen.

6.2. Das Nichtanzeigen der Fahrtrichtungsänderung ist nicht dem § 11 Abs.3, sondern dem Abs.2 leg.cit. zu unterstellen (VwGH 12.11.1980, Zl. 1705/80). Hier ist die Erstbehörde einem Rechtsirrtum unterlegen. Wenngleich die Rechtsnorm auszutauschen wäre, ermangelt es aber hier einem weiteren Tatbestandsmerkmal.

6.2.1. Gemäß § 11 Abs.2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dieser Übertretung liegt also in dem Vorwurf, daß der Fahrzeuglenker die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt hat, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, wobei daran zu erinnern ist, daß diese Bestimmung nicht zwei voneinander verschiedene Tatbestände, nämlich einerseits das Unterbleiben der Anzeige überhaupt und andererseits die verspätete Anzeige kennt, sondern von dem Tatbestand der "nicht rechtzeitigen Anzeige" vielmehr beide Fälle umfaßt werden (vgl. VwGH verst.Sen. v. 3.

Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, und VwGH v. 25. November 1988, Zl. 88/18/0325).

In dem von der Erstbehörde getätigten Abspruch fehlt im Anschluß an den Vorwurf, die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht angezeigt zu haben, das wesentliche Tatbildmerkmal, daß "sich andere Straßenbenützer (allenfalls) nicht auf den Vorgang einstellen hätten können" (vgl. abermals das schon zitierte Erkenntnis vom 25.

November 1988). Es liegt daher auch ein Verstoß nach § 44a Z1 vor.

Abschließend sei bemerkt, daß im Zuge dieser Anhaltung, anläßlich welcher der Meldungsleger vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers hergefahren ist und dieses quasi zum Parkplatz eskortierte, wohl kaum angetan gewesen sein konnte, daß andere Fahrzeuglenker sich mangels Blinkens sich auf diesen Vorgang "nicht einstellen" hätten können. Einen solchen Umstand hat schließlich auch der Meldungsleger in seiner Anzeige nicht angeführt.

6.2.2. Nach gesicherter Judikatur stellt die Nachfahrt mit einem Dienstkraftwagen im gleichbleibenden Abstand über eine entsprechend lange Strecke und das Ablesen der Fahrgeschwindigkeit vom Tacho des Dienstfahrzeuges grundsätzlich ein taugliches Beweismittel für die Feststellung der Fahrgeschwindigeit dar (vgl. unter vielen etwa VwGH 23. Oktober 1996, Zl. 86/02/0098). Hier konnte jedoch im Rahmen der Beweiswürdigung nicht davon ausgegangen werden, daß in diesem Ausmaß ein gleichbleibender Abstand gewährleistet gewesen ist.

6.2.3. Als Konsequenz folgt daher in rechtlicher Hinsicht, daß, wenn ein eindeutiges Beweisergebnis nicht vorliegt [Punkte 1) u. 2)], selbst wenn (bloß) Zweifel am Tatvorwurf bestehen, der Tatnachweis eben nicht erbracht ist und von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß jeweils, von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen, von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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