Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400436/4/Le/La

Linz, 13.09.1996

VwSen-400436/4/Le/La Linz, am 13. September 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des J A (auch: J) M, geb. am, zuletzt Bundespolizeiliches Gefangenenhaus Leoben, 8700 Leoben, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W V, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird abgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 565 S binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Zu I. und II.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Zu III.: §§ 74 und 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwander satzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit Schriftsatz vom 6.9.1996, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingelangt am 9.9.1996, erhob der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) Beschwerde gemäß § 51 FrG mit der Behauptung, daß seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wäre.

In der Begründung dazu führte er im wesentlichen folgendes aus:

Der Bf sei bangladesischer Staatsangehöriger und sei Mitte März 1996 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Mit Bescheid vom 11.4.1996 wäre gegen ihn die Schubhaft verhängt worden, wobei er über die Gründe der Anhaltung nicht in einer ihm verständlichen Sprache belehrt worden wäre. Im übrigen wäre er auch nicht über die Gründe der Verlängerung nach Ablauf der zweimonatigen Schubhaftfrist in Kenntnis gesetzt worden.

Bereits aus der Bescheidbegründung ergebe sich, daß eine Verständigung mit dem Bf nicht entsprechend möglich gewesen wäre, da erst für die weitere Behandlung im fremdenpolizeilichen Verfahren ein Dolmetscher beigezogen werden mußte.

Weiters sei die Behörde bei der Beschaffung des Ersatzreisedokumentes säumig, sodaß die Schubhaft zumindest seit dem heutigen Tage unzulässig sei. Eine Abschiebung sei derzeit auch nicht möglich, da der Bf eine Beschwerde beim VwGH eingebracht hätte. Wörtlich führt dazu der Bf aus: "Mit Beschluß vom 2.9.1996 wurde dem Antrag auf aufschiebende Wirkung gem. § 30 (2) VerwaltungsgerichtshofG erteilt." Eine Abschiebung sei daher nicht zulässig und wäre die Schubhaft seit 2.9.1996 rechtswidrig.

Unter Hinweis auf § 48 Abs.1 und Abs.2 FrG sowie Art.5 (1) lit.f MRK und "Art.1 (3) Pers. FRG" wäre die Anhaltung in Schubhaft nur dann konventionskonform bzw. dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechend, wenn und solange von der Behörde die Möglichkeit der Abschiebung vernünftigerweise angenommen werden könne. Die Schubhaft müsse auf ihre Dauer für die Erreichung der genannten Zwecke sowohl notwendig als auch verhältnismäßig sein. Unter Hinweis auf Art.1 des BVG zum Schutz der persönlichen Freiheit führt der Bf aus, daß die persönliche Freiheit nur dann entzogen werden dürfe, wenn und soweit dies nicht zum Zwecke der Maßnahme außer Verhältnis stehe.

Da eine Übersetzung des Schubhaftbescheides in eine verständliche Sprache nicht erfolgt sei, wäre die Anhaltung von Beginn an rechtswidrig. Die Schubhaft sei in jedem Fall seit 2.9.1996 rechtswidrig, da die aufschiebende Wirkung im Verfahren nach § 54 FrG eingelangt sei und mit 100%iger Wahrscheinlichkeit feststehe, "daß eine Abschiebung der restlichen verbleibenden Schubhaftdauer nicht mehr möglich" sei.

Aus den oben angeführten Gründen ergebe sich, daß die Schubhaft auch zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den erkennenden Senat rechtswidrig sein müsse.

Es werde daher beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat möge 1. eine mündliche Verhandlung anberaumen, 2. feststellen, daß "die Bf durch ihre Anhaltung durch Organe der belangten Behörde vom 11.4.1996 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat wegen des Verstoßes gem. Art.1 Pers. FrG und Art.5 MRK in seinen Rechten verletzt worden ist bzw. nach wie vor verletzt wird", 3. der belangten Behörde aufzutragen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten dieses Verfahrens zu ersetzen.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat den zugrundeliegenden Fremdenakt an den unabhängigen Verwaltungssenat expreß übermittelt.

Zum Beschwerdevorbringen hat sie keine Gegenschrift erstattet; sie hat jedoch mitgeteilt, daß der Bf am 10.9.1996 aus der Schubhaft entlassen wurde.

Die belangte Behörde hat abschließend den Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes begehrt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

3.2. Der Bf hat bereits als "M J", geb., Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesh, vertreten durch den selben Rechtsvertreter, mit Schriftsatz vom 8.7.1996 Schubhaftbeschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erhoben, die mit Erkenntnis vom 11.7.1996 kostenpflichtig abgewiesen wurde. Aus der Begründung dieses Erkenntnisses im Zusammenhang mit dem von der BH Schärding vorgelegten Fremdenakt ist ersichtlich, daß es sich hiebei um denselben Bf handelt. Die Ausführungen des genannten Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11.7.1996, VwSen-400414/5/Schi/Ka, sind daher einerseits als bekannt anzusehen, andererseits wurde darin bereits über einige auch nun wieder vorgebrachte Beschwerdegründe rechtskräftig abgesprochen. So wurde darin festgestellt, daß der Bf auf Grund seiner Schulbildung und seines Auftretens vor der Fremdenbehörde der englischen Sprache ausreichend mächtig war und ist. Damit ist der Beschwerdegrund, daß der Bf nicht in einer ihm verständlichen Sprache über die Schubhaftgründe informiert worden wäre, unzutreffend, weil er am 11.4.1996 um 15.00 Uhr ein in englischer Sprache ausgefülltes Schubhaftinformationsblatt erhalten hatte, in dem er über die Gründe seiner Inschubhaftnahme informiert wurde.

Darüber hinaus ist auch das Beschwerdevorbringen, daß der Bf nicht über die Verlängerung der Schubhaft über die Dauer von zwei Monaten hinaus in Kenntnis gesetzt worden war, aktenwidrig: Es wurde dies ebenfalls bereits im zitierten Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 11.7.1996 (rechtskräftig) klargestellt, daß der Bf unter Zuziehung eines Dolmetschers bereits am 23.4. und am 7.6.1996 niederschriftlich einvernommen und von der Verlängerung der Schubhaft über die Dauer von 2 Monaten hinaus gem. § 48 Abs.4 und Abs.5 FrG informiert worden ist.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Zur Vorgeschichte wird zunächst auf die Ausführungen unter Punkt 4. des rechtskräftigen Erkenntnisses des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 11. Juli 1996, VwSen-400414/5/Schi/Ka, verwiesen.

4.2. Seit Erlassung dieses Erkenntnisses wurde die Ausstellung des beantragten Heimreisezertifikates bei der Botschaft der Volksrepublik Bangladesh mehrfach urgiert, ein solches wurde jedoch bisher nicht ausgestellt.

Weiters hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 8.7.1996 der Berufung des Bf gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7.6.1996, mit dem der Antrag auf Feststellung gemäß § 54 Abs.1 FrG abgewiesen worden war, keine Folge gegeben.

Dieser Bescheid wurde beim Verwaltungsgerichtshof angefochten und hat dieser der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt; der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes ist am 9.9.1996 bei der Erstbehörde eingelangt, worauf diese am 10.9.1996 die Entlassung des Bf aus der Schubhaft verfügt hat.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und der Anhaltung behauptet und die Feststellung begehrt, daß der Schubhaftbescheid, die Inhaftnahme sowie seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wären.

Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem.

§ 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 48 Abs.2 FrG).

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung(Z 1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z 2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z 3), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden (§ 48 Abs.4 FrG).

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß der Bf zu Recht in Schubhaft genommen und dort angehalten wurde. Der unabhängige Verwaltungssenat hat dies bereits mit seinem Erkenntnis vom 11.7.1996, VwSen-400414/5/Schi/Ka, welches in Rechtskraft erwachsen ist, eindeutig ausgesprochen.

Seither hat die Erstbehörde alle erforderlichen Maßnahmen gesetzt, um ihren rechtskräftigen Bescheid vom 13.5.1996, mit dem die Ausweisung des Bf aus Österreich verfügt wurde, vollstrecken zu können. Sie hat dazu die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der Botschaft der Volksrepublik Bangladesh beantragt und die Erledigung immer wieder urgiert. Sie hat weiters einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung mit Bescheid vom 7.6.1996 nach gründlicher Prüfung abgewiesen. Dieser Bescheid wurde von der Berufungsbehörde mit Bescheid vom 8.7.1996 bestätigt.

Aus diesen Gründen hatte die Erstbehörde berechtigten Grund zur Annahme, daß die Ausweisung des Bf aus Österreich auch faktisch durchgesetzt werden könnte. Zur Sicherung dieser Ausweisung war die Schubhaft unbedingt erforderlich.

Festgehalten wird, daß die Erstbehörde die Schubhaft nicht länger aufrecht erhalten hat, als dies unbedingt notwendig war: Als sie nämlich von der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof im Verfahren nach § 54 FrG Kenntnis erhielt, hat sie den Bf umgehend aus der Schubhaft entlassen.

Bis zu diesem Zeitpunkt war die Aufrechterhaltung der Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung iSd § 41 Abs.1 FrG notwendig. Die Erstbehörde hat, wie aus dem durchgeführten und oben aufgezeigten Verfahren ersichtlich ist, darauf hingewirkt, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauerte.

Schließlich hat sie den Bf umgehend aus der Schubhaft entlassen, als klar wurde, daß innerhalb der gesetzlichen Höchstdauer der Schubhaft eine Ausweisung nicht mehr möglich ist.

5.4. Im Schubhaftprüfungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist die Rechtmäßigkeit der Schubhaft die einzig zu entscheidende Frage (VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0334).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen (VfGH vom 23.6.1994, B 2019/93).

Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 FrG dafür vorliegen und die Schubhaft notwendig war, um die Ausweisung zu sichern.

Zu II.:

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hätte aufgrund des aktenmäßig bereits eindeutig feststehenden Sachverhaltes zur Wahrheitsfindung nichts beigetragen. Überdies wäre es mit einem verwaltungsökonomisch vertretbaren Aufwand wohl nicht möglich gewesen, den nunmehr in Freiheit befindlichen Bf zur mündlichen Verhandlung zu bringen.

Zu III.:

Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG iVm § 1 Z3 und 4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 565 S zuzusprechen. Der Kostenersatzantrag des Bf war mangels Erfolges seiner Beschwerde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum