Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400454/5/Le/La

Linz, 13.02.1997

VwSen-400454/5/Le/La Linz, am 13. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des V M, geb., russischer Staatsangehöriger, dzt. P, vertreten durch V K, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Perg zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.365 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger zwangsweiser Einhebung zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: §§ 51 Abs.1, 52 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 110/1994, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG.

Zu II.: §§ 74 und 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit Schriftsatz vom 7.2.1997, beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am selben Tage eingelangt, erhob der Beschwerdeführer (im folgenden kurz:

Bf) Beschwerde gemäß § 51 FrG mit der Behauptung, daß seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wäre.

In der Begründung dazu führte er im wesentlichen folgendes aus:

Er sei russischer Staatsbürger und am 23.3.1996 nach Österreich eingereist. Mit Bescheid der BH Gmünd vom 24.3.1996 wäre über ihn die Schubhaft verhängt worden, die bis 14.8.1996 gedauert hätte.

Mit dem Bescheid der BH Perg vom 24.12.1996 wäre er wieder in Schubhaft genommen worden.

Gemäß § 48 Abs.1 sei die Behörde verpflichtet darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauere.

Die Schubhaft dürfe gemäß § 48 Abs.4 insgesamt nicht länger als 6 Monate aufrechterhalten werden.

Mit heutigem Datum wäre er insgesamt 190 Tage in Schubhaft angehalten, weshalb ihn die weitere Anhaltung in Schubhaft in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit verletze.

Er beantragte daher, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge seine weitere Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären und den Bund zum Kostenersatz des Beschwerdeverfahrens verpflichten.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat den zugrundeliegenden Fremdenakt einschließlich des Fremdenaktes der BH Gmünd an den unabhängigen Verwaltungssenat expreß übermittelt.

Zum Beschwerdevorbringen hat sie eine Gegenschrift erstattet und darin mitgeteilt, daß sich der Bf noch in Schubhaft befindet. Sie hat weiters die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist russischer Staatsangehöriger und am 23.3.1996 illegal in das Gebiet der Republik Österreich eingereist. Sein am 27.3.1996 gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3.4.1996 abgewiesen; einer allfälligen Berufung wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Vor seiner Einreise war der Bw Soldat bei der russischen Armee, wo er nach eigener Darstellung in Tschetschenien eingesetzt gewesen sei. Anfangs wäre er dort nur mit Nachschubtransporten beschäftigt gewesen, doch hätte er später auch an der Front gegen die Tschetschenen kämpfen müssen, weshalb er von dort über Litauen und Weißrußland nach Polen geflüchtet sei. In Litauen hätte er seine Frau zurückgelassen. Von Polen wäre er mit einem Bus nach Tschechien gefahren und hätte dort um politisches Asyl angesucht, welches ihm aber nicht gewährt wurde. Er wäre in Tschechien in einem Lager untergebracht gewesen und wäre von dort geflüchtet und mit Hilfe eines Schleppers zunächst nach Bratislava und von dort illegal nach Österreich gebracht worden.

4.2. Mit Schubhaftbescheid der BH Gmünd vom 24.3.1996 wurde der Bf zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt dessen Durchsetzbarkeit sowie zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Nachdem die versuchte Zurückschiebung nach Tschechien bzw. in die Slowakei nicht verwirklicht werden konnte, wurde der Bf zur Durchführung der Schubhaft in das Polizeigefangenenhaus Steyr überstellt.

Am 22.5.1996 beantragte er die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG, weil er für den Fall seiner Abschiebung nach Rußland Gefahr laufe, zu 15 Jahren Haft in unmenschlichen Bedingungen oder zum Tode verurteilt zu werden.

Über diesen Antrag wurde nach der vorliegenden Aktenlage noch nicht entschieden.

4.3. Am 14.8.1996 wurde der Bf aus der Schubhaft entlassen.

Mit Schriftsatz vom 27.8.1996 erhob er jedoch Schubhaftbeschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich, welcher dieser mit Bescheid vom 10.9.1996 insofern Folge gab, als die Schubhaft für die Zeit vom 25.5. bis 14.8.1996 für rechtswidrig erklärt wurde.

Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß eine Verlängerung der Schubhaft über die Zwei-Monatsfrist hinaus nur zur Sicherung der Abschiebung vorgesehen sei. Im gegenständlichen Fall hätte aber die Anhaltung nicht der Sicherung der Abschiebung dienen können, weil weder ein Aufenthaltsverbot noch eine Ausweisung durchsetzbar gewesen wären.

4.4. Am 23.12.1996 wurde der Bf dabei betreten, als er ohne im Besitz einer gültigen Fahrkarte zu sein, mit dem Zug von Linz nach Summerau zu fahren versuchte. In Lungitz wurde er festgenommen, sodann zur BH Perg vorgeführt und von dieser am 24.12.1996 mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24.12.1996, Sich40 2412/96-Sl, in Schubhaft genommen, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern.

Mit Bescheid der BH Perg vom 23.1.1997, Sich40-7977-1996, wurde gegen den Bf ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich erlassen; einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die BH Perg setzte sich mit der russischen Botschaft in Verbindung und erhielt dort die Auskunft, daß für Herrn M jederzeit ein Heimreisezertifikat ausgestellt werde.

Im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes stellte der Bf wiederum einen Antrag gemäß § 54 FrG, den er im wesentlichen damit begründete, daß er mit einer Haftstrafe von 15 Jahren oder gar der Todesstrafe zu rechnen habe, wenn er nach Rußland abgeschoben werde, weil er aus der russischen Armee desertiert sei.

Die BH Perg wandte sich darauf umgehend an das Bundesministerium für Inneres und ersuchte im Hinblick auf die Schubhaft des Bf um dringende Auskunft, ob der Fremde nach Rußland abgeschoben werden darf oder nicht.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 Fremdengesetz (FrG), BGBl.Nr. 838/1992 idF 110/1994, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 leg.cit.).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Anhaltung behauptet und die Feststellung begehrt, daß seine weitere Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wären.

Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 48 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 48 Abs.2 FrG).

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 54 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil er an der Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirkt oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung(Z 1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z 2) oder nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z 3), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden (§ 48 Abs.4 FrG).

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß - der Bf illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist ist, - sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden ist, - ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 5 Jahren über ihn verhängt worden ist, - er keine Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes besitzt, - er keinen Wohnsitz und keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Österreich hat und - bereits mehrfach durch die Verübung von Straftaten aufgefallen ist.

5.4. Im Schubhaftprüfungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist die Rechtmäßigkeit der Schubhaft die einzig zu entscheidende Frage (VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0334).

Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung nach jeder Richtung hin selbständig zu untersuchen und jedwede unterlaufene Gesetzwidrigkeit festzustellen und aufzugreifen (VfGH vom 23.6.1994, B 2019/93).

Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 FrG dafür vorliegen und die Schubhaft notwendig ist, um die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung zu sichern.

Die Schubhaftbeschwerde wurde im wesentlichen ausschließlich darauf gestützt, daß die Schubhaft gemäß § 48 Abs.4 insgesamt nicht länger als 6 Monate aufrechterhalten werden dürfte, er aber bereits insgesamt 190 Tage in Schubhaft angehalten werde.

Dem ist entgegenzuhalten, daß der Bf in der Zeit vom 26.3.1996 bis 14.8.1996 auf Grund eines Schubhaftbescheides der BH Gmünd in Schubhaft angehalten worden ist und die weitere Schubhaft mit Bescheid der BH Perg angeordnet worden ist. Die zweite Schubhaft war deshalb erforderlich, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu sichern, welches mit Bescheid vom 23.1.1997 auch bereits verhängt worden ist.

Die Schubhaft ist daher zur Sicherung der Abschiebung weiterhin erforderlich, die - da ein Heimreisezertifikat jederzeit ausgestellt würde - nur mehr davon abhängt, wie über den Antrag des Bf auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Rußland entschieden wird. Die BH Perg hat sich ordnungsgemäß zur Prüfung der Voraussetzungen des § 37 FrG an das Bundesministerium für Inneres gewandt; die Antwort steht allerdings noch aus, ist jedoch erfahrungsgemäß in Kürze zu erwarten. Vom Ausgang dieses Verfahrens hängt es sohin ab, ob der Bf in Freiheit gesetzt oder abgeschoben werden kann.

Es ist daher festzustellen, daß die BH Perg alle ihr zu Gebote stehenden Mittel ausschöpft, um das fremdenrechtliche Verfahren zügig durchzuführen. Es ist auch die in § 48 Abs.2 FrG vorgesehene Frist von zwei Monaten noch nicht erreicht.

Was die Anhaltung des Bf in Schubhaft in der Dauer von 190 Tagen betrifft, so ist dazu auszuführen, daß die Schubhaften, die von der BH Gmünd und die von der BH Perg verhängt worden sind, nicht zusammengerechnet werden dürfen.

Wie dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2.8.1996, 94/02/0093, zu entnehmen ist, ist eine neuerliche Inschubhaftnahme zulässig, wobei davon auszugehen ist, daß die nachfolgende Schubhaft gleichfalls so kurz wie möglich zu halten ist und daß es für die neuerliche Inschubhaftnahme eines neuerlichen Schubhaftbescheides bedarf. Es kann nicht im Sinne des Gesetzes sein, daß ein Fremder, sofern er bereits einmal die volle Schubhaft "abgesessen" habe, nunmehr die Garantie hätte, nie mehr in Schubhaft genommen zu werden.

Zusammenfassend kann daher gesagt werden, daß die Anordnung sowie die Aufrechterhaltung der Schubhaft derzeit gesetzeskonform ist, daß aber nicht zuletzt auch im Hinblick auf die bereits von der BH Gmünd verhängte Schubhaft das fremdenpolizeiliche Verfahren ehestens durch Entscheidung über den gemäß § 54 FrG gestellten Antrag zu beenden ist.

Zu II.:

Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.365 S (Aktenvorlageaufwand: 565 S, Schriftsatzaufwand: 2.800 S) zuzusprechen.

Der Kostenersatzantrag des Bf war mangels Erfolges der Beschwerde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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