Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400458/5/Kl/Rd

Linz, 09.04.1997

VwSen-400458/5/Kl/Rd Linz, am 9. April 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des E, bosnischer Staatsangehöriger, vertreten durch RA Dr., wegen Festnahme und Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Verhängung der Schubhaft und der Schubhaftbescheid als rechtswidrig festgestellt; auch liegen die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vor. Im übrigen wird die Beschwerde im Hinblick auf die Festnahme als unbegründet abgewiesen. II. Der Bund, in dessen Namen die belangte Behörde tätig war, hat dem Beschwerdeführer den Schriftsatzaufwand in der Höhe von 8.400 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers sowie der Kostenantrag der belangten Behörde werden abgewiesen. Rechtsgrundlagen: Zu I.: §§ 51, 52, 41, 42 und 43 Fremdengesetz - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 436/1996 iVm § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. Zu II.: §§ 52 Abs.2 FrG und 79a AVG iVm § 1 Z1 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995. Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 3.4.1997, per Telefax beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 4.4.1997, wurde Beschwerde wegen Schubhaft und Festnahme durch die BH Vöcklabruck erhoben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides beantragt.

Begründend wurde ausgeführt, daß die Voraussetzungen für einen Festnahmeauftrag gemäß § 42 FrG nicht gegeben waren und auch zum Zeitpunkt der Festnahme ein Schubhaftbescheid noch nicht erlassen worden sei, weshalb die Festnahme am 3.4.1997 rechtswidrig gewesen sei. Das Erkenntnis des VwGH vom 19.2.1997, Zl. 96/21/0910, wurde dem Rechtsvertreter am 19.3.1997 zugestellt und hat sich der Bf entschlossen, dagegen eine Beschwerde an die Europäische Kommission für Menschenrechte zu erheben, um eine Empfehlung der Europäischen Kommission über eine Aufschiebung zu erhalten. Auch sei am 3.4.1997 ein Antrag auf Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes im Ausmaß von drei Monaten an die BH Vöcklabruck gestellt worden. Im übrigen seien gegen den Bf keinerlei Aufforderungen oder Kontaktaufnahmen ergangen. Die Inschubhaftnahme sei deshalb nicht notwendig, weil die Kriterien für die Durchsetzbarkeit, nämlich die Auffindbarkeit des Betroffenen, etwaige Fluchtgefahr bzw. Gefahr des Untertauchens nicht gegeben waren, zumal der Bf in V,, mit seiner Lebensgefährtin A lebt, dort nachgewiesenermaßen Aufenthalt hat und auch erwerbstätig ist. Zu keinem Zeitpunkt hingegen bestand das Bestreben, sich dem Einfluß der Behörden zu entziehen. Im übrigen sei auch kein Strafverfahren beim LG Linz gegen den Bf eingeleitet worden. Der Schubhaftbescheid sei daher rechtswidrig. Weiters wurde Kostenersatz begehrt.

2. Die BH Vöcklabruck als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher darauf hingewiesen wurde, daß gegen den Bf ein zehnjähriges durchsetzbares Aufenthaltsverbot bestehe, welches selbst von den beiden Gerichtshöfen öffentlichen Rechts bestätigt wurde und eine aufschiebende Wirkung während des Gerichtshofverfahrens nicht zuerkannt wurde. Trotz Rechtskraft und Durchsetzbarkeit sei der Bf seiner Ausreiseverpflichtung aus dem Bundesgebiet bis dato nicht nachgekommen und hat während der Beschwerdeverfahren schwerwiegende straßenverkehrsrechtliche Übertretungen begangen, weshalb mit Festnahmeauftrag die Festnahme des Bf und mit Bescheid vom 3.4.1997 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung in sein Heimatland angeordnet wurden. Der Bf wurde bei seinem Arbeitgeber, F, am 3.4.1997 gegen 13.00 Uhr festgenommen und in das PGH Linz eingeliefert. Die Abschiebung nach Bosnien auf dem Luftweg vom Flughafen Linz-Hörsching wird am 8.4.1997 erfolgen. Es wurde daher die Abweisung der Beschwerde und Kostenersatz beantragt. In einem ergänzenden Schriftsatz vom 7.4.1997 gab die belangte Behörde bekannt, daß die Abschiebung am 9.4.1997 erfolgen werde und der Antrag auf Durchsetzungsaufschub mit Bescheid vom 7.4.1997 als unzulässig zurückgewiesen wurde.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sodaß die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben kann. Die Einvernahme des Bf war hingegen nicht erforderlich, weil das Vorbringen in den entscheidungserheblichen Punkten der Aktenlage entsprach.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist bosnischer Staatsangehöriger, am 19.11.1979 geboren, minderjährig, reiste am 24.2.1991 sichtvermerksfrei nach Österreich ein und hielt sich seit diesem Zeitpunkt bei seiner Mutter in Österreich auf. Am 27.5.1991 wurde der beantragte Sichtvermerk erteilt und schließlich am 14.1.1994 eine bis zum 9.7.1995 gültige Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt. Im Verlängerungsantrag vom 12.6.1995 wurde ausgeführt, daß der Bf die Hauptschule und den Polytechnischen Lehrgang ist Österreich besucht habe, hier integriert sei und in Bosnien Krieg herrsche. Anzeigen wegen schwerwiegender strafbarer Handlungen (Einbruchsdiebstähle) führten mit Urteil des LG Wels vom 28.8.1995 zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren. Es wurde daher der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 12.6.1995 durch die BH Vöcklabruck mit Bescheid vom 28.9.1995 abgewiesen; auch die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des BMI vom 30.7.1996 abgewiesen, weil ein zwingender Sichtvermerksversagungsgrund, nämlich ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, besteht. 4.2. Gleichzeitig wurde von der BH Vöcklabruck mit Bescheid vom 28.9.1995 gegen den Bf ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot verhängt, welches nach Abweisung der Berufung durch Bescheid der Sicherheitsdirektion vom 2.5.1996 am 10.5.1996 in Rechtskraft erwachsen ist. Eine Beschwerde an den VfGH wurde abgelehnt; eine Beschwerde an den VwGH wurde mit VwGH-Entscheidung vom 19.2.1997, dem rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt am 19.3.1997, abgewiesen. Auch ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde abgewiesen.

4.3. Mit weiterem Urteil des LG Wels vom 26.2.1996 wurde der Bf ebenfalls wegen Eigentumsdelikten zu zehn Wochen unbedingter Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt. Mit Bescheid der BH Vöcklabruck vom 11.5.1995, rechtskräftig am 1.6.1995, wurde über den Bf ein Waffenverbot nach dem WaffenG verhängt. Der Bf verfügt über einen Befreiungsschein vom 14.5.1996, ausgestellt vom AMS Vöcklabruck, welcher eine rechtmäßige Beschäftigung bis 8.5.2001 gewährt. Aktenkundig weist der Bf Versicherungszeiten bei der OÖGKK, Außenstelle Vöcklabruck, vom 24.6. bis 2.8.1996, 13.1. bis 7.2.1997, 17.2. bis 27.2.1997 und 13.3. bis 3.4.1997 auf. Der Bf hat sich am 15.1.1997 von seinem Wohnsitz in T abgemeldet und mit gleichem Datum als Wohnsitz V, polizeilich angemeldet und hält sich seit diesem Zeitpunkt dort auf. 4.4. Bereits am 3.1.1997 wurde der Bf wegen Strafdelikten gegen das Eigentum und eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes aufgrund eines Festnahmeauftrages vom 3.1.1997 von der belangten Behörde festgenommen und mit Bescheid vom 3.1.1997 zur Sicherung der Abschiebung in sein Heimatland in Schubhaft genommen und in das PGH Wien-Ost überstellt. Über Interventionen wurde der Bf am 7.1.1997, 12.20 Uhr, wieder aus der Schubhaft entlassen. 4.5. Am 3.4.1997 um 11.47 Uhr hat die belangte Behörde an den GP Vöcklabruck einen Festnahmeauftrag und eine Ermächtigung nach § 50 Abs.1 FrG erlassen mit dem Auftrag, den Bf vor die Behörde zur Verhängung der Schubhaft vorzuführen. Der Reisepaß des Bf liege bei der benannten Fremdenbehörde auf (Reisepaß ausgestellt von der Botschaft in Wien vom 26.6.1995 und gültig bis 26.6.1997). Diesem Auftrag wurde am selben Tag gegen 13.00 Uhr mit Festnahme an der Arbeitsstelle des Bf in, entsprochen, und es wurde der Bf der belangten Behörde vorgeführt. Diese erließ am selben Tag einen Schubhaftbescheid, mit welchem die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Bosnien gemäß § 41 Abs.1 und 2 FrG und § 57 AVG verhängt wurde. Dieser Bescheid wurde vom Bf am selben Tag persönlich übernommen und es wurde auch eine Ausfertigung des Bescheides am selben Tag um 14.18 Uhr im Wege der Telekopie dem Rechtsvertreter zugestellt. Die Schubhaft wurde durch Einlieferung in das PGH Linz vollzogen. Der Bf wurde überdies nachweislich bei seiner Festnahme über die Festnahmegründe belehrt und es wurde auch die Erziehungsberechtigte (Mutter) sowie die Jugendwohlfahrtsbehörde verständigt .

4.6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7.4.1997 wurde der Antrag auf Gewährung eines dreimonatigen Durchsetzungsaufschubes gemäß § 22 Abs.1 FrG als unzulässig zurückgewiesen, weil ein solcher nur bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gewährt werden kann. Der gegenständliche Antrag sei jedoch erst nach rechtskräftiger Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingebracht worden. 5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 51 Abs.1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992 idF BGBl.Nr. 436/1996, hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 52 Abs.1 FrG).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 52 Abs.4 leg.cit.).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde einerseits die Rechtswidrigkeit der Festnahme gemäß § 43 FrG und andererseits die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides behauptet. Die Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist aber nur teilweise begründet.

5.2. Gemäß § 42 Abs.1 FrG kann die Behörde die Festnahme eines Fremden unter bestimmten näher geregelten Voraussetzungen auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides schriftlich anordnen (Festnahmeauftrag). Gemäß § 42 Abs.2 FrG kann ein Festnahmeauftrag gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 17 Abs.3, 22 Abs.1 und 2) nicht nachgekommen ist. Festnahme- und Übernahmeauftrag ergehen in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt; sie sind aktenkundig zu machen (§ 42 Abs.3 FrG).

Gemäß § 43 Abs.1 Z1 FrG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag besteht, um ihn der Behörde (§§ 65ff) vorzuführen. Von der Festnahme eines Fremden gemäß § 43 haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Behörde unverzüglich, spätestens binnen 12 Stunden in Kenntnis zu setzen. Die Anhaltung eines solchen Fremden ist bis zu 48 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur in Schubhaft zulässig (§ 44 Abs.1 FrG). Jeder gemäß § 43 Abs.1 Festgenommene ist ehestens in einer ihm verständlichen Sprache vom Grund seiner Festnahme in Kenntnis zu setzen. Auf Verlangen eines solchen Festgenommenen ist diesem ohne unnötigen Aufschub zu gestatten, einen Angehörigen oder eine sonstige Person seines Vertrauens sowie einen Rechtsbeistand von der Festnahme zu verständigen und die konsularische Vertretung seines Heimatstaats unverzüglich von seiner Anhaltung zu unterrichten (§ 45 Abs.1 und 2 FrG). 5.2.1. Wie aus dem angeführten Sachverhalt einwandfrei erwiesen ist, besteht gegen den Bf ein rechtskräftiges und durchsetzbares Aufenthaltsverbot (seit 10.5.1996) gemäß § 22 Abs.1 FrG. Damit hat der Bf nach dieser Bestimmung unverzüglich auszureisen. Ein Durchsetzungsaufschub bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wurde nicht beantragt und nicht gewährt. Ein diesbezüglicher Antrag vom 3.4.1997 hingegen wurde als unzulässig zurückgewiesen. Weil der Bf daher seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist, konnte daher von der belangten Behörde gemäß § 42 Abs.2 FrG ein Festnahmeauftrag rechtmäßig erlassen werden. Dieser Festnahmeauftrag wurde schriftlich an den GP Vöcklabruck erteilt und von diesem auch unverzüglich ausgeführt, weshalb es dann gegen 13.00 Uhr zur Festnahme des Bf zum Zweck der Vorführung vor die Fremdenbehörde gemäß § 43 Abs.1 Z1 FrG kam. Die Festnahme erfolgte daher rechtmäßig. Auch wurden die Rechte des Festgenommenen nachweislich und aktenkundig gewahrt, nämlich Belehrung über den Festnahmegrund und Verständigung der Mutter des Festgenommenen.

Es konnte daher der diesbezüglichen Beschwerde nicht Folge gegeben werden und war die Festnahme vor der Erlassung des Schubhaftbescheides als rechtmäßig festzustellen.

5.3. Gemäß § 41 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen. Hat der Fremde einen Zustellungsbevollmächtigten, so gilt die Zustellung des Schubhaftbescheides auch in dem Zeitpunkt als vollzogen, indem eine Ausfertigung dem Fremden tatsächlich zugekommen ist. Die Zustellung einer weiteren Ausfertigung an den Zustellungsbevollmächtigten ist in diesen Fällen unverzüglich zu veranlassen (§ 41 Abs.3 FrG). 5.3.1. Die Schubhaft wurde mit Bescheid vom 3.4.1997 zur Sicherung der Abschiebung nach Bosnien verhängt. Dieser Bescheid wurde nachweislich vom Bf am selben Tage übernommen, was von ihm mit Unterschrift auch bestätigt wurde. Der Bf hat auch schon das 16. Lebensjahr vollendet, weshalb er gemäß § 71 Abs.1 FrG in diesem Verfahren handlungsfähig ist. Damit gilt die Zustellung gemäß § 41 Abs.3 FrG vollzogen. Im übrigen ist auch aktenkundig, daß dem Bf-Vertreter unverzüglich, nämlich bereits um 14.18 Uhr desselben Tages, eine Bescheidausfertigung im Wege der Telekopie zugestellt wurde, was auch in der Beschwerde bestätigt wurde. Damit wurde der Schubhaftbescheid rechtswirksam erlassen und der Bf in Vollzug dieses Bescheides in das PGH Linz überstellt.

5.3.2. Wie bereits festgestellt wurde, besteht gegen den Bf ein seit 10.5.1996 rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, welches auch durchsetzbar ist. Es hat daher der Bf die gesetzliche Verpflichtung unverzüglich auszureisen. Dieser Verpflichtung ist er nicht nachgekommen, sondern er hielt sich weiter im Bundesgebiet von Österreich auf, war immer wirksam gemeldet, der Aufenthalt des Bf war der Behörde bekannt und es ging der Bf jedenfalls zu den im Sachverhalt näher angeführten Zeiten einer Beschäftigung nach. Eine Aufforderung durch die Fremdenbehörde, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, erging nicht. Eine wirksame Aufenthaltsberechtigung kam dem Bf in dieser Zeit nicht zu.

Gemäß § 36 Abs.1 FrG können Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung durchsetzbar ist, von der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn 1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint oder 2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder 3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder 4. sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilungen des Bf sowie weiterer verwaltungsstrafrechtlichen Handlungen war daher der Grund der Überwachung der Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gegeben. Weiters ist der Bf seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen und ist aus seinem Verhalten, nämlich legale Beschäftigung und ständiger Aufenthalt, zu schließen, daß er der Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt. Es sind daher Abschiebungsgründe gemäß § 36 Abs.1 Z1 bis 3 FrG gegeben. Diese wurden auch von der belangten Behörde in ihrem Schubhaftbescheid ausgeführt. Allerdings wurde der Umstand verkannt, daß die Begleitung der Ausreise bzw. Abschiebung als fremdenbehördliche Maßnahme nicht per se die Verhängung einer Schubhaft rechtfertigt. Daß der Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen wurde, rechtfertigt zwar jedenfalls eine Festnahme nach § 42 und § 43 FrG, welche ja auch in Punkt 5.2. als rechtmäßig festgestellt wurde. Eine Schubhaft ist hingegen nur dann gerechtfertigt und rechtmäßig, wenn sie notwendig ist, die Abschiebung zu sichern (§ 41 Abs.1 FrG). Dabei hat sie gemäß § 48 Abs.1 FrG so kurz wie möglich zu dauern. Im Blickwinkel dieser Bestimmungen allerdings wurde vom Bf in seiner Eingabe zu Recht geltend gemacht, daß er über einen gemeldeten Wohnsitz verfüge und sich auch dort aufhalte, einer geregelten Arbeit, und zwar einer rechtmäßigen Beschäftigung nachgehe, sein Aufenthalt der Behörde immer bekannt war und er kein Verhalten gesetzt habe, sich dem Einfluß der Behörden zu entziehen. Dieses Vorbringen wurde auch durch den in Punkt 4. aufgezeigten Sachverhalt laut Akteninhalt bestätigt. Hingegen ist aus dem gesamten Akteninhalt nicht ersichtlich, daß sich der Bf fremdenbehördlichen Maßnahmen entziehen würde. Vielmehr hätte im Lichte der Ausführungen zu Punkt 5.2. die belangte Behörde das Auslangen damit finden müssen, anläßlich konkret durchgeführter Abschiebungsvorbereitungen den Bf gemäß § 42 und § 43 FrG festzunehmen und sodann gemäß § 36 Abs.1 FrG abzuschieben. Wie nämlich der gegenständliche Vorfall zeigt, wurde der Bf an seiner legalen Arbeitsstelle angetroffen und festgenommen. Was jedoch die Begründung des Schubhaftbescheides durch die belangte Behörde anlangt, daß die Schubhaft verhängt werden mußte, um zu verhindern, daß der Bf weitere strafbare Tatbestände begeht, so bildet dieser Umstand - im Gegensatz zum alten Fremdenpolizeigesetz - nach den Bestimmungen des FrG (§ 41 und § 48 FrG) keinen Anhaltungsgrund. Allein relevant ist nur die Sicherung der Abschiebung, also zu verhindern, daß sich der Bf der Abschiebung entzieht.

Dies entspricht auch der ständigen Judikatur des VwGH, der die Notwendigkeit bei Ausreiseunwilligkeit dann erfüllt sieht, wenn bei rechtskräftiger Ausweisung bzw. Aufenthaltsverbot einer/mehreren Aufforderung/-en zur Ausreise nicht entsprochen wird (VwGH vom 10.10.1995, 95/02/0179 sowie 17.11.1995, 95/02/0440).

5.4. Wenn hingegen in der Beschwerde die Anrufung der Europäischen Kommission für Menschenrechte und das Abwarten des Ausganges dieses Verfahrens releviert wird, so konnte vom Bf eine Empfehlung der Europäischen Kommission für Menschenrechte gemäß § 37 Abs.6 FrG nicht vorgelegt werden, weshalb eine Abschiebung nicht unzulässig ist. Mangels einer Rechtsgrundlage sind aber Entscheidungen des EuGH für Menschenrechte nicht abzuwarten (vgl. VwGH vom 10.10.1995, 95/02/0179).

5.5. Es war daher antragsgemäß die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides gemäß §§ 51 Abs.1 und 52 Abs.4 FrG festzustellen. Damit waren aber auch die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung nicht gegeben. Der beantragten Aufhebung des Schubhaftbescheides konnte nicht nachgekommen werden, weil eine Schubhaftbeschwerde keine Berufung an die Rechtsmittelinstanz, sondern einen der Maßnahmenbeschwerde nachgebildeten Rechtsbehelf darstellt. Demgemäß ist gemäß § 49 FrG die Schubhaft durch Freilassung des Fremden formlos aufzuheben, wenn der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt hat, daß die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen. Ist die Schubhaft formlos aufgehoben worden, dann gilt der ihr zugrundeliegende Bescheid als widerrufen.

6. Gemäß § 52 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG steht nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu, wobei nach der nunmehr geltenden Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, der Ersatz für den Schriftsatzaufwand des Bf in der Höhe von 8.400 S zuzusprechen war. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen. Auch war der Aufwandersatzantrag der belangten Behörde abzuweisen.

7. Schließlich wird der Bf darauf hingewiesen, daß das gegenständliche Verfahren ein antragsbedürftiges Verfahren nach den Bestimmungen des AVG ist, wofür eine Eingabengebühr von 120 S mittels einer Bundesstempelmarke zu entrichten ist. Eine solche ist umgehend nachzureichen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Klempt

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