Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400503/2/Le/Ha

Linz, 14.04.1998

VwSen-400503/2/Le/Ha Linz, am 14. April 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Beschwerde des A A, geb. am 1980, afghanischer Staatsangehöriger, dzt. aufhältig im P L, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.365 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: Zu I.: §§ 72 Abs.1, 73 Abs.1, 2 und 4 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl.Teil I Nr. 75/1997, iVm § 67c Abs.1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. Zu II.: §§ 74 und 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz (auf dem Briefpapier des Amtes für Jugend und Familie des Magistrates der Landeshauptstadt Linz) vom 9.4.1998, bei der Bundespolizeidirektion Linz eingelangt am 10.4.1998 und von dieser noch am selben Tage weitergegeben an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, erhob der Beschwerdeführer (im folgenden kurz: Bf) Schubhaftbeschwerde und beantragte die Aufhebung des Schubhaftbescheides vom 6.4.1998, Zl. Fr-96.928, die Entlassung aus der Schubhaft sowie den pauschalierten Kostenersatzaufwand in Höhe von 8.400 S.

In der Begründung dazu führte er im wesentlichen aus, daß das Amt für Jugend und Familie sein gesetzlicher Vertreter im Asylverfahren wäre und ihm mitgeteilt worden wäre, daß gegen den negativen Asylbescheid vom 9.4.1998 Berufung erhoben worden sei. Während der Zeit des Asylverfahrens würde er bei seinem Onkel, Herrn M H, geb. 1957, österreichischer Staatsbürger in W, Z wohnen und erreichbar sein. Herr M werde die für seinen Lebensunterhalt anfallenden Kosten bis zum Abschluß des Asylverfahrens tragen. Eine notarielle Beglaubigung werde am 10.4.1998 nachgereicht.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz als belangte Behörde hat den zugrundeliegenden Fremdenakt an den unabhängigen Verwaltungssenat expreß übermittelt. Zum Beschwerdevorbringen hat sie eine Gegenschrift erstattet und darin mitgeteilt, daß sich der Bf noch in Schubhaft befindet. Weiters hat sie darin mitgeteilt, daß der Asylantrag des Bf mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 9.4.1998 gemäß § 4 Asylgesetz wegen Drittlandsicherheit (Tschechien) als unzulässig zurückgewiesen wurde. Die belangte Behörde habe nun zu versuchen, den Bf nach Tschechien zurückzustellen. Ein diesbezüglicher Antrag auf formlose Übernahme sei bereits gestellt, von Tschechien jedoch abgelehnt worden. Es werde somit die formelle Übernahme beantragt, wobei die zuständige Behörde der tschechischen Republik innerhalb von 14 Tagen zu entscheiden habe. Im Falle der Rückübernahme durch Tschechien würde die tatsächliche Überstellung nach Rechtskraft des Asylbescheides erfolgen.

Der ha. eingebrachte Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Tschechien werde als unzulässig zurückgewiesen, weil die Asylbehörde festgestellt hat, daß für den Fremden in Tschechien Schutz vor Verfolgung bestehe. Im Fall der Entlassung aus der Schubhaft bestehe begründete Annahme für die Gefahr, daß der Bf für die Rücküberstellung nach Tschechien nicht greifbar sein wird. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß eine Verpflichtungserklärung eines Verwandten vorliege. Die belangte Behörde halte es daher für unumgänglich, die Schubhaft zumindest bis zur Entscheidung der tschechischen Behörden aufrechtzuerhalten.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in die vorgelegten Akten Einsicht genommen und festgestellt, daß der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdeausführungen ausreichend geklärt ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gem. § 73 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daraus im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist nach eigenen Angaben mit Hilfe mehrerer Schlepper von Kabul kommend in Prag/Tschechien gelandet und von dort am 30.3.1998 in einem Kombi versteckt mit Hilfe eines Schleppers unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gelangt. In Wien hätte ihm der Schlepper eine Fahrkarte gekauft und wäre er sodann mit dem öffentlichen Verkehrsmittel zum Flüchtlingslager Traiskirchen gefahren, wo er Asyl beantragte.

4.2. Dieser Asylantrag wurde mit dem Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 9.4.1998 als unzulässig zurückgewiesen. In der vorliegenden Schubhaftbeschwerde wird angekündigt, daß gegen diesen Bescheid Berufung erhoben wird.

4.3. Gegenüber dem Magistrat Linz gab der Bf an, in Österreich eine Tante namens N A zu haben. Im Nachhang zur Schubhaftbeschwerde legte der Bf die Erklärung des Mohammad H M vor, der wörtlich folgendes erklärte: "Ich M H M geboren am 1957 bestätige damit, daß Ich für den A A geboren 1979 in Afghanistan die Verantwortung übernehme bis er volljährig ist. M M H W, (9-04-1998) 10-04-1998" (Darunter findet sich die Bestätigung des Notars Dr. Robert W betreffend die Echtheit der Unterschrift des Herrn M H M).

4.4. Mit Bescheid vom 6.4.1998, Fr-96.928, ordnete die Erstbehörde zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung bzw. Zurückschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) an. In der Begründung dazu wies sie auf die illegale Einreise des nunmehrigen Bf am 30.3.1998 in Begleitung eines Schleppers ohne Reisedokument und ohne österreichische Einreiseberechtigung hin, weshalb sich der Bf unerlaubt im Bundesgebiet aufhalte. Er sei im Bundesgebiet nicht gemeldet und als unstet zu betrachten, weshalb Grund zur Annahme besteht, daß er sich durch Untertauchen in die Anonymität den zu erwartenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen werde.

4.5. Laut Angabe vor der Erstbehörde am 7.4.1998 verfügt der Bf an Barmitteln über 90,10 S.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 72 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wobei jener Verwaltungssenat zuständig ist, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 leg.cit.). Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 73 Abs.4 FrG).

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde im wesentlichen die Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme und der Anhaltung behauptet und die Feststellung begehrt, daß der Schubhaftbescheid, die Inhaftnahme sowie seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig wären. Die Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt, die Beschwerde ist zulässig; sie ist jedoch im wesentlichen nicht begründet.

5.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gem. § 57 AVG anzuordnen.

Gemäß § 69 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs.4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern (§ 69 Abs.2 FrG).

Kann oder darf ein Fremder nur deshalb nicht abgeschoben werden, 1. weil über einen Antrag gemäß § 75 noch nicht rechtskräftig entschieden ist oder 2. weil die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit nicht möglich ist oder 3. weil er die für die Einreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht besitzt, oder 4. weil er die Abschiebung dadurch vereitelt, daß er sich der Zwangsgewalt (§ 60) widersetzt, so kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung (Z 1), nach Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit (Z 2), nach Einlangen der Bewilligung bei der Behörde (Z 3) oder nach Vereitelung der Abschiebung (Z 4), insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden (§ 69 Abs.4 FrG).

5.3. Auf Grund des unter Punkt 4. dargestellten Sachverhaltes steht fest, daß - der Bf am 30.3.1998 unter Umgehung der Grenzkontrollstelle in das Bundes- gebiet eingereist ist und sich somit nicht rechtmäßig iSd § 31 Abs.1 FrG in Österreich aufhält, - der Asylantrag des Bf zurückgewiesen wurde, - ihm aus keinem anderen Titel eine Aufenthaltsberechtigung zukommt, - er keinen gültigen Reisepaß besitzt, - er keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat und - er keine Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes besitzt.

Die von Herrn M H M vorgelegte Bestätigung, daß er für den "A A geboren 1979 in Afghanistan die Verantwortung übernehme bis er volljährig ist", reicht nicht aus, um eine gesicherte Existenz und einen gesicherten Wohnsitz des Bf zu begründen:

Zum einem fällt auf, daß der Name der Person, für die Herr Mi die Verantwortung übernehme, zwar ähnlich klingt wie der vom Bf angegebene, jedoch in einigen wesentlichen Punkten unterschiedlich ist. Zum anderen ist auch das Geburtsdatum divergierend angegeben (1980 lt. Bf, 1979 lt. der Erklärung des Herrn M).

Diesem Umstand kommt insbesonders deshalb Bedeutung zu, da die Erklärung des Herrn M ausdrücklich nur bis zum Eintritt der Volljährigkeit gültig sein soll, die in Österreich bekanntlich bereits mit der Erreichung des 19. Lebensjahres eintritt. Dabei kommt dem Geburtstag des Bf, der von ihm selbst mit angegeben wird, besondere Bedeutung zu, weil bei Annahme des Herrn M, daß der Bf 1979 geboren ist, dieser bereits am 1998 volljährig geworden wäre. Schließlich fehlt auch ein Beweis dafür, daß Herr M fähig und willens ist, für Unterkunft und Verpflegung des Bf aufzukommen, weshalb insgesamt diese Erklärung als unzureichend angesehen werden muß, zumal aus der Formulierung, die "Verantwortung zu übernehmen", nicht erkennbar ist, ob sie sich (auch) auf die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung bezieht und ob der Erklärende dazu wirtschaftlich in der Lage ist. Aus diesen Gründen konnte auch nicht in Anwendung des § 66 FrG die Unterbringung bei Herrn M als gelinderes Mittel im Vergleich zur Schubhaft in Anspruch genommen werden, wobei weiters noch dazu kommt, daß dem Bf ein, einer behördlichen Zuweisung vergleichbarer, d.h. letztendlich klagbarer Rechtsanspruch auf Quartier und Verpflegung durch Herrn M nicht zukommt, durch den erreicht werden könnte, daß die verbindliche Gewährung lebensnotwendiger Versorgungsleistungen einen gleichsam unwiderstehlichen Anreiz dafür bietet, diese Unterkunft auch tatsächlich zu nützen und damit andererseits für die Fremdenbehörde jederzeit ohne größere Schwierigkeiten greifbar zu sein.

Es besteht aufgrund der Aussage des Bf vor der BPD Linz am 6.4.1998, daß er nicht in die Tschechische Republik zurückwolle, die Gefahr, daß er sich der notwendigen fremdenpolizeilichen Behandlung durch Untertauchen in die Anonymität entziehen werde. 5.4. Zu den in der Schubhaftbeschwerde vorgebrachten Gründen wird, soweit sie nicht bereits durch die obigen Ausführungen entkräftet sind, ausgeführt, daß entgegen der Schubhaftbehauptung keine notarielle Beglaubigung dafür nachgereicht wurde, daß Herr M, die für seinen Lebensunterhalt anfallenden Kosten bis zum Abschluß des Asylverfahrens tragen werde. Die vorgebrachte Behauptung ist sohin nicht begründet.

5.5. Eine Überprüfung des Schubhaftbescheides aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat zukommenden Prüfungskompetenz (§ 73 Abs.4 FrG) ergab die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Schubhaft, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 61 Abs.1 FrG dafür vorliegen und die Schubhaft notwendig ist, um die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung zu sichern. Da sohin die Voraussetzungen für die Inschubhaftnahme erfüllt waren und die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde gemäß § 79a AVG iVm § 1 Z3 und Z4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.365 S (Aktenvorlageaufwand: 565 S, Schriftsatzaufwand: 2.800 S) zuzusprechen. Der Kostenersatzantrag des Bf war mangels Erfolges der Beschwerde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an:

Dr. L e i t g e b Beschlagwortung: Schlepper; illegale Einreise, Bestätigung; sicherer Drittstaat

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