Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400504/4/SCHI/Km

Linz, 15.05.1998

VwSen-400504/4/SCHI/Km Linz, am 15. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schieferer über die Beschwerde der K M (auch: M), Staatsangehörige der Republik Kongo, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B W, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Es wird festgestellt, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

III. Die Beschwerdeführerin hat der Bezirkshauptmannschaft Schärding zugunsten des Bundes Kosten in Höhe von 565 S zu ersetzen; der Kostenersatzantrag der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen: Zu I: § 67c Abs. 4 AVG; § 73 Abs.4 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. Nr. 75/1997. zu II: § 79a AVG iVm § 1 Z3 Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Republik Kongo, ist im April 1997 ohne gültige Reisedokumente und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist. Beim Versuch der Ausreise in die BRD wurde sie von deutschen Grenzkontrollbeamten nach Österreich rücküberstellt.

1.2. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29. Dezember 1997, Zl. Sich41-780-1997, wurde über die Rechtsmittelwerberin zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in die Justizanstalt Ried sofort vollzogen.

1.3. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 12. Jänner 1998, Zl. Sich41-780-1997-Hol, wurde über die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes und infolge des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung unmittelbar durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen.

1.4. Mit Schreiben vom 28. Jänner 1998, Zl. Sich41-780-1997-Hol, hat die belangte Behörde das Generalkonsulat der Republik Kongo um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für die Rechtsmittelwerberin ersucht. Seither wurden mehrfach telefonische Interventionen durchgeführt, wobei anläßlich der letzten vom 8.5.1998 vom Generalkonsulat der Republik Kongo eine Ausstellung in etwa 14 Tagen in Aussicht gestellt wurde. 1.5. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. März 1998, Zl. 9800256-BAL, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, daß die Abschiebung in ihren Heimatstaat zulässig ist.

2. Mit h. Erkenntnis vom 8.4.1998, VwSen-400501/4/Gf/Km, wurde vom O.ö. Verwaltungssenat die vorgängige, am 6.4.1998 eingelangte Beschwerde als unbegründet abgewiesen, wobei festgestellt wurde, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen. Begründend wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt:

3. In Ansehung des oben unter 1.3. angeführten, vollstreckbaren Aufenthaltsverbotsbescheides liegt eine tragfähige Rechtsgrundlage für die Abschiebung der Beschwerdeführerin vor (vgl. § 56 Abs. 1 FrG).

Gleichzeitig ist auch die Prognose, daß sich die Rechtsmittelwerberin angesichts ihrer offenkundigen Weigerung, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen (vgl. z.B. die Niederschrift der BH Ried vom 21. Jänner 1998, Zl. Sich41-208-1997), sowie im nunmehrigen Bewußtsein um die ihr zwangsweise drohenden fremdenpolizeilichen Maßnahmen diesen - würde sie in Freiheit belassen - durch Untertauchen in der Anonymität zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen könnte, nicht von der Hand zu weisen, sodaß deren bisherige und weitere Anhaltung in Schubhaft im Lichte des § 61 Abs. 1 FrG als unbedenklich und damit rechtmäßig erscheint.

4. Daran vermag auch ihr Vorbringen, daß ihr seitens der Organisation "SOS Mitmensch" Unterkunft und Verpflegung gewährt würden und damit ein i.S.d. § 66 FrG gelinderes Mittel als die Schubhaft angewendet werden könnte, nichts zu ändern.

Wenngleich nämlich § 66 Abs. 1 FrG - wie schon aus dem Wort "insbesondere" hervorgeht - keine taxative Aufzählung dieser Alternativen zur Schubhaft enthält und damit eine Unterkunft in privaten Räumen grundsätzlich auch als ein in diesem Sinne taugliches Mittel in Betracht kommt, kann dies jedoch stets nur dann gelten, wenn auf diese Weise ein adäquater Zugriff auf die Person des Fremden gewährleistet ist.

Dies trifft im Falle einer Privatunterkunft jedoch nur dann zu, wenn dem Fremden ein einer behördlichen Zuweisung vergleichbarer, d.h. letztendlich klagbarer Rechtsanspruch auf deren Inanspruchnahme zukommt, um so insgesamt zu erreichen, daß die verbindliche Gewährung lebensnotwendiger Versorgungsleistungen einen gleichsam unwiderstehlichen Anreiz dafür bietet, diese Unterkunft auch tatsächlich zu nützen und damit andererseits für die Fremdenbehörde jederzeit ohne größere Schwierigkeiten greifbar zu sein.

Einen Nachweis dafür, daß es sich bei der Zusage durch die Organisation "SOS Mitmensch" um mehr als eine bloß unverbindliche Absichtserklärung - anders kann weder die Mitteilung dieser Organisation an die belangte Behörde vom 2. März 1998 noch die entsprechende Behauptung in der vorliegenden Beschwerde gewertet werden - handelt, hat die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall jedoch (zumindest bislang) nicht erbracht.

5. Im vorliegenden Fall hat die Bf mit Schriftsatz vom 12.5.1998, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 13.5.1998, auf dieses Erkenntnis Bezug genommen und dazu ausgeführt, daß mit Antrag vom 8.5.1998 der Behörde eine Verpflichtungserklärung vorgelegt worden sei, die einen klagbaren Rechtsanspruch der Bf auf Unterkunft und lebensnotwendige Versorgungsleistungen enthalte. Die Fremdenbehörde sei allerdings nach wie vor nicht bereit, gelindere Mittel anzuwenden. Dabei sei es ihr noch immer nicht gelungen, vom Konsul ein Heimreisezertifikat zu erhalten. Da die Bf in ihrem verfassungsgesetzlich und einfachgesetzlichen Recht gemäß § 66 FrG auf Anwendung gelinderer Mittel verletzt werde, erhebe sie Beschwerde gemäß Art.129a Abs.1 Z3 B-VG und § 67a Abs.1 Z1 AVG iVm § 72 FrG. Es werden die Anträge gestellt, der Oö. Verwaltungssenat möge feststellen, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorlägen und der Bf die Kosten des Verfahrens zuzuerkennen. Weiters wurde ausgeführt, der Rechtsmeinung des Oö. Verwaltungssenates im Vorerkenntnis vom 8.4.1998 werde durch Vorlage einer Verpflichtungserklärung entsprochen. Die Bf könnte zusätzlich verpflichtet werden, sich täglich oder jeden zweiten Tag am GPK Ried zu melden. Wenn der unter Mobutu amtierende Konsul erwartete, die nächsten 14 Tage bestätigt zu werden, so sei er zu optimistisch. Der Konsul müßte glaubhaft belegen, daß seine Bestätigung bzw. die Übersendung eines Heimreisezertifikates nur mehr die Angelegenheit weniger Tage sein werde.

6. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Gemäß § 72 Abs. 1 FrG hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Nach § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. zu dem Zweck in Schubhaft angehalten werden, um die Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes im Wege der Abschiebung zu sichern, wobei die Behörde gemäß § 69 Abs. 1 FrG generell verpflichtet ist, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Nach § 66 FrG hat (arg. Art. 5 Abs. 2 PersFrSchG) die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, daß deren Zweck auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen und sich jeden zweiten Tag bei der dem Fremden bekanntgegebenen Sicherheitsdienststelle zu melden.

6.2. Zunächst ist - um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung des h. Erkenntnisses vom 8.4.1998, VwSen-400501/4/Gf/Km, zu verweisen, auf das auch die Bf Bezug nimmt.

6.3. Weiters hat die Bf in der Schubhaftbeschwerde darauf hingewiesen, daß ein Antrag vom 8.5.1998 auf Anwendung gelinderer Mittel vorliege. Im gegenständlichen Verfahrensakt findet sich diesbezüglich folgende "Erklärung" vom 8.5.1998: "Wir, M H und Dr. B W, verpflichten uns gegenüber Frau K M, geboren 17.11.1966, Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, derzeit Justizanstalt Ried i.I., ihr bis 1.7.1998 ein Zimmer zur Verfügung zu stellen und ihr alle lebensnotwendigen Versorgungsleistungen zu bieten. Weiters verpflichten wir uns gegenüber der zuständigen Fremdenpolizei, Behördenorganen jederzeit Zutritt zu dieser Unterkunft zu gewähren, damit bei Vorliegen eines Heimreisezertifikates durch den Herkunftsstaat Frau K M abgeschoben werden kann." Es folgen die Unterschriften von M H und Dr. B W.

Weiters war der Erklärung eine Bestellung des Dr. B W als Masseverwalter betreffend den Konkurs über das Vermögen des Gemeinschuldners "Cafe-Restaurant A Betriebsgesellschaft m.b.H., T" vom 5.5.1998, Landesgericht R angeschlossen.

6.4. Dazu ist festzustellen, daß die Bf hier die weiteren Voraussetzungen, unter denen ein - wie im h. Erkenntnis vom 8.4.1998 ausgedrückt - letztendlich klagbarer Rechtsanspruch angenommen werden kann verkennt: So fordert der Verwaltungsgerichtshof, daß der Fremde den Besitz der erforderlichen Mittel und der Unterkunft initiativ anhand konkreter Tatsachen nachweisen muß (VwGH vom 29.7.1993, Zl. 92/18/0499, 0500). Es trifft weiters den Fremden eine erhöhte Mitwirkungspflicht über den Nachweis der erforderlichen Mittel und Unterkunft, die auch den Nachweis der Bonität der sich verpflichtenden Person einschließt (VwGH vom 29.7.1993, Zl. 92/18/0499, 0500). Zudem ist eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der sich verpflichtenden Person glaubhaft zu machen (VwGH vom 13.1.1994, Zl. 93/18/0183). Auch sind nähere Angaben insbesondere über Art, Größe, Ausstattung und Belag der entsprechenden Räumlichkeiten erforderlich (VwGH vom 10.2.1994, Zl. 93/18/0410).

6.5. Für den vorliegenden Fall heißt das, daß zunächst schon aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen ist, daß zwischen (der nicht näher konkretisierten) M H bzw. zwischen dem Rechtsanwalt der Bf Dr. B W einerseits und der Bf, einer Staatsangehörigen der demokratischen Republik Kongo, die mit einem kongolesischen General verheiratet ist/war, keinerlei persönliche Bindung vorliegen dürfte. Weiters hat die Bf ihrer erhöhten Mitwirkungspflicht insofern nicht entsprochen, als mit keinem Wort erwähnt ist, wer insbesondere diese M H ist und in welcher Beziehung sie zur Bf steht. Weiters ist darauf zu verweisen, daß die bloße Rechtsvertretung für sich allein wohl keine nähere persönliche Bindung zwischen dem Rechtsanwalt und der Bf zu begründen vermag. Schließlich sind die Angaben, daß "ein Zimmer" zur Verfügung gestellt werde und ihr bis 1.7.1998 alle lebensnotwendigen Versorgungsleistungen geboten würden im Sinne der oben dargestellten Judikatur zu abstrakt bzw. zu wenig konkret, abgesehen davon, daß absolut keine Angaben über die Bonität dieser sich verpflichtenden Personen gemacht wurden. Im übrigen ist unklar geblieben, was die Bf bzw. ihr Rechtsanwalt mit der Vorlage der Bestellungsurkunde als Masseverwalter des Cafe-Restaurant A in R bezwecken will. Eine Versorgungsleistung durch die in Konkurs gegangene GesmbH wird wohl auszuschließen sein, zumal dadurch das Restvermögen für die Gläubiger geschmälert würde; sollte aber gemeint sein, daß die Bf dort Unterkunft nehmen sollte, so ist wegen des Konkurses die Bonität in keiner Weise gegeben. 6.6. Die gegenständlichen "Verpflichtungserklärungen" die somit nach den Vorstellungen der Bf einen klagbaren Rechtsanspruch darstellen sollten, sind sohin völlig wertlos und können in keiner Weise einen derartigen Rechtsanspruch begründen, weshalb auch die Voraussetzungen auf Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 66 FrG nicht gegeben sind.

7. Aus diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 67c Abs.4 AVG als unbegründet abzuweisen. 8. Bei diesem Verfahrensergebnis war die Beschwerdeführerin gemäß § 79a AVG i.V.m. § 1 Z. 1 der Aufwandsersatzverordnung-UVS, BGBl.Nr. 855/1995, dazu zu verpflichten, dem Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) für den Aktenvorlageaufwand die beantragten Kosten in Höhe von 565 S zu ersetzen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Schieferer

Beschlagwortung: Schubhaft, gelindere Mittel: Verpflichtungserklärung

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 23.11.2001, Zl.: 98/02/0199-6

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