Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400512/4/Kl/Rd

Linz, 10.08.1998

VwSen-400512/4/Kl/Rd Linz, am 10. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des B, jug. Staatsangehöriger, vertreten durch, wegen Rechtswidrigkeit der Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit der Schubhaft seit 24.7.1998 wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand in der Höhe von insgesamt 3.365 S binnen 14 Tagen ab Zustellung zu ersetzen. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Rechtsgrundlagen: Zu I.: §§ 56, 61, 69, 72 und 73 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl.I.Nr. 75/1997 iVm § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. Zu II.: §§ 73 Abs.2 FrG und 79a AVG iVm § 1 Z3 und 4 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995. Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 4.8.1998, beim unabhängigen Verwaltungssenat per Telefax eingelangt am 5.8.1998, wurde Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit der Schubhaft seit 24.7.1998 in Zurechnung der Bundespolizeidirektion Linz erhoben.

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Bf nach Schubhaftverhängung durch die BPD Salzburg von dieser am 23.7.1998 aus der Schubhaft entlassen wurde und gleichzeitig mit Bescheid ein Abschiebungsaufschub bis 23.10.1998 erlassen wurde, weil die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen unmöglich erscheint. Die abermalige Schubhaftverhängung am 24.7.1998 durch die BPD Linz sei rechtswidrig, weil gemäß § 43 FrG ein Durchsetzungsaufschub nur dann widerrufen werden kann, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, die ihre Versagung gerechtfertigt hätten, oder wenn die Gründe für ihre Erteilung weggefallen sind. Es sind aber weder nachträgliche Tatsachen im Bescheid der BPD Linz genannt noch werden Gründe aufgezeigt, die für die Erteilung des Durchsetzungsaufschubes weggefallen sind. Es wurde daher die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft seit 24.7.1998 und Kostenersatz begehrt.

2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in einer Stellungnahme ausgeführt, daß der Bf nach illegaler Einreise am 14.6.1998 unter Umgehung der Grenzkontrolle aus Ungarn nach Österreich kommend am 16.6.1998 von der BPD Salzburg in Schubhaft genommen und gegen ihn mit Bescheid vom 17.6.1998 ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde, wobei die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen wurde. In der Absicht, den Bf in sein Heimatland abzuschieben, wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates beantragt, und weil ein solches in naher Zukunft nicht erwartet wurde, der Bf aus der Schubhaft entlassen und ihm bis 23.10.1998 ein befristeter Abschiebungsaufschub erteilt. Mit Bescheid vom 24.7.1998 sei ein Asylantrag des Bf vom Bundesasylamt Linz gemäß § 4 Asylgesetz als unzulässig zurückgewiesen worden und ergab sich für die belangte Behörde die Verpflichtung, die Außerlandesschaffung des Bf in den sicheren Drittstaat zu betreiben, wobei nach Ansicht der belangten Behörde sowohl die Zurückschiebung als auch die Abschiebung nach Ungarn zulässig und auch tatsächlich durchführbar ist. Weil der Bf nach wie vor unstet ist und anzunehmen ist, daß er sich zur Außerlandesschaffung nicht zur Verfügung halten wird, war die Schubhaft erforderlich. Es wurde daher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt der BPD Linz sowie der BPD Salzburg Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sodaß die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben kann.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:

4.1. Der Bf ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien und er ist am 14.6.1998 im Besitz von 300 DM und eines jug. Personalausweises, gültig vom 26.10.1993 bis 26.10.2003, unter Umgehung der Grenzkontrolle aus Ungarn kommend nach Österreich eingereist, um nach Deutschland nach Bielefeld zu seinen Eltern zu fahren. Bei der Ausreise nach Deutschland wurde er aufgegriffen, festgenommen und nach Österreich zurückgeschoben und mit Schubhaftbescheid der BPD Salzburg vom 16.6.1998 in Schubhaft genommen. Mit Bescheid der BPD Salzburg vom 17.6.1998 wurde gegen den Bf ein Aufenthaltsverbot für fünf Jahre (bis zum 17.6.2003) erlassen und einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Das Aufenthaltsverbot wurde sofort durchsetzbar und der Bescheid rechtskräftig. Mit Bescheid der BPD Salzburg vom 23.7.1998 wurde dem Bf ein Abschiebungsaufschub bis 23.10.1998 gemäß § 56 Abs.2 FrG erteilt, weil aus tatsächlichen Gründen (die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde für die nächste Zeit nicht erwartet) eine Abschiebung unmöglich erscheint. Gleichzeitig wurde er aus der Schubhaft entlassen.

Am 26.6.1998 beantragte der Bf Asyl. Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes Linz vom 24.7.1998 gemäß § 4 Asylgesetz zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde am 28.7.1998 rechtskräftig.

4.2. Mit Bescheid der BPD Linz vom 24.7.1998, Fr-97.334, ordnete die BPD Linz gemäß § 61 Abs.1 FrG zur Sicherung der Abschiebung bzw Zurückschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) an. Begründend wurde die illegale Einreise angeführt und daß beabsichtigt sei, den Bf nach Rechtskraft des Asylverfahrens nach Ungarn zurückzuschieben. Weil Grund zur Annahme bestehe, daß er sich in Erwartung der bevorstehenden Außerlandesschaffung dieser durch Untertauchen in die Anonymität entziehen werde, war die Haft erforderlich. Der Bescheid wurde am selben Tage vom Bf übernommen und in Vollzug gesetzt. Noch am selben Tage wurde der Bf vor der BPD Linz im Beisein eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er neben seinem Einreiseweg auch bekannt, daß er einen gültigen Personalausweis besitze und über 200 DM verfüge. Er gab auch bekannt, daß sich seine Eltern in Bielefeld (D) als Gastarbeiter aufhalten und er zu ihnen reisen und bei ihnen Unterkunft nehmen wollte. Er gab auch bekannt, daß er bis zum Ende des Krieges in Jugoslawien in Österreich bleiben möchte. Eine weitere Einvernahme erfolgte am 5.8.1998. Die belangte Behörde leitete mit Schreiben vom 5.8.1998 die Übernahme des Bf durch die ungarischen Behörden bei der Sidion für das Bundesland Burgenland ein.

Aus dem vorgelegten Akt der BPD Salzburg ist weiters ersichtlich, daß von dieser Behörde die Abschiebung nach Jugoslawien angestrengt wurde. Weiters ist auch ersichtlich, daß der Bf gemeinsam mit seinem Onkel und einem Neffen und zwei weiteren Personen illegal mittels Schlepper nach Österreich eingereist ist. Auch wurde über den Bf mit Straferkenntnis der BPD Salzburg vom 17.6.1998 eine Geldstrafe von 2.000 S verhängt, weil er sich ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein und daher unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten hat. 5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 72 Abs.1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl.I.Nr. 75/1997, hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 FrG).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 73 Abs.4 leg.cit.).

Der Bf befindet sich noch in Schubhaft. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 5.8.1998 eingebracht und es wurde darin die Rechtswidrigkeit der Schubhaft seit 24.7.1998 behauptet. Die gegenständliche Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Die Schubhaft ist mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen.

5.2.1. Aufgrund des aktenkundigen erwiesenen Sachverhaltes steht daher fest, daß der Bf ohne Reisepaß und Aufenthaltsberechtigung und mittels Schlepper illegal nach Österreich eingereist und im Bundesgebiet ohne Aufenthaltsberechtigung unstet aufhältig ist. Auch wurde über den Bf ein bereits rechtskräftiges Aufenthaltsverbot verhängt und ist dieses durchsetzbar.

Auch wurde ein Asylantrag des Bf am 24.7.1998 rechtskräftig zurückgewiesen. Der Bf war daher zum Zeitpunkt seiner Inschubhaftnahme unterkunftslos und im Besitz von lediglich 200 DM. Er hat also nicht die ausreichenden Mittel für seinen Unterhalt. Auch gab er bei der Inschubhaftnahme an, daß er bis zum Kriegsende nicht in seine Heimat zurückkehren wolle und gab er auch nicht seine Absicht kund, in Ungarn um Asyl anzusuchen. Im Grunde der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthaltes, des rechtskräftigen und durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes und des rechtskräftigen negativen Asylbescheides und der Ausreiseunwilligkeit des Bf war daher die Inschubhaftnahme am 24.7.1998 zur Sicherung der Abschiebung bzw Zurückschiebung des Bf rechtmäßig. Sie war auch erforderlich, weil die belangte Behörde zu Recht Grund zur Annahme hatte, daß sich der Bf einer zwangsweisen Außerlandesschaffung entziehen werde. Es war daher auch die weitere Anhaltung in Schubhaft bis zu dieser Entscheidung sowie auch die fortgesetzte Anhaltung ab dem Zeitpunkt dieser Entscheidung aus diesen Gründen erforderlich und rechtmäßig.

5.2.2. In der Beschwerde wird geltend gemacht, daß dem Bf ein Abschiebungsaufschub bescheidmäßig bis 23.10.1998 gewährt wurde und nachträglich keine Gründe für eine Verweigerung bzw für einen Widerruf aufgetreten sind, weshalb die Schubhaft rechtswidrig sei. Mit diesen Ausführungen ist der Bf nicht im Recht. Es war zu berücksichtigen, daß die BPD Salzburg ein Heimreisezertifikat für den Heimatstaat des Bf beantragte und offensichtlich von der Absicht einer Abschiebung in das Heimatland ausging. Dies ist im übrigen auch aus einer Niederschrift mit dem Bf zu entnehmen. Demgegenüber ist aber aus dem Fremdenakt der BPD Linz ersichtlich, daß nunmehr eine Zurückschiebung bzw Abschiebung des Bf nach Ungarn als sicherer Drittstaat, über welchen er eingereist ist, beabsichtigt ist und auch schon tatsächlich vorangetrieben wurde. Es kann daher aus dieser Sicht von geänderten Verhältnissen ausgegangen werden, sodaß die belangte Behörde zu Recht ausführt, daß mit Einlangen der Einreisebewilligung nach Ungarn der Abschiebungsaufschub widerrufen wird. Im Gegensatz zu den weiteren Beschwerdeausführungen, daß eine Abschiebung in den Heimatstaat aus tatsächlichen Gründen unmöglich sei, trifft dies für eine Zurück- oder Abschiebung nach Ungarn nicht zu, zumal eine Zurückschiebung nach Ungarn nicht ausgeschlossen ist und Ungarn nunmehr mit Einführung des neuen Asylrechtes auch als sicherer Drittstaat im Sinn der Flüchtlingskonvention angesehen wird. Es war daher die Inschubhaftnahme und weitere Anhaltung in Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Außerlandesschaffung des Bf nach Ungarn gerechtfertigt und auch erforderlich, zumal berechtigterweise davon auszugehen ist, daß der Bf mangels Unterkunft und finanzieller Mittel und eines gültigen Reisepasses nicht freiwillig nach Ungarn ausreisen werde.

Im übrigen hat der VwGH ausgesprochen, daß die Überprüfung, ob die Abschiebung eines Fremden aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (scheint), nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den UVS zu erfolgen hat. Nach § 36 Abs.2 Satz 1 FrG (nunmehr § 56 Abs.2 FrG) ist nämlich die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie ua aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Für einen solchen Fall ist ein eigenes Verfahren vorgesehen, welches vor den Fremdenbehörden zu führen ist (vgl. VwGH 8.7.1994, 94/02/0227).

5.2.3. Gemäß § 69 Abs.1 FrG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Es kann in diesem Sinn auch nicht von einer überlangen Schubhaftdauer beim Bf gesprochen werden. Auch ist die Behörde zügig im Verfahren vorgegangen und bemüht, eine Außerlandesschaffung nach Ungarn zu bewerkstelligen. Die Schubhaft hat insgesamt noch nicht zwei Monate gedauert (§ 69 Abs.2 FrG). Im übrigen stellt der Umstand, daß die Bewilligung für eine Einreise nach Ungarn noch nicht vorliegt, einen Grund für eine Verlängerung der Haftdauer gemäß § 69 Abs.4 Z3 FrG dar.

5.3. Aus den angeführten Gründen war daher die Verhängung der Schubhaft und Aufrechterhaltung der Schubhaft rechtmäßig und mußte auch festgestellt werden, daß auch zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Weitere Gründe für eine Rechtswidrigkeit wurden nicht geltend gemacht und kamen nicht hervor. Es war daher die Beschwerde abzuweisen.

6. Gemäß § 73 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG steht der belangten Behörde als obsiegender Partei der Kostenersatz zu, wobei nach der nunmehr geltenden Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, der Ersatz für den Vorlageaufwand von 565 S und für den Schriftsatzaufwand von 2.800 S zuzusprechen waren. Das Aufwandersatzbegehren des Bf hingegen war aus diesem Grunde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Zurückschiebung nach Ungarn, kein Hindernis für Schubhaft, Abschiebungsaufschub

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