Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400523/5/KL/Rd

Linz, 17.12.1998

VwSen-400523/5/KL/Rd Linz, am 17. Dezember 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des A, geb. am 28.12.1980, jug. STA, vertreten durch K, wegen Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

II. Der Antrag auf sofortige Enthaftung wird als unzulässig zurückgewiesen.

III. Der Beschwerdeführer hat dem Bund die Kosten für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand in der Höhe von insgesamt 3.365 S binnen 14 Tagen ab Zustellung zu ersetzen. Der Kostenersatzantrag des Beschwerdeführers wird abgewiesen. Rechtsgrundlagen: Zu I.: §§ 55, 61, 69, 72 und 73 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl.I.Nr. 75/1997 idF BGBl.I.Nr. 86/1998 iVm § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG. Zu II.: § 70 FrG iVm § 67c Abs.4 AVG. Zu III.: §§ 73 Abs.2 FrG und 79a AVG iVm § 1 Z3 und 4 der Aufwand-ersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995. Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 30.11.1998, beim unabhängigen Verwaltungssenat per Telefax eingelangt am 14.12.1998, wurde Beschwerde gegen die weitere Anhaltung in Schubhaft in Zurechnung der BPD Linz erhoben.

Begründend wurde ausgeführt, daß der Bf seit 23.8.1998 in Schubhaft gehalten sei, die Behörde aber bei dem Bf als Minderjährigem gelindere Mittel anzuwenden hätte. Die V und der Verein N in H könnten die Unterbringung des Jugendlichen anbieten. Weiters sei dem Vertreter trotz Aufforderung vom 30.11.1998 noch kein Schubhaftbescheid der zuständigen Behörde übermittelt worden. Schließlich sei der Jugendliche in einer äußerst schlechten psychischen Verfassung und derzeit allein in einer Zelle. Es werde daher die Enthaftung des Jugendlichen und die Feststellung der Haftunfähigkeit des Jugendlichen durch ein Gutachten beantragt.

2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt und in einer Stellungnahme auf ein bereits abgeschlossenes Beschwerdeverfahren zu VwSen-400516 verwiesen. Weiters wurde mitgeteilt, daß ein Telefonat am 10.12.1998 beim Unabhängigen Bundesasylsenat ergab, daß mit einer Berufungsentscheidung demnächst zu rechnen sei. Mittlerweile sei bei der zuständigen ungarischen Stelle um Rückübernahme des Bf angesucht worden. Ein Antrag gemäß § 75 FrG vom 20.11.1998 wird als unzulässig zurückzuweisen sein, weil eine Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt. Weiters sei der Bf am 11.12.1998 amtsärztlich untersucht und dessen Haftfähigkeit festgestellt worden. Die Anhaltung des Bf in Schubhaft zur beabsichtigten Zurückschiebung nach Ungarn sei daher weiterhin erforderlich, weshalb die Abweisung der Beschwerde und der Kostenersatz begehrt werde. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsakt der BPD Linz Einsicht genommen und es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, sodaß die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs.2 Z1 FrG unterbleiben kann.

4. Es ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt:

4.1. Bereits mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 2.11.1998, VwSen-400516/2/Wei/Bk, wurde eine Beschwerde wegen Anhaltung in Schubhaft durch die BPD Linz als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der in Punkt 1 der Entscheidungsgründe dieses Bescheides festgestellte Sachverhalt wird auch der nunmehrigen Entscheidung zugrundegelegt.

4.2. Im weiteren Verfahren wurde der belangten Behörde mitgeteilt, daß der Bruder des Bf Sozialhilfeempfänger sei und daher der Bf nicht dort untergebracht werden könne (Aktenvermerk vom 13.11.1998). Daraufhin wurde schriftlich um die Unterbringung des Bf bei seinem Bruder E angesucht. Im übrigen wurde auch die Rückübernahme des Bf bei den ungarischen Behörden beantragt.

Mit Eingabe vom 20.11.1998 wurde ein Antrag nach § 75 FrG 1997 gestellt. Aufgrund der Bekanntgabe der Bevollmächtigung wurde dem Vertreter des Bf mit Schreiben vom 10.12.1998 der Schubhaftbescheid, eine Niederschrift und das Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich übermittelt. Aufgrund des Haftentlassungsersuchens sowie der schriftlichen Mitteilung über den psychisch schlechten Zustand des Bf wurde von der belangten Behörde am 11.12.1998 eine amtsärztliche Untersuchung veranlaßt. 5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 72 Abs.1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl.I.Nr. 75/1997, idF BGBl.I.Nr. 86/1998, hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Bf festgenommen wurde (§ 73 Abs.1 FrG).

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (§ 73 Abs.4 leg.cit.).

Der Bf befindet sich noch in Schubhaft. Die gegenständliche Beschwerde wurde am 14.12.1998 eingebracht und es wurde darin die Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft (gemeint wohl ab Erlassung des Erkenntnisses vom 2.11.1998) behauptet. Die gegenständliche Beschwerde ist rechtzeitig. Auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerde ist daher zulässig, sie ist aber nicht begründet.

5.2. Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. Die Schubhaft ist nach § 61 Abs.2 FrG 1997 grundsätzlich mit Bescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen. 5.2.1. Aufgrund des rechtskräftigen Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates vom 2.11.1998, VwSen-400516/2/Wei/Bk, war die Anhaltung nach Erlassung dieses Bescheides zu prüfen. Die unter Punkt 4.3. der Entscheidungsgründe des zitierten Bescheides angeführten rechtlichen Erwägungen sind auch weiterhin aufrecht. Hinsichtlich einer Verpflichtungserklärung ist aber aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde ersichtlich, daß der vom Bf erwähnte Bruder E in Wien Sozialhilfeempfänger ist und daher einen Einkommens- und Vermögensnachweis nicht erbringen kann. Es kann daher auch eine Unterkunftnahme bei ihm nicht gewährleistet sein, weil der Bruder nicht einmal seinen eigenen Wohnbedarf finanziell selbständig decken kann. Hingegen kann die Äußerung des Vereins N gegen Arbeitslosigkeit und Sozialabbau - Bezirk B vom 13.11.1998 und 10.12.1998 (alle im Akt der BPD Linz) nicht als ausreichende Verpflichtungserklärung zugrundegelegt werden, weil die Bonität des Verpflichteten durch einen geeigneten Einkommens- und Vermögensnachweis noch nicht bescheinigt wurde. Zur angebotenen Wohnmöglichkeit wird auch angemerkt, daß diesbezüglich keine näheren Erklärungen und Nachweise vorliegen, ob die Wohnung für die Aufnahme des Bf geeignet ist. Solche Nachweise wären aber nach der ständigen Judikatur des VwGH erforderlich. Darüber hinaus können auch weitere Kosten - wie zB Sozialversicherung - anfallen, die weiterhin nicht gedeckt sind. Schließlich bleiben aber jene Argumente, die bereits in der obzitierten Entscheidung angeführt wurden, aufrecht, daß nämlich auch bei Nichtvorliegen der Mittellosigkeit weiterhin die Anhaltung in Schubhaft erforderlich ist, weil der Bf durch sein bisheriges Verhalten hinreichend erkennen hat lassen, daß er sich um fremdenpolizeiliche Einreise- und Aufenthaltsvorschriften nicht kümmert, und daß er nicht bereit sei, freiwillig die Republik Österreich zu verlassen. Er gab bei seiner niederschriftlichen Einvernahme auch zu erkennen, daß er auch nicht nach Ungarn wolle. Es sind daher die begründeten Bedenken der belangten Behörde, daß sich der Bf auf freiem Fuß dem fremdenbehördlichen Verfahren, insbesondere seiner Zurückschiebung nach Ungarn entziehen werde, weiterhin gerechtfertigt. Auch ist aus der Aktenlage ersichtlich, daß die Fremdenbehörde auf eine rasche Entscheidung im Asylverfahren drängt und auch Vorsorge getroffen hat, daß nach Entscheidung durch den Unabhängigen Bundesasylsenat raschest möglich die Aufenthaltsbeendigung durch Rückschiebung des Bf nach Ungarn durchgeführt werden kann. Die angebotenen gelinderen Mittel hingegen bieten keine Gewähr für einen fremdenpolizeilichen Zugriff der belangten Behörde auf den Bf. Es kann der Zweck der Schubhaft mit gelinderen Mitteln nicht erreicht werden (§ 66 Abs.1 FrG). Es war daher gemäß § 73 Abs.4 FrG 1997 für den Zeitpunkt dieser Entscheidung festzustellen, daß die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5.2.2. Hinsichtlich der in der Beschwerde geäußerten Bedenken über die Haftfähigkeit des Bf hat bereits der VwGH in zahlreichen Erkenntnissen (zB vom 24.1.1997, 95/02/0084 und 2.8.1996, 96/02/0143) entschieden, daß der unabhängige Verwaltungssenat in einem Beschwerdeverfahren nach den §§ 51f FrG einzig die Frage der Rechtmäßigkeit der Schubhaft zu entscheiden hat und daher Fragen des konkreten Vollzuges (der Durchführung) der Schubhaft - wie etwa der Haftfähigkeit der Bf - nicht Gegenstand einer solchen Beschwerde sind. Die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen haben sich auch im FrG 1997 nicht geändert, sodaß diese Judikatur auch weiterhin aufrechtzuerhalten ist. Daher war die beantragte Überprüfung der Haftfähigkeit des Bf nicht im gegenständlichen Verfahren vorzunehmen. Darüber hinaus wird aber hingewiesen, daß bereits die belangte Behörde eine amtsärztliche Untersuchung am 11.12.1998 angeordnet und eine solche auch stattgefunden hat. Es ist daher zur Zeit von der Haftfähigkeit des Bf auszugehen. 5.2.3. Entgegen den Beschwerdebehauptungen wurde dem Vertreter des Bf ein Schubhaftbescheid, eine Niederschrift und das zit. Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates übermittelt.

5.3. Es war daher die Aufrechterhaltung der Schubhaft rechtmäßig und mußte auch festgestellt werden, daß auch zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Weitere Gründe für eine Rechtswidrigkeit wurden nicht geltend gemacht und kamen nicht hervor. Es war daher die Beschwerde abzuweisen. 5.4. Der Antrag auf Enthaftung des Bf war allerdings zurückzuweisen, weil eine derartige Anordnung durch den unabhängigen Verwaltungssenat gesetzlich nicht vorgesehen ist. Gemäß § 67c Abs.4 AVG iVm § 70 FrG 1997 hat der unabhängige Verwaltungssenat den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, und dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Entscheidung entsprechenden Rechtszustand herzustellen und daher die Schubhaft durch Freilassung des Fremden formlos aufzuheben (VwGH vom 8.11.1996, 96/02/0454).

6. Gemäß § 73 Abs.2 FrG iVm § 79a AVG steht der belangten Behörde als obsiegender Partei der Kostenersatz zu, wobei nach der geltenden Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. 855/1995, der Ersatz für den Vorlageaufwand von 565 S und für den Schriftsatzaufwand von 2.800 S zuzusprechen waren. Das Aufwandersatzbegehren des Bf hingegen war aus diesem Grunde abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt Beschlagwortung: Verpflichtungserklärung, Bonitätsnachweis, Haftfähigkeit, Haftentlassung

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