Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400548/7/Wei/Bk

Linz, 09.11.1999

VwSen-400548/7/Wei/Bk Linz, am 9. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des X, vom 19. Oktober 1999, gegen den Schubhaftbescheid der BPD Linz vom 18. Oktober 1999, Zl. Fr-87.552, und wegen der weiteren Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 3.365,-- (entspricht 244,54 Euro) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 Abs 1, 73 Abs 2 und 4 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 (BGBl Nr. 75/1997) iVm §§ 67 c und 79a AVG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Sachverhalt aus:

1.1. Der Beschwerdeführer (Bf), ein jugoslawischer StA albanischer Volkszugehörigkeit, reiste am 30. November 1994 über Ungarn illegal in Österreich ein. Der von ihm gestellte Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 5. Dezember 1994, Zl. , abgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung hat das Bundesministerium für Inneres mit Bescheid vom 1. September 1995, Zl. 4.345.562/1-III/13/95, abgewiesen. Die Bezirkshauptmannschaft Baden erließ zu Zl. 11/T-9404727 gegen den Bf den Ausweisungsbescheid vom 2. Dezember 1994 und erteilte gleichzeitig einen Abschiebungsaufschub wegen tatsächlicher Unmöglichkeit der Abschiebung. In der Folge erhielt der Bf von der BPD Linz weitere Abschiebungsaufschübe. Die Österreichische Botschaft in Budapest erteilte ihm schließlich am 18. September

1997 einen gewöhnlichen Sichtvermerk gemäß § 6 Abs 1 Z 1 FrG 1992, der bis 17. März 1998 gültig war. Am 6. März 1998 beantragte er bei der BH Linz-Land die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung, über welchen Antrag im Hinblick darauf, dass sich der Bf wegen des Verdachts der Schlepperei und Bandenbildung in der Justizanstalt Linz seit 1. Oktober 1997 in Untersuchungshaft befand, nicht entschieden wurde.

Der Bf ist seit 1. Februar 1997 in zweiter Ehe mit der Hausbesorgerin S, wohnhaft G, verheiratet, die zwei minderjährige Kinder aus erster Ehe hat. Diese hat eine notariell beglaubigte Verpflichtungserklärung vom 19. Jänner 1998 abgegeben, in der sie sich verpflichtete, für den Unterhalt ihres Ehegatten und die Kosten öffentlicher Rechtsträger im Zusammenhang mit Einreise, Aufenthalt und Ausreise ihres Ehegatten aufzukommen. Ihr monatliches Einkommen gab sie mit S 12.000,-- an. Der Bf war laut aktenkundigem Meldezettel seit 10. Juni 1997 in der ehelichen Wohnung in L gemeldet. Die Familie des Bf lebt in P. Er ging in Österreich keiner geregelten Arbeit nach. Auf die Frage nach Bestreitung seines Lebensunterhaltes, gab der Bf anlässlich seiner Einvernahme im PGH Linz an, er wäre selbständiger Busunternehmer gewesen. Der Bf besitzt einen gültigen jugoslawischen Reisepass.

1.2. Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 18. Oktober 1999 zu Zl. 26 EVr , 26 EHv 95/98, wurde der Bf wegen Bandenbildung nach § 278 Abs 1 StGB und gewerbsmäßiger Schlepperei gemäß § 105 Abs 1 Z 1 und Abs 2 FrG 1997 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 7 Monaten rechtskräftig verurteilt. Die Justizanstalt Linz informierte die BPD Linz am 18. Oktober 1999 von der unmittelbar bevorstehenden Entlassung aus der gerichtlichen Haft, wobei in der Note darauf hingewiesen wurde, dass Reisepass und Heiratsurkunde von Dr. Z nicht zurückgebracht worden wären.

Die BPD Linz ordnete mit Mandatsbescheid vom 18. Oktober 1999, Zl. Fr-87.552, nach telefonischer Kontaktaufnahme mit der BH Linz-Land die Schubhaft zur Sicherung des fremdenrechtlichen Verfahrens und zur Sicherung der Abschiebung an. Diesen Schubhaftbescheid hat der Bf nach dem aktenkundigen Zustellnachweis am 18. Oktober 1999 um 14.30 Uhr persönlich übernommen. Er wurde ins Polizeigefangenenhaus Linz überstellt und dort für die BH Linz-Land bis zum nächsten Tag angehalten. Am Nachmittag des 19. Oktober 1999 wurde er der BH Linz-Land vorgeführt, die in der Folge um 17.05 Uhr die Aufhebung der Schubhaft verfügte und den Bf enthaftete.

1.3. Die BH Linz-Land erließ mit Bescheid vom 19. Oktober 1999, Zl. Sich 40-23749, auf der Grundlage des § 36 Abs 1 und 2 Z 1 und 5 FrG 1997 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den Bf und schloss gemäß § 64 Abs 2 AVG iVm § 45 Abs 4 FrG 1997 die aufschiebende Wirkung einer Berufung aus. Begründend verwies die BH Linz-Land auf die schwerwiegende gerichtliche Verurteilung und eine Integration des Bf von nur untergeordneter Bedeutung, weil er seit 1994 keiner regelmäßigen Beschäftigung nachging und aus seinen beiden Ehen mit österreichischen Staatsangehörigen finanziell profitierte. Der Eingriff in sein Privatleben sei daher dringend geboten, um die öffentlichen Interessen iSd Art 8 Abs 2 EMRK zu erreichen. Die BH Linz-Land hielt auch die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung für erforderlich.

Der Bf hat diesen Bescheid am 19. Oktober 1999 persönlich übernommen. Die BH Linz-Land forderte ihn zum freiwilligen Verlassen des Bundesgebietes auf und übergab ihm ein als "Wahrnehmung der Ausreise" tituliertes Schreiben, auf dem eine Ausreisebestätigung der Grenzkontrollstelle vorgesehen ist. Die Grenzkontrolle Nickelsdorf teilte in der Folge mit, dass der Bf am 24. Oktober 1999 ausreiste.

1.4. Die BPD Linz hat den Bf noch am 18. Oktober 1999 um 17.25 Uhr im Amtshilfeweg für die BH Linz-Land zu den beabsichtigten fremdenrechtlichen Maßnahmen unter Beiziehung eines Dolmetschers einvernommen. Dabei wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes gegen ihn geplant ist, da sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet zumindest die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Der Bf verwies darauf, dass sich sein Lebensmittelpunkt in Österreich befände, weil seine Gattin und seine Kinder auch hier wären. Er wäre in L gemeldet, wo auch seine Frau und ihre beiden Kinder wohnten. Er betonte, dass er bei seiner Familie bleiben wollte. Diese Darstellung ist insofern falsch, als nach der Aktenlage feststeht, dass die minderjährigen Kinder der S aus erster Ehe stammen und deshalb auch den Namen S tragen. Einen Antrag iSd § 75 FrG 1997 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in den Kosovo stellte er nicht, obwohl ihm auch die Abschiebung in sein Heimatland angekündigt wurde.

1.5. Die BH Linz-Land vernahm am 18. Oktober 1999 ab 18.15 Uhr Frau S, die Ehegattin des Bf, zur Sache. Diese gab an, dass sie den Bf schon im Mai 1996 kennen gelernt hätte und dass er bereits 2 bis 3 Monate später zu ihr gezogen wäre. Die Schleppertätigkeit des Bf hätte sie 2 bis 3 Monate nach der Hochzeit erfahren. Den Reisepass hätte sein Bruder in Belgrad besorgt und nach Österreich geschickt. Die Eltern des Bf sowie drei Brüder und drei Schwestern hätten den Krieg im Kosovo überlebt und wohnten nunmehr in P. Zum Verbleib des Reisepasses konnte Frau S keine genauen Angaben machen. Der Reisepass wäre von der Polizei beschlagnahmt worden. Über Vorhalt, dass der Reisepass Rechtsanwalt Dr. Z ausgehändigt worden wäre, erklärte sie, dass dieser den Reisepass zurückgestellt hätte. Er müsste daher bei Gericht oder im Gefangenenhaus sein.

Tatsächlich befand sich der Reisepass des Bf zu Standblatt Nr. in gerichtlicher Verwahrung und wurde am 19. Oktober 1999 von der Verwahrstelle an Beamte des GPK L ausgefolgt (vgl Ausfolgungsauftrag des Richters zu 26 EVr , 26 EHv 95/98), die offenbar im Auftrag der BH Linz-Land handelten.

1.6. Die Schubhaftbeschwerde vom 19. Oktober 1999 wurde am gleichen Tag per Telefax beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht. Beantragt werden die Nichtigerklärung des Schubhaftbescheides, die Rechtswidrigerklärung der Anhaltung ab 18. Oktober 1999 sowie Verfahrenskostenersatz.

2.1. Die Beschwerde rügt zunächst Unzuständigkeit der BPD Linz, da der Bf an der Adresse , gemeldet war und daher die BH Linz-Land als zuständige Behörde anzusehen wäre. Der bekämpfte Bescheid werde daher gemäß § 68 Abs 4 AVG als nichtig aufzuheben sein.

Auf Grund der Verurteilung vom 18. Oktober 1999 durch das LG Linz zu 2 Jahren und 7 Monaten Freiheitsstrafe wegen § 278 Abs 1 StGB und § 105 FrG wäre für den Bf vorhersehbar gewesen, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen gesetzt werden. Die BPD Linz hätte jedoch unter Verwendung eines Textbausteines nur eine Scheinbegründung für die Verhängung der Schubhaft gegeben. Auch wenn der Bf mit einem Aufenthaltsverbot rechnete, hätten seine Ehe mit S und der ordentliche Wohnsitz in L berücksichtigt werden müssen. Der Bf halte sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weshalb die Schubhaft nur verhängt hätte werden dürfen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er sich dem Verfahren entziehen werde. Die BPD Linz habe es unterlassen darauf einzugehen. Ein Telefonat des Beschwerdevertreters mit dem Sachbearbeiter der BH Linz-Land hätte ergeben, dass die Schubhaft lediglich aus "Vorsichtsgründen" verhängt worden wäre. Eine derartige Vorgangsweise zeige einen auffallend sorglosen Umgang mit dem verfassungsrechtlich geschützten Gut der Freiheit.

Gemäß § 66 FrG hätten gelindere Mittel angewendet werden müssen, wobei insbesondere die Anordnung, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu

nehmen, in Betracht gekommen wäre. Einer derartigen Anordnung hätte sich der Bf selbstverständlich gerne unterworfen. Seine Ehefrau wäre auch bereit gewesen die "wirtschaftliche Haftung" für den Bf zu übernehmen. Da es keinen sachlich begründeten Hinweis auf ein Untertauchen in die Anonymität gäbe, sei die Schubhaftverhängung rechtswidrig gewesen. Entgegen den Bestimmungen des AVG hätte es die Behörde unterlassen, ihre Erwägungen darzutun.

2.2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat zunächst die bezughabenden Verwaltungsakten von der BPD Linz beigeschafft, die in ihrer Stellungnahme der Schubhaftbeschwerde entgegentrat und die kostenpflichtige Abweisung beantragte. Die BPD Linz verwies besonders auf die vom Bf begangene Schlepperei in einem solchen Ausmaß, dass das Strafgericht eine derart hohe Freiheitsstrafe zu verhängen fand. Der Bf, der deshalb - wie er in der Schubhaftbeschwerde selbst ausführte - aufenthaltsbeendende Maßnahmen erwartete, hätte sich nicht freiwillig zur Verfügung gehalten. Der Schubhaftbescheid sei deshalb gemäß § 57 AVG zu erlassen gewesen, da es in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht möglich sei, in kürzester Zeit sämtliche Umstände zu erheben.

In der Folge hat der Oö. Verwaltungssenat auch die BH Linz-Land zur Aktenvorlage aufgefordert. Diese erklärte in ihrer Stellungnahme, dass sie von der BPD Linz am 18. Oktober 1999 erst um die Mittagszeit über die bevorstehende Entlassung des Bf aus der gerichtlichen Haft verständigt wurde, wobei die BPD Linz mitteilte, auch die verurteilten Mittäter des Bf in Schubhaft zu nehmen. Der Verbleib des Reisepasses des Bf wäre in diesem Zeitpunkt noch nicht geklärt gewesen. Die BH Linz-Land hätte erst am 19. Oktober 1999 vom Rechtsvertreter des Bf erfahren, dass sich der Reisepass beim Gerichtsakt befand, was der zuständige Richter Dr. M dann bestätigte. Auch die Anwendung eines gelinderen Mittels wäre nicht möglich gewesen, da offen war, ob die eheliche Lebensgemeinschaft nach mehr als zwei Jahren Haft noch aufrecht ist, und die Gefahr bestand, dass sich der Bf dem Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes entziehen könnte. Die bloße Meldeadresse in L hätte noch nicht zu seinen Gunsten Berücksichtigung finden können.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 72 Abs 1 FrG 1997 von dem angerufen werden, der gemäß § 63 FrG 1997 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das Fremdengesetz 1997 angehalten wird oder wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 73 Abs 4 FrG 1997).

Der Bf wurde im PGH Linz in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft ist zulässig, aber nicht begründet.

4.2. Zum unzutreffenden Einwand der Unzuständigkeit

Gemäß § 91 Abs 1 FrG 1997 richtet sich - soweit nichts anderes bestimmt ist - die örtliche Zuständigkeit nach dem Wohnsitz des Fremden im Inland oder subsidiär nach seinem Aufenthalt im Zeitpunkt des ersten behördlichen Einschreitens. Zufolge § 91 Abs 2 FrG 1997 richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Verhängung der Schubhaft aber nach dem Aufenthalt.

Aus diesen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit folgt entgegen der Beschwerde, dass die BPD Linz als Aufenthaltsbehörde zur Verhängung der Schubhaft zuständig war, zumal sich der Bf im Zeitpunkt der Inschubhaftnahme in Linz befand. Die BH Linz-Land war hingegen als Wohnsitzbehörde nach der allgemeinen Regel des § 91 Abs 1 FrG 1997 die zuständige Fremdenbehörde für jene Agenden, die nicht unter die Sonderregel des § 91 Abs 2 FrG 1997 fallen. Sie war daher für die Aufrechterhaltung bzw für die weitere Anhaltung in Schubhaft und für aufenthaltsbeendende Maßnahmen zuständig. Nach dem Inhalt der vorliegenden Beschwerde, die nicht nur die Verhängung der Schubhaft, sondern auch deren Aufrechterhaltung ab 18. Oktober 1999 bekämpft, ist daher im Hinblick auf die geltende Zuständigkeitsregelung davon auszugehen, dass zwei belangte Fremdenbehörden vorliegen.

4.3. Gemäß § 61 Abs 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines

Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs 2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Im vorliegenden Fall erfuhren die belangten Fremdenbehörden kurzfristig von der bevorstehenden Haftentlassung des Bf. Bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung eines Schubhaftbescheides stand die Entlassung des Bf aus der gerichtlichen Haft unmittelbar bevor. Deshalb war die Schubhaft im Mandatsverfahren nach § 57 AVG und nicht nach ordentlichem Ermittlungsverfahren anzuordnen. Schon allein aus diesem Grund ergeben sich wesentliche Einschränkungen in Bezug auf die Ermittlungspflichten der belangten Fremdenbehörde. Sie war weder verpflichtet noch von vornherein in der Lage, alle Umstände zu erheben, die für den Bf sprechen könnten. Vielmehr musste mit sachlich begründeten Annahmen das Auslangen gefunden werden.

Die BPD Linz erfuhr von der Justizanstalt Linz von der doch schwerwiegenden rechtskräftigen Verurteilung des Bf zu 2 Jahren und 7 Monaten Freiheitsstrafe wegen gewerbsmäßiger Schlepperei und Bandenbildung. Außerdem schien nach der ersten Information, die sich nachträglich zwar als falsch herausstellte, der Verbleib des Reisepasses des Bf ungeklärt bzw konnte sogar damit gerechnet werden, dass er sich im Einflussbereich des Bf befindet. Mit Recht hat die BH Linz-Land im vorliegenden Fall auch darauf hingewiesen, dass die bloße Tatsache der formell aufrechten Ehe mit einer Österreicherin und der Meldung unter der ehelichen Wohnadresse noch nicht zugunsten des Bf ausschlaggebend sein kann. Nach über 2 Jahren gerichtlicher Haft, in der kein eheliches Zusammenleben stattfinden konnte, durfte die Fremdenbehörde zunächst auch mit der Zerrüttung der Ehe rechnen. Überdies hat der Bf keine eigenen Kinder mit seiner Ehegattin. Die beiden minderjährigen Kinder von S stammen aus erster Ehe. Die soziale Integration des Bf in Österreich beschränkte sich auf 2 Eheschließungen. Auf diese Weise konnte er seinen Aufenthalt in Österreich legalisieren, zumal ihm die Österreichische Botschaft in Budapest im September 1997 offenbar im Hinblick auf seine Ehe mit S einen Sichtvermerk für die Einreise und den Aufenthalt bis zum 17. März 1998 erteilte. Zuvor hielt sich der Bf nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Es wurden ihm vielmehr immer nur Abschiebungsaufschübe gewährt.

4.4. Der Bf hat zwar aus der Untersuchungshaft durch seinen damaligen Rechtsvertreter Dr. Z einen Verlängerungsantrag in Bezug auf seine Aufenthaltsberechtigung am 6. März 1998 und damit rechtzeitig vor Ablauf seines Aufenthaltstitels bei der BH Linz-Land eingebracht. Gemäß § 31 Abs 4 FrG 1997 galt sein Aufenthalt in Österreich bis zur rechtskräftigen Entscheidung als rechtmäßig. Eine Entscheidung der BH Linz-Land iSd § 31 Abs 4 FrG 1997 erging erst mit dem Aufenthaltsverbot, das der Bf am 19. Oktober 1999 übernommen hat. Es trifft daher die Beschwerdeansicht grundsätzlich zu, dass im gegebenen Fall der § 61 Abs 1 Satz 2 FrG 1997 anzuwenden war. Die Schubhaft durfte nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden konnte, dass sich der Fremde dem Verfahren entziehen werde.

Die Beschwerde gesteht zu, dass der Bf im Hinblick auf seine rechtskräftige Verurteilung aufenthaltsbeendende Maßnahmen der Fremdenbehörde vorhersehen konnte. Dennoch hält sie die Verhängung der Schubhaft allein unter Hinweis auf die Ehe und den ehelichen Wohnsitz des Bf für rechtswidrig. Dieser pauschalen Ansicht kann sich der erkennende Verwaltungssenat nicht anschließen, weil durch die Schwere der strafgerichtlichen Verurteilung und die jahrelange Anhaltung in gerichtlicher Haft eine so erhebliche Minderung der sozialen Komponente beim Bf eingetreten war, dass trotz der Aufenthaltsdauer in Österreich nur ein geringer Grad sozialer Integration vorlag. Die Ehe mit einer Österreicherin hat den Bf nicht veranlasst, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Sie hat ihn auch nicht davon abgehalten, an gewerbsmäßig organisierten Schleppereien als Busfahrer teilzunehmen. Nach den aktenkundigen Tatsachen bestand für die Fremdenbehörden von vornherein kein Anhaltspunkt, den Bf für vertrauenswürdig zu halten. Vielmehr durften die BPD Linz ebenso wie die BH Linz-Land als belangte Behörden auf Grund der Schwere der begangenen Taten, aber auch unter Berücksichtigung des zweifelhaften Vorlebens des Bf in Österreich annehmen, dass dieser versuchen werde, sich dem bevorstehenden fremdenrechtlichen Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nach § 36 Abs 1 und 2 Z 1 FrG 1997 zu entziehen. Auf freiem Fuß und möglicherweise im Besitz eines gültigen Reisedokumentes, mit dem er jederzeit ein- und ausreisen hätte können, wäre ihm eine erhebliche Verzögerung oder sogar die Vereitelung der im öffentlichen Interesse erforderlichen fremdenrechtlichen Maßnahmen möglich gewesen. Seine Gattin, die zwar verpflichtet war, für seinen Unterhalt aufzukommen, hätte dennoch keinerlei Gewähr dafür geboten, dass sich der Bf freiwillig zur Verfügung hält. Wenn sie die Ehe mit dem Bf fortsetzen wollte, wäre zwangsläufig eine massive Interessenskollision zu den Absichten der Fremdenbehörde aufgetreten, die naturgemäß eine möglichst rasche und dauerhafte Außerlandesschaffung (unbefristetes Aufenthaltsverbot !) des Bf anstrebte. Entgegen der Beschwerdeansicht wären daher gelindere Mittel iSd § 66 FrG 1997 unter den gegebenen Umständen aus der Sicht der Fremdenbehörde nicht zielführend gewesen.

4.5. Nach Abschluss des fremdenbehördlichen Administrativverfahrens durch Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes am 19. Oktober 1999 hat die BH Linz-Land den Bf unverzüglich enthaftet und ihm die Möglichkeit eingeräumt, Österreich freiwillig und kontrolliert unter Verwendung des Rückmeldeformulars für die Grenzkontrollstelle zu verlassen. Am 24. Oktober 1999 kam er dieser Aufforderung schließlich auch nach. Die BH Linz-Land hat damit frühzeitig statt der Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zwecke der Abschiebung ein gelinderes Mittel angewendet, obwohl der Bf anlässlich seiner fremdenpolizeilichen Einvernahme vom 18. Oktober 1999 im PGH Linz ausdrücklich darauf hinwies, dass er in Österreich seinen Lebensmittelpunkt hätte und bei seiner Familie bleiben möchte. Er hatte also zunächst nach Mitteilung der beabsichtigten fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbeendigung durchaus noch keinen ausreisewilligen Eindruck hinterlassen.

Die Beschwerdekritik am Verhalten der BH Linz-Land erweist sich demnach unter den gegebenen Umständen als unberechtigt. Im Ergebnis war die Schubhaftbeschwerde sowohl hinsichtlich der Verhängung als auch der Aufrechterhaltung der Schubhaft bis zum 19. Oktober 1999 um 17.05 Uhr als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangten Fremdenbehörden eingeschritten sind, antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen gemäß § 79a AVG iVm § 73 Abs 2 FrG 1997 für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen. Nach der geltenden Aufwandersatzverordnung UVS des Bundeskanzlers (BGBl Nr. 855/1995) beträgt der Pauschalbetrag für den Vorlageaufwand S 565,-- und für den Schriftsatzaufwand S 2.800,-- (insgesamt S 3.365,--).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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