Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400621/5/WEI/Ka

Linz, 11.04.2002

VwSen-400621/5/WEI/Ka Linz, am 11. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des P, geb. 28.09.1980, türkischer Staatsangehöriger, dzt. Polizeigefangenenhaus der BPD Linz, vertreten durch Rechtsanwalt vom 3. April 2002 wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft S zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben, die Anhaltung in Schubhaft seit 20. Februar 2002 für rechtswidrig erklärt und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen. Der Antrag auf Aufhebung der Schubhaft wird zurückgewiesen.

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 610 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 und 73 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997(BGBl. I Nr. 75/1997 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 142/2001) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Sachverhalt aus:

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 19. Dezember 2001, Zl. Sich41, hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer (Bf), einen türkischen Staatsangehörigen, zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung oder Zurückschiebung in Schubhaft genommen.

Dabei ging die belangte Behörde davon aus, dass der Bf vermutlich am 14. Dezember 2001 zusammen mit Landsleuten mit dem Zug von W nach S und von dort illegal nach N in Deutschland gelangte. Von dort fuhr der Bf nach dem vorgefundenen Busfahrschein (Strecke N - P Hauptbahnhof) mit dem Bus nach P, wo er gegen 14.10 Uhr von Beamten der deutschen Polizei aufgegriffen und festgenommen wurde. Am heutigen Tag (19.12.2001) wäre der Bf in Anwendung des österreichisch-deutschen Rücknahmeabkommens nach Österreich rücküberstellt und der Bezirkshauptmannschaft S vorgeführt worden. Die Schubhaft werde verhängt zur Klärung der genauen Identität im weiteren Verfahren unter Beiziehung eines Dolmetschers. Der Bf halte sich illegal im Bundesgebiet auf, da er nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments und einer aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sei.

Der Bf hat laut angebrachtem Zustellvermerk den Schubhaftbescheid am 19. Dezember 2001 um 11.00 Uhr persönlich übernommen und die Zustellung mit seiner Unterschrift bestätigt. Er wurde zum Vollzug der Schubhaft ins Polizeigefangenenhaus Linz überstellt.

1.2. Am 21. Dezember 2001 hat die BPD Linz den Bf und seine beiden Landsmänner

O und T für die belangte Behörde unter Beiziehung eines Dolmetschers fremdenpolizeilich einvernommen (vgl Niederschrift vom 21.12.2001, Zlen. 1006601 - 1006603). Dabei gaben die türkischen Staatsangehörigen an, dass ihnen ein Schlepper in I durch Lichtbildauswechslung verfälschte türkische Reisepässe mit österreichischen Visa besorgte. Dieser türkische Schlepper wäre mit ihnen von I nach W geflogen und hätte ihnen während des Fluges die verfälschten Reisedokumente übergeben, mit denen sie ungehindert die Grenzkontrolle in W hätten passieren können. Danach hätte ihnen der Schlepper die Reisepässe und Flugtickets wieder abgenommen und wäre verschwunden. Die Fluglinie konnten sie nicht angeben. Sie wären aber etwa um 15.15 Uhr von I abgeflogen und der Direktflug hätte ca. 2 Stunden gedauert.

In W hätten sich die Landsleute telefonisch mit O T, dem Onkel des T, in Verbindung gesetzt. Dieser wäre nach etwa 5 Stunden nach W gekommen und hätte sie mit dem Zug nach Deutschland gebracht, wo sie dann in P von der deutschen Polizei festgenommen und am 19. Dezember 2001 den österreichischen Behörden rücküberstellt worden wären. Reisepässe hätten sie als Kinder gehabt. Sie verfügten nur über Personalausweise ("Nüfus").

Den türkischen Staatsangehörigen wurde mitgeteilt, dass die Bezirkshauptmannschaft S die Ausstellung von Heimreisezertifikaten bei der Vertretungsbehörde beantragen werde und dass beabsichtigt sei, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen und mit Abschiebung in die Türkei vorzugehen.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen gaben der Bf und seine Landsleute an, in Österreich keine Verwandte und keinen Wohnsitz zu haben. Sie seien aktive Mitglieder der kurdischen Partei "H". Bis jetzt hätten sie wegen ihrer Jugend zwar noch keine Probleme gehabt, später würden sie aber sicher Probleme mit der türkischen Polizei bekommen.

Belehrt über eine Antragstellung nach § 75 FrG 1997, stellten die türkischen Staatsangehörigen einen solchen Antrag und bezeichneten die Türkei als Bedrohungsstaat, wobei sie alle die gleichen Gründe hätten. Im Falle einer Abschiebung würden sie sicher festgenommen und müssten für 6 Monate ins Gefängnis, weil sie Kurden sind und die Türkei illegal verlassen hatten. In der Türkei verfolgte man sie auch, weil sie aktive Mitglieder der Kurdenpartei "H" wären. Über Vorhalt erklärten sie, dass sie jetzt noch keine Probleme hatten. Man warte aber nur bis zu ihrer Volljährigkeit und dann würden sie bestraft werden. Andere Gründe konnten sie nicht angeben.

1.3. Die belangte Behörde hat im Wege der Telekopie von der Polizeiinspektion P (Kontaktstelle Grenze) Unterlagen anlässlich der gegenständlichen Rückübernahme erhalten. Nach dem Aufgriffsbericht beobachteten zwei Polizeibeamte am 14. Dezember 2001 gegen 14.00 Uhr in der Bahnhofsstraße in P, wie O T einen Taxifahrer befragte. In seiner Nähe befanden sich drei Begleiter, die sich offensichtlich einer Kontrolle durch Weggehen entziehen wollten, als sie das Dienstfahrzeug bemerkten. Daraufhin erfolgte die polizeiliche Anhaltung. Taxifahrer teilten den Polizeibeamten mit, dass O T eine Taxifahrt nach M organisieren wollte. Seine Begleiter wiesen bei der Kontrolle jeweils nur einen türkischen Personalausweis vor.

Bei den mit einem Dolmetscher für die türkische Sprache durchgeführten Einvernahmen des Bf und seiner Begleiter durch die Kriminalpolizeiinspektion P jeweils am 14. Dezember 2001 fällt auf, dass diese bestrebt waren, den O T vom Vorwurf des Einschleusens zu entlasten.

Der Bf gab nach der Sachlage offenbar wahrheitswidrig an, mit Hilfe einer türkischen Schlepperorganisation unter Verwendung von gefälschten Pässen per Flugzeug mit ungefähr 40 Landsleuten nach Düsseldorf gekommen zu sein. Er behauptete demnach eine Reise von I nach Düsseldorf. Obwohl er eigentlich nach Köln wollte, kam er mit dem Zug nach P, weil er irrtümlich den falschen Zug genommen hätte. Über Vorhalt, dass er nach dem Sachstand von Österreich kommend illegal in die BRD gelangte und per Bus von N nach P gefahren war und dass er eine Visitenkarte in der Geldbörse hatte, deren Rückseite die Telefonnummer des O T trägt, leugnete er weiterhin und behauptete, dass er einen Mann mit Namen O T nicht kenne. Dessen Telefonnummer hätte jemand anderer auf seine Visitenkarte geschrieben.

T behauptete schon vor ein paar Wochen mit dem Flugzeug von I nach W geflogen zu sein, nachdem er sich in I einen falschen Pass besorgt hatte. Seinen in Deutschland befindlichen Onkel O T hätte er aus der Türkei angerufen, damit er ihn in P abhole. Von W wäre er mit dem Zug nach P gefahren. Der gefälschte Pass wäre ihm gleich nach der Landung in W wieder abgenommen worden.

O erklärte, die Türkei aus politischen Gründen mit Hilfe eines gefälschten türkischen Passes verlassen zu haben. Am 13. Dezember 2001 gegen 17.15 Uhr wäre er in Begleitung von 2 Landsleuten mit dem Flugzeug von I nach W gekommen. Den Bf hätte er gekannt, nicht aber den weiteren Begleiter. Die Landung wäre um etwa 19.15 Uhr erfolgt. Danach wären er und der Bf - der Dritte hätte sich mit unbekanntem Ziel entfernt - mit dem Taxi in das türkische Restaurant in der Innenstadt gefahren, wo sie von einem Landsmann namens H abgeholt worden wären. Dann wären sie in einer Spielhalle bis 06.30 Uhr geblieben und nach dem Frühstück von H an die Grenze gefahren worden. Dort hätten sie in einem Dorf aussteigen und mit dem Bus nach P fahren müssen. Sie hätten sich am Bahnhof P bis zur Polizeikontrolle aufgehalten. Über Vorhalt, dass sie bei der Polizeikontrolle zu dritt waren, konnte O keine vernünftigen Angaben machen. Als sie von der Polizei aufgegriffen wurden, wären schon zwei ihm unbekannte Türken bei der Polizei gewesen.

1.4. Die Einvernahme des deutschen Staatsangehörigen O T zeigt auf, dass ihn die anderen offenbar schonen wollten. Er gestand zu, seinen drei Begleitern bei der illegalen Einreise und dem illegalen Aufenthalt geholfen und damit das Vergehen des Einschleusens von Ausländern begangen zu haben. Er gab ferner bekannt, mit T und mit dem Bf verwandt zu sein. Den Dritten kenne er nicht. Er habe die drei Männer in W in einer Spielhalle getroffen und Zugtickets für die Fahrtstrecke von W nach P gekauft. In S stiegen sie bereits aus, weil jemand gesagt hätte, sie wären schon in P. Nach dem Überqueren einer Brücke nahmen sie in N den Bus nach P Bahnhof, wobei O T auch die Busfahrscheine bezahlte. O hätte in M und der Bf in Köln eine Schwester. T hätte mit ihm nach G kommen wollen, wo er noch 4 Tanten hat. O T wollte die drei Männer ihren Verwandten in Deutschland übergeben. Er bestätigte auch, dass sie unter Verwendung von falschen Pässen von der Türkei nach Österreich gekommen waren und dass die Schleuser die falschen Pässe dann wieder abgenommen hatten.

1.5. Mit Schreiben vom 10. Jänner 2002 teilte der Rechtsvertreter des Bf der belangten Behörde mit, dass in Deutschland kein Asylverfahren eingeleitet worden wäre. Gleichzeitig übermittelte er den Asylantrag vom gleichen Tage, den er beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz, einbrachte, zur Kenntnisnahme.

Die asylrechtliche Ersteinvernahme des Bf fand am 29. Jänner 2002 statt. Mit formalisierter Note vom 31. Jänner 2002 teilte das Bundesasylamt mit, dass die Einvernahme des Bf eine Einreise über den D-Staat Deutschland ergeben hätte. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung wurde nicht erteilt. Man überprüfe die Einreise über Deutschland, die vom Bf ausgeführt wurde.

1.6. Über Amtshilfeersuchen der belangten Behörde setzte die BPD Linz den Bf am 15. Februar 2002 niederschriftlich davon in Kenntnis, dass die am 19. Dezember 2001 verhängte Schubhaft gemäß § 69 Abs 4 Z 1 FrG über die Dauer von zwei Monaten ausgedehnt werde, weil über den Antrag gemäß § 75 FrG noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei.

Irgendwelche weiteren fremdenrechtlichen Bescheide oder sonstige Maßnahmen sind den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen.

1.7. Am 5. April 2002 langte beim Oö. Verwaltungssenat die gegenständliche Beschwerde wegen Anhaltung in Schubhaft ein, mit der beantragt wird, "1. die Schubhaft mit sofortiger Wirkung aufzuheben, 2. meine Anhaltung in Schubhaft seit dem 17.2.2002 für rechtswidrig zu erklären, sowie 3. mir Kostenersatz für das Verfahren zuzusprechen". Kosten wurden für Schriftsatzaufwand in Höhe von 610 Euro verzeichnet.

Der Schubhaftbeschwerde angeschlossen wurde eine Verpflichtungserklärung des O T, Pfarrereschstraße 22, D-48268 G, für Unterhalt und Unterkunft des Bf aufzukommen und der Republik Österreich oder anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt zu bezahlen.

2.1. In der Schubhaftbeschwerde wird zum Sachverhalt zunächst aktenwidrig behauptet, dass bereits am 16. Dezember 2001 die Schubhaft verhängt worden wäre. Ansonsten wird über Verhandlungen mit G von der belangten Behörde berichtet, bei denen dieser zugesichert hätte, den Bf bei Vorliegen einer Verpflichtungserklärung und einer Unterkunft zu entlassen. Nachdem diese Voraussetzungen nachgewiesen wurden, hätte die belangte Behörde ihre Meinung geändert und zusätzlich eine Kaution von ca. 2.420 Euro verlangt. Diese Summe hätte der Bf nicht mehr aufbringen können, zumal er auch schon Geldverluste durch die frustrierte Anmietung der Wohnung hätte hinnehmen müssen.

Die weiteren Ausführungen der Beschwerde befassen sich mit den Schubhaftverlängerungsgründen nach § 69 Abs 4 FrG. Dazu wird zu § 69 Abs 4 Z 1 FrG 1997 aktenwidrig behauptet, dass kein Antrag gemäß § 75 FrG gestellt worden wäre. Zu § 69 Abs 4 Z 2 FrG 1997 wird vorgebracht, dass die Feststellung der Identität des Bf für eine Überstellung nach Deutschland nicht notwendig wäre. Die belangte Behörde hätte auch keinerlei Schritte zur Klärung der Identität unternommen. Die Schubhaft könne nach Ablauf der zwei Monate des § 69 Abs 2 FrG 1997 nicht mehr der Verfahrenssicherung dienen. Da kein aufenthaltsbeendender Bescheid erlassen wurde, sei die Schubhaft seit dem 17. Februar 2002 rechtswidrig und sofort aufzuheben. Außerdem habe der Bf einen Asylantrag gestellt und dürfe auf Grund des § 21 Abs 2 AsylG nicht abgeschoben werden.

Zum Verlängerungsgrund nach § 69 Abs 4 Z 4 FrG 1997 verweist die Beschwerde auf unterschiedliche Entscheidungen des UVS Vorarlberg und UVS Steiermark zur Schubhaft in einem "D-Verfahren". Während der UVS Vorarlberg im Erkenntnis vom 13.5.1998, die fehlende Einreisebewilligung Italiens als Verlängerungsgrund iSd § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1997 angesehen hätte, habe der UVS Steiermark im Erkenntnis vom 25.2.1999, Zl. 25.3-7/98, das Gegenteil entschieden, wonach die Schubhaft nach 2 Monaten rechtswidrig sei, wenn kein aufenthaltsbeendender Bescheid und auch kein Bescheid nach § 5 AsylG erlassen wurde. Die Rechtsmeinung des UVS Vorarlberg laufe auf eine unzulässige Erweiterung der Haftgründe hinaus. Der historische Gesetzgeber des § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1977 hätte nicht Fälle des Dubliner Abkommens inkludiert. Die Zusage der Übernahme eines Asylwerbers durch einen D-Staat sei daher keine "für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates" .

Der Verlängerung der Schubhaft fehle daher die gesetzliche Grundlage. Außerdem hätte der Zweck der Schubhaft auch auf gelindere Weise erreicht werden können.

2.2. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und mitgeteilt, dass sich der Bf noch in Schubhaft befindet. In dem am 9. April 2002 eingelangten Vorlageschreiben wird auf einzelne unrichtige Darstellungen der Beschwerde hingewiesen. Einerseits wäre die Einleitung eines Verfahrens nach dem Dubliner Übereinkommen vorerst nicht bekannt gewesen und andererseits wurde nur eine Verpflichtungserklärung eines deutschen Staatsangehörigen angeboten, welche in Österreich nicht exekutierbar wäre. Deshalb wäre die Hinterlegung eines Überbrückungsgeldes zu verlangen gewesen. Schließlich verweist die belangte Behörde noch auf die Zuständigkeit des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, zur Erlassung eines Ausweisungsbescheides nach § 5 AsylG. Abschließend wird um Zuerkennung der Kosten ersucht, sollte der Schubhaftbeschwerde keine Folge gegeben werden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs 2 Z 1 FrG 1997 abgesehen werden konnte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 72 Abs 1 FrG 1997 von dem angerufen werden, der gemäß § 63 FrG 1997 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das Fremdengesetz 1997 angehalten wird oder wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 73 Abs 4 FrG 1997).

Der Bf wird im PGH Linz in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Aufrechterhaltung der Schubhaft ist zulässig und großteils begründet. Soweit er allerdings die Aufhebung der Schubhaft durch den Oö. Verwaltungssenat begehrt, war die Beschwerde zurückzuweisen, zumal im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 70 Abs 1 und 72 Abs 1 FrG 1997 ein Rechtsschutz in dieser Form nicht eingeräumt wird. Gemäß § 70 Abs 1 Z 2 FrG 1997 ist die Schubhaft ohnehin von der belangten Fremdenbehörde durch Freilassung formlos aufzuheben, wenn der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen.

4.2. Gemäß § 61 Abs 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines

Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs 2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft.

4.3. Gemäß § 69 Abs 1 FrG 1997 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 69 Abs 4 FrG 1997 darf die Schubhaft gemäß § 69 Abs 2 leg. cit. nicht länger als 2 Monate dauern.

§ 69 Abs 4 FrG 1997 nennt taxativ Gründe für eine Verlängerung der grundsätzlichen Schubhaftdauer von 2 Monaten. Diese die Abschiebung betreffenden Hinderungsgründe setzten voraus, dass alle sonstigen Voraussetzungen für die Abschiebung vorliegen (vgl zum vergleichbaren § 48 FrG 1992 bereits VwSen-400 vom 14. September 1993 und VwSen-400 vom 6. November 1996). Die Fremdenbehörde hat jedenfalls innerhalb der Zweimonatefrist einen durchsetzbaren Administrativakt (Aufenthaltsverbot, Ausweisung) zu erlassen, widrigenfalls eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung schon begrifflich nicht denkbar ist (vgl auch § 69 Abs 3 FrG 1997) und eine Aufrechterhaltung der Schubhaft aus den Verlängerungsgründen des § 69 Abs 4 FrG 1997 ausscheidet (vgl schon VwSen-400 vom 11. November 1993). Diesen Standpunkt hat der Oö. Verwaltungssenat im Sinne seiner ständigen Rechtsprechung auch weiterhin aufrechterhalten (vgl etwa VwSen-400 vom 30. Dezember 1999; VwSen-400 vom 24. März 2000).

4.4. Nach Ausweis der Aktenlage hat die belangte Behörde nach Schubhaftverhängung bis auf die Mitteilung der Verlängerung über 2 Monate hinaus keine fremdenrechtlichen Schritte gesetzt, sondern sich darauf beschränkt, das Asylverfahren abzuwarten. Offenbar wurden auch die Einvernahmeprotokolle der Polizeiinspektion P nicht näher gelesen, denn diesfalls hätte der belangten Behörde auffallen müssen, dass der Bf bereits am 14. Dezember 2001 - wenn auch nach dem Sachstand nicht glaubhaft - behauptete, von I nach D geflogen zu sein.

Abgesehen davon ist die Zweimonatefrist des § 69 Abs 2 FrG 1997 längst abgelaufen, ohne dass die belangte Behörde fremdenrechtliche Möglichkeiten einer Aufenthaltsbeendigung weiterverfolgt hätte. Die gegenständliche Schubhaft kann nicht der Sicherung der Abschiebung dienen, weil gar kein fremdenrechtlicher Administrativakt erlassen wurde, der durch Abschiebung vollzogen werden könnte. Die dem Bf am 15. Februar 2002 unter Hinweis auf § 69 Abs 4 Z 1 FrG 1997 mitgeteilte Verlängerung der Schubhaft war schon aus diesem Grund rechtswidrig. Außerdem hat die belangte Behörde keine Entscheidung iSd § 75 FrG 1997 getroffen, obwohl eine solche Entscheidung der Asylbehörde tatsächlich nicht vorlag und offenbar in einem Zurückweisungsverfahren nach § 5 AsylG 1997 auch nicht getroffen werden kann.

Die Verlängerungsgründe nach § 69 Abs 4 FrG 1997 betreffen nach der gesetzlichen Systematik (arg. § 69 Abs 3 leg.cit.) offensichtlich Fälle, in denen vollstreckbare Administrativakte zur Aufenthaltsbeendigung bereits erlassen worden sind. Gegenständlich wurde aber auch keine vollstreckbare asylrechtliche Ausweisung iSd § 5 AsylG 1997 erlassen. Die Beschwerde ist mit ihrem Vorbringen im Recht, wonach die Zusage der Übernahme eines Asylwerbers nach dem Dubliner Verfahren im § 69 Abs 4 Z 3 FrG 1977 nicht gemeint sein kann. Im Übrigen ist auch keine Schubhaft zur Sicherung eines Asylverfahrens vorgesehen. Vielmehr bestimmt der § 21 Abs 2 AsylG 1997 pauschal, dass ein Asylwerber nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf. Das bedeutet, dass eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot jedenfalls - auch wenn die fremdenrechtliche Durchsetzbarkeit vorliegt - nicht durchsetzbar sind, solange noch ein Asylverfahren anhängig ist.

4.5. Im Ergebnis ist festzustellen, dass bei der gegebenen Sachlage der Verlängerungsgrund des § 69 Abs 4 Z 1 FrG 1997 eindeutig nicht angenommen werden konnte. Abgesehen davon ist die Beschwerde im Recht, wenn sie die überlange Dauer der Anhaltung des Bf in Schubhaft rügt. Wie oben dargelegt wurde, hätte die Schubhaft im vorliegenden Fall bereits nach Ablauf der Zweimonatefrist des § 69 Abs 2 FrG 1997 aufgehoben werden müssen, weil die Sicherung der Abschiebung schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. Die Anhaltung des Bf in Schubhaft war demnach seit dem 20. Februar 2002 für rechtswidrig zu erklären und das Mehrbegehren abzuweisen. Außerdem war gemäß § 73 Abs 4 FrG 1997 auszusprechen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Auf das weitere Vorbringen der Beschwerde brauchte nicht mehr eingegangen werden.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Fremdenbehörde eingeschritten ist, antragsgemäß der Ersatz der notwendigen Aufwendungen des Bf gemäß § 79a AVG iVm § 73 Abs 2 FrG 1997 für den Schriftsatzaufwand aufzutragen. Nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl II Nr. 499/2001) beträgt der Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand der beschwerdeführenden Partei 610 Euro.

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum