Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102971/8/Br

Linz, 27.07.1995

VwSen-102971/8/Br Linz, am 27. Juli 1995 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn A O, H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 18. April 1995, Zl.:

VerkR96-16715-1994, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 27. Juli 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, daß der Spruch in Punkt 1) in Abänderung ".... im Gemeindegebiet von R zw. km 17.600 bis 'km 15.600' und die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um mindestens 30 km/h überschritten" zu lauten hat.

In Punkt 2) hat der Spruch zu lauten: ".......indem die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um mindestens 50 km/h überschritten wurde", sowie in Punkt 1) die Geldstrafe auf 4.000 S und für den Nichteinbringungsfall die Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Tage; und im Punkt 2) die Geldstrafe auf 6.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf sechs Tage ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.

Nr. 52, idF BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 1.000 S. Für das Berufungsverfahren entfallen die Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem Straferkenntnis vom 18. April 1995, Zl.: VerkR96-16715-1994, wegen der Übertretung nach der StVO 1960 über den Berufungswerber Geldstrafen von 1) und 2) je 10.000 S und für den Nichteinbringungsfall je 336 Stunden verhängt und in dessen Spruch dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 19.9.1994 um 16.00 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen (D) auf der S Bundesstraße B in Richtung Vgelenkt und dabei 1) im Gemeindegebiet von R zw. km 17.600 bis km 15.250 die für Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 70 km/h und 2) im Bereich zw. km 15.600 bis 15,250 im Gemeindegebiet von R das deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 80 km/h" überschritten, weil seine Fahrgeschwindigkeit 180 km/h betragen habe.

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Beweisannahme auf das Ergebnis der anläßlich einer Nachfahrt zweier Dienstkraftwagen der Gendarmerie, wobei vier Beamte an dieser Nachfahrt beteiligt waren, gemessenen Fahrgeschwindigkeiten. Bei der Strafzumessung stützt die Erstbehörde sich auf den mit der außerordentlich hohen Fahrgeschwindigkeit verbundenen Tatunwert der Übertretung, sodaß sie trotz des Milderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers die zweimalige Verhängung der Höchststrafe für angemessen erachtete.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der fristgerecht erhobenen Berufung.

Er wendet im wesentlichen ein, daß der Nachfahrabstand auf der B etwa 300 Meter betragen habe. Eine verläßliche Schätzung seiner Fahrgeschwindigkeit sei dadurch nicht möglich gewesen. Sein Fahrzeug sei ein älteres Modell, mit welchem die ihm zur Last gelegten Fahrgeschwindigkeiten nicht mehr erreichbar wären.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil die zur Last gelegten Übertretungen vom Berufungswerber auch dem Grunde nach bestritten wurden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl.: VerkR96-16715-1994, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.

Juli 1995. Die Vorfallsörtlichkeit wurde auf Video dokumentiert. Beweis aufgenommen wurde ferner durch die Vernehmung der Zeugen RevInsp. G. A und F. M und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Gegen das Fahrzeug des Berufungswerbers wurde wegen des Verdachtes der Begehung eines Gerichtsdeliktes durch dessen Lenker gefahndet. Auf der A in Fahrtrichtung S, vor der Ausfahrt R, wurde das Fahrzeug von einer Zivilstreife, Lenker RevInsp. A, gesichtet und die Verfolgung aufgenommen.

Gleichzeitig wurde die Besatzung der Patrouille S, Lenker RevInsp. M, welche vor der Ausfahrt R auf einem Parkplatz postiert war, in die Fahndung einbezogen. Diese Patrouille "hängte sich hinter der Zivilstreife an". Der Berufungswerber verließ schließlich bei der Ausfahrt R die Autobahn und setzte seine Fahrt mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit auf der B in Richtung V fort. Während vorerst noch das - zwischenzeitig unter Verwendung von Folgetonhorn und Blaulicht - unmittelbar hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers fahrende Dienstkraftfahrzeug wegen zumindest eines Überholmanövers des Berufungswerbers den ursprünglichen Abstand folglich nicht mehr halten konnte, vermochte im Zuge dieser Nachfahrt zumindest eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung des Fahrzeuges des Berufungswerbers festgestellt werden. Diese bei weitem überhöhte Fahrgeschwindigkeit wurde vom Berufungswerber selbst noch bei der 80 km/h-Beschränkung, bei Straßenkilometer 15.600 bis 15.250, eingehalten. Der Berufungswerber bog schließlich kurz nach Strkm 15.250 nach rechts ab und wurde folglich von Besatzungen der Einsatzfahrzeuge aus den Augen verloren. Die Fahrgeschwindigkeit der Einsatzfahrzeuge erreichte im Zuge der Nachfahrt bis zu 170 km/h. Die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers ist daher auf der B zwischen 17.600 und 15.250 zumindest mit 130 km/h anzunehmen gewesen. Der Straßenverlauf weist auf dieser Strecke im wesentlichen ein kontinuierliches Gefälle auf.

5.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Angaben der Zeugen RevInsp. A und RevInsp. M, auf das Ergebnis des vorgenommenen und auf Video dokumentierten Ortsaugenscheines, welcher anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung abgespielt wurde, sowie nicht zuletzt die eigene Verantwortung des Berufungswerbers. Die Zeugen gaben den Denkgesetzen gut nachvollziehbar an, daß der Berufungswerber nach Verlassen der Ausfahrt R sein Fahrzeug erheblich beschleunigte. Während der Abstand vorerst noch mit 100 Meter konstant gehalten werden konnte, vergrößerte sich dieser infolge eines vom Berufungswerber getätigten Überholmanövers. Infolge Gegenverkehrs sei den Einsatzfahrzeugen ein Überholen nicht möglich gewesen.

Daraus folgt, daß die Fahrgeschwindigkeit durch Nachfahren in "gleichbleibendem Abstand" nicht in einer für das Strafverfahren erforderlichen Verläßlichkeit in dem hier zu Last liegendem Ausmaß als erwiesen angesehen werden kann.

Immerhin stand für die Nachfahrt lediglich eine Wegstrecke von ca. 2,5 km und bei der hohen Fahrgeschwindigkeit folglich nur ein Zeitrahmen von etwa einer Minute zur Verfügung. Dem Ergebnis des Beweisverfahrens konnte jedenfalls mit Sicherheit eine Fahrgeschwindigkeit von zumindest 130 entnommen werden, wobei diese Fahrgeschwindigkeit nicht zuletzt der Berufungswerber selbst zugesteht.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

6.1. Die hier in diesem Ausmaß nicht (mehr) bestrittenen Verhaltensweisen wurden von der Erstbehörde in zutreffender Weise subsumiert, sodaß diesbezüglich grundsätzlich auf ihre rechtlichen Ausführungen verwiesen werden kann. Zur Anlastung zweier Übertretungen ist zu bemerken, daß hier zwei verschiedene Verwaltungsvorschriften (Schutznormen) verletzt wurden, wobei jede für sich im Sinne des § 22 VStG (Kumulationsprinzip) alleine strafbar ist (vgl. VwGH 25.10.1989, 89/03/0145 u.a.).

7. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 bzw. 50 km/h stellt aber immer noch eine gravierende Rechtsverletzung dar. Obwohl das bisherige Verhalten des Berufungswerbers im Straßenverkehr lt. Aktenlage durchaus als tadellos bezeichnet werden muß, sind angesichts eines bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmen die nunmehr verhängten Strafen als angemessen zu bezeichnen.

7.1.1. Geschwindigkeitsüberschreitungen sind immer wieder die Ursache schwerer Verkehrsunfälle, weshalb im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitungen, insbesondere im Bereich der Beschränkung auf 80 km/h, sowohl Gründe der Spezialprävention als auch der Generalprävention die nunmehr verhängte(n) Strafe(n) gerechtfertigt erscheinen lassen. Diese widersprechen daher - selbst bei unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen und der Sorgepflicht für ein Kind, sowie bei der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit - nicht dem Sinn der Strafbemessungsbestimmungen (vgl. etwa VwGH 18.

September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250). Die jeweilige Verhängung der Höchststrafe in beiden Fällen war hier angesichts des nunmehr relativierten Beweisergebnisses und des auch von der Erstbehörde zuerkannten Milderungsgrundes der Unbescholtenheit jedoch nicht aufrecht zu erhalten. Als weiterer Milderungsgrund kam dem Berufungswerber noch zugute, daß er sich bei der Berufungsverhandlung auch tatsachengeständig und schuldeinsichtig zeigte.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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