Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400661/2/SR/Pe

Linz, 29.06.2003

 

 

 VwSen-400661/2/SR/Pe Linz, am 29. Juni 2003

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des D D, Staatangehöriger von G (Identität laut eigenen Angaben), dzt. Justizanstalt R, B, R, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W H und Dr. J S, R, R, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vom 13. Juni 2003, Sich41-194-2002, und wegen der Verhängung und Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis zu Recht erkannt:

 

I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und es werden der gegen den Beschwerdeführer erlassene Schubhaftbescheid vom 13. Juni 2003, sowie die Verhängung und Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklärt.

 

II. Der Bund hat dem Beschwerdeführer den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 623 Euro (darin 13 Euro Eingabengebühr) binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 und 73 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997(BGBl. I Nr. 75/1997 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 69/2002) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Sachverhalt aus:

1.1. Mit Bescheid vom 13. Juni 2003, Zl. Sich 41-194-2002, hat die belangte Behörde gemäß § 61 Abs 1 und 2 FrG 1997 gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), laut eigenen Angaben ein g Staatsangehöriger, mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Strafhaft) und Verbüßung der Ersatzfreiheitsstrafe der BH Braunau am Inn, VerkR96-7265-2002 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

 

1.2. Dabei ging die belangte Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf. wurde erstmals am 30. Jänner 2002 ohne Reisepass und Sichtvermerk aufgegriffen. Im Zuge der Amtshandlung beantragte der Bf. Asyl und gab sich als N M, geb., g Staatsbürger aus.

 

Am 30. Jänner 2002 verhängte der Bezirkshauptmann von Freistadt mit Bescheid vom 30. Jänner 2002, Zl. Sich41-33-2002, über den Bf. die Schubhaft. Mit Fax vom 7. Februar 2002 teilte die Bundespolizeidirektion Salzburg der Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit, dass sich der Bf. im Hungerstreik befinden würde.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 7. Februar 2002, Sich41-33-2002, wurde gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz 1997 (im Folgenden: FrG) ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Das Aufenthaltsverbot erwuchs am 22. Februar 2002 in Rechtskraft.

 

Am 9. Februar 2002 versuchte der Bf. seine Entlassung durch eine sich selbst beigebrachte Schnittverletzung zu erreichen. Auf Grund einer weiteren Hungerstreikinformation wurde der Bf. am 12. Februar 2002 aus der Schubhaft (Anhaltezentrum der BPD Salzburg - 14 Tagen Schubhaft) entlassen. Am 8. März 2002 wurde vom Bezirkshauptmann von Bregenz über den Bf. neuerlich die Schubhaft verhängt. Der Bf. wurde am 18. März 2002 (nach 11 Tagen in der Schubhaft) entlassen.

 

Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Salzburg vom 9. April 2002, Zl. 02 03121, gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach G zulässig ist. Der Bescheid ist in der Folge in Rechtskraft erwachsen.

 

Am 1. Juli 2002 wurde in U, Bezirk F, ein t Asylausweis (ausgestellt am 9. Jänner 2002), versehen mit einem Lichtbild des Bf. und einem Visum für die t Republik, aufgefunden. Der Name des Bf. lautete in diesem Dokument auf D Al, geboren am.

 

Der Bf. stellte folgende Asylanträge:

 

Mit Wirkung 30. September 2002 wurde der Bf. aus der Bundesbetreuung entlassen.

 

Am 15. Oktober 2002 wurde der Bf. wegen Verdachtes der Begehung von Eigentumsdelikten festgenommen und am 16. Oktober 2002 in die Justizanstalt R überstellt (Untersuchungshaft).

 

Mit Urteil vom 1. Februar 2003, GZ 7 Hv 1/03i, verhängte das LG Ried im Innkreis wegen Verbrechen/Vergehen nach § 127, § 128 Ab. 1 Z. 4, § 129 Z. 1, § 130 1. Fall StGB über den Bf. eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten und mit Urteil vom 1. Februar 2003, GZ 7 Hv 1/03i (SZ Urteil des LG Salzburg vom 24. Jänner 2003, GZ 38 Hv 196/02m), verhängte LG Ried im Innkreis wegen Verbrechen/Vergehen nach § 127, § 128 Ab. 1 Z. 4, § 129 Z. 1, § 130 1. Fall StGB über den Bf. eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten.

 

Der Bf. befand sich somit vom 15.Oktober 2002 bis zum 15. Juni 2003 in Strafhaft.

 

Mit Bescheid vom 2. April 2003, Zl. Sich40-18473, erließ der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 und Abs. 2 Z. 1 und Z. 7 FrG ein für die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Das Aufenthaltsverbot erwuchs am 22. April 2003 in Rechtskraft.

 

Mit Bescheid vom 24. April 2003, Zl. Sich40-18473, wies der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach G als unzulässig zurück. Der Bescheid erwuchs am 10. April 2003 in Rechtskraft.

Der Bf. ist mittellos und seine Gattin und beiden Kinder befinden sich seit deren illegaler Einreise am 28. April 2002 im Bundesgebiet. Die Identität des Bf. ist noch ungeklärt. Beweismittel für seine Herkunft konnte er nicht beibringen. Das Bundesasylamt, Außenstelle Salzburg wies bescheidmäßig die Asylerstreckungsanträge der Gattin E D und der Kinder T und E ab. Die Bescheide sind am 24. Mai 2003 in Rechtskraft erwachsen.

 

Die belangte Behörde sah bei diesem Sachverhalt die Gefahr, dass sich der Bf. dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen, untertauchen und erneut straffällig werden könnte. Seine Abschiebung sei aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Sinne von § 56 Abs 1 Z 1 FrG 1997 dringend geboten.

 

1.3. Der Bf. hat laut angebrachtem Zustellvermerk die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme des Schubhaftbescheids am 13. Juni 2003 verweigert. Der Schubhaftbescheid wurde an der Abgabestelle in der Justizanstalt Ried im Innkreis zurückgelassen.

 

1.4. Am 11. Juni 2003 brachte der Rechtvertreter beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz für den Bf. einen Asylerstreckungsantrag ein. Nach telefonischer Anfrage der belangten Behörde übermittelte das Bundesasylamt, Außenstelle Linz am 16. Juni 2003 den zugrundeliegenden Antrag.

 

Am 13. Juni 2003 benachrichtigte der nunmehrige Rechtsvertreter die belangte Behörde von seiner Vertretungsvollmacht.

 

1.5. Die in Beschwerde gezogene Schubhaft wurde gegen den Bf. am 18. Juni 2003 um 08.00 Uhr verhängt.

 

2.1. Mit Vorlageschreiben vom 23. Juni 2003, eingelangt am 24. Juni 2003, hat die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat die Schubhaftbeschwerde samt ihren Verwaltungsakten zur Entscheidung vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Ansicht vertritt, dass der Bf. nunmehr einen 6. Asylantrag gestellt habe, um - entsprechend der Rechtsprechung des UVS Oberösterreich - die Entlassung aus der Schubhaft zu erreichen. Die angesprochenen Erkenntnisse würden mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Einklang stehen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in mehreren Erkenntnissen zum Ausdruck gebracht, dass die Abschiebung für die Dauer des Asylverfahrens nur aufgeschoben sei, um Asylwerber vor Beendigung ihres Aufenthaltes bis zur endgültigen Entscheidung über ihren Asylantrag zu schützen. Es liege daher nur eine vorläufige Unzulässigkeit der Abschiebung vor. Erst ab der endgültigen Entscheidung über den Asylantrag stünde fest, ob die Abschiebung unzulässig sei und daher das Ziel der Schubhaft, nämlich Sicherung der Außerlandesschaffung des Fremden, endgültig unerreichbar sei. Für den Sicherungszweck der Schubhaft würde die Mittel- und Unterstandslosigkeit, fehlende Beschäftigung, ungeklärte Identität nach Verwendung verschiedenster Personalien, strafrechtliche Vormerkungen, zwei durchsetzbare Aufenthaltsverbote, nicht rechtmäßiger Aufenthalt sowie Anwendbarkeit des FrG vor dem Hintergrund des § 21 AsylG sprechen.

 

2.2. Mit der bei der belangten Behörde eingebrachten Beschwerde vom 16. Juni 2003 erhob der Bf. durch seine Rechtsvertreter Schubhaftbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft.

 

In der Schubhaftbeschwerde wird zum Sachverhalt im Wesentlichen wie aktenkundig vorgebracht. Die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft wird auf den § 21 Abs. 2 AsylG 1997 gestützt. Der Schubhaftbescheid und die darauf aufbauende Anhaltung würden den Bf. im (verfassungs-) gesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art. 5 EMRK, Art 1 ff BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit verletzten. Unabhängig vom nach wie vor anhängigen Asylverfahren seien die Voraussetzungen für die Verhängung bzw. Aufrechterhaltung der Schubhaft nicht gegeben. Der Ehegatte und die beiden Kinder würden sich in Bundesbetreuung befinden und im Lichte der jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofes bestünde zumindest mittelbar ein Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme in die Bundesbetreuung. Jedenfalls könne im gegenständlichen Fall die Schubhaft durch Anwendung gelinderer Mittel vermieden werden. Weiters würde auch nicht zutreffen, dass sich der Bf. dem Zugriff der Fremdenbehörden entziehen würde, da dem die engen Beziehungen zu seiner Gattin und den Kindern entgegen stehen würden.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs 2 Z 1 FrG 1997 abgesehen werden konnte.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann der Unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 2 Abs 1 FrG 1997 von dem angerufen werden, der gemäß § 63 FrG 1997 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das Fremdengesetz 1997 angehalten wird oder wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 73 Abs 4 FrG 1997).

 

Der Bf wird über Auftrag der belangten Behörde seit 18. Juni 2003 in der Justizanstalt Ried im Innkreis in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde wegen Anhaltung in Schubhaft ist zulässig.

 

4.2. Gemäß § 61 Abs 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines

Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs 2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft.

 

Gemäß § 69 Abs 1 FrG 1997 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Mit Ausnahme der Fälle des § 69 Abs 4 FrG 1997 darf die Schubhaft gemäß § 69 Abs 2 leg.cit. nicht länger als 2 Monate dauern.

 

4.3. § 21 Asylgesetz 1997 (BGBl I Nr. 76/1997, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 82/2001), der mit 1. Jänner 1998 in Kraft getreten ist (vgl. § 42 Abs. 2 AsylG 1997), regelt den Schutz vor Aufenthaltsbeendigung. Nach dem § 21 Abs. 2 1. Halbsatz AsylG 1997 darf ein Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden. Gemäß § 21 Abs. 3 AsylG 1997 dürfen Fremde, deren Asylantrag rechtkräftig abgewiesen wurde, in den Herkunftsstaat nur zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden, wenn die Asylbehörde (auch) rechtskräftig festgestellt hat, dass dies nach § 57 FrG 1997 (Prüfung des sog Refoulementverbots) zulässig ist.

 

Gemäß der Begriffsbestimmung des § 1 Z 3 AsylG 1997 ist Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages oder eines Asylerstreckungsantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung.

 

Aus der Aktenlage geht hervor, dass der Bf. am 11. Juni 2003 bei der Außenstelle Linz des Bundesasylamtes einen Asylerstreckungsantrag eingebracht hat. Über den Asylerstreckungsantrag wurde bislang nicht entschieden. Der Einvernahmetermin für das Asylverfahren der Ehegattin des Bf. vor dem Bundesasylamt ist für den 7. Juli 2003 vorgesehen (Aktenvermerk vom 26. Juni 2003).

 

Aus diesen Tatsachen folgt, dass der Bf. derzeit nach wie vor als Asylwerber anzusehen ist. Die Legaldefinition des § 1 Z 3 AsylG 1997 unterscheidet nicht zwischen Asylwerbern verschiedener Qualität. Es wird vom Asylgesetz lediglich ein verfahrensrechtlicher, nicht jedoch ein inhaltlicher Bezug hergestellt. Auch die einschlägige Schutznorm des § 21 Abs. 2 AsylG 1997 sieht keine Einschränkungen des Verbots der Zurückschiebung oder Abschiebung vor. Nach dieser asylrechtlichen Gesetzeslage kommt es für das Rückschiebungsverbot offenbar nur darauf an, dass jemand tatsächlich Asylwerber ist. Es wird im § 21 Abs. 2 AsylG 1997 nicht unterschieden, ob jemand erstmals oder mehrmals einen Asylantrag eingebracht hat.

Im Erkenntnis des VwGH vom 20. Oktober 2000, Zl. 99/20/0406-12, hat der verstärkte 20. Senat des Verwaltungsgerichtshofes die einschränkende Rechtsansicht des 2. Senats zum Verbot des § 21 Abs. 2 AsylG 1997 in den Erkenntnissen vom 26. Mai 2000, Zl. 99/02/0376-0379, und vom selben Tag, Zl. 2000/02/0046, nicht aufrecht erhalten. Auch nach der maßgeblichen Meinung im Erkenntnis dieses verstärkten Senats des Verwaltungsgerichtshofes lässt es die Formulierung des Gesetzestextes nicht zweifelhaft erscheinen, ob und in welchem Umfang Asylwerber zurück- oder abgeschoben werden dürfen. Sie untersage die Zurück- oder Abschiebung von Asylwerbern "ausnahms- und bedingungslos" (keine Hervorhebung im Original).

 

4.4. Die Beschwerde ist daher zumindest im Grunde des § 21 AsylG 1997 im Recht. Die belangte Behörde hätte im Hinblick auf das unbedingte Abschiebungsverbot des § 21 Abs. 2 AsylG 1997 auch keine Schubhaft verhängen dürfen, die allein dem Zweck der Sicherung der Abschiebung dient. Denn solange eine Abschiebung schon aus rechtlichen Gründen nicht zulässig ist, kann auch rechtens keine Schubhaft erforderlich sein, die der Sicherung der (unzulässigen) Abschiebung dient. Das Ziel der Schubhaft muss gemäß § 69 Abs. 1 FrG 1997 voraussichtlich bereits im Zeitpunkt der Inschubhaftnahme erreichbar sein. Dass in Hinkunft einmal die Abschiebung auf Grund eines durchsetzbaren Aufenthaltsbeendigungstitels zulässig werden könnte, genügt als Argument nicht, weil eine vorbeugende Schubhaftverhängung im Gesetz nicht vorgesehen ist und auch aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zulässig wäre.

 

§ 61 Abs. 1 FrG sieht vor, dass Fremde festgenommen und angehalten werden können (Schubhaft), um "die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern". Gemäß § 69 Abs. 2 FrG darf die Schubhaft nur so lange aufrecht erhalten werden, bis ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist nicht darauf abzustellen, ob das Ziel - die Außerlandesschaffung - möglicherweise in der Zukunft noch erreichbar ist und damit die Aufrechterhaltung der Schubhaft zu begründen, sondern ob es auch nach Sachverhaltsänderungen (z.B. Asylantragsstellung) und somit zu diesem Zeitpunkt noch erreicht werden kann. In dem Moment, in dem der Behörde objektiv erkennbar ist, dass das Ziel - wenn auch vorläufig - nicht erreicht werden kann, hat sie die Schubhaft aufzuheben.

 

Die Annahme, dass das Ziel auch noch erreichbar ist, wenn lediglich eine angeblich nur vorläufige - in Wahrheit kann der Ausgang des Asylverfahrens nicht vorweg genommen werden - Unzulässigkeit der Abschiebung vorliegt, scheint nicht vertretbar. Vor allem, wenn die Argumentation darauf hinausläuft, dass erst ab der endgültigen Entscheidung über den Asylantrag fest steht, ob die Abschiebung unzulässig ist und daher das Ziel der Schubhaft endgültig unerreichbar ist. Würde man der Rechtsansicht folgen und von der zulässigen Aufrechterhaltung der Schubhaft ausgehen, wäre von einer maximalen Schubhaftdauer von 2 Monaten auszugehen (der VwGH geht im Erkenntnis vom 14.9.2001, 2000/02/0319, aber davon aus, dass die längsmögliche Frist des § 69 Abs. 4 FrG heranzuziehen sei). Es bedarf keiner speziellen Feldforschung, um zu erkennen, dass ein zweistufiges Asylverfahren in 2 Monaten (grundsätzliche Verhandlungspflicht beim UBAS!) nicht durchgeführt werden kann. Im gegenständlichen Verfahren haben die Erhebungen beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz und beim UBAS ergeben, dass mit einer rechtskräftigen Erledigung in 2 Monaten (ab Einbringung des Asylerstreckungsantrages) nicht gerechnet werden kann. Wenn der VwGH im zitierten Erkenntnis auf "vage Argumente des Beschwerdeführers" abstellt und ihm vorhält, dass er nicht aufzeigt habe, dass im Beschwerdefall das Ziel der Schubhaft nicht (mehr) im Sinne des § 69 Abs. 2 erster Satz FrG innerhalb der längstmöglichen Schubhaftdauer (§ 69 Abs. 4 FrG) hätte erreicht werden können, ist in diesem Verfahren Gegenteiliges zu erkennen. Einerseits weisen die Asylverfahren in beiden Instanzen jeweils eine überlange Verfahrensdauer auf und andererseits lässt die bisherige Vorgangsweise des Bf. (6. Asylantrag) erahnen, dass er nach rechtskräftigem Abschluss dieses Asylverfahrens einen neuerlichen Asylantrag einbringen wird, um seine Abschiebung zu verhindern. Stellt man auf eine solche zu erwartende Vorgangsweise ab, dann ist zu ersehen, dass eine Außerlandesschaffung auch innerhalb der längstmöglichen Schubhaftdauer unerreichbar ist.

 

Nur dann, wenn der Grund für die Anordnung der Schubhaft nicht weggefallen ist oder das Ziel noch erreicht werden kann, darf die Schubhaft außer in den Fällen des Abs. 4 insgesamt 2 Monate dauern. Mit dem Verweis auf "Abs. 4" hat der Gesetzgeber aufgezeigt, dass er nach Abschluss des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung eine Verlängerung der Schubhaft nur bei bestimmten, erschöpfend aufgezählten Fällen, für zulässig erachtet. Nur in diesen Fallkonstellationen ist es der Behörde gestattet, die Schubhaft im gesetzlichen Rahmen zu verlängern, obwohl das Ziel - die Außerlandesschaffung - zu diesem Zeitpunkt nicht erreicht werden kann. Hätte der Gesetzgeber dies auch für die Fälle der Asylantragsstellungen beabsichtigt, dann kann ihm zugesonnen werden, dass er eine entsprechende Ausnahmeregelung vorgesehen hätte.

 

Gemäß Art. 1 Abs. 2 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit darf niemand aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. § 69 Abs. 4 FrG sieht eine taxative Aufzählung von Freiheitsbeschränkungen vor. Im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung können weitere Freiheitsbeschränkungen nicht in die zitierte Bestimmung hineininterpretiert werden.

 

Im Ergebnis war daher der Beschwerde Folge zu geben und der Schubhaftbescheid vom 13. Juni 2003 sowie die darauf beruhende Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Auf das weitere Vorbringen der Beschwerde brauchte nicht mehr eingegangen zu werden.

 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Fremdenbehörde eingeschritten ist, antragsgemäß der Ersatz des notwendigen Verfahrensaufwandes des Bf gemäß § 79a AVG iVm § 73 Abs 2 FrG 1997 für den Schriftsatzaufwand und für die zu entrichtenden Stempelgebühren aufzutragen. Nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2001 (BGBl II Nr. 499/2001) beträgt der Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand der beschwerdeführenden Partei 610 Euro.

 

Die für die Schubhaftbeschwerde zu entrichtende Eingabengebühr (Bundesstempelgebühr) beträgt 13 Euro. Dem Bw war demnach ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 623 Euro zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Stierschneider

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