Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400672/8/BMa/Sta

Linz, 30.12.2003

 

 

 VwSen-400672/8/BMa/Sta Linz, am 30. Dezember 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Beschwerde des P R, geb. , vertreten durch A G, S, L, vom 17. Oktober 2003, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Linz-Land zu Recht erkannt:

 

 

Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Anhaltung in Schubhaft in

der Zeit vom 14. Oktober 2003, 20.55 Uhr, bis 17. Oktober 2003, 14.54 Uhr,

für rechtswidrig erklärt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 und 73 Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997 - FrG 1997), BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 126/2002, iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.117/2002.

 
 
 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land, der vom Beschwerdeführer am 14.10.2003 übernommen wurde, Zl. Sich40-35017, hat die belangte Behörde gemäß § 61 Abs.1 und 2 FRG 1997 gegen den Beschwerdeführer (Bf), einen polnischen Staatsangehörigen, die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei polnischer Staatsangehöriger und im Besitz eines Reisepasses, welcher von 20. April 2002 bis 20. Dezember 2012 gültig sei. Er habe seinen Hauptwohnsitz in Tschechien und ein Zimmer am Nebenwohnsitz seines Schwagers in P. Er sei verheiratet, von Beruf Landwirt und Vater eines Kindes. Sein Einkommen betrage umgerechnet ca. 500 Euro.

Bei einer Verkehrskontrolle am 14. Oktober 2003 habe er sich nicht ausweisen können und falsche Daten zu seiner Person angegeben, sodass die EKIS-Anfrage zu diesen Daten negativ verlaufen sei. Dem Beschwerdeführer sei aufgetragen worden, mit dem Reisepass zum Gendarmerieposten Traun zu kommen und es sei auf Grund der Reisepassdaten neuerlich eine EKIS-Anfrage durchgeführt worden. Diese habe ergeben, dass der Beschwerdeführer, der am 13. Oktober 2003 nach Österreich eingereist sei, von der BPD Linz mit Bescheid vom 12. März 2002, der am 9. April 2003 rechtskräftig geworden sei, ausgewiesen worden sei. Die Ausweisung trete am 29.7.2009 außer Kraft. Er dürfe sich somit nicht im Bundesgebiet aufhalten und verfüge an Mitteln für seinen Unterhalt nur über 0,80 Euro und 38,53 Zloty.

Auf Grund der rechtskräftigen Ausweisung von 9. April 2003 bis 29. Juli 2009 dürfe er weder in das Bundesgebiet einreisen noch sich im Bundesgebiet aufhalten. Er sei aber unrechtsmäßig in das Bundesgebiet eingereist bzw. halte sich unrechtmäßig in diesem auf. Er habe kein Einkommen und sei als mittellos einzustufen, überdies habe er keinen festen Wohnsitz. Von der Anwendung des gelinderen Mittels müsse Abstand genommen werden, da der dringende Verdacht bestehe, er würde sich dem Verfahren durch "Untertauchen" entziehen. Deshalb sei zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen gewesen.

 

1.2. Dieser (nicht datierte) Schubhaftbescheid wurde vom Beschwerdeführer laut handschriftlichem Vermerk am 14.Oktober 2003 persönlich übernommen und daraufhin die Schubhaft durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Linz vollzogen.

 

1.3. Am 20. Oktober 2003 langte beim Oö. Verwaltungssenat die vom Vertreter des Herrn P eingebrachte Beschwerde vom 17. Oktober 2003 ein, mit welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, der Beschwerdeführer sei am 12. März 2003 aus Österreich ausgewiesen worden. Bei der Aufnahme der Niederschrift anlässlich dieser Ausweisung sei ihm gesagt worden, er müsse aus Österreich ausreisen und benötige für die neuerliche Einreise nach Österreich innerhalb eines Jahres ein Visum. Herr P habe am 16. Februar 2002 mit einem Begleitschein, den er bei der österreichischen Grenze abgegeben habe, Österreich verlassen. Es stimme nicht, dass er am 9. April 2003 ausgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe erst Anfang Mai 2003 für kurze Zeit Österreich besucht, weil seine Ausweisung nur für 1 Jahr gültig gewesen sei. Auch in dem auf seine Berufung vom 14. März 2002 folgenden Bescheid vom 26. März 2003 sei nicht erwähnt, dass die Ausweisung erst am 29. Juli 2009 außer Kraft trete.

Deshalb wird die Freilassung des Herrn P beantragt, überdies bestehe kein Grund, den Beschwerdeführer aus Österreich auszuweisen.

In einem Postskriptum wurde festgehalten, auf Grund eines Gespräches mit einem Beamten der BPD Linz am 17. Oktober 2003 sei dem Vertreter des Beschwerdeführers klar geworden, dass die Ausweisung erst am 9. April 2003 rechtskräftig geworden sei, weil Herr P gegen den Bescheid vom März 2002 eine Berufung eingebracht habe. Der Beschwerdeführer habe jedoch seine "Strafe abgesetzt", weil er vom 16. März 2002 bis Mai 2003 in Polen gewesen sei und Österreich nicht besucht habe. Nun habe er nur seine Familie und Bekannten in Österreich besuchen wollen.

 

1.4. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat ihre Verwaltungsakten am 29.10.2003 zur Entscheidung vorgelegt.

Anlässlich der Anforderung des Aktes bezüglich der Ausweisung des Bf im Jahr 2002 bei der BPD Linz wurde der Berufungsbescheid des Sicherheitsdirektors vom 26. März 2003 übermittelt und mitgeteilt, dass der erstinstanzliche Akt an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land übermittelt und noch nicht retourniert wurde. Eine Anforderung dieses Aktes bei der Bezirkshauptmannschaft ergab, dass er nicht auffindbar ist.

 

2. Der maßgebliche Sachverhalt konnte dennoch aufgrund der vorgelegten Akten(teile) und Schriftstücke festgestellt werden, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 73 Abs.2 Z1 FrG 1997 abgesehen werden konnte.

 

2.1. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ist für das zuständige Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenats als erwiesen anzusehen, dass der Bf mit Bescheid der BPD Linz vom 12. März 2002, Zl 1007022/FRB, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen wurde und am 16. März 2002 aufgrund dieser Ausweisung mit einem Begleitschein, den er bei der österreichischen Grenze abgegeben hat, das Bundesgebiet verlassen hat. Dennoch hat er gegen den Ausweisungsbescheid in offener Frist Berufung eingebracht. Der erstinstanzliche Bescheid wurde durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich mit Bescheid vom 26. März 2003, Zl. St056/02, bestätigt und ist am 9. April 2003 in Rechtskraft erwachsen. Im Bescheid des Sicherheitsdirektors wurde im ersten Absatz auf Seite 4 angeführt: "Sollten Sie zwischenzeitlich das Bundesgebiet der Republik Österreich verlassen haben oder Ihnen neuerlich ein Aufenthaltsrecht - gleich aus welchem Titel - zukommen, so entfaltet dieser Bescheid keine darüber hinausgehenden Wirkungen."

Am 13. Oktober 2003 ist der Beschwerdeführer mit einem gültigen Reisepass in das österreichische Bundesgebiet eingereist und am 14. Oktober 2003 wurde über ihn mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt und sofort vollzogen.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann der Unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 72 Abs.1 FrG von dem angerufen werden, der gemäß § 63 FrG festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das FrG angehalten wird oder wurde.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl.
§ 73 Abs.4 FrG ).

Der Beschwerdeführer wurde über Auftrag der belangten Behörde im Polizeianhaltezentrum Linz vom 14. Oktober 2003 bis zum 17.10.2003 angehalten. Seine Beschwerde wegen Anhaltung in Schubhaft ist daher zulässig.

 

Gemäß § 61 Abs.1 FRG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

 

3.2. Der Beschwerdeführer ist am 13. Oktober 2003 mit einem gültigen Reisepass in das Bundesgebiet Österreich eingereist und hat somit einen Aufenthaltstitel nach

§ 31 FrG. Mit dem Ausweisungsbescheid der BPD Linz, der erst nach der Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion am 9. April 2003 rechtskräftig geworden ist, ist Herr P nur zur Ausreise verpflichtet worden, es wurde ihm damit jedoch nicht die Wiedereinreise und der nachfolgende Aufenthalt verboten. Dem steht auch nicht entgegen, dass er dem Ausreisegebot durch seine Ausreise terminlich vor der Erlassung des die Ausreiseverpflichtung bestätigenden Ausweisungsbescheides nachgekommen ist.

Der Ausweisungsbescheid ist somit durch die Ausreise durchgesetzt und der Bescheid bereits bevor er rechtskräftig wurde konsumiert worden.

Zudem wurde die Ausweisung wegen des späteren Aufenthaltstitels ( der bei seiner Einreise verwendete gültige Reisepass wurde am 20. April 2002, also einem Zeitpunkt, der nach der Konsumtion des Ausweisungstitels liegt, ausgestellt) gegenstandslos (siehe § 40 Abs.3 FrG).

 

3.3. Die gegenständliche Schubhaft wurde zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Als Voraussetzung für die Abschiebung wurde begründend die rechtskräftige Ausweisung vom 9. April 2003 bis 29. Juli 2009 angeführt. Die Abschiebung ist im § 56 FrG geregelt und dient der Vollstreckung eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbots oder einer solchen Ausweisung.

Aus Pkt. 3.2. dieses Erkenntnisses folgt, dass der Titelbescheid im relevanten Zeitraum, nämlich Verhängung der Schubhaft, nicht (mehr) wirksam war. Die Voraussetzungen des § 56 Abs.1 Einleitung FrG lagen deshalb nicht vor.

 

Die Abschiebung war sohin nicht zulässig und die Schubhaft durfte nicht zu ihrer Sicherung verhängt werden. Ein anderer Schubhaftgrund ist nicht aktenkundig.

 

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es rechtlich nicht von Belang ist, dass sich das Datum 29. Juli 2009, nach dem die Rechtswirkung der Abschiebung nach Ansicht der belangten Behörde außer Kraft treten soll, auf einem Computerausdruck der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land aus der Fremdeninformationsdatei beim Bundesministerium für Inneres findet, da es keine Hinweise darauf gibt, dass der (mündlich verkündete) Ausweisungsbescheid der BPD Linz eine solche Befristung, welche im übrigen jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehren würde, beinhaltet hat.

Eine Prüfung, ob als gelinderes Mittel zur Durchsetzung der Ausweisung eine Ausreise mit Begleitschein von der Behörde gewählt hätte werden können (nach seiner Ausweisung im Jahre 2002 ist der Bf ebenfalls freiwillig mit Begleitschein ausgereist), erübrigt sich bei diesem Verfahrensergebnis.

 

4. Eine Entscheidung betreffend die Zuerkennung von Kosten konnte unterbleiben, da ein diesbezüglicher Antrag von der obsiegenden Partei nicht gestellt wurde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen, ein entsprechender Zahlschein liegt bei.


 

Mag. Gerda Bergmayr-Mann

 
 

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