Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400691/6/Ste

Linz, 28.07.2004

VwSen-400691/6/Ste Linz, am 28. Juli 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des S Q, vertreten durch RA Dr. B W, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers als rechtswidrig erklärt.

II. Der Bund (Verfahrenspartei: Bundespolizeidirektion Linz) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen
14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Auf Grund des Bescheids der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. Februar 2004, Zl. Sich40-34116, und des dazu ergangenen abweisenden Berufungsbescheids der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 11. Mai 2004, Zl. St 61/04, bestand jedenfalls im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft für den Rechtsmittelwerber seit 25. Mai 2004 ein (auf fünf Jahre befristetes) rechtskräftiges und durchsetzbares Aufenthaltsverbot.

1.2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. Juli 2004, Zl. 1025492/FRB, wurde über den Rechtsmittelwerber zur Sicherung des Verfahrens der Abschiebung die vorläufige Verwahrung (Schubhaft) verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Linz sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass gegen ihn ein rechtskräftiges, durchsetzbares Aufenthaltsverbot bestehe, das er offensichtlich nicht zur Kenntnis nehme und er der Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachgekommen wäre. Es sei davon auszugehen, dass er sich der Abschiebung nicht zur Verfügung halten werden.

2.1. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 19. Juli 2004 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen vor, dass er gegen das Aufenthaltsverbot Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben hat, der jedoch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bisher noch nicht entschieden hätte. Im Schubhaftbescheid wurde über ein gelinderes Mittel nicht abgesprochen. Er sei vom Bezirksgericht Linz-Land in einer Strafsache als Zeuge zur Hauptverhandlung am 31. August 2004 vorgeladen. In der Schubhaft stellte er einen Asylantrag, die Einvernahme dazu fand am 13. Juli 2004 statt. Er wohne in Linz bei seinem Bruder und sei mit Frau M K liiert (wozu jeweils die Adressen angeben sind). Jedenfalls bis 6. Juli 2004 hatte er ein Dienstverhältnis bei der Firma Rath.

Er räumt ein, sich vorläufig nicht rechtmäßig in Österreich aufzuhalten. Seiner Ansicht nach hat die Behörde allerdings nicht plausibel angenommen, dass er im Wissen um die drohende Abschiebung versuchen wird, sich dieser Maßnahme zu entziehen oder diese zu erschweren. Es würden sehr wohl die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) vorliegen. Er war ordnungsgemäß polizeilich gemeldet und ging regelmäßig seiner Arbeit in der Bäckerei nach. Er war mit der Behörde stets kooperationsbereit.

Aus allen diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2.3. Mit Beschluss vom 12. Juli 2004, Zl. AW 2004/18/0175 hat der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag des Rechtsmittelwerbers, der gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 11. Mai 2004, Zl. St 61/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, stattgegeben.

Daraufhin wurde der Rechtsmittelwerber am 21. Juli 2004, um 11.15 Uhr, aus der Schubhaft entlassen.

2.4. Die vom Rechtsmittelwerber ausdrücklich beantragte mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat konnte entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären war (§ 67d Abs. 2 Z. 3 AVG).

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002, hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bzw. die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf eine Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich diesem Verfahren entziehen werden.

Daraus folgt umgekehrt, dass ein Fremder, der sich - wie hier der Beschwerdeführer - nicht rechtmäßig in Österreich aufhält, auch dann in Schubhaft genommen werden kann, wenn es für die Behörde als plausibel scheint, dass dieser - im Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen - versuchen könnte, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen oder dieses zumindest zu erschweren, und darüber hinaus die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) nicht vorliegen.

3.1.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass sich der Rechtsmittelwerber - nachdem das gegen ihn verhängte Aufenthaltsverbot rechtskräftig war; an diese Entscheidungen ist der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 38 i.V.m. § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG gebunden - im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.

Der Rechtsmittelwerber hätte bereits seit 25. Mai 2004 (also in einem Zeitraum von rund 6 Wochen) die Möglichkeit gehabt, von sich aus das Bundesgebiet zu verlassen. Er unternahm - offenbar auch in der Hoffnung auf einen für ihn günstigen Ausgang des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof - allerdings nichts in diese Richtung und ging weiterhin seiner Arbeit nach. Nach eigenen Aussagen (vgl. die Berufung vom 2. März 2004 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. Februar 2004) stützte er insgesamt seine weitere Zukunftsplanung darauf, dass die Behörde über ihn kein Aufenthaltsverbot verhängen würde. Er ging also offenbar davon aus, dass er in Österreich bleiben könne.

Auf Grund dieser Umstände und angesichts des Gesamtverhaltens des Rechtsmittelwerbers war aber die Prognose der belangten Behörde, dass er sich im Wissen um die in Vollstreckung des Aufenthaltsverbots wohl unmittelbar drohende Abschiebung dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versuchen oder dieses zumindest erschweren könnte, jedenfalls nicht unvertretbar.

3.1.3. Andererseits ergibt sich aber sowohl aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt als auch aus dem Beschwerdevorbringen und der Gegenschrift der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer ordnungsgemäß polizeilich gemeldet war und in einem aufrechten Dienstverhältnis stand, das er tatsächlich bis zu seiner Festnahme auch erfüllte. Er war etwa daher (auch bei der Festnahme selbst) für die Behörde ohne Schwierigkeiten auffindbar und hat aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenats bei objektiver Betrachtung keine Schritte unternommen die in die Richtung gedeutet werden könnten, dass er sich angesichts der ihm drohenden Abschiebung tatsächlich verbergen werde oder im Verborgenen halten würde.

In Verbindung mit dem Umstand, dass er in den bisherigen Verfahren bei Verwaltungsbehörden und Gerichten durchaus kooperationsbereit war sowie unter Beachtung der notwendigen Verhältnismäßigkeit, liegt darin nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats aber grundsätzlich die Möglichkeit der Anwendung eines gelinderen Mittels im Sinn des § 66 FrG, das die Verhängung der Schubhaft als letzte Möglichkeit und wesentlichen Eingriff in die persönliche Freiheit ausschließt.

Damit war aber nicht von vorneherein als denkunmöglich auszuschließen, dass ein Grund zur Annahme besteht, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Die belangte Behörde hat allerdings diese Möglichkeit offenbar überhaupt nicht erwogen, jedenfalls ist dem Verwaltungsakt keine solche Abwägung zu entnehmen. Indem die belangte Behörde diese vom Gesetz vorgesehene Alternative aber in keiner Weise in Erwägung gezogen hat, erweist sich die Schubhaftverhängung, soweit sie auf § 61 Abs. 1 FrG gestützt wurde, als rechtswidrig.

3.3. Der vorliegenden Beschwerde war daher nach § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers als rechtswidrig zu erklären.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG iVm. § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003 Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Gebühren: 13,00 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 31.08.2004, Zl.: 2004/21/0208-3

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum