Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400714/13/BMa/Be

Linz, 02.08.2005

 

 

 VwSen-400714/13/BMa/Be Linz, am 2. August 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Beschwerde des A N, vertreten durch S E W D, wegen Anhaltung in Schubhaft ab Zustellung des VwGH-Beschlusses über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in seinem Asylverfahren bis

3. Mai 2005, 13:15 Uhr, durch den Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die Anhaltung des Beschwerdeführers beginnend mit 27. April 2005 bis 3. Mai 2005, 13:15 Uhr, für rechtswidrig erklärt wird.
  2. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:
§ 67c Abs.3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004; §79 AVG
 
 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 8. März 2005, Zl. Sich41-245-2004, wurde über den Rechtsmittelwerber, einen Staatsangehörigen von Kamerun, zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und diese am 9. März 2005, 8.00 Uhr, unmittelbar nach Beendigung seiner Strafhaft in der Justizanstalt Ried i.I. durch Anhaltung in der JA Ried/Innkeis vollzogen.

Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, die BPD Wien haben gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) mit rechtskräftigem Bescheid vom 22.1.2004, Zl. III-1152013/Frb/04, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für Österreich erlassen. Von 21.1. bis 22.1.2004 habe sich der Bf in Schubhaft der BPD Wien befunden. Der Bf verfüge derzeit über keinen festen Wohnsitz in Österreich, habe keine Angehörigen, gehe keiner legalen Beschäftigung nach, sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Er verfüge über Barmittel in Höhe von 144,79 Euro, besitze keinen Reisepass und auch sonst keinerlei Identitätsnachweise. Es bestehe ernsthaft die Gefahr, dass er sich mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung bei einer Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft dem Zugriff der Behörde entziehen und dadurch die fremdenpolizeilichen Maßnahmen vereiteln oder wesentlich erschweren könne. Der Zweck der Schubhaft könne durch Anwendung eines gelinderen Mittels gemäß § 66 FrG nicht erreicht werden, weil aufgrund des dargestellten Sachverhalts zu befürchten sei, dass er untertauchen und erneut straffällig werden würde.

Die Abschiebung des Bf sei aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit gemäß § 56 Abs.1 Z.1 FrG dringend geboten. Sie sei aber auch nach § 56 Abs.1 Z.3 FrG notwendig, weil aufgrund bestimmter Tatsachen, nämlich ungeklärter Identität, ernsthaft zu befürchten sei, dass er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde. Diese Annahme werde auch dadurch gestützt, dass er die Abnahme von Fingerabdrücken im Zusammenhang mit der Einholung eines Heimreisezertifikates ebenso abgelehnt habe wie die Durchführung einer Sprachanalyse.

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende am 2. Mai 2005 per Telefax beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, er habe am 11. November 2003 als Staatsbürger von Kamerun Asyl beantragt. Am 19. März 2004 habe ihm das Bundesasylamt die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Abs.2 Asylgesetz erteilt. Am 24. Februar 2005 habe der Unabhängige Bundesasylsenat seine Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. März 2004 abgewiesen.

Mit Beschluss vom 14. April 2005, Zl. AW2005/01/0059-3, zugestellt am 26. April 2005, habe der Verwaltungsgerichtshof seiner gegen den vorangeführten Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die aufschiebende Wirkung sei jedenfalls am 2. Mai 2005, 15:30 Uhr, schon im AIS verzeichnet gewesen.

Seit der Zustellung des VwGH-Beschlusses über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an den unabhängigen Bundesasylsenat sei daher seine Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig. Die Behörde habe entsprechende Vorkehrung zu treffen, dass ihr schubhaftrelevante Entscheidungen sofort bekannt würden. Es könne nicht Sache des Beschwerdeführers sein, die Behörde darauf aufmerksam zu machen, dass seine weitere Anhaltung in Schubhaft unrechtmäßig sei.

Daher wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft seit der Zustellung des VwGH-Beschlusses und die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen, beantragt. Überdies wurde ein Kostenbegehren gestellt.

1.3. Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2005, Sich41-245-2004, hat die belangte Behörde den bezughabenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nach Beendigung seiner Strafhaft in der Jusitzanstalt Ried i.I. in der Zeit von 3. März 2005, 8:00 Uhr, bis 3. Mai 2005, 13.15 Uhr, in Schubhaft angehalten worden. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach die Anhaltung in Schubhaft ab Zustellung des Beschlusses des VwGH, mit dem die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, rechtswidrig sei, wird entgegengetreten, da im konkreten Fall der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten sehr wohl dazu gehalten gewesen wäre, die Fremdenpolizeibehörde unverzüglich über das nachträgliche Eintreten der entscheidungsrelevanten Tatsache, die Rechtsfolgen nach sich ziehe, in Kenntnis zu setzen. Um so mehr müsse dies für Sachverhalte gelten ("erhöhte Mitwirkungspflicht"), die "vorerst" nur der Partei bekannt seien, der Behörde aber zwangsläufig erst später zur Kenntnis gelangen könnten.

Dadurch, dass der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter die maßgebliche Tatsache (Beschlusszustellung) nicht ohne unnötigen Aufschub, sondern erst im Rahmen der Einbringung der gegenständlichen Schubhaftbeschwerde bekannt gegeben habe, habe er die über die Beschlusszustellung hinausgehende Anhaltung selbst zu verantworten. Es erscheine unsachlich und lebensfremd, von der Behörde eine tägliche oder vielleicht mehrmals tägliche Nachschau im Asylwerberinformationssystem (AIS) zu erwarten. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass selbst Eintragungen im AIS nur mit zeitlicher Verzögerung vorgenommen werden könnten.

Sohin verwundere der Umstand, dass gegen die Anhaltung ab dem 26. April 2005 einerseits Beschwerde geführt werde, diese andererseits aber - bei rascher telefonischer Information oder Fax - Verständigung der Behörde von Seiten des Parteienvertreters - (weitgehend) vermieden hätte werden können.

 

2. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Nach § 72 Abs.1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 151/2004 (im Folgenden FrG), hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs.1 FrG können Fremde u.a. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltverbotes bzw. die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf eine Schubhaft nur verhängt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich dem Verfahren entziehen werden.

2.2. Im gegenständlichen Fall wurde die Verhängung der Schubhaft durch die belangte Behörde nicht in Beschwer gezogen, sondern erst die Aufrechterhaltung der Schubhaft ab Zustellung des VwGH Beschlusses vom 14. April 2005, Zl. AW2005/0059-3, mit dem der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde des Rechtsmittelwerbers im Asylverfahren gegen den Bescheid des UBAS die aufschiebende Wirkung zuerkannt hatte. Dieser Beschluss, der die Wirkung entfaltet, dass dem Antragsteller die Rechtsstellung zukommt, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochten Bescheides hatte, wobei damit im besonderen jede Zurück- oder Abschiebung der antragstellenden Partei aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist, wurde gemäß Eingangsstempel der Kanzlei des S E W D, am 26. April 2005 dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zugestellt.

Gemäß telefonischer Auskunft einer Bearbeiterin des VwGH (Aktenvermerk vom 2. August 2005) wurde dieser Beschluss am 26. April 2005 dem UBAS zugestellt.

Der Beschluss des VwGH ist erst mit seiner Erlassung rechtlich existent. Die Erlassung ist nach herrschender Auffassung mit der Zustellung an den Bescheidadressaten - bei mehreren Bescheidadressaten mit Zustellung an einen von diesen - bewirkt.

Im konkreten Fall entfaltet der Beschluss des VwGH mit Zustellung an die Parteien des Asylverfahrens, die bei beiden Parteien am gleichen Tag, nämlich am 26. April 2005, erfolgte, seine Rechtswirkungen. Konkrete Angaben über den genauen Zeitpunkt der Zustellung konnten vom Vertreter des Beschwerdeführers nicht gemacht werden, sodass zugunsten der belangten Behörde davon auszugehen ist, dass der Beschluss des VwGH mit Ablauf des 26. April 2005, somit ab 27. April 2005, seine Rechtswirkungen entfaltet. Mit diesem Zeitpunkt hat der Beschwerdeführer wieder die Rechtsstellung als Asylwerber wie vor Erlassung des von ihm angefochtenen Bescheides inne, das bedeutet, dass im Besonderen jede Zurück- oder Abschiebung aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist.

Mit Rechtskraft des vorerwähnten VwGH-Beschlusses ist die Fortsetzung der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft, die aus dem alleinigen Zweck der Sicherung der Abschiebung verhängt wurde, unzulässig.

Das Vorbringen der belangten Behörde, sie habe keine Kenntnis von diesem Beschluss des VwGH gehabt und den Rechtsmittelwerber treffe eine Mitwirkungspflicht dahingehend, dass er Sachverhalte, die (vorerst) nur ihm bekannt seien, der Behörde bekannt geben müsse, ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Rahmen der Prüfung der Schubhaftbeschwerde, in deren Umfang nur die Rechtmäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft zu prüfen ist, irrelevant.

Diese Angaben stellen auf die Zuweisung der Schuld an der Aufrechterhaltung der Schubhaft ab; diese Frage ist aber im Rahmen der Schubhaftbeschwerde nicht zu prüfen. Eine allfällige Mitschuld des Bf an der Aufrechterhaltung der Schubhaft nach Wegfall der Voraussetzungen für diese, macht sie nicht rechtmäßig.

Ein Abspruch über den Antrag auf Prüfung der Voraussetzungen der Fortsetzung der Schubhaft hat sich durch die Beendigung dieser am 3. Mai 2005 erübrigt.

3. Unter den gegeben Umständen war daher der vorliegenden Beschwerde stattzugeben und gemäß § 67c Abs.3 die Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung festzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs.1, Abs.2 und Abs.4 Z. 1 und 3 AVG iVm § 1 Z.1 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl.Nr.II 334/2003, Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Stempelgebühren: 13 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Mag. Bergmayr-Mann

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