Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400728/6/SR/Ri

Linz, 22.08.2005

 

 

 

VwSen-400728/6/SR/Ri Linz, am 22. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des T S, geb. C S, alias B R, StA von Serbien und Montenegro, vertreten durch Mag. Dr. N B, S M, Tplatz, L, wegen Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft im PAZ Linz seit 11. August 2005 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die Anhaltung in Schubhaft vom 11. August 2005 bis zum 22. August 2005, 14.27 Uhr für rechtswidrig erklärt wird. Gleichzeitig wird festgestellt, dass für die daran anschließende Anhaltung und für die Fortsetzung der Schubhaft die maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
  2. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde war abzuweisen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 Abs. 1, 73 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 11. August 2005, AZ Sich40-3139-2005, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt.

 

Begründend wurde neben der Darstellung seiner erstmaligen illegalen Einreise in Österreich im Jahre 1990 unter vorgetäuschter Identität ausgeführt, dass der Bf im Zuge seiner Asylantragstellung bekannt gegeben habe, dass er bei seinem Bruder in W, Kgasse, Unterkunft nehmen werde. Nach seiner niederschriftlichen Asyl-Ersteinvernahme sei ihm nachweislich ein Ladungstermin für seine Zweiteinvernahme am 5. August 2005 ausgefolgt worden. Da er dem Ladungstermin keine Folge geleistet habe, sei sein Asylverfahren wegen unrechtmäßiger Entfernung nach § 30 AsylG eingestellt worden. Demzufolge habe er sich im Asyl-Zulassungsverfahren ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle Ost entfernt und sei illegal aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgereist. Das Asylverfahren in Österreich sei seitens des BAA, EAST-Ost am 13.07.2005 (im Akt handschriftlich geändert auf: 05.08) gemäß § 30 AsylG eingestellt worden.

 

Weiters hätte in Erfahrung gebracht werden können, dass der Bf bescheidmäßig eine Namensänderung durchführen habe lassen und sein Sohn H S, geb. am 9. April 1989, StA von Serbien und Montenegro, auf gleiche Weise wie der Bf illegal über Ungarn nach Österreich eingereist sei. Nach der Asylantragstellung am 11. Juli 2005 in Traiskirchen habe sich der Sohn des Bf dem Asylverfahren entzogen, sei illegal nach Deutschland gereist, in Deutschland festgenommen und auf Grund des Dublinabkommens am 5. August 2005 nach Österreich, EAST-West, zur Weiterführung des Asylverfahrens rücküberstellt worden. Laut Angaben des Sohnes des Bf habe dieser vor der illegalen Ausreise nach Deutschland als Wohnadresse "W, Kgasse" angegeben. Zur Sicherung des Asylverfahrens, sowie zur Sicherung einer Ausweisung oder der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei am 5. August 2005 über den Sohn des Bf die Schubhaft verhängt worden.

 

Ferner führte die belangte Behörde aus, dass der Bf völlig mittellos sei und über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz verfüge. Mit Einstellung des Asylverfahrens sei der Bf kein Asylwerber mehr sondern Fremder mit einem faktischen, vorläufigen Aufenthaltsschutz.

 

Auf Grund des geschilderten Sachverhaltes und seines bisher gezeigten Verhaltens im Bundesgebiet - illegale Einreise; Asylantragstellung; unrechtmäßiges Entfernen - sei zu befürchten, dass "sich der Bf, wieder auf freiem Fuß, dem weiteren Zugriff der Behörde wieder entziehen" werde. Von der Erlassung des gelinderen Mittels hätte Abstand genommen werden müssen, da sich der Bf bereits einmal dem Zugriff der Behörden entzogen habe.

 

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft ab dem 11. August 2005 richtet sich die vorliegende, per FAX am 12. August 2005, 13.17 Uhr übermittelte und am 16. August 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

 

Darin bringt der Vertreter des Bf einleitend vor, dass Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft erhoben würde. Anschließend stellt er den Antrag, die Anhaltung in Schubhaft möge für rechtswidrig erklärt werden.

 

Im Wesentlichen führt der Vertreter des Bf aus, dass der Bf den Einvernahmetermin am 5. August 2005 in der EAST-Ost wegen Erkrankung nicht wahrnehmen habe können. Von der krankheitsbedingten Verhinderung habe er die EAST-Ost telefonisch verständigt. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, dass er einen neuen Ladungstermin erhalten werde. Er habe beabsichtigt, anlässlich des neuen Termins eine ärztliche Bestätigung vorzulegen. Weiterhin habe er bei seinem Bruder an der bekannt gegebenen Adresse gewohnt.

 

Am 11. August 2005 habe nach "erfolgter Ladung" die zweite Einvernahme in der EAST-West stattgefunden. Die Einvernahme habe deshalb in der EAST-West stattgefunden, da sein Sohn im PAZ Linz in Schubhaft genommen worden sei.

 

Der Bf sei aus freien Stücken aus Wien kommend zur EAST-West angereist und habe dort die ärztliche Bestätigung vorgelegt. Im Gefolge der Einvernahme sei er in Schubhaft genommen worden.

 

Entgegen den Ausführungen im Schubhaftbescheid habe er sich nicht ungerechtfertigt aus der EAST-Ost entfernt, da er bei der Ersteinvernahme die private Wohnadresse bekannt gegeben habe. Der Behörde sei die Adresse bekannt gewesen und die neuerliche Ladung an die EAST-West sei ihm an dieser Adresse zugestellt worden. Er habe jederzeit sein Interesse an der Fortführung des Asylverfahrens gezeigt. So habe er sich wegen der Erkrankung telefonisch entschuldigt und in der Folge den weiten Weg aus Wien zur Einvernahme in der EAST-West auf sich genommen. Während des gegenständlichen Asylverfahrens sei er nicht aus dem Bundesgebiet ausgereist. Es sei auch nicht erkennbar, weshalb sein Asylverfahren am 13. Juli 2005 gemäß § 30 AsylG eingestellt worden sei. Hiefür habe es keine Berechtigung gegeben. Die im Schubhaftbescheid enthaltene Begründung der belangten Behörde lege die Annahme nahe, dass diese irrtümlich die Bescheidbegründung den minderjährigen Sohn des Bf betreffend übernommen habe und in der Folge von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Beispielsweise würde auf das unzutreffende Einstellungsdatum hingewiesen.

 

Jedenfalls erweise sich die Verhängung der Schubhaft als rechtswidrig, weil die belangte Behörde von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Weiters habe kein Grund zur Annahme bestanden, dass sich der Bf dem weiteren Verfahren oder dem Zugriff der Behörde entziehen werde.

Abschließend wird der pauschalierte Kostenersatz begehrt.

 

2. In der Gegenschrift vom 16. August 2005 bringt die belangte Behörde vor, dass der Asylantrag des Bf, Zl. 05 11.437 vom BAA EAST-Ost am 5. August 2005 gemäß § 30 Abs. 1 AsylG eingestellt worden sei, weil der Bf die Zweiteinvernahme mit dem telefonischen Hinweis erkrankt zu sein verschoben und es unterlassen habe, die Arztbestätigung zu übermitteln. Der Versuch, den Bf neuerlich zur Zweiteinvernahme am 16. August 2005 zum BAA EAST-Ost zu laden, sei daran gescheitert, dass der RSA-Brief mit dem Vermerk "Anschrift ungenügend" retourniert worden sei. Anzumerken sei, dass sich der Bf bei seinem Bruder polizeilich nicht angemeldet habe.

 

Am 11. August 2005 sei der Bf um 09.00 Uhr zur Ersteinvernahme seines Sohnes vor dem Bundesasylamt EAST-West erschienen. Nachdem über den Bf die Schubhaft verhängt worden sei, habe er sein Nichterscheinen vor dem BAA EAST-Ost mit seiner Erkrankung erklärt und als Arztbescheinigung ein "Rezept", das gleichzeitig eine Arzneimittelempfangsbestätigung darstelle vorgewiesen. Eine Bestätigung, dass der Bf am 5. August 2005 nicht einvernahmefähig gewesen sein sollte, habe der Bf nicht vorlegen können. Die Einstellung des Asylverfahrens sei daher als rechtskonform anzusehen.

 

Für die belangte Behörde stehe fest, dass der Bf illegal in das Bundesgebiet eingereist und sich im Besonderen vom 5. bis zum 11. August 2005 als Fremder (mit faktischem Abschiebeschutz durch das eingestellte Asylverfahren) unstet im Bundesgebiet aufgehalten habe. Darüber hinaus habe er einer Anordnung der Asylbehörde zum persönlichen Erscheinen nicht Folge geleistet und sich damit ungerechtfertigt dem Asyl-Zulassungs-Verfahren entzogen. Derzeit sei der Bf nicht im Besitz eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes nach dem AsylG.

 

Am 4. August 2005 sei vom BAA EAST-Ost das Konsultationsverfahren mit Ungarn eingeleitet worden. Im Zuge der zweiten niederschriftlichen Einvernahme vor dem BAA EAST-West sei dem Bf die beabsichtigte Zurückweisung seines Asylantrages mitgeteilt worden. Auf Grund der Tatsache, dass der Bf über ein gültiges ungarisches Visum verfüge, sei in den nächsten Tagen mit einer bescheidmäßigen Erledigung des Asylantrages gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 4 AsylG iVm § 64 Abs. 2 AVG (sofortige Durchsetzbarkeit) zu rechnen.

 

Abschließend wird die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint.

 

Am 22. August 2005 teilte die belangte Behörde ergänzend mit, dass dem Bf am 22. August 2005 der Bescheid des Bundesasylamtes, EAST-West, Zl. 05 11.437 im PAZ ausgefolgt worden sei. Mit dem angeführten Bescheid sei der Asylantrag des Bf gemäß § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und gemäß § 5a AsylG die Ausweisung nach Ungarn verfügt worden. Weiters sei die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen den vorliegenden Bescheid ausgeschlossen worden.

 

3.2. Auf Grund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:

Der Bf reiste erstmals im Jahre 1990 in Österreich ein und wurde am 5. November 1990 am GPK Wals erkennungsdienstlich behandelt. Zum Nachweis seiner Identität bediente er sich eines gefälschten Reisedokuments. Gegenüber den einschreitenden Organen behauptete der Bf "R B (geb. am in C)" zu sein.

 

Neuerlich reiste der Bf am 30. Juli 2005 von Ungarn kommend in das Bundesgebiet ein. Am GÜP Mörbisch wurde der Bf nach seiner illegalen Einreise vorläufig festgenommen und zum Bundesasylamt EAST-Ost zur formellen Einbringung seines Asylantrages vorgeführt. Bei der Einvernahme in der EAST-Ost legte der Bf einen gültigen Personalausweis vor, in dem sich ein für Ungarn gültiges Reisevisum befand. Im Zuge der Antragstellung gab der Bf bekannt, dass er keine Unterkunft benötige, da er bei seinem Bruder in der Kgasse in W Unterkunft nehmen werde. Nach der niederschriftlichen Ersteinvernahme in der EAST-Ost wurde dem Bf der Ladungstermin für seine Zweiteinvernahme am 5. August 2005 nachweislich bekannt gegeben und eine Ladung ausgefolgt.

 

Da der Bf am 5. August 2005 der Ladung nicht Folge leistete wurde das Asylverfahren gemäß § 30 Abs.1 Asylgesetz eingestellt. Vermutlich zeitversetzt gab der Bf am 5. August 2005 in der EAST-Ost telefonisch bekannt, dass er auf Grund seiner Erkrankung nicht zum Einvernahmetermin erscheinen könne. Entsprechend den Eintragungen in der Datengruppe A im AIS ist davon auszugehen, dass die telefonische Mitteilung des Bf erst nach der Einstellung des Asylverfahrens erfolgt ist. Weiters ist aus der Datengruppe A ersichtlich, dass am 5. August 2005 eine neuerliche Ladung für den 16. August 2005 abgeschickt worden ist.

 

Am 11. August 2005 wurde dem BAA EAST-Ost der Ladungsbescheid, der mittels RSa-Brief dem Bf zugestellt werden sollte, mit dem Vermerk "Anschrift ungenügend" retourniert.

 

Dem Verfahrensablauf im AIS ist zu entnehmen, dass das Asylverfahren bis 11. August 2005 eingestellt war.

 

Ohne geladen zu sein erschien der Bf am 11. August 2005 um 9.00 Uhr beim BAA EAST-West. Der Bf wollte als Erziehungsberechtigter an der Ersteinvernahme seines Sohnes H S, der sich zu diesem Zeitpunkt in Schubhaft befand, teilnehmen.

 

Im Zuge der Vorsprache wurde über den Bf die Schubhaft verhängt.

 

Während der fremdenpolizeilichen Befragung wies der Bf eine Arzneiempfangsbestätigung vor und versuchte damit sein Fernbleiben beim BAA EAST-Ost zu rechtfertigen.

 

Eine ZMA-Anfrage ergab, dass der Bf an der von ihm bekannten Zustelladresse nicht polizeilich gemeldet ist.

 

Der Bf verfügt über keinerlei Aufenthaltsberechtigung für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Der Bf genoss gemäß § 19 Abs.1 AsylG faktischen Abschiebeschutz bis zum 22. August 2005, 14.27 Uhr.

 

Am 4. August 2005 wurde vom BAA EAST-Ost das Konsultationsverfahren mit Ungarn eingeleitet und am 16. August 2005, eingelangt bei der EAST-West am 17. August 2005, hat Ungarn der Übernahme des Bf zugestimmt.

 

Mit Bescheid des BAA EAST-West vom 22. August 2005, Zl. 05 11.437 wurde der Asylantrag des Bf gemäß § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und gemäß § 5a AsylG gegen ihn die Ausweisung nach Ungarn erlassen. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen den angeführten Bescheid ausgeschlossen.

 

Der Bf wurde von der belangten Behörde im Anschluss an die Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes in Kenntnis gesetzt, dass sich die Schubhaft nunmehr auf § 34b Abs. 1 Z2 AsylG stützt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 134/2002 (im Folgenden: FrG), hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

 

Der Bf wird zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft angehalten.

 

Seine Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ist zulässig, aber teilweise unbegründet.

 

4.2. Gemäß § 1 Z. 3 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl I Nr. 76/1997, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 129/2004) ist unter Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung zu verstehen.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG ist ein Asylantrag gestellt, wenn Fremde auf welche Weise immer gegenüber einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu erkennen geben, in Österreich Schutz vor Verfolgung zu suchen.

 

Gemäß § 3 Abs. 3 leg. cit. ist ein Asylantrag eingebracht, wenn der Fremde entweder persönlich in einer Erstaufnahmestelle den Antrag stellt oder von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstaufnahmestelle vorgeführt (§ 18) wird.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. können Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, bis zur Erlangung der Aufenthaltsberechtigungskarte oder bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz). § 17 gilt.

 

Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. finden auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz im Sinne des § 19 Abs. 1 genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde, die §§ 36 Abs. 2 Z 7 sowie 61 bis 63 FrG keine Anwendung. § 61 FrG findet jedoch Anwendung, wenn der Asylantrag von einem Fremden gestellt wird, über den vor Antragstellung die Schubhaft verhängt wurde und diese aufrecht ist.

 

Gemäß § 24a Abs. 7 leg. cit. hat bei der neuerlichen Einvernahme der Rechtsberater anwesend zu sein. Zu Beginn der neuerlichen Einvernahme ist dem Asylwerber das bisherige Beweisergebnis vorzuhalten. Der Asylwerber hat die Möglichkeit, weitere Tatsachen und Beweismittel anzuführen oder vorzulegen. Mit der zurückweisenden oder abweisenden Entscheidung endet der faktische Abschiebeschutz.

 

Gemäß § 24a Abs. 8 leg. cit. ist der Antrag zugelassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringung des Antrages entscheidet, dass der Asylantrag als unzulässig gemäß der §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18. Februar 2003 geführt; Abs. 4 gilt. Die Abweisung des Asylantrages gemäß § 6 oder eine Entscheidung gemäß der §§ 7 oder 10 ersetzt die Entscheidung im Zulassungsverfahren. Satz 1 gilt nicht, wenn sich der Asylwerber dem Verfahren entzieht und das Verfahren eingestellt oder als gegenstandslos abgelegt wird.

 

Gemäß § 30 Abs. 1 leg.cit. sind Asylverfahren, über deren Zulässigkeit noch nicht abgesprochen wurde (§ 24a) einzustellen, wenn eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes noch nicht erfolgen kann und sich der Asylwerber aus der Erstaufnahmestelle ungerechtfertigt entfernt hat. Ungerechtfertigt ist das Entfernen aus der Erstaufnahmestelle dann, wenn der Asylwerber trotz Aufforderung zu den ihm vom Bundesasylamt gesetzten Terminen nicht kommt und er nicht in der Erstaufnahmestelle angetroffen werden kann. Ein Krankenhausaufenthalt ist jedenfalls kein ungerechtfertigtes Entfernen aus der Erstaufnahmestelle.

 

Gemäß § 34b Abs. 1 leg. cit. kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Ausweisung oder Abschiebung mit Bescheid anordnen, wenn

  1. der Asylwerber sich im Zulassungsverfahren ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hat oder
  2. gegen den Asylwerber eine - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung gemäß der §§ 5a und 6 erlassen wurde.

 

Gemäß § 34b Abs. 2 leg. cit. findet das Fremdengesetz auf Asylwerber, über die die Schubhaft verhängt worden ist, insgesamt Anwendung.

 

4.3.1. Wie sich aus der Aktenlage eindeutig nachvollziehbar ergibt, war der Bf zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Fremder und nicht Asylwerber iSd AsylG. Dies deshalb, da das Asylverfahren von der zuständigen Asylbehörde am 5. August 2005 eingestellt worden war. Die belangte Behörde hat u.a. die Schubhaft gemäß § 34b Abs.1 Z1 AsylG angeordnet. Die angeführte Bestimmung ermächtigt die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde Asylwerber in Schubhaft zu nehmen. Da zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft der Bf kein Asylwerber war, konnte sich die belangte Behörde nicht auf die genannte Bestimmung stützen.

 

Es stellt sich jedoch weiter die Frage, ob die Anordnung der Schubhaft und deren Aufrechterhaltung auf das Fremdengesetz gestützt werden kann.

 

Unstrittig handelt es sich beim Bf um einen Fremden, der einen Asylantrag gestellt hat. Gemäß § 19 Abs.1 AsylG kommt solchen Fremden ein faktischer Abschiebeschutz zu. Davon ist auch die belangte Behörde in der Gegenschrift ausgegangen.

 

Gemäß § 21 Abs.1 AsylG finden die §§ 61 bis 63 FrG auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz iSd § 19 Abs.1 AsylG genießen, keine Anwendung. § 61 FrG findet jedoch Anwendung, wenn der Asylantrag von einem Fremden gestellt wird, über den vor Antragstellung die Schubhaft verhängt wurde und diese aufrecht ist.

 

Da der Bf vor der Anordnung der Schubhaft einen Asylantrag gestellt hatte und dieses Verfahren lediglich eingestellt worden ist, kommt die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs.1 AsylG nicht zum Tragen. Schon auf Grund des § 21 Abs.1 AsylG war es der belangten Behörde während der Zeit, in der der Bf über faktischen Abschiebeschutz verfügte, verwehrt, die Anordnung der Schubhaft bzw die Verhängung der Schubhaft auf das Fremdengesetz zu stützen.

 

Nach der Verhängung der Schubhaft und der fremdenpolizeilichen Befragung wurde der Bf dem BAA, EAST-West vorgeführt. Vor Beginn der asylbehördlichen Einvernahme wurde die Einstellung aufgehoben und das Asylverfahren fortgesetzt. Ab diesem Zeitpunkt ist der Bf wieder als Asylwerber zu betrachten.

 

4.3.2. Nunmehr ist zu prüfen, ob die belangte Behörde auf Grund der geänderten Sachlage die Schubhaft auf § 34b Abs.1 Z1 AsylG stützen konnte.

 

Als Erkenntnisquellen zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes standen der belangten Behörde einerseits das AIS, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens der zuständigen Asylbehörde und die eigenen Erhebungen zur Verfügung.

 

Dem Verfahrensablauf im AIS konnte die belangte Behörde entnehmen, dass das Asylverfahren gemäß § 30 Abs.1 AsylG eingestellt worden war. § 30 Abs.1 AsylG sieht vor, dass Asylverfahren einzustellen sind, wenn eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes noch nicht erfolgen kann und sich der Asylwerber aus der Erstaufnahmestelle ungerechtfertigt entfernt hat. Die Einstellung setzt somit einerseits voraus, dass der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht und andererseits, dass sich der Asylwerber aus der Erstaufnahmestelle ungerechtfertigt entfernt hat. Im gegenständlichen Verfahren wurde dem Bf gestattet, außerhalb der Erstaufnahmestelle bei seinem Bruder Unterkunft zu nehmen.

 

Der Aktenlage und den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens kann nicht entnommen werden, dass der Bf seiner Ankündigung, bei seinem Bruder Unterkunft zu nehmen, nicht nachgekommen wäre. Die Unterlassung der polizeilichen Anmeldung bewirkt aber noch nicht, dass von einer ungerechtfertigten Entfernung gesprochen werden kann.

 

§ 30 Abs.1 AsylG definiert ein Entfernen als ungerechtfertigt, wenn der Asylwerber trotz Aufforderung dem Einvernahmetermin nicht nachkommt und er in der Erstaufnahmestelle nicht angetroffen werden kann. Offensichtlich hat der Gesetzgeber ursprünglich eine Unterkunftsnahme außerhalb der Erstaufnahmestelle nicht vorgesehen bzw. eine solche nicht beabsichtigt gehabt. Räumt jedoch die zuständige Behörde dem Asylwerber die Möglichkeit ein, auch außerhalb der Erstaufnahmestelle Unterkunft zu nehmen, dann kann nur ein vergleichbares "Fehl-" Verhalten zu einer Einstellung des Asylverfahrens gemäß § 30 Abs.1 AsylG führen.

 

Fest steht zwar, dass der Bf der Ladung nicht Folge geleistet hat. Es ist jedoch aktenkundig, dass er sein Nichterscheinen vermutlich rechtszeitig krankheitsbedingt zu entschuldigen versuchte. Ob das vorgelegte "Rezept" bzw "die Arzneimittelausfolgebestätigung" sein Nichterscheinen ausreichend entschuldigen kann, bedarf hier keiner weiteren Prüfung, da zumindest eine weitere Voraussetzung für ein ungerechtfertigtes Entfernen von der Erstaufnahmestelle (hier: private Unterkunft) nicht überprüft worden ist. Nachdem keinerlei Erhebung an der privaten Unterkunftsstelle stattgefunden hat, konnte auch nicht festgestellt werden, ob der Bf dort angetroffen werden hätte können.

 

Auf Grund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses durfte die belangte Behörde iSd § 34b Abs.1 Z1 AsylG nicht davon ausgehen, dass sich der Bf im Zulassungsverfahren ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle (hier: der bekannt gegebenen Unterkunft) entfernt hat.

 

Die Anhaltung des Bf als Asylwerber konnte daher nicht auf § 34b Abs. 1 Z1 AsylG gestützt werden.

 

4.3.3.1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, EAST-West vom 22. August 2005, Zl. 05 11.437, zugestellt am 22. August 2005 um 14.27 Uhr, wurde der Asylantrag des Bf gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen, gemäß § 5a AsylG die Ausweisung nach Ungarn erlassen und einer Berufung gegen den Bescheid gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gemäß § 34b Abs. 1 Z2 AsylG kann die Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung mit Bescheid gegen den Asylwerber angeordnet werden, wenn gegen ihn eine - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung gemäß der §§ 5a und 6 AsylG erlassen wurde. Gemäß § 34b Abs. 2 leg. cit. findet das Fremdengesetz insgesamt Anwendung.

 

Ab der Erlassung des gegenständlichen Bescheides des Bundesasylamtes am 22. August 2005 um 14.27 Uhr kann, verbunden mit der neuerlichen fremdenpolizeilichen Anordnung, die Anhaltung des Bf in Schubhaft auf § 34b Abs. 1 Z2 AsylG gestützt werden.

 

Gemäß § 24a Abs. 7 leg. cit. endete mit der zurückweisenden Entscheidung der faktische Abschiebeschutz.

 

4.3.3.2 Gemäß § 61 Abs. 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs. 2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft.

 

Gemäß § 69 Abs. 1 FrG 1997 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Mit Ausnahme der Fälle des § 69 Abs. 4 FrG 1997 darf die Schubhaft gemäß § 69 Abs. 2 leg.cit. nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FrG 1997 halten sich Fremde u.a. rechtmäßig im Bundesgebiet auf, solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG 1997 darf über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich dem Verfahren entziehen würden.

 

Unstrittig hielt sich der Bf weder zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung noch zum nunmehr zu beurteilenden Zeitraum rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

 

Aus § 61 Abs. 1 FrG ist daher abzuleiten, dass ein Fremder, der sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhält, auch dann in Schubhaft genommen werden kann, wenn es für die Behörde als plausibel erscheint, dass dieser - im nunmehrigen Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen - versuchen könnte, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen oder dieses zumindest zu erschweren, und darüber hinaus die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) nicht vorliegen.

 

Entgegen der Ansicht des Vertreters des Bf konnte dem Bf die neuerliche Ladung nicht an der Abgabestelle zugestellt werden. Daher konnte der Bf auch keiner Ladung zwecks Einvernahme beim BAA EAST-West Folge leisten. Tatsächlich hat sich der Bf zum BAA EAST-West begeben, um der Asyleinvernahme seines Sohnes beizuwohnen und nicht um sich selbst der Zweitbefragung vor dem Bundesasylamt zu unterziehen. Hätte er Interesse an seinem Asylverfahren gehabt, dann wäre von ihm zu erwarten gewesen, dass er sich im Zuge der Vorsprache auch um sein eigenes Verfahren kümmert.

 

Bezogen auf die Gesamtumstände hat die belangte Behörde vertretbar von der Anwendung gelinderer Mittel Abstand genommen und für plausibel erachtet, dass der Bf das weitere Verfahren zumindest zu erschweren versuchen könne.

 

Entsprechend § 69 Abs. 1 FrG kann der belangten Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden, dass sie gegen § 69 Abs. 1 FrG verstoßen habe.

4.4. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Anhaltung des Bf in Schubhaft in der Zeit vom 11. bis zum 22. August 2005, 14.26 Uhr als rechtswidrig festzustellen war. Da die zeitlich daran anschließende Anhaltung in Schubhaft nicht mehr als rechtswidrig anzusehen war, war die weitergehende Beschwerde nicht mehr erfolgversprechend. Es wird darüber hinaus festgestellt, dass die für die Fortsetzung der vorliegenden Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Entscheidungszeitpunkt vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 der UVS-AufwandsersatzV, BGBl. II Nr. 334/2003, Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Stempelgebühren: 13,00 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Mag. Stierschneider

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum