Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103010/9/Br

Linz, 17.08.1995

VwSen-103010/9/Br Linz, am 17. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn W R, V., vertreten durch die Rechtsanwälte Dres. K S und W S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 22. Juni 1995, AZ:

VerkR96-4891-1994-Du, nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung am 17. August 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 800 S (20% der verhängten Gesamtstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u.2 VStG Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis, Zl.: VerkR96-4891-1994-Du, vom 22.6.1995, wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach §§ 52a Z10a u. 16 Abs.2 lit.a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO Geldstrafen in der Höhe von 1.) 3.000 S und 2.) 1000 S und im Nichteinbringungsfall 1.) 90 Stunden und 2.) 30 Stunden verhängt und im Spruch ausgeführt:

"Sie haben am 10. August 1994 um 07.05 Uhr in W auf der Innkreisautobahn A in Fahrtrichtung Ausfahrt W auf Höhe des Strkms. 11,277 als Lenker des Kombis mit dem behördlichen Kennzeichen 1) die dort verfügte und durch Vorschriftszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 kmh) wesentlich (um 44 km/h) überschritten und 2) das dort verfügte und durch Vorschriftszeichen kundgemachte Überholverbot mißachtet, da Sie ein mehrspuriges Kraftfahrzeug etwa bei Strkm. 11,308 links überholten." 1.2. Begründend führte die Erstbehörde aus wie folgt:

"Laut Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, Außenstelle W vom 10.

August 1994 lenkten Sie am 10. August 1994 um 07.05 Uhr den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen auf der Innkreisautobahn A aus Richtung Knoten W kommend in Fahrtrichtung Ausfahrt W und überschritten bei Strkm. 11,277 die dort verfügte und durch Vorschriftszeichen kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 44 km/h. Kurz vorher etwa auf Höhe des Autobahn-Km 11,308 überholten Sie links einen weißen Passat, obwohl bereits bei Strkm. 11,454 (Standort des Vorschriftzeichens "Überholen verboten") das Überholen verboten war.

Dieser Sachverhalt wurde von RevInsp.H des Landesgendarmeriekommandos für 0.Ö., Verkehrsabteilung, Außenstelle W, festgestellt. Der Beamte befand sich bei Strkm. 11,135 und führte die Geschwindigkeitsmessung des von Ihnen gelenkten PKWs mittels Laserverkehrsgeschwindigkeitsmesser im Herannahen auf eine Entfernung von 142 m durch.

Als Sie sich bei km 11,277 befanden, war Ihr Überholmanöver noch nicht abgeschlossen,d.h., Sie haben bei Strkm. 11,277 einerseits vorschriftswidrig überholt (das vorschriftszeichen "Überholen verboten"befindet sich bereits bei Strkm. 11,454) und andererseits die erlaubte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nicht beachtet (die 50 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkungstafel befindet sich bei km 11,308).

Sie selber brachten zum Ausdruck, den Überholvorgang etwa auf Höhe der 50 km/h-Beschränkungstafel abgeschlossen zu haben. Auch wenn Sie tatsächlich - wie behauptet - den Überholvorgang bereits auf Höhe des 100 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkungsbereiches begonnen haben, wären Sie verpflichtet gewesen, den Überholvorgang spätestens auf Höhe des vorschriftszeichens "Überholen verboten" abzubrechen. Sie sind aber dennoch ab dem Überholverbot noch mindestens 77 m überholend weitergefahren.

Ihr Bruder konnte durch seine Zeugenaussage die genauen und schlüssigen Angaben des Meldungslegers nicht entkräften.

RevInsp. H hatte einen Lasergeschwindigkeitsmesser in Verwendung und die Werte laut Digitalanzeige sofort auf einem Handzettel festgehalten. RevInsp. H ist für Geschwindigkeitsmessungen mittels Laserpistolen entsprechend geschult und besteht kein Zweifel an der Richtigkeit des Meßergebnisses. Da sich ausschließlich der von Ihnen gelenkte PKW auf dem linken Fahrstreifen befand und auch nur dieser PKW anvisiert wurde, ist eine Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug auszuschließen.

Gemäß der Lageskizze und der Angaben des RevInsp.H hielten Sie bei km 11,277 eine Fahrgeschwindigkeit von 94 km/h. Bei dieser Geschwindigkeit sei es Ihnen nicht möglich gewesen, lediglich 142 m weiter beim Standort des Beamten Ihren PKW anzuhalten. Ihr Versuch, durch diese Behauptung die Glaubwürdigkeit der Aussage des RevInsp. H zu untergraben, geht ins Leere.

Es war Ihnen das Anhalten innerhalb der 142 m durchaus möglich.

Ausgehend von der Faustregel:

Anhalteweg = Reaktionsweg (Geschwindigkeitzehntel x 3) + Bremsweg (Geschwindigkeitzehntel zum Quadrat) hätten Sie ohne stärkere Bremsung innerhalb von ca. 117 m zum Stillstand kommen können (9,4 x 3 + 9,42 = 116,56).

Es besteht somit kein Zweifel an der Richtigkeit der Messung. Das Überholen nach dem Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gestanden Sie ein.

Wer den Bestimmungen des § 52 lit.a Zif.10 a StVO (Mißachtung des Vorschriftszeichens "erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h) und des § 16 Abs. 2 lit.a StVO (Überholen im Bereich des Vorschriftszeichens "Überholen verboten") zuwiderhandelt, begeht Verwaltungsübertretungen, die gemäß § § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 mit Geldstrafen bis zu jeweils S 10.000,-- zu ahnden sind.

Bei der Strafbemessung wurde auf das Ausmaß des Verschuldens und die mit der Tat verbundene Schädigung bzw. Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und den Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, Bedacht genommen.

Der Schutzzweck einer durch ein Verkehrszeichen angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung liegt allgemein in der Vermeidung der durch die Einhaltung höherer Fahrgeschwindigkeiten auftretenden Gefahren, zu denen auch die Gefahr erschwerter bzw. nicht rechtzeitiger Reaktionsmöglichkeiten auf das (Fehl-)Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer zählt. (OGH 31.1.90, 2 0b134/89).

Das Überholen gehört zweifellos zu den gefährlichsten Fahrmanövern, für dessen ordnungsgemäßen Ablauf in erster Linie der Überholende verantwortlich ist.

Die Schutzfunktion des § 16 Abs. 2 lit.a StVO 1960 besteht nicht nur darin, einen gefahrlosen Gegenverkehr zu ermöglichen, sondern auch, alle Schäden zu verhindern, die beim Überholen und Wiedereinordnen entstehen können (ZVR 1979/120).

Außerdem haben Sie der Forderung des Gesetzgebers nach einem kurzen und zügigen Überholvorgang nicht entsprochen, da die Geschwindigkeit des überholten Fahrzeuges nicht wesentlich niedriger war als Ihre eigene.

Unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen bis zu S 10.000,-- sowie Ihren Einkommens(S 14.000,-- monatlich Netto), Vermögens- (kein Vermögen) und Familienverhältnissen (sorgepflichtig für 2 Kinder) erscheinen die verhängten Strafbeträge angemessen und gerechtfertigt.

Bezüglich der Geschwindigkeitsüberschreitung scheinen zwei gleichartige rechtskräftige Vormerkungen aus den Jahren 1992 und 1994 auf. Diese beiden Vormerkungen mußten straferschwerend berücksichtigt werden. Dies war auch der Grund für die Anhebung des Strafbetrages. Diesbezügliche strafmildernde Umstände konnten nicht festgestellt werden.

Bezüglich des vorschriftswidrigen Überholens waren weder straferschwerende noch strafmildernde Umstände zu berücksichtigen.

Das Ausmaß der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen wurde dem gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen entsprechend den verhängten Geldstrafen angepaßt." 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter eingebrachten Berufung.

2.1. Inhaltlich wird darin wie folgt ausgeführt:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache hat der Beschuldigte mit der Wahrung seiner Interessen Herrn Dr. K S, RA in 5 betraut; es wird das diesbezügliche Vollmachtsverhältnis bekanntgegeben und um Kenntnisnahme durch die Behörde ersucht.

Unter einem erhebt der Beschuldigte durch seinen Vertreter gegen das Straferkenntnis der BH Grieskirchen vom 20.6.1995, zugestellt am 27.6.1995 innerhalb offener Frist B E R U F U N G an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Das genannte Straferkenntnis wird dem gesamten Inhalte nach angefochten und hiezu ausgeführt wie folgt:

1. Die Erstbehörde vermeint, daß den Angaben des Rev.Insp. H zu folgen sind und kein Zweifel an der Richtigkeit der Messung und seinen Angaben besteht.

Diese sind jedoch in mehrerer Hinsicht äußerst zweifelhaft:

a) So führt der erhebende Beamte aus, daß von seinem Standort aus gesehen die Messung 142 m von ihm entfernt erfolgte. Dabei wäre der Beschuldigte mit dem von ihm gelenkten Fahrzeug "ganz knapp an den Verkehrsbaken entlanggefahren"! Wie aus dieser vom Zeugen vorgelegten "Skizze" zu entnehmen ist, ist der Beamte offensichtlich hinter diesen Leitbaken gestanden. Geht man also davon aus, daß der Beamte, der ja ganz offensichtlich den Pkw des Beschuldigen anhielt, vorerst das Radarmessgeräte absetzen, hinter den Leitbaken hervortreten und ein Zeichen zum Anhalten geben mußte, so ist davon auszugehen, daß dies mindestens eine Zeitspanne von 3 Sekunden (!) benötigt, wozu aber noch kommt, daß der Beschuldigte ja das von ihm gelenkte Fahrzeug noch vor den Beamten anhielt - hiezu führt der Beschuldigte ergänzend aus, daß dies etwa in der Mitte der aufgestellten Leitbaken bis zum Beginn der Rechtskurve war, also in dem Bereich, den der Beamte als "Standort (6)" angab.

Nunmehr Berechnungsbeispiele anzustellen, daß hier der Anhalteweg 116,56 m betragen hätte kann wohl nicht mehr in Einklang mit den tatsächlichen Verhältnissen stehen.

Legt man nur eine durchschnittliche Fahrgeschwindigkeit von 94 km/h zugrunde, bevor überhaupt der Beschuldigte das Anhaltesignal des Beamten wahrnehmen kann, weil es früher, ab der Entfernung von 142 m gar nicht erkennbar ist, so durchfuhr der Beschuldigte innerhalb von 3 Sekunden eine Fahrstrecke von (exakt) 78,33 m (!). Dabei ist aber noch nicht berücksichtigt, daß die Messung beginnend bei 142 m in 0,0 Sekunden erfolgt, sondern auch hier noch eine Zeitspanne von mindestens 1 Sec. zu berücksichtigen ist, sodaß sich für diese 1 Sec. unter Zugrundelegung der Geschwindigkeit von 94 km/h ein weiterer Weg von 26,11 m ergibt, insgesamt sohin 104,44 m (!). Dies würde aber wiederum bedeuten, daß der Beschuldigte mehr oder weniger vor den Füßen des Beamten zum Stillstand gekommen ist! Daß dies so knapp gewesen ist, schildert jedoch der Beamte in seiner Einvernahme vor der BH Grieskirchen nicht. Aber unter dieser Prämisse verbliebe von 142 m ein reiner Anhalteweg von 37,56 m (!). Dies würde ohne Reaktionszeit von einer weiteren Sekunde (= wiederum 26,11 m) eine Bremsverzögerung nahe dem freien Fall bedeuten.

Schon alleine daraus ergibt sich, daß die Angaben des Beamten und der Versucht der Erstbehörde, dies mit einer "Faustregel" zu untermauern, nicht richtig sein kann.

Ebenso unrichtig und mit dem von den Erstbehörde festgestellten Sachverhalt nicht im Einklang steht aber auch, daß der Beamte die Werte des Lasermessgerätes unmittelbar nach der Messung auf einen Handzettel festgehalten wurden! Abgesehen davon, daß das Schreiben auf einem Handzettel noch eine weitere Zeitspanne benötigt, die ebenfalls mindestens 3 Sec. beträgt bestreitet sowohl der Beschuldigte als auch sein Bruder dies, da der Beamte Rev.Insp. H nach deren Darstellung über Befrage, welche Geschwindigkeit eingehalten wurde, dies nach einem Blick auf das Lasermessgerät (und nicht auf einen Handzettel) mit 94 km/h angab. Auch diese Angabe ist falsch, weil tatsächlich 97 km/h gemessen wurden. Daß eine Fehlerquote von 3 km/h in Abzug gebracht wird, hat der Beamte ebenfalls nicht angegeben.

Völlig von der Erstbehörde wurde übergangen, daß der Beschuldigte und sein Bruder angaben, daß der Zeuge Rev.Insp. H auch noch den angeblich überholten Pkw angehalten hat. Wie dies ebenfalls in derselben Zeit zu bewerkstelligen war, wird vom Zeugen nicht aufgeklärt und auch von der Erstbehörde in der Beweiswürdigung und Sachverhaltsdarstellung nicht aufgegriffen.

Die Berechnungen einerseits und die Ungereimtheiten in den Aussagen andererseits lassen keineswegs den Schluß zu, daß vom erhebenden Beamten nicht das Beklagtenfahrzeug gemessen wurde. Wie ist es sonst möglich, daß der Zeuge auch noch das Kennzeichen des anderen Fahrzeuges festhalten konnte, wenn er zur selben Zeit das Beschuldigtenfahrzeug anvisiert haben will? Es erscheint nämlich doch unmöglich zu sein, das Fahrzeug des Beschuldigten anzumessen, dann abzusetzen, das Kennzeichen, Marke und Farbe des angeblich Überholten Pkw's sich zu merken, hinter den Leitbaken hervorzutreten, das Handzeichen zu geben und dann nicht von einem Pkw-Lenker mit 94 km/h überfahren zu werden.

Hiebei ist aber auch festzuhalten, daß vorerst offensichtlich der Beamte den Beschuldigten wegen eines Vergehens gegen das bestehende Überholverbot anhielt und erst dann (wie auch der Bruder des Beschuldigten aussagte) vom Beamten noch eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wurden.

2. Bestritten wird vom Beschuldigten nach wie vor, wofür übrigens keinerlei Anhaltspunkt gegeben ist, daß er noch mindestens 77 m nach dem Überholverbot überholend weitergefahren ist.

Wie der Beschuldigte ausführt und sich auch aus der Skizze ergibt, führt bei der Ausfahrt W-West nur eine Fahrbahn, sodaß, wie der Beschuldigte selber ausführt, er keinen Fahrstreifenwechsel mehr durchführen muß, um das Überholmanöver zu beenden.

Im übrigen haben sowohl der Beschuldigte als auch sein Bruder angegeben, daß das Überholmanöver auf Höhe des Überholverbotes oder nur geringfügig später beendet wurde.

Im übrigen ergibt sich aus den Aussagen des Beschuldigten und seines Bruders bereits, daß das Überholmanöver bereits so weit abgeschlossen war, und ein Fahrstreifenwechsel begrifflich nicht für das Überholen ausschlaggebend ist. Der Überholvorgang umfaßt nur die Wegstrecke, die zwischen dem Beginn des Überholens zur Beendigung desselben liegt, auf der sich also das Fahrzeug des Überholenden an dem Fahrzeug des überholten vorbeibewegt. Hingegen die Phasen vor und nach diesem Vorgang nicht dem Begriff "Überholen" zuzurechnen (VWGH 18.3.1967, 85/03/0042).

Der Beschuldigte war in keinster Weise rechtlich verpflichtet, das begonnene Überholmanöver abzubrechen.

Daß im übrigen das Überholmanöver bereits wesentlich früher beendet sein mußte, als der Beamte darstellt und die Behörde glaubt, ergibt sich auch daraus, daß, wie der Beschuldigte und sein Bruder angaben, welches an sich unbestritten ist, der erhebende Beamte auch noch den überholten Pkw-Lenker anhielt.

Wenn dies aber so gewesen sein soll, wie der Beamte ausführt, daß nämlich der Beschuldigte unmittelbar unmittelbar vor dem Beamten stehen geblieben wäre und, der "Faustregel" der Erstbehörde folgend vom Beschuldigten ein doch starkes Bremsmanöver eingeleitet wurde (für den errechneten Anhalteweg ergibt sich eine Bremsverzögerung von 4,0 m/sec.2) müßte der nachkommende Pkw-Lenker nahezu auf dem vom Beschuldigten gelenkten Fahrzeug aufgefahren sein, wenn nicht genügend Zeit dazwischen geblieben ist, daß auch der Beamte diesen Lenker des überholten Fahrzeuges ordnungsgemäß anhalten konnte.

Auch daraus ergibt sich im übrigen aber die Unglaubwürdigkeit der Angaben des Zeugen Rev.-Insp. H.

3. Im übrigen hätte auch von der Erstbehörde der Bruder A R, Installateur, V, N einvernommen werden müssen und wird dessen Einvernahme noch beantragt, zum Beweis dafür, daß die Angaben des Zeugen Rev.-Insp. H falsch sind.

Alles in allem ergibt sich daher, daß der bekämpfte Bescheid mangelhaft ist und auch der festgestellte Sachverhalt unrichtig rechtlich beurteilt wurde.

Gestellt werden sohin die A N T R Ä G E :

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wolle in Stattgebung der Berufung das angefochten Straferkenntnis allenfalls nach Verfahrensergänzung aufheben und das laufende Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten zur Einstellung bringen; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und der Erstbehörde nach Verfahrensergänzung neuerliche Entscheidung auftragen.

G, am 11.7.1995 W R 1/6" 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil die zur Last gelegten Übertretungen vom Berufungswerber auch inhaltlich bestritten wurden (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, Zl.:

VerkR96-4891-1994-Du, im Rahmen der am 17. August 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung; insbesondere wurde die Übersichtsskizze (Seite 33) als Beweismittel betreffend die spezifischen Örtlichkeiten herangezogen. Beweis erhoben wurde schließlich auch durch Vernehmung des Meldungslegers und des A R als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber lenkte zum o.a. Zeitpunkt sein Fahrzeug auf der A Innkreisautobahn aus Richtung W-Ost kommend in Richtung L. Auf der Ausfahrt auf die B überholte er einen mit einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 100 km/h einen 80 bis 90 km/h schnell fahrenden weißen VW-Passat. Die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten sind in diesem Bereich durch Verkehrszeichen von vorerst 100, 80 und 50 km/h verordnet. Von der 100 km/h-Beschränkung bis zum Beginn des Überholverbotes liegen 397 Meter. Dieser Überholvorgang erstreckte sich dabei in den Bereich des ab Strkm. 11,454 bestehenden Überholverbotes hinein. Ab der Höhe des Strkm.

11.308 ist die erlaubte Höchstgeschwindigkeit mit 50 km/h kundgemacht. Die Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers betrug bei Strkm. 11.277, also knapp (31 Meter) nach dem Beginn der letztgenannten Beschränkung 94 km/h.

5.2. Dieses Beweisergebnis stützt sich insbesondere auf die Aussagen des RevInsp. H. Dieser schilderte in sachlicher und somit glaubwürdiger Art und vor allem den Denkgesetzen gut nachvollziebaren Weise, daß er im Bereich des befestigten und mit Leitbaken gesicherten "Fahrbahnteilers" Verkehrsüberwachungsdienst versah und er dabei das Fahrzeug des Berufungswerbers bereits sich mit augenscheinlich überhöhter Geschwindigkeit an seinem Standort annähern sah.

Aus diesem Grund habe er sich zur Geschwindigkeitsmessung entschlossen. Dabei habe sowohl der Überholvorgang beobachtet und folglich die Geschwindigkeit in einer "Annäherungsentfernung" von 142 Meter gemessen werden können. Das Lasermeßgerät habe er, zumal er als "Motorradstreife" alleine Verkehrsüberwachungsdienst versehen habe, umgehängt gehabt. Er habe zwecks der Anhaltung des Fahrzeuges des Berufungswerbers bloß einen Schritt in Richtung der auf dieser Höhe nur mehr einspurigen Fahrbahn machen müssen. Den Zeitrahmen von der Messung bis zum Anhaltezeichen gab er mit maximal zwei Sekunden an. Nach der Anhaltung des Berufungswerbers zwischen den Leitbaken am Fahrbahnteiler hielt etwa 60 Meter weiter in dieser Fahrtrichtung der Lenker des vom Berufungswerber vorher überholten Fahrzeuges an, welcher folglich dem Meldungsleger entgegengegangen sei. Während eines kurzen Gespräches habe auch dieser Fahrzeuglenker dem Meldungsleger den Überholvorgang des Berufungswerbers im Überholverbot bestätigt. Wenn der Berufungswerber im Gegensatz zum Meldungsleger vermeinte er habe diesen Überholvorgang bereits vor dem Überholverbot abgeschlossen gehabt und er sei gleichsam auf dem linken Fahrstreifen geblieben, so ist selbst diese Angabe nicht im direkten sachlichen Widerspruch zum Tatvorwurf. Schließlich räumt zumindest auch der Berufungswerber selbst ein, daß er den Überholvorgang bloß geringfügig noch im Überholverbot beendete. Nicht nachvollziehbar ist, wenn der Berufungswerber vermeint, daß er nicht so schnell gefahren sein konnte, da er sonst bis zum Standort des Meldungslegers sein Fahrzeug nicht so mühelos zum Stillstand hätte bringen können. Würde man selbst von einer Zeitdauer bis zum Anhaltezeichen von drei Sekunden ausgehen, so wäre bei einer verbleibenden Distanz von 61 Meter für den Bremsweg eine Anhaltung bei einer möglichen Verzögerung von knappen 6 m/sek/2 noch möglich gewesen. Unter der wahrscheinlicheren Annahme, daß der Berufungswerber laut seiner Angabe letztlich den Meldungsleger bereits gesehen hatte, ist vielmehr aber eine Vorbremsung bereits wahrscheinlich, jedenfalls ist es nachvollziehbar, daß es nicht einmal erforderlich gewesen ist mit einer ehen starken Bremsung das Fahrzeug bis zum Standort des Meldungslegers zum Anhalten zu bringen bzw. nur mit einer solchen dort zum Stillstand zu gelangen. Der Meldungsleger hat vor der Anhaltung die Displayanzeige nicht abgelesen, was dafür spricht, daß er unmittelbar nach der Messung zur Anhaltung schritt. Erst nach der Anhaltung las er das im Display angezeigte Meßergebnis ab. Wenn nun schließlich der Berufungswerber den Überholvorgang mit relativ geringer Geschwindigkeitsdifferenz und folglich auch geringen Beschleunigungsdaten unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von 30 Meter vom überholten Fahrzeug, mit einer Länge von 5 Metern, beim Ausscheren einen Seitenversatz von 2,5 Meter und einer Querbeschleunigung von 1,5 m/sek/2 sowie einer Beschleunigung von 100 auf eine erreichte Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h von ebenfalls 1,5 m/sek/2 (ohne Berücksichtigung einer Rechtskurve) ausführte, so erstreckte sich dieser Vorgang unter Zugrundelegung der im Rahmen des Beweisverfahrens ermittelten Daten zumindest über 374 Meter. Es ist somit nur unschwer nachvollziehbar, daß sich der Überholvorgang bis in den Bereich des Überholverbotes erstreckte, wenn man den Angaben des Berufungswerbers und seines Bruders, den Zeugen Andreas R, folgt, daß der Überholvorgang bereits im Bereich der 100 km/h-Beschränkung begonnen hat. Damit wird auch untermauert, daß auch die Fahrgeschwindigkeit an der Meßposition noch entsprechend hoch gewesen sein mußte. Daß der Überholvorgang wesentlich kürzer gehalten werden hätte können kann dabei dahingestellt bleiben. Zumal jedoch an dieser Stelle mit einem Gegenverkehr noch nicht gerechnet werden mußte, mag vielleicht das Motiv für den zögerlichen Überholvorgang und das Verbleiben am auslaufenden linken Fahrstreifen gewesen sein. Im Ergebnis sind daher die Ausführungen des Berufungswerbers in seiner Berufung widersprüchlich und mit seinen Angaben bzw. dem anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung erbrachten Beweisergebnis nicht in Einklang zu bringen.

Der Überhol- und Bremsweg wurde mittels des Computerprogramms für Unfallrekonstruktionen - EVU [Prof.

Dr. Gratzer, KFZ-Sachverständiger] nachvollzogen.

5.3. Hinsichtlich der rechtlichen Ausführungen kann auf die diesbezüglichen zutreffenden erstbehördlichen Feststellungen im Straferkenntnis verwiesen werden. Ungeachtet der Tatsache ob die entsprechenden Zuwiderhandlungen nur geringfügig innerhalb der Verbotsbereiche begangen werden, rechtfertigt noch entschuldigt dies ein derartiges Fehlverhalten.

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Geschwindigkeitsüberschreitungen sind immer wieder die Ursache für schwere Verkehrsunfälle, weshalb im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung sowohl Gründe der Spezialprävention als auch der Generalprävention die verhängte Strafe gerechtfertigt erscheinen lassen bzw.

jedenfalls gegen eine Herabsetzung sprechen. Es widerspricht daher bei einem Einkommen von monatlich 15.000 S und auch der Sorgepflicht für ein Kind nicht dem Sinn der Strafbemessungsbestimmungen bei einer gesetzlichen Höchststrafe von 10.000 S die Strafe mit 3.000 S (für die Geschwindigkeitsüberschreitung) und 1.000 S (für das Überholen im Überholverbot) zu bemessen (ad 1. vgl. etwa VwGH 18. September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250).

6.1.1. Der Berufungswerber brachte in seiner Verantwortung nichts vor, was dieses Fehlverhalten etwa schuldmildernd erachtbar lassen würde. Mit einer derart eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung in einem an sich sensiblen Verkehrsbereich (Fahrbahnverengung, Kurve, Einmündung in eine stark befahrene Bundesstraße) bei gleichzeitigem Überholen, ist als eine gravierende Rechtsgutbeeinträchtigung zu werten. Zumal der Berufungswerber in Punkt 1. bereits zweifach einschlägig vorgemerkt ist, war diese Strafe daher insbesondere auch aus Gründen der Spezialprävention indiziert.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum