Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400768/2/Gf/Ga

Linz, 16.02.2006

VwSen-400768/2/Gf/Ga Linz, am 16. Februar 2006

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des W J, dzt. Polizeianhaltezentrum der BPD Linz, vertreten durch RA Mag. W, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

  1. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft seit dem 17. Jänner 2006 als rechtswidrig festgestellt; gleichzeitig wird festgestellt, dass Gründe für eine weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft derzeit nicht vorliegen.
  2. Der Bund (Verfahrenspartei: BPD Linz) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3; § 83 FPG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 16. Jänner 2006, Zl. 1052333/FRB, wurde über den Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von S, zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch dessen Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der BPD Linz sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den Rechtsmittelwerber ein jedenfalls seit dem 4. Oktober 2005 rechtskräftiges, unbefristetes Aufenthaltsverbot bestehe und sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei. Da er ohne polizeiliche Meldung in Österreich aufhältig sei, liege die Annahme nahe, dass er sich im nunmehrigen Wissen um die beabsichtigte Abschiebung für diese nicht freiwillig zur Verfügung halten werde.

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende, am 8. Februar 2006 bei der belangten Behörde eingebrachte, ho. am nächsten Tag eingelangte Beschwerde.

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass er auf Grund seiner gegen den negativen Asylbescheid beim VwGH eingebrachten Beschwerde einem faktischen Abschiebeschutz unterliege.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung und die Aufhebung der Schubhaft beantragt.

1.3. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Darin wird insbesondere darauf hingewiesen, dass aus dem Asylwerberinformationssystem nicht hervorgehe, dass der Rechtsmittelwerber eine Beschwerde beim VwGH eingebracht hätte.

Daher wird die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

2. Über die gegenständliche Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 157/2005 (im Folgenden: FPG), hat (nur) ein Fremder, der unter Berufung auf das FrG festgenommen wurde oder angehalten wird bzw. gegen den die Schubhaft angeordnet wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme, der Anhaltung oder des Schubhaftbescheides anzurufen.

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

Nach § 77 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

2.2. Im vorliegenden Fall ist allseits unbestritten, dass gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges und vollstreckbares Aufenthaltsverbot der BPD Wien besteht und er vom LG Wien wegen zwei Übertretungen des Suchtmittelgesetzes zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt wurde. Im Zeitraum zwischen dem 18. Juni und dem 29. Juli 2005 war er daher in der JA Wien-Josefstadt in gerichtlicher Haft. Am 29. Juli 2005 wurde er in die JA Linz verlegt und am 17. Jänner 2006 vorzeitig unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen. Auf Grund des oben unter 1.1. angeführten Schubhaftbescheides wurde er unmittelbar von der JA Linz in das PAZ überstellt.

2.3. Die Verhängung der und Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft erweist sich im Ergebnis jedoch deshalb als rechtswidrig, weil sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt keinerlei Hinweis dafür findet, dass diese geprüft hätte, ob im gegenständlichen Fall auch mit gelinderen Mitteln i.S.d. § 77 FPG das Auslangen gefunden werden kann.

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof nämlich jüngst zur insoweit identischen Rechtslage nach dem FrG 1997 ausgeführt, dass allein der Umstand eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung die Behörde noch nicht zur Schubhaftverhängung berechtigt; vielmehr ist stets eine materielle Prüfung dahin, ob - z.B. wegen mangelnder beruflicher oder sozialer Verankerung des Fremden im Inland - ein konkreter Sicherungsbedarf besteht, durchzuführen (vgl. VwGH v. 8. September 2005, Zl. 2005/21/0301).

Auf Grund der daraus für die Sicherheitsbehörde resultierenden Beweispflicht wird daher in der Praxis kaum mehr eine Schubhaftverhängung zulässig sein, ohne dem Fremden zuvor zumindest die Möglichkeit eingeräumt zu haben, i.S.d. § 77 Abs. 3 FPG in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem ihm zuvor bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

2.4. Da dies auch im gegenständlichen Fall nicht geschehen ist - im Gegenteil: dessen Anhaltung vielmehr insofern als eine gleichsam prophylaktische Maßnahme erscheint, als das fremdenpolizeiliche Verfahren relativ spät, nämlich nicht schon mit dem Beginn der Strafhaft, sondern erst im Anschluss an den Beschluss des LG Linz vom 15. November 2005 über die bedingte Entlassung aus derselben eingeleitet wurde, sodass es geradezu als vorprogrammiert erscheint, dass dieses beim Auftreten von Schwierigkeiten zum tatsächlichen Entlassungszeitpunkt noch nicht abgeschlossen ist -, erweist sich damit aber die auf das FPG gegründete Anhaltung des Beschwerdeführers (solange) als rechtswidrig (als nicht nachweislich eine Vorgangsweise gemäß § 77 Abs. 3 und 4 FPG praktiziert wurde).

Dies hatte der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG festzustellen und gleichzeitig nach § 83 Abs. 4 FPG auszusprechen, dass auch die für eine Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen derzeit nicht vorliegen.

3. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer als obsiegender Partei gemäß § 83 Abs. 2 FPG i.V.m. § 79a Abs. 1, 2 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandsersatzverordnung, BGBl.Nr. II 334/2003, (nur) Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Barauslagen: 13 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

Das darüber hinausgehende Mehrbegehren war hingegen als unbegründet abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum