Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400775/7/SR/Ri

Linz, 13.03.2006

 

 

 

VwSen-400775/7/SR/Ri Linz, am 13. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des W G , georgischer Staatsangehöriger, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M F, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vom 22. Februar 2006, GZ 1-1021002/FP/06 und Anhaltung in Schubhaft im PAZ Wels seit dem 22. Februar 2006 durch den Polizeidirektor der Stadt Wels zu Recht erkannt:

 

  1. Der Beschwerde wird insoweit Folge gegeben, als der gegen den Beschwerdeführer am 22. Februar 2006 erlassene Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab dem 22. Februar 2006 für rechtswidrig erklärt werden.

 

II. Der Bund (Verfahrenspartei: Polizeidirektor der Stadt Wels) hat dem Beschwerdeführer den notwendigen Verfahrensaufwand in der Höhe von 673,80 Euro (darin enthalten 13 Euro Eingabegebühr) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 157/2005) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), ein georgischer Staatsangehöriger, reiste am 1. Dezember 2004 zu Fuß von der Slowakei kommend illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich ein und stellte am 1. Dezember 2004 beim Bundesasylamt, Außenstelle Linz (im Folgenden: BAL) einen Asylantrag. Am 12. Jänner 2005 wurde das Asylverfahren des Bf zugelassen und ihm am 17. Jänner 2005 vom BAL eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 36b Asylgesetz 1997 ausgefolgt. Mit einigen kurzfristigen Unterbrechungen (25.04.2005 bis 29.04.2005 und 02.11.2005 bis 13.01.2006) befand sich der Bf in der Grundversorgung. Der Bf verfügt nach wie vor über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1997.

 

Am 19. Februar 2006 um 18.15 Uhr wurde der Bf wegen "des Verdachtes des Einbruchdiebstahles" in St. Pölten festgenommen, in die JA St. Pölten eingeliefert und am 21. Februar 2006 in die JA Wels überstellt. Bei der Priorierung des Bf war hervorgekommen, dass der Bf vom BG Salzburg unter AZ 27 U 654/05F zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben worden war.

Laut einem handschriftlichen Vermerk auf einer "Vollzugsinformation - aktuell in: Verwahrungshaft" wurde der Bf vom "LG Wels vom 22.2.06, 11 Hv 32/o6y, zu 8 Monate bedingt / § 129 StGB Mag AHAMER rechtskräftig, Urteil an BAL" verurteilt.

 

Mit Aktenvermerk vom 22. Februar 2006 leitete das BAL gemäß § 27 Abs. 2 AsylG 2005 das Ausweisungsverfahren ein. Unmittelbar nach der Einleitung dieses Verfahrens wurde die belangte Behörde verständigt.

 

Mit Bescheid des BAL, Zl. 04 24.352 vom 2. März 2006, dem Bf persönlich zugestellt am 2. März 2006 wurde der Asylantrag des Bf gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und gemäß § 8 AsylG 1997 die Zulässigkeit der Abschiebung des Bf in seinen Herkunftsstaat Georgien für zulässig erklärt.

1.2. Mit Mandatsbescheid des Polizeidirektors der Stadt Wels vom 22. Februar 2006, GZ. 1-1021002/FP/06 wurde über den Bf die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG 2005) verhängt. Der Schubhaftbescheid wurde vom Bf am 22. Februar 2006 um 14.20 Uhr persönlich übernommen. Im Anschluss daran wurde der Bf in das PAZ-Wels eingeliefert.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass für die Verhängung der Schubhaft die Einleitung des Ausweisungsverfahrens nach dem AsylG 2005 durch das BAL (AZ 04 24.352) maßgebend gewesen sei. Von der Anwendung gelinderer Mittel hätte Abstand genommen werden müssen, da der Bf am 22. Februar 2006 vom LG Wels wegen Einbruchsdiebstahles nach § 129 StGB zu 8 Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, über keine Dokumente verfüge und angenommen werden müsse, dass er sich dem Verfahren entziehen werde.

 

1.3. Mit Schriftsatz vom 7. März 2006, ho. eingelangt am 7. März 2006 erhob der Bf. nunmehr vertreten durch den in der Präambel angeführten Rechtsanwalt "Beschwerde gem. § 82 FPG 2005". Beantragt wird die kostenpflichtige Rechtswidrigkeitserklärung des Schubhaftbescheides vom 22.02.2006 und - erschließbar - der Anhaltung in Schubhaft auf Grund des Schubhaftbescheides der belangten Behörde vom 22.02.2006, GZ 1-1021002/FP/06.

 

Die Beschwerde bringt zum relevanten Sachverhalt, der dem Vorlageakt zu entnehmen ist, keine Neuerungen vor. Zum Asylverfahren wird vorgebracht, dass der Bf weder von der Einleitung eines Ausweisungsverfahrens Kenntnis erlangte noch dazu eine Stellungnahme abgeben konnte. Es liege somit ein wesentlicher Verfahrensfehler - Verletzung des Parteiengehörs - vor. Auch seien dem Bf vor Erlassung des Schubhaftbescheides die Gründe, die zum Ausweisungsverfahren im Asylverfahren geführt hätten, nicht eröffnet worden. Dadurch sei gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens verstoßen worden. Die belangte Behörde habe sich bei der gegenständlichen Maßnahme auf die Anordnung der Asylbehörde gestützt. Da das "Vorverfahren" bereits mit einem schwerwiegenden Verfahrensmangel behaftet sei, gelte dies auch für den gegenständlichen Schubhaftbescheid. Die Verhängung der Schubhaft unter Bezugnahme auf das rechtswidrige Ausweisungsverfahren gemäß § 27 Abs. 2 AsylG 2005 sei damit mit Rechtswidrigkeit behaftet. Durch die Anordnung der Ausweisung vor Abschluss des Asylverfahrens liege ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Art. 33 GFK vor. Insgesamt liege ein nicht zulässiger Eingriff in das verfassungsgesetzlich geschützte Grundrecht auf Freiheit nach Art 1 BVG PersFrG und Art 5 EMRK vor. Jedenfalls hätte die belangte Behörde von der Anordnung der Schubhaft unter Anwendung gelinderer Mittel Abstand nehmen müssen. Der Bf habe sich bisher immer ordnungsgemäß gemeldet im Bundesgebiet aufgehalten und niemals versucht sich behördlichen Maßnahmen zu entziehen. Die Annahme der belangten Behörde sei unzutreffend. Ohne konkrete und nachvollziehbare Annahmen habe die belangte Behörde eine derartige Gefährdungslage angenommen.

Abschließend wird die Pauschalaufwandentschädigung von insgesamt 673,80 Euro begehrt.

 

2.1. Mit Fax vom 8. März 2006 hat die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt. Der Originalakt langte am 13. März 2006 beim Unabhängigen Verwaltungssenat ein. Die belangte Behörde hat auf die Abgabe einer Gegenschrift verzichtet.

 

Mit Schreiben vom 9. März 2006, eingelangt am 13. März 2006 beantragte die belangte Behörde die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde und wies auf den Bescheid des BAL vom 22. Februar 2006 (gemeint wohl vom 2. März 2006) hin.

 

2.2. Im Vorlageakt befindet sich u.a. die Niederschrift vom 23. Februar 2006, die vom zuständigen Vertreter der belangten Behörde mit dem Bf im PAZ Wels aufgenommen worden ist. Darin wird dem Bf einleitend zur Kenntnis gebracht, dass die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung nach dem Asylgesetz und zur Sicherung der Abschiebung erlassen worden ist. Nach teilweiser Wiedergabe des relevanten Sachverhaltes und Vorhaltung des gerichtlichen und asylrechtlichen Verfahrens "bringt der Bf" vor, dass er völlig mittellos sei und die Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nicht nachweisen könne. Abschließend bringt die belangte Behörde dem Bf wie folgt zur Kenntnis: ".... ist auch gegebenenfalls die zwangsweise Abschiebung beabsichtigt, falls dies notwendig wird."

 

2.3. Über telefonisches Ersuchen übermittelte das BAL "eine Kopie des LKA Nö, eine Vollzugsinformation der BPD Wels, eine Anzeigenkopie des Stadtpolizeikommandos Salzburg und Schriftsätze des BG Salzburg".

 

U. a. befand sich unter den Schriftsätzen des BG Salzburg das folgende Schreiben an das BAL. Mit Schriftsatz vom 29.12.2005, AZ U 654/05f teilte das BG Salzburg dem BAL mit, dass in der Strafsache gemäß § 125 StGB gegen den Bf die Mitteilung ergehe, dass das Strafverfahren mit Beschluss vom 28.12.2005 gem. § 452/2 StPO abgebrochen und der Beschuldigte zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben worden sei. Entsprechend der beiliegenden Anzeigenkopie des Stadtpolizeikommandos von Salzburg (Anzeige vom 9.12.2005, BI 16338/05) sei der Bf in den "Nicht-EU-Raum" verzogen und der derzeitige Aufenthalt unbekannt. Die Mitteilung des BG Salzburg langte am 10. Jänner 2006 beim BAL ein. Dem AIS - DG3 (Betreuungsdaten) ist zu entnehmen, dass sich der Bf in der Zeit nach dem 2. November 2005 bis zum 13. Jänner 2006 in keiner Betreuungseinrichtung aufgehalten hat. Die DG8 (Anmerkungen III/14) enthält weder zu dieser Abwesenheit noch zur Wiederaufnahme in die Betreuung schriftliche Vermerke. Lediglich in der DGA (Verfahrensrechtliche Daten) ist das Einlangen der Unterlagen des BG Salzburg vermerkt. Die entsprechende Eintragung erfolgte am 10. Jänner 2006 in der DGA.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und weitergehenden Erhebungen festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt und unstrittig ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.157/2005 (im Folgenden: FPG 2005), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

  1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

4.2. Gemäß § 1 Z. 3. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 1997 - AsylG, BGBl I. Nr. 76/1997, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 129/2004) ist unter Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung zu verstehen.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz das - auf welche Weise auch immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 14 leg. cit. ist ein Asylwerber ein Fremder ab Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 1997 können Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, bis zur Erlangung der Aufenthaltsberechtigungskarte oder bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz). § 17 gilt.

 

Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. finden auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz im Sinne des § 19 Abs. 1 genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde, die §§ 36 Abs. 2 Z 7 sowie 61 bis 63 FrG 1997 keine Anwendung.

 

Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des AsylG 1997 zu Ende zu führen. § 44 AsylG 1997 gilt. Die §§ 24, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. § 27 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Behörde zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahren führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde.

 

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG 2005 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG 2005 kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG 2005 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 77 Abs. 5 leg. cit. steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung, der Zurückschiebung oder Durchbeförderung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 (BVG-B 2005) leistet der Bund Asylwerbern im Zulassungsverfahren Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes (§ 1 Z 5 ). Darüber hinaus sorgt der Bund im gleichen Ausmaß für Fremde, deren Asylantrag im Zulassungsverfahren

  1. zurückgewiesen oder
  2. abgewiesen wurde, wenn der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, solange ihr diese nicht wieder zuerkannt wird,

bis diese das Bundesgebiet verlassen, solange sie in einer Betreuungseinrichtung des Bundes untergebracht sind.

 

Entsprechend Art. 2 der Grundversorgungsvereinbarung - Art 15a B-VG (BGBl I Nr. 80/2004) sind Zielgruppe dieser Vereinbarung hilfs- und schutzbedürftige Fremde die unterstützungswürdig sind. Hilfsbedürftig ist danach, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Schutzbedürftig sind u.a. Fremde, die einen Asylantrag (Asylwerber) gestellt und über den noch nicht rechtskräftig abgesprochen ist. Gemäß Abs. 4 kann die Unterstützungswürdigkeit des Fremden unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 2 eingeschränkt oder verloren werden, wenn er wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt worden ist, die einen Ausschlussgrund gemäß § 13 AsylG darstellen kann.

 

§ 13 AsylG 1997 sieht neben den Ausschlussgründen nach der GFK einen Ausschluss nur dann vor, wenn der Fremde aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellt oder von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet.

 

4.3. Der Bf. wird zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft angehalten.

 

Seine Beschwerde ist zulässig und begründet.

 

4.4. Wie sich aus der Aktenlage und unwidersprochen aus der Beschwerdebegründung ergibt, war der Bf. zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber.

 

Da das gegenständliche Asylverfahren am 31. Dezember 2005 anhängig war, ist das Asylverfahren gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. § 27 AsylG 2005 ist im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt auf das laufende Asylverfahren anzuwenden.

 

Das Asylverfahren ist noch nicht rechtskräftig beendet.

 

Gemäß § 1 Abs. 2 FPG 2005 ist u.a. § 76 Abs. 1 FPG 2005 auf Asylwerber nicht anzuwenden. Obwohl § 1 Abs. 2 leg. cit. ausschließlich auf die Asylwerberdefinition des § 2 Z. 14 AsylG 2005 (gemeint wohl: § 2 Abs. 1 Z.14) abstellt, hat sich nach den Ausführungen in der Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 der Begriffsinhalt "Asylwerber" durch die Neufassung nicht verändert.

 

Ausgehend davon, dass das Asylverfahren des Bf. zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung und der Verhängung der Schubhaft weder rechtskräftig abgeschlossen, eingestellt noch für gegenstandslos erklärt war und der Bf. vom Asylwerberbegriff des § 1 Abs. 2 FPG 2005 erfasst wird, kann die Schubhaft nicht auf § 76 Abs. 1 FPG 2005 gestützt werden.

 

Im Gegensatz zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Fremdenrechtspaketes 2005 wird die Möglichkeit einer Schubhaftverhängung Asylwerber betreffend nicht mehr im Asylgesetz sondern im Fremdenpolizeigesetz geregelt. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG 2005 kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber nur verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 des Abs. 2 angeführten Fälle gegeben ist.

 

Grundsätzlich kann die belangte Behörde die Anordnung der Schubhaft auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 stützen. Sie darf aber dabei keinesfalls § 77 leg. cit. außer Acht lassen.

 

Die Verhängung der Schubhaft erweist sich nämlich auch dann als rechtswidrig, wenn an deren Stelle seitens der Fremdenpolizeibehörde gelindere Mittel i.S.d. § 77 Abs. 1 FPG 2005 angewendet werden hätten können.

 

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. September 2005, Zl. 2005/21/0301, zu § 66 FrG 1997 ausgeführt, dass allein der Umstand eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung die Behörde noch nicht zur Schubhaftverhängung berechtigt; vielmehr ist stets eine materielle Prüfung dahin, ob - z.B. wegen mangelnder beruflicher oder sozialer Verankerung des Fremden im Inland - ein konkreter Sicherungsbedarf besteht, durchzuführen.

 

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist hier kein konkreter Sicherungsbedarf zu erkennen.

 

Die Wahrscheinlichkeit des Untertauchens in die Anonymität rechtfertigt eine Ermessensausübung dahin, die Schubhaft anstelle gelinderer Maßnahmen zu verhängen (VwGH vom 23.3.1999, 98/02/0309).

 

Von einer solchen Wahrscheinlichkeit kann derzeit im gegenständlichen Fall aber nicht gesprochen werden. Der Bf. ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Bis zu seiner Festnahme am 19. Februar 2006 wurde er in Betreuungseinrichtungen versorgt.

 

Da aus der Aktenlage nicht erkennbar ist, dass dem Bf im laufenden Asylverfahren zukünftig nicht mehr die Grundversorgung zukommen wird (wie der Entscheidung des BAL vom 2. März 2006 zu entnehmen ist, liegt kein Fall des § 13 AsylG 1997 vor), ist davon auszugehen, dass die lebensnotwendigen und grundlegenden Bedürfnisse des Bf durch die Grundversorgung gesichert sind. Weder aus der gerichtlichen Verurteilung (bedingte Freiheitsstrafe) und des schon seit der illegalen Einreise bestehenden undokumentierten Zustandes kann auf ein konkretes Sicherheitsbedürfnis geschlossen werden. Ein solches scheint auch die belangte Behörde derzeit nicht angenommen zu haben, da sie eine zwangsweise Abschiebung nur "gegebenenfalls" für den "Fall der Notwendigkeit" ins Auge gefasst hat.

 

Auch wenn der Gesetzgeber der Fremdenbehörde die Möglichkeit der Schubhaftverhängung für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 vorliegen, eingeräumt hat, ist im Hinblick auf die bisherige Dauer des Asylverfahrens (Antragstellung erfolgte am 1. Dezember 2004 !!!) und des Verhaltens des Bf (beinahe ununterbrochener Aufenthalt in Betreuungseinrichtungen und der damit ableitbaren Bereitschaft am Asylverfahren mitzuwirken) ein nunmehriges - konkretes - Sicherungsbedürfnis zur Verfahrenssicherung des Asylverfahrens nicht erkennbar. Aus seinem Verhalten in Österreich kann keinesfalls darauf geschlossen werden, dass er sich dem "Ausweisungsverfahren" entziehen werde.

 

Die belangte Behörde hätte daher anstelle der Schubhaft gelindere Mittel anwenden müssen.

 

Erst bei der niederschriftlichen Befragung am 2. März 2006 hat der Bf. gegenüber dem zuständigen Referenten des BAL ausgeführt, dass er nicht nach Georgien gehen und (hier) warten möchte. Weiters hat er angegeben, dass er dann zurückgehen werde, wenn in Georgien alles in Ordnung ist.

 

Damit hat er im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 2005, Zl. 2005/21/0301 nur zum Ausdruck gebracht, dass er nicht freiwillig ausreisen werde. Ohne weiteres kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass er in die Illegalität abtauchen werde, um die beabsichtigte fremdenpolizeiliche Maßnahme - Abschiebung - zu verhindern.

 

iHinbl

 

 

 

Im Ergebnis war daher der gegenständlichen Beschwerde Folge zu geben und der gegenständliche Schubhaftbescheid sowie die darauf beruhende Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 Z 2 FPG 2005 hat die belangte Behörde nach der gegenständlichen Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats die Schubhaft formlos durch Freilassung aufzuheben.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG iVm. § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003 Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Gebühren: 13,00 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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