Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103034/10/Br

Linz, 25.08.1995

VwSen-103034/10/Br Linz, am 25. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn M R, I, zu Hd. Dres. G. S, Rechtsanwälte, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 4.

Juli 1995, Zl: VerkR96-275-11-1994-Pi/Ri, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach der am 25. August 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, daß in Punkt 1.) der Spruch zu lauten hat........"etwa ab dem Ende des Ortsgebietes von F einen nicht solchen Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug eingehalten habe, daß ihnen jederzeit, auch wenn dieses Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, indem der Sicherheitsabstand bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h nur sechs Meter betragen hat,"........ im übrigen wird in diesem Punkt das Straferkenntnis bestätigt und in Punkt 2.) das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

666/1993 - VStG; II. In Punkt 1.) werden dem Berufungswerber Kosten für das Berufungsverfahren zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten von 300 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt. In Punkt 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen Übertretungen der StVO 1960 zwei Geldstrafen in der Höhe von je 1.500 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit je 50 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und im Spruch ausgeführt:

"Sie haben am 3.1.1994 gegen 14.45 Uhr den PKW, amtliches Kennzeichen auf der S Landesstraße in den Gemeindegebieten F und S in Richtung S gelenkt, und dabei 1.) ab der Mitte der Ortschaft F einen nicht ausreichenden Abstand zum vorderen Fahrzeug eingehalten, 2.) nach der unübersichtlichen Linkskurve (Gemeindegebiet S, nächst der Bushaltestelle R) die F betreten und sich mitten auf die Fahrbahn gestellt, ohne sich zu überzeugen, daß hiebei nicht andere Straßenbenützer gefährdet oder behindert werden.

2. Begründend führte die Erstbehörde aus:

"Auf Grund der umseits zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Fußgänger haben die Fahrbahn in angemessener Eile zu überqueren und dürfen nicht auf der Fahrbahn verweilen.

Die strafbaren Tatbestände wurden durch den Gendarmerieposten E am 1.2.1994 angezeigt. Im Ladungsbescheid der BH Eferding vom 10.3.1994 wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, zu den im Spruch angeführten strafbaren Tatbeständen eine Stellungnahme abzugeben. In den am 8.6.1994 und 12.7.1994 abgegebenen Stellungnahmen geben Sie durch - Ihren rechtsfreundlichen Vertreter im wesentlichen an:

"Der Beschuldigte teilt mit, daß er die Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat. Sämtliche Anschuldigungen sind völlig aus der Luft gegriffen. Es wird darauf verwiesen, daß zwischen dem Beschuldigten sowie dem Unfallsgegner Bi ein Zivilverfahren beim Bezirksgericht E zur Aktenzahl 1 behängt. Für den 22.6.1994 wurde die erste Streitverhandlung an Ort und Stelle des Unfallsgeschehens anberaumt." 'Der Beschuldigte teilt mit, daß nunmehr an Ort und Stelle des Unfallgeschehens eine Streitverhandlung stattgefunden hat. Es wurden sämtliche Zeugen sowie Parteien einvernommen.

Die Angelegenheit wurde in der Folge ausführlich mit den Sachverständigen und dem Gericht erörtert. Der Richter hat im wesentlichen die Auffassung vertreten, daß weder die eine noch die andere Version verifizierbar wäre, weshalb in der Folge eine Schadensteilung im Verhältnis 1:1 durchgeführt wurde. Der Beschuldigte ist auf Grund dieses durchgeführten Beweisverfahrens der Auffassung, daß keinerlei Anhaltspunkte vorhanden seien, die ein Bestrafung rechtfertigen.' Der Unfallgegner B hat aber die zivilgerichtliche Schadensteilung nicht angenommen und er wurde im gerichtlichen Strafverfahren vom Landesgericht Wels (11EHv 17/94) wegen Nötigung (§ 105 Abs. 1 StGB) gemäß § 259 Ziffer 3 Strafprozeßordnung von dem wider ihn erhobenen Strafantrag vom 21.2.1994 freigesprochen. Der gerichtliche Amtssachverständige stellte im zivilgerichtlichen Verfahren fest, daß Sie für die Schäden der Steinschläge selbst verantwortlich sind, weil Sie beim Hintereinanderfahren einen zu geringen Abstand eingehalten haben. Durch das Gericht wurde daher Ihre Klage auf Schadenersatz abgewiesen (Urteil des BG. Eferding vom 12.11.1994, 1 C 88/94).

Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens gelangt die Behörde unter Berufung auf das ihr gemäß § 45 Abs. 2 AVG. zustehende Recht der freien Beweiswürdigung zur Überzeugung, daß Sie die strafbaren Tatbestände einwandfrei begangen haben. Als Grundlage für ihre Entscheidung hat die Behörde das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahren herangezogen. Der verkehrstechnische gerichtliche Amtssachverständige stellte im Gutachten fest, daß Sie zum Vorderfahrzeug nur einen Abstand von ca. 3 Meter beim Hintereinanderfahren eingehalten haben, obwohl Sie auf Grund der gefahrenen Geschwindigkeit einen Tiefenabstand von 15 bis 20 Meter einhalten hätten müssen. Im Verfahren haben Sie nicht bestritten, daß Sie während des Überholens B bei geöffnetem Fenster gedeutet haben, er solle stehen bleiben. Sie hielten Ihr Fahrzeug an, stiegen aus dem Fahrzeug aus, und liefen auf der Fahrbahn zum PKW des B zurück, wobei Sie eine drohende Haltung eingenommen haben. Sie hatten kein Recht, den PKW des B anzuhalten und als Fußgänger auf der Fahrbahn zu verweilen, um diesen zur Rede zu stellen. Es wäre Ihnen freigestanden, beim nächsten Gendarmerieposten Anzeige gegen B zu erstatten. Es war daher spruchgemäß zu bestrafen.

Von einer Begründung hinsichtlich der Einstellung der Verfahren in den Punkten 2.), 3.) und 4.) kann im Sinne des § 58 Abs. 2 AVG. abgesehen werden, weil Ihrem Antrag auf Einstellung des Verfahrens in diesen Punkten vollinhaltlich stattgegeben worden ist.

Strafmildernd bzw. -erschwerend waren keine Umstände.

Bei der Bemessung der Strafe hatte die Behörde im Sinne des § 19 VStG. auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse und das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Außerdem hatte die Behörde die Strafbemessung innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens vorzunehmen. Der gesetzliche Strafrahmen beträgt für die im Spruch angeführten Strafen bis zu S 10.000,--.

Die im Spruch verhängten Strafen liegen im untersten Bereich der im Gesetz festgesetzten Höchststrafen.

Sie haben es trotz Aufforderung unterlassen, der Behörde Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekanntzugeben. Die Verkehrsbehörde sah sich daher veranlaßt, Ihr Einkommen als Elektromechaniker zu schätzen.

Der Schätzung wurde ein Einkommen von S 10.000,-- monatlich zugrunde gelegt.

Durch das Lenken eines Fahrzeuges beim Hintereinanderfahren in einem wesentlich zu geringen Tiefenabstand werden Unfälle mit schweren Unfallfolgen verursacht.

Unter Berücksichtigung der mit den begangenen Tatbeständen verbundenen Gefahr, der Gefährdung und Schädigung staatlicher Interessen, aber auch der Interessen der übrigen Straßenbenützer, zu deren Schutz die Strafnorm geschaffen worden ist, sind die verhängten Strafen aus general- wie spezialpräventiven Gründen angemessen. Die verhängten Strafen sollen alleinig dazu dienen, um Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger schwerer Verwaltungsübertretungen abzuhalten." 2.1. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung und Verfahrenseinstellung eingebrachte Berufung. Es wird darin ausgeführt wie folgt:

"In umbezeichneter Verwaltungsstrafsache wurden dem Beschuldigten das Straferkenntnis der BH Eferding vom 4.7.1995 am 11.7.1995 zugestellt. Binnen offener Frist erhebt der Beschuldigte gegen dieses Straferkenntnis die BERUFUNG Das Straferkenntnis wird in seinem gesamten Umfang bekämpft.

Es werden als Berufungsgründe unrichtige Sachverhaltsfeststellungen sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Die Berufung wird wie folgt ausgeführt:

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß ich gegen den Unfallsgegner R B Strafanzeige wegen § 89 StGB erstattet habe. Gegen Herrn B wurde in der Folge auch ein Strafverfahren wegen Nötigung sowie Gefährdung der körperlichen Sicherheit eingeleitet. Er wurde im Zweifel freigesprochen. Ich möchte darauf hinweisen, daß auch die Staatsanwaltschaft gegen mich erhoben hat und wurde das Strafverfahren nach 90 StPO eingestellt.

Ich bin aus diesem Grund nach § 99 Abs.6 lit.c nicht zu bestrafen, zumal sich nach § 99 Abs. 6 lit.c StVO die Bezirksanwaltschaft auseinandergesetzt hat.

Im übrigen verweise ich darauf, daß die Feststellungen der Behörde 1. Instanz nicht zutreffend sind. Das Bezirksgericht E hat sich im Zivilverfahren mit einem umfangreichen Beweisverfahren mit diesen Vorfällen auseinandergesetzt. Das Gericht hat zu den entscheidungserheblichen Fragen nur Negativfeststellungen getroffen, zumal es nicht erklärbar war, wie es zu den Steinschäden am Fahrzeug des Beschuldigten gekommen ist. Das Klagebegehren wurde aus diesem Grunde abgewiesen. Wenn schon das Bezirksgericht vermeint, keine wesentlichen Feststellungen zu entscheidungserheblichen Tatsachen treffen zu können, so überrascht, daß gerade die Bezirkshauptmannschaft Eferding nunmehr in der Lage ist, Feststellungen zu treffen. Diese Feststellungen sind aber weder aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens ableitbar, noch im Endergebnis haltbar.

Es wird vor allem darauf hingewiesen, daß die Feststellung, ab Mitte der Ortschaft F einen nicht ausreichenden Abstand zum Vorderfahrzeug eingehalten zu haben, nicht nur unrichtig ist, sondern geradezu aktenwidrig.

Nach Auffassung des Berufungswerbers erübrigt es sich näher auf diese Feststellung einzugehen.

Nach § 44a Ziff 1 VStG hat der Spruch eine Straferkenntnis, die als erwiesen angenommene Tat, wozu auch die genaue Konkretisierung des Tatortes gehört, zu enthalten. Von einer derartigen Tatortkonkretisierung kann im gegenständlichen Fall nicht die Rede sein. Ich verweise also, daß das Strafverfahren auch aus dieser Überlegung einzustellen ist.

Was das Faktum 2 anlangt, so verweise ich darauf, daß ich keinesfalls als Fußgänger zu qualifizieren bin. Abgesehen davon entspricht die Feststellung auch nicht den Tatsachen, sind die angegebenen Örtlichkeiten wiederum aktenwidrig und derart unpräzise, daß von einer mangelnden Konkretisierung des Tatortes gesprochen werden kann.

Im übrigen habe ich durch mein Verhalten den Zeugen B in keiner Weise "gefährdet" und behindert. Dies hat der Zeuge auch zu keinem Zeitpunkt behauptet. Er hat lediglich mitgeteilt, daß er aus dem Grund nicht stehengeblieben ist, um einer wörtlichen Auseinandersetzung aus dem Wege zugehen.

Selbst wenn die Berufungsbehörde zur Auffassung gelangen sollte, daß eine Bestrafung gerechtfertigt ist, so vermeine ich, daß die Strafe nicht schuld- und tatangemessen ist. Ich beantrage jedenfalls eine Festsetzung der Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens.

Es wird sohin beantragt der Berufung Folge zu geben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens schuld- und tatangemessen festzusetzen.

L, den 18. Juli 1995 R M" 2.2. Die in Form eines kaum lesbaren Aktenvermerk im Berufungsschriftsatz angebrachten handschriftlichen Anmerkungen wurden oben nicht wiedergegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt, welcher im Rahmen der Berufungsverhandlung auszugsweise verlesen wurde. Ferner durch Vernehmung des Zeugen O, sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Die Lebensgefährtin des Berufungswerbers, Frau S, hat von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch gemacht.

4. Zumal keine 10.000,- S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Zumal einerseits ein diesbezüglicher konkreter Antrag gestellt wurde, andererseits die Tatvorwürfe auch dem Grunde nach bestritten wurden, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen.

4.1. Der Berufungswerber fuhr nach dem Ortsgebiet von F bis zu seinem Überholmanöver in einem sehr geringen Abstand, nämlich nur eine Fahrzeuglänge bzw. sechs Meter hinter dem Vorderfahrzeug nach, wobei seine Fahrgeschwindigkeit ca. 50 km/h betrug. Auf die Gründe dieses Manövers und die nachfolgenden, den Gegenstand zweier Gerichtsverfahren bildenden Vorfälle, ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht näher einzugehen. In diesem Bereich befand sich auf der Fahrbahn Streusplitt. Nach dem Anhalten des Berufungswerbers in einem Abstand von 20 bis 30 Meter vor dem Zweitfahrzeug begab sich der Berufungswerber etwa 1,5 Meter vom rechten (in der ursprünglichen Fahrtrichtung gesehen) Fahrbahnrand entfernt zur Fahrertür des Zweitfahrzeuges. Knapp vor dem Erreichen derselben und zum Zeitpunkt des unmittelbar bevorstehenden Vorbeifahrens des Zeugen O an diesem Fahrzeug, setzte dieses plötzlich seine Fahrt fort, sodaß der Berufungswerber verhalten war in Richtung Straßenmitte auszuweichen, wodurch seinerseits der Zeuge O zum Ausweichen bzw. Abbremsen seines Fahrzeuges gezwungen war.

4.2. Das Beweisergebnis zu Punkt 1.) stützt sich auf die eigene Verantwortung des Berufungswerbers. Die diesbezüglichen Angaben machte der Berufungswerber bereits anläßlich seiner Vernehmung durch die Gendarmerie am 5.

Jänner 1994. Auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurden diese Fakten, auf welche sich, unter Hinweis auf das Ergebnis des Sachverständigengutachtens im zivilgerichtlichen Verfahren, die Erstbehörde in zutreffender Weise stützte, nicht bestritten. Gemäß dem im Akt erliegenden SV-Gutachten betrug der Nachfahrabstand sogar nur drei Meter.

Zu Punkt 2.) wurde jedoch deutlich, daß der Berufungswerber - nicht wie von der Erstbehörde offenbar angenommen - auf das anhaltende Fahrzeug des Zweitbeteiligten bezogen auf die Fahrbahn trat und er dieses Fahrzeug damit behindert hätte, sondern vor das Fahrzeug von O. Die Angaben des Berufungswerbers, daß er in einem Abstand von 1,5 Meter vom rechten Fahrbahnrand zum etwas weiter hinten anhaltenden Zweitfahrzeug ging, wurden schließlich auch vom Zeugen O eindeutig bestätigt. Dieser Zeuge machte einerseits einen glaubwürdigen Eindruck, andererseits konnte er auch während seiner Annäherung an die anhaltenden Fahrzeuge diesen Vorgang auch gut beobachten. Insbesondere brachte der Zeuge jedoch zum Ausdruck, daß er glaube, daß der Berufungswerber durch das plötzliche Wegfahren des Zweitbeteiligten zum Ausweichen in die Richtung seines Fahrzeuges verhalten worden war. Dadurch sei dieser Zeuge zum Auslenken und Abbremsen seines Fahrzeuges verhalten gewesen.

Offenbar unzutreffend und durch die Aktenlage auch nicht gedeckt ist, daß (auch) gegen den Berufungswerber ein gerichtliches Strafverfahren eingeleitet worden wäre.

5. Rechtlich war folgendes zu erwägen:

5.1.1. Nach § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf wohl keiner weiteren Erörterung, daß bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h ein Abstand von sechs Metern dieser Vorschrift zuwidergehandelt wurde. Bei einem jederzeit erforderlich werden könnenden Abbremsen des Vordermanns wäre hier, insbesondere infolge des auf der Fahrbahn befindlichen Rollsplitts, ein Auffahrunfall nicht vermeidbar gewesen. Der Reaktionsweg beträgt bei dieser Fahrgeschwindigkeit bereits ca. 14 Meter. Im weiteren wird diesbezüglich der ausführlichen Begründung des erstbehördlichen Straferkenntnisses beigetreten und darauf verwiesen.

5.1.2. Nach § 76 Abs.4 lit.b dürfen Fußgänger an Stellen, wo der Verkehr weder durch Arm- noch durch Lichtzeichen geregelt wird, wenn ein Schutzweg nicht vorhanden ist, erst dann auf die Fahrbahn treten, wenn sie sich vergewissert haben, daß sie dabei andere Straßenbenützer nicht gefährden.

Trotz des Umstandes, daß hier der Berufungswerber objektiv das tatbestandsmäßige Verhalten gesetzt hat, kann ihm dieses jedenfalls nicht als verschuldet vorgeworfen werden, zumal er zu diesem Verhalten durch das plötzliche Wegfahren gezwungen wurde. Dahingestellt kann diesbezüglich jedoch bleiben, ob nicht das Verhalten vom Lenker dieses Fahrzeuges wiederum als Schutz vor einer befürchteten und unmittelbar bevorstehenden Tätlichkeit durch den Berufungswerber erfolgt ist, welcher ja - wie auch der Zeuge O angab - mit zornigem bzw. bösen Blick auf das hinter ihm anhaltende Fahrzeug zuging. Der Verwaltungssenat erblickt im Betreten der Fahrbahn, nämlich in der Fahrlinie des vorbeifahrenden Fahrzeuges, ohne sich entsprechend "vergewissert zu haben", ob nicht andere Straßenbenützer (hier der Zeuge O) gefährdet wurde (er mußte ja auf den linken Fahrstreifen ausweichen) als Schutzverhalten, welches ihm daher nicht als Schuld vorgeworfen werden kann. Bezogen auf das angehaltene Fahrzeug ist dieses Verhalten aber nicht tatbestandsmäßig zu erachten, weil dies wohl zu keiner Gefährdung oder Behinderung des angehaltenen Fahrzeuges führte und auf dieses Fahrzeug bezogen der Tatbestandsmäßigkeit jedenfalls entbehrt. Dieses Verhalten hat zu keiner Verhaltensänderung eines anderen Verkehrsteilnehmers geführt.

5.2. Zum Verjährungseinwand zu Punkt 1.) ist zu bemerken, daß wohl dem Spruch des Straferkenntnisses im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis 5 VStG festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zukommt. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des VwGH. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 leg.cit. erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatortund Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat).

Durch die dem Berufungswerber innerhalb der Verfolgungsverjährung zugekommene Akteneinsicht wurde ihm eröffnet was ihm zur Last gelegt und wogegen er sich zu verteidigen haben wird. Es war gemäß seiner eigenen Angabe durch die Niederschrift vom 5.1.1994 dargelegt, welchen Abstand bei welcher Geschwindigkeit er zum Vorderfahrzeug eingehalten gehabt hat. Auch die Tatörtlichkeit war so beschrieben, daß nicht die Gefahr einer Doppelbestrafung bestand und er auch nicht in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt sein konnte. Es würde zu weit und im Ergebnis zur Unvollziehbarkeit führen, würde man verlangen, daß bei Abläufen auf einer bestimmten Wegstrecke diese quasi auf Meter genau determinieren zu wollen. Mit der ursprünglichen Umschreibung "ab der Mitte des Ortsgebietes von..." ist diesem Erfordernis genüge getan. Die genauere Umschreibung im Spruch des Berufungsbescheides diente der Anpassung an das Beweisergebnis des Berufungsverfahrens und der Präzisierung des Tatbestandes.

Demnach vermag hier weder dem Verjährungseinwand des Berufungswerbers unter Hinweis auf § 44a Z1 VStG noch dem Inhalt des Berufungsvorbringens gefolgt werden.

6. Zur Strafzumessung:

6.1. Generell ist gemäß § 19 VStG Grundlage bei der Strafzumessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1.1. Zur Strafzumessung ist daher konkret festzustellen, daß einerseits der Berufungswerber nicht mehr unbescholten ist und ihm auch sonst keine Milderungsgründe zukommen.

Andererseits kommt angesichts des objektiven Unwertgehaltes dieser im hohen Ausmaß unfallsgeneigten und als unbeherrscht und rücksichtslos zu qualifizierenden Übertretungshandlung, dieser aber auch aus spezial- sowie auch aus generalpräventiven Gründen Berechtigung zu. Schließlich ist auch unter Bedachtnahme auf ein Einkommen von unter 10.000 S dieser Strafe objektiv nicht entgegenzutreten gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den o.ö Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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