Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400805/4/SR/Ri

Linz, 06.06.2006

 

 

 

VwSen-400805/4/SR/Ri Linz, am 6. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

B E S C H L U S S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des B M, geboren am 10. Februar 1994, nigerianischer Staatsangehöriger, derzeit Strafhaft in der Justizanstalt Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 56, 4910 Ried im Innkreis, wegen Schubhaft den Beschluss gefasst:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
  2.  

  3. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis) den Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1, 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG iVm §§ 67c Abs. 3 und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 16. Mai 2006, Zl. Sich 41-142-2005, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG (BGBl I Nr. 100/2005 idF BGBl I Nr. 157/2005) zur Sicherung der Abschiebung nach Beendigung der gerichtlichen Anhaltung (Strafhaft), die Schubhaft angeordnet.

 

In der Begründung des Schubhaftbescheides wird zum Sachverhalt ausgeführt, dass der Bf am 12. Juli 2004 unbekannten Ortes illegal nach Österreich einreiste und noch an diesem Tag beim Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt (im Folgenden: BAA-BAE) um Asyl ansuchte. Das BAA-BAE habe den Asylantrag mit Bescheid vom 5. November 2004, Zl. 04 14.180-BAE, gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen und gemäß § 8 leg.cit. die Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt. Die dagegen erhobene Berufung habe der Unabhängige Bundesasylsenat mit Bescheid, Zl. 25.071/0-V/13/04, zugestellt am 20. März 2006 abgewiesen. Auf Grund der rechtskräftigen Entscheidung komme dem Bf keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1997 mehr zu und er halte sich daher nicht mehr rechtmäßig in Österreich auf.

 

Erstmals sei der Bf am 10. Jänner 2005 wegen Verdachtes des Suchtgifthandels in Untersuchungshaft genommen und vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 16. Februar 2005 unter der Zahl 152 Hv 7/05x wegen des teilweise versuchten und teilweise vollendeten Vergehens nach den §§ 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 1. Fall SMG, § 15 StGB, sowie wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. 6 Monate der Freiheitsstrafe seien bedingt nachgesehen worden.

 

Auf Grund einer neuerlichen Straffälligkeit sei der Bf vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 18. Mai 2005 unter der Zahl 064 E Hv 76/05x wegen des teils versuchten und teils vollendeten Vergehens nach den §§ 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 1. Fall SMG und § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten rechtskäftig verurteilt worden. Zugleich sei die bedingte Strafnachsicht im Verfahren des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zur Zahl 152 Hv 7/05x widerrufen worden.

 

Bereits auf Grund der erstgenannten Verurteilung habe der Polizeipräsident von Wien gegen den Bf mit Bescheid vom 9. März 2005, Zl. III-1185286/FrB/05, ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot, das ebenfalls in Rechtskraft erwachsen ist, erlassen.

 

Der Bf sei im Stand der Strafhaft von der Justizanstalt Wien-Simmering in die Justizanstalt Ried im Innkreis überstellt worden, wobei das vorläufige Strafende mit 5. Juli 2006 errechnet worden sei.

 

Die belangte Behörde führt ferner an, dass der Bf in Österreich weder familiäre, noch berufliche Bindungen habe und auch nicht im Besitz von Barmitteln sei. Bislang sei er in Österreich von der Caritas unterstützt worden. In Nigeria habe er seinen Angaben zufolge keinen Beruf erlernt und auch nicht gearbeitet. Weiters verfüge er über keine Dokumente, die seine Identität beweisen könnten. Aktuell sei er an keinem ordentlichen Wohnsitz gemeldet.

 

Bei Gesamtbetrachtung des Sachverhalts bestünde ernsthaft die Gefahr, dass sich der Bf mit Beendigung der gerichtlichen Anhaltung dem behördlichen Zugriff entziehen und die fremdenpolizeilichen Maßnahmen vereiteln oder wesentlich erschweren würde. Der Zweck der Schubhaft könne nicht durch Anwendung eines gelinderen Mittels erreicht werden, weil zu befürchten sei, dass der Bf untertauchen und erneut straffällig werden werde. Dabei verweist die belangte Behörde auf die Mittellosigkeit, den fehlenden festen Wohnsitz sowie die mangelnden beruflichen und sozialen Anknüpfungspunkte.

 

Die Abschiebung des Bf sei aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd § 46 Abs. 1 Z 1 FPG dringend geboten. Da seine Identität ungeklärt sei und er über keine Reisedokumente verfüge, sei zu befürchten, dass er weiterhin seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen werde (Hinweis auf § 46 Abs. 1 Z 3 FPG).

 

2.1. Gegen die Anordnung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nach Beendigung der Strafhaft hat der Bf die gegenständliche Beschwerde erhoben und am 1. Juni 2006 beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht.

 

In der Beschwerdeschrift, in der sich der Bf auf eine (zukünftige) Anhaltung in Schubhaft nach dem Ende der Strafhaft bezieht, entschuldigt er sich zunächst für seine Straftat und wendet sich dann sinngemäß gegen die beabsichtigte Abschiebung nach Nigeria. Die Abschiebung nach Nigeria wäre auch das Ende seines Lebens, weil ihm dort die Todesstrafe wegen des Verkaufs von Drogen im Ausland drohe. Jedenfalls würde man ihn grausam behandeln und gegen die Genfer Konvention verstoßen. Nach Ausführungen zur Menschenrechtssituation und der politischen Lage in Nigeria weist der Bf darauf hin, dass er die Rechtslage in Österreich respektieren werde. Abschließend bringt der Bf nochmals vor, dass eine Abschiebung das Ende seines Lebens bedeuten würde und daher ersucht er - erschließbar - um Abstandnahme von der Abschiebung nach Nigeria.

 

2.2. Über Ersuchen hat die belangte Behörde die wesentlichen Aktenteile des Fremdenaktes mittels Fax am 2. Juni 2006 vorgelegt und die Zurückweisung der Beschwerde sowie den Zuspruch des pauschalierten Aufwandersatzes beantragt.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat verweist zum maßgeblichen Sachverhalt auf die Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Schubhaftbescheid. Nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs. 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat der Fremde das Recht, mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

 

Nach § 83 Abs. 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.2. Im vorliegenden Fall wollte der Bf nach eigenen Angaben eine Berufung gegen den Schubhaftbescheid der belangten Behörde einbringen, weil er die beabsichtigte Abschiebung nach Nigeria wegen der ihm dort angeblich drohenden Todesstrafe und der sonstigen menschenunwürdigen Zustände für unzulässig hält.

 

Eine Berufung gegen den Schubhaftbescheid ist nach § 9 Abs. 2 FPG nicht zulässig. Die Eingabe des Bf könnte allenfalls auch als Beschwerde iSd § 82 Abs. 1 FPG gedeutet werden. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheids ist nach dem § 82 Abs. 1 Z 3 FPG die Beschwerde auch dann möglich, wenn die Schubhaft angeordnet wurde. Dass damit das bisherige Konzept der Haftprüfungsbeschwerde (habeas-corpus-Verfahren iSd Art 5 Abs. 4 EMRK) verlassen werden sollte, ist den Materialien aber eher nicht zu entnehmen (vgl. dazu RV 952 BlgNR 22. GP, 106 und den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten, 1055 BlgNR 22. GP, 6, wo von "terminologische Anpassung" die Rede ist).

 

Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Bf noch die Zeit bis 5. Juli 2006 in Strafhaft verbringen wird. Die Schubhaft kann erst danach vollzogen werden. Da der Schubhaftbescheid erst mit der Entlassung aus der Strafhaft wirksam wird, scheint eine Schubhaftbeschwerde derzeit noch nicht zulässig (ständige Entscheidungspraxis des Oö. Verwaltungssenates - vgl. VwSen-400781/5WEI/Da vom 25.4.2006). Wie oben bereits erwähnt, ist auch eine Berufung gegen den Schubhaftbescheid nicht zulässig. Abgesehen von der Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels wären die vom Bf aufgeworfenen Fragen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kein Gegenstand eines Schubhaftbeschwerdeverfahrens. Vielmehr ist zur Prüfung des Refoulementverbots das asylbehördliche Verfahren bzw. das Verfahren nach § 51 FPG betreffend Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat vorgesehen.

 

4.3. Außerdem steht nach der Aktenlage fest, dass der Bf zuletzt am 5. April 2005 wegen des Verdachts des Suchtmittelhandels offenbar in Wien festgenommen und in der Folge gegen ihn ein gerichtliches Strafverfahren durchgeführt wurde, das mit einer Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien am 8. Mai 2005 zu Zl. 064 E Hv 76/05x, endete. Aus der Strafzeitberechnung der Justizanstalt Wien-Simmering ergibt sich das Strafende mit 5. Juli 2006, 15.30 Uhr.

 

Damit steht auch fest, dass der Bf weder in Oberösterreich, noch auf der Grundlage des Fremdenrechts festgenommen wurde. Er wird lediglich in der Justizanstalt Ried im Innkreis in Strafhaft angehalten, weil er am 21. Juni 2005 von der Justizanstalt Wien-Simmering überstellt worden war.

 

Der Bf wurde demnach auch nicht im Sprengel des Oö. Verwaltungssenats festgenommen. Dessen Zuständigkeit iSd § 83 Abs. 1 FPG kommt daher nicht in Betracht. Die Beschwerde war daher nach § 67c Abs. 3 AVG mangels Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenats als unzulässig zurückzuweisen.

 

5. Gemäß § 79a Abs. 1 AVG iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Beim gegenständlichen Verfahrensergebnis war dem Bund als den zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage- und Schriftsatzaufwand (51,50 und 220,30 Euro) der belangten Behörde nach den Pauschbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren in Höhe von 13 Euro für die Beschwerde (Eingabengebühr) angefallen.

 

 

 

Mag. Stierschneider

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