Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400817/5/SR/Ps

Linz, 30.06.2006

 

 

 

VwSen-400817/5/SR/Ps Linz, am 30. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des V R, geb. am, StA von Serbien und Montenegro, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W E, Astraße, A, wegen Rechtswidrigkeit des Bescheides des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 14.06.2006, Sich 40-2161-2006, und wegen rechtswidriger Anhaltung in Schubhaft im PAZ Salzburg seit dem 14. Juni 2006 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

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Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 157/2005) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, ist laut eigenen Angaben am 8. Juni 2006 unter Umgehung der Grenzkontrolle illegal in das Bundesgebiet eingereist und hat am 13. Juni 2006 um 14.30 Uhr beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle-West (im Folgenden: BAA EAST-West) einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) eingebracht.

 

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte der Bf im BAA EAST-West am 14. Juni 2006 aus, dass sein Bruder vor 3 Jahren getötet worden sei und bis heute nicht bekannt wäre, wer ihn ermordet habe. Er habe nachforschen wollen und sei dadurch in Schwierigkeiten geraten. Die Gründe würde er näher vor dem Bundesasylamt erläutern. Die Frage, ob er seine Gründe, warum er sein Land verlassen habe, ausreichend schildern konnte, bejahte der Bf.

 

Zur Reiseroute befragt, gab der Bf an, dass er am 5. Juni 2006 mit einem Pkw von Gjakove nach Serbien gefahren sei. Anschließend seien sie immer über Feldwege gefahren und am 8. Juni 2006 in Linz angekommen. In Linz habe er seine Tante angerufen und sei mit ihr anschließend zu seinem nunmehrigen Rechtsvertreter gefahren. Nach der Beratung bzw. Aufnahme einer Niederschrift habe ihn seine Tante nach St. Georgen gebracht.

 

Mit dem Schlepper habe er Kontakt aufgenommen. Dieser habe die Reise organisiert und dafür 1.500 Euro kassiert.

 

Seine Eltern, zwei Schwestern und zwei Brüder würden sich in Deutschland (Stuttgart) aufhalten.

 

Zum Reiseweg und zum Zeitpunkt der Einreise in die Europäische Union konnte der Bf keine Angaben machen.

 

1.2. Im Anschluss an die Erstbefragung wurde der Bf von der belangten Behörde einvernommen. Gegenstand der Befragung war die "erneute illegale Einreise in das Schengengebiet trotz des bestehenden - schengenweit gültigen - Aufenthaltsverbotes der Bundesrepublik Deutschland".

 

Über Befragen führte der Bf aus, dass er vor zwei Jahren von Deutschland abgeschoben und davor gegen ihn ein Aufenthaltsverbot verhängt worden wäre. Von der "schengenweiten" Gültigkeit habe er nichts gewusst. In Deutschland sei er wegen einer Rauferei rechtskräftig verurteilt worden. Das Aufenthaltsverbot sei aber wegen des illegalen Aufenthaltes verhängt worden.

 

Im Zuge der Ermittlungen wurde festgestellt, dass im SI (Schengener Informationssystem) die Vormerkung "Einreise/Aufenthaltsverbot im Schengenraum (Bundesrepublik Deutschland - Kontaktaufnahme mit Sirene - Art. 96 SDÜ)" und der Hinweis "Achtung! Gewalttätig" aufschien. Weiters ergab die SI-Anfrage folgende "Aliasidentitäten" des Bf: "Streetgang, M. V; Albaner, M, V V, M, V; R, V".

1.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 14. Juni 2006, AZ. Sich40-2161-2006, wurde über den Bf zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Der Schubhaftbescheid wurde dem Bf am 14. Juni 2006 im Anschluss an die niederschriftliche Befragung persönlich ausgefolgt. Anschließend wurde über den Bf die Schubhaft verhängt und dieser in das PAZ Salzburg eingeliefert.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle am 8. Juni 2006 in das Bundesgebiet eingereist sei und am 13. Juni 2006 seinen Asylantrag im BAA EAST-West eingebracht habe. Vor den Beamten der PI St. Georgen im Attergau, welche für das BAA EAST-West tätig geworden seien, habe der Bf keine Asylgründe angeführt. Im Zuge der Ermittlungen sei festgestellt worden, dass der Bf über keinen Aufenthaltstitel verfüge, eine rechtskräftige, vollstreckbare Rückführungsentscheidung eines EWR-Staates vorliege, die einer Ausweisung entspreche und der Bf als Drittstaatsangehöriger gegen die Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen des Entscheidungsstaates verstoßen habe. Der Bf halte sich daher unberechtigt im Bundesgebiet auf. Abgesehen von einem Bargeldbetrag in der Höhe von 98,95 Euro verfüge der Bf nicht über die für einen Aufenthalt erforderlichen finanziellen Mittel. Abseits der ihm anlässlich der Einbringung seines Asylantrages zunächst zur Verfügung gestellten bundesbetreuten Unterkunft in der Erstaufnahmestelle West habe der Bf keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet. Die Schlepperkosten hätten 1.500 Euro betragen. Aus den Angaben zu den Reisebewegungen vom Herkunftsstaat nach Österreich lasse sich ableiten, dass der Bf - trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes - zumindest über einen an Österreich angrenzenden Mitgliedstaat der Europäischen Union in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist ist. Bereits in der Vergangenheit habe er zu erkennen gegeben, dass er offensichtlich in keiner Weise gewillt sei, die Rechtsordnung seines Gastlandes (insbesondere im Bereich des Fremdenrechtes) zu respektieren. Darüber hinaus habe auch sein Verhalten bei der Reise vom Herkunftsstaat nach Österreich, die illegalen Grenzübertritte innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und das Unterlassen der Inanspruchnahme des Schutzes vor Verfolgung die Einstellung des Bf aufgezeigt. Im Hinblick auf die beabsichtigte Ausweisung war die Anordnung der Schubhaft unbedingt erforderlich. Sein bisher gezeigtes Verhalten im Bundesgebiet, sein Desinteresse an den in Österreich und den in der Europäischen Union geltenden gesetzlichen Bestimmungen lasse befürchten, dass er sich dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werde.

 

Die nach eingehender Prüfung, ergänzender Befragung und Ermittlung festgestellten Tatsachen ließe die Verhängung gelinderer Mittel anstelle der Schubhaft nicht zu.

 

1.4. Mit Fax vom 16. Juni 2006 (übermittelt am 20. Juni 2006) teilte das BAA EAST-West der belangten Behörde gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mit, dass beabsichtigt sei, den Antrag des Bf auf internationalen Schutz zurückzuweisen (§ 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG 2005), da seit dem 16. Juni 2006 Dublin Konsultationen mit der Bundesrepublik Deutschland, Ungarn und Slowenien geführt werden.

 

1.5. Mit Schriftsatz vom 21. Juni 2006, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 26. Juni 2006 erhob der Bf nunmehr vertreten durch den in der Präambel angeführten Rechtsanwalt "Beschwerde gegen den Bescheid" der belangten Behörde. Im Folgenden stellte er den Antrag, dass die Verhängung der Schubhaft und die weitere Anhaltung als rechtswidrig festgestellt werden mögen. Abschließend wurde der Ersatz der Kosten in der Höhe von 792,96 Euro beantragt.

 

Einleitend gesteht der Bf ein, dass die belangte Behörde zu Recht von einer Einreise am 8. Juni 2006 nach Österreich unter Umgehung der Grenzkontrolle ausgegangen ist. Von der schengenweiten Geltung des in Deutschland gegen ihn "gültig verhängten Aufenthaltsverbotes" habe er keine Kenntnis gehabt. Wahrheitsgemäß habe er keine Angaben zur Reiseroute machen können. Er verstehe daher nicht, warum ihm die belangte Behörde unterstelle, dass er vermutlich über Slowenien oder Ungarn eingereist sei. Die belangte Behörde habe sich bei der Erlassung von Schubhaftbescheiden nicht auf Vermutungen zu stützen, sondern konkrete Beweismittel darzutun. Im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde würde er von seinen Verwandten aufgenommen und umfassend versorgt. Abstellend auf die Verpflichtung der Verwandten, der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und der Verwaltungssenate habe die belangte Behörde die Anwendung gelinderer Mittel nicht entsprechend geprüft und bloß bei der Abschiebung zu erwartende Schwierigkeiten würden für die Schubhaftverhängung nicht ausreichen. Die belangte Behörde habe nicht begründet annehmen können, dass er sich der Ausweisung beharrlich widersetzen würde und außerdem seien seine Asylgründe höchst stichhaltig und würden einer Prüfung bedürfen. Diese Gründe seien in seiner Niederschrift vom 7. Juni 2006 genannt und dem Asylakt angeschlossen. Auf Grund der Verwandten in Österreich habe er hier Anknüpfungspunkte und aus dem Dublin-Übereinkommen ergebe sich nichts Stichhaltiges, wonach ein anderes Land für die Entscheidung des Asylverfahrens zuständig wäre.

Abschließend beantragt der Bf die Feststellung, dass die Verhängung der Schubhaft und die weitere Anhaltung rechtswidrig sind und die belangte Behörde zum Ersatz der Kosten in der Höhe von 792,96 Euro verpflichtet werden möge.

 

2.1. Mit Schreiben vom 27. Juni 2006 hat die belangte Behörde den Bezug habenden Fremdenakt per Fax übermittelt.

 

Einleitend verweist die belangte Behörde in der Gegenschrift auf die ausführliche Bescheidbegründung und erachtet die Ausführungen des Bf als nicht nachvollziehbar.

 

Ergänzend weist die belangte Behörde auf den zwischenzeitlich geführten Schriftverkehr mit "Sirene Österreich" und dem Generalbundesanwalt in Bonn hin. Am 20. Juni 2006 habe das BAA EAST-West der belangten Behörde gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass seit 16. Juni 2006 Konsultationen mit Deutschland, Slowenien und Ungarn geführt würden. Eine Einstellung des Zulassungsverfahrens sei bis dato nicht erfolgt.

 

Selbst wenn die Konsultationsverfahren negativ abgeschlossen würden, sei eine inhaltliche Entscheidung im Zulassungsverfahren denkbar und rechtlich möglich, ohne dass das eingeleitete und anhängige Ausweisungsverfahren eingestellt werden müsste. In diesem Zusammenhang sei zu bemerken, dass der Bf im Rahmen seiner niederschriftlichen Erstbefragung keine Asylgründe geltend gemacht habe.

 

Darüber hinaus habe er auch seinen Aufenthalt in Deutschland verschwiegen. Erst bei der neuerlichen Befragung vor der belangten Behörde hätte der Bf zugegeben, dass er vor zwei Jahren aus Deutschland abgeschoben worden sei. Sein Vorbringen, dass er von der Gültigkeit des Aufenthaltsverbotes im gesamten Schengenraum nichts gewusst habe, erachte die belangte Behörde als unglaubwürdig.

 

Abschließend wird die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

 

2.2. Mit Fax vom 29. Juni 2006 übermittelte die belangte Behörde das Ergebnis der Anfrage beim Generalbundesanwalt. Danach sei der Bf vom LG Stuttgart am 21.10.2002, B 2600 - 20 KLS 26 JS 46767/02 3145 VRS, rechtskräftig wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (§§ 177 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 233, 230 und 52 [deutsches] StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden.

 

Laut Auskunft aus dem (deutschen) Bundeszentralregister wird der Bf vom LG Stuttgart seit 21.09.2005, B2600S - 3143 VRS 26 JS 46767/02 wegen "Festnahme aufgrund vollstreckbaren Haftbefehls" gesucht.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den per Fax übermittelten Fremdenakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde und der Gegenschrift der Sachverhalt hinlänglich geklärt ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 157/2005 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

  1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

4.3. Der Bf wird zum Entscheidungszeitpunkt in Schubhaft angehalten.

 

Seine Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

 

4.4. Wie sich aus der Aktenlage und unwidersprochen aus der Beschwerdebegründung ergibt, war der Bf zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber nur verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 angeführten Fälle gegeben ist.

 

Der Bf hat nicht bestritten, dass bereits vor seiner Asylantragsstellung ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot vorlag, das für das gesamte Gebiet der Schengen Staaten gilt. Er hat lediglich seine Rechtsunkenntnis geltend gemacht.

 

Abgesehen von dieser Bestimmung (§ 76 Abs. 2 Z. 3 FPG), auf die die belangte Behörde die Schubhaft gestützt hat, konnte die Schubhaft auch gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG angeordnet werden.

 

Auf Grund der Ergebnisse der Befragung am 14. Juni 2006 (Beginn der Niederschrift: 14.00 Uhr, Ende: 14.30 Uhr) durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes konnte die belangte Behörde annehmen, dass der Asylantrag des Bf mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen wird. Diese Annahme hat sich bestätigt, da das BAA EAST-West am 16. Juni 2006 Konsultationen mit der Bundesrepublik Deutschland, Ungarn und Slowenien eingeleitet hat.

 

Wie dem unbestrittenen Sachverhalt entnommen werden kann, hat das BAA EAST-West nach der Anordnung der Schubhaft gegen den Bf ein Ausweisungsverfahren nach den Bestimmungen des AsylG 2005 eingeleitet (siehe Fax vom 21. Juni 2006 vom BAA EAST-West an die belangte Behörde - "Die Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 oder 5 AsylG gilt auch als eingeleitetes Ausweisungsverfahren"). Die angeführte Mitteilung wurde vom Bf am 20. Juni 2006 übernommen und die Ausfolgung durch eigenhändige Unterschrift bestätigt.

 

Die belangte Behörde konnte daher die Aufrechterhaltung der Schubhaft auch auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG stützen.

 

In der weiteren Begründung hat sie nachvollziehbar den konkreten Sicherungsbedarf dargelegt. Aus der Aktenlage ergibt sich kein Grund, der die belangte Behörde zu der Annahme veranlassen hätte müssen, dass der Zweck der Schubhaft auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Der Rechtsvertreter des Bf hat den Bescheid, mit dem die Schubhaft angeordnet wurde, im Hinblick auf das Verfahren, das zur Schubhaftentscheidung führte, § 77 FPG als rechtswidrig angesehen.

 

Wie bisher ist das zur Entscheidung zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Auffassung, dass entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur vor der Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG auf § 77 Abs. 5 FPG Bedacht zu nehmen ist und Schubhaft nur bei konkretem Sicherungsbedarf angeordnet werden darf.

 

Der vorliegende Sachverhalt bietet aber zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass die belangte Behörde von einem konkreten Sicherungsbedarf ausgehen konnte.

 

Das Vorbringen des Bf im Zulassungsverfahren zeigt eindeutig auf, dass er sich über die Asylantragstellung ausschließlich seinen Aufenthalt in Österreich zu sichern suchte. In der niederschriftlichen Erstbefragung hat er ausschließlich auf eine kriminelle Tat, die seinen Bruder betroffen hat, hingewiesen. Wie weit seine behaupteten Nachforschungen eine asylrechtlich relevante Verfolgung seiner Person aufzeigen sollte, hat er, obwohl im nachweislich ausreichend Zeit dazu eingeräumt wurde, nicht einmal ansatzweise dargelegt. Weder dem Vorlageakt noch der Beschwerdeschrift kann ein Vorbringen entnommen werden, dass auf Fluchtgründe hinweist. In der Beschwerdeschrift wird - ohne konkrete Angaben zu machen - allgemein auf "höchst stichhaltige Asylgründe, die einer Prüfung bedürfen" abgestellt und auf eine Niederschrift vom 7. Juni 2006 verwiesen. Abgesehen davon, dass sich diese Niederschrift nicht im Vorlageakt befindet und auf diese im vorliegenden Verfahren in keiner Weise eingegangen worden ist, kann der Bf - unter der Voraussetzung, dass seine Reiseangaben zutreffen - zu diesem Zeitpunkt mit seinem Rechtsvertreter keine Niederschrift aufgenommen haben.

 

Sollte die Niederschrift tatsächlich am 7. Juni 2006 beim Rechtsvertreter aufgenommen worden sein, dann erscheinen die Angaben zur Reiseroute und zur Dauer der Reise noch unglaubwürdiger.

 

Die Vorgangsweise des Bf lässt den Schluss zu, dass der Bf den Asylantrag nur deshalb gestellt hat, um fremdenpolizeiliche Maßnahmen hintan zu halten. Die asylrelevante Komponente, die im Beschwerdevorbringen dargestellt wird, ist derart allgemein gehalten und steht im krassen Widerspruch zu den gemachten Angaben des Bf in der Erstbefragung. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, glaubhaft eine Verfolgungssituation aufzuzeigen. Die Verschleierung des "Fluchtweges" zeigt deutlich auf, dass der Bf in das Zielland Österreich gelangen und eine Rückschiebung in einen "Dublinstaat" verhindern wollte. In diesem Zusammenhang ist auch der hohe Schlepperlohn von Bedeutung. Wäre es dem Bf tatsächlich um Schutz vor Verfolgung gegangen - wie nunmehr in der Beschwerdeschrift
behauptet -, dann hätte er diesen in einem nähergelegenen "Dublinstaat" erlangen und die Schlepperkosten deutlich niedriger halten können.

 

Obwohl sich der Bf bei der Erstbefragung im Zulassungsverfahren äußerst kurz gefasst und großteils vage Angaben gemacht hat, weisen diese Widersprüchlichkeiten auf. Beispielsweise führt der Bf unter Punkt 4 der Niederschrift vom 14. Juni 2006 aus, dass sich seine Eltern und vier Geschwister in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und unter Punkt 7 verneint er, dass er Familienangehörige im EU-Raum habe. Weiters widersprechen sowohl die Zeitangaben als auch die Angaben zur Reiseroute jeder Lebenserfahrung. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Fahrt von Serbien nach Österreich ausschließlich auf Feldwegen vorgenommen werden kann. Neben der überlangen Fahrzeit zeigen auch die weiteren - sehr vage gehaltenen -Angaben auf, dass er keinerlei Anhaltspunkte zur Reiseroute liefern und damit eine gewisse Nachvollziehbarkeit und/bzw. Widersprüchlichkeit verhindern wollte. So ist auch seine Aussage zu seiner weiteren Vorgangsweise in Österreich nicht überprüfbar (Punkt 6 der Niederschrift vom 14. Juni 2006: "Am 08.06.2006 kam ich in Österreich in Linz an. ...... Anschließend fuhren wir zu einem Rechtsanwalt. .... Danach brachte mich meine Tante nach St. Georgen.").

 

Die belangte Behörde hat den vorliegenden Sachverhalt richtig beurteilt und ist zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass der Bf nicht gewillt ist in den Herkunftsstaat zurückzukehren und es naheliegend erscheint, dass er sich fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen suchen werde, um den Einsatz der finanziellen Mittel nicht als nutzlose Aufwendung abschreiben zu müssen. Der konkrete Sicherungsbedarf ist somit gegeben und die Anwendung gelinderer Mittel ausgeschlossen. Im Hinblick auf das im Zulassungsverfahren eingeleitete Ausweisungsverfahren, die Gesamtbeurteilung des Vorbringens und das Verhalten des Bf besteht nach wie vor dringender Sicherungsbedarf. Daran kann auch eine allfällige Unterstützung durch in Österreich lebende "Verwandte und deren Verpflichtung zur Unterstützung" nichts ändern.

 

4.5. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

 

Gemäß Abs. 2 darf die Schubhaft so lange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs. 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

 

Gemäß § 80 Abs. 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z. 1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der unabhängige Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

 

Aus der Aktenlage lässt sich nicht erkennen, dass der Grund für die Anordnung der Schubhaft weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

Wie unbestritten feststeht, hat die belangte Behörde die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG angeordnet. Da zum Entscheidungszeitpunkt über die gegenständliche Beschwerde noch keine rechtskräftige negative Entscheidung über den Asylantrag vorliegt, konnte die belangte Behörde die weitere Anhaltung des Bf auf § 80 Abs. 5 FPG stützen.

 

4.6. Bei diesem Verfahrensergebnis war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Gleichzeitig war gemäß § 83 Abs. 4 FPG festzustellen, dass zum Entscheidungszeitpunkt die für die Fortsetzung maßgeblichen Voraussetzungen noch vorliegen.

5. Gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Beim gegenständlichen Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage- und Schriftsatzaufwand (51,50 und 220,30 Euro) nach den Pauschalbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in der Höhe von insgesamt 271,80 Euro zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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