Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400820/4/BMa/Ps

Linz, 04.07.2006

 

 

VwSen-400820/4/BMa/Ps Linz, am 4. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Beschwerde des A T, geb. am , derzeit Polizeianhaltezentrum der BPD Linz, vertreten durch Mag. D M, p/A C, H, L, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

     

  2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82f Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I 2005/100 idF BGBl. I 2005/157 (im Folgenden: FPG) iVm § 68 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004; § 79a AVG

 

 

Begründung:

 

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein russischer Staatsangehöriger, reiste illegal zusammen mit seiner Gattin und seiner Tochter sowie seiner Schwägerin am 18. Juni 2006 nach Österreich und brachte am selben Tag einen Asylantrag beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, 4880 St. Georgen i.A., ein. Bereits am 26. Mai 2006 hatte der Beschwerdeführer einen Asylantrag in Polen gestellt. Dort wurde er in einem Auffanglager untergebracht, von wo er am 16. Juni 2006 zusammen mit seinen Familienangehörigen schlepperunterstützt, gegen Bezahlung eines Schlepperlohns von 1.000 Euro und die Brillantohrringe seiner Gattin, versteckt in einem Lkw nach Österreich gebracht wurde.

Als Asylgrund wurde angeführt, er habe seine Familie aus dem Krieg in Sicherheit bringen wollen. Im Heimatland des Beschwerdeführers herrsche immer noch Kriegszustand, maskierte Männer würden nachts in die Häuser eindringen und die Bewohner zu Tode prügeln können. Er sei von maskierten Männern mitgenommen und zwei Monate an einem ihm unbekannten Ort festgehalten worden. Sie hätten ihm einen Sack über den Kopf gezogen und ihn auf ein Feld hinausgeworfen. Während seiner Gefangennahme sei er zusammengeschlagen worden. Auch nach seiner Entlassung sei er noch einmal in der Nacht überfallen und verprügelt, aber noch in der gleichen Nacht wieder freigelassen worden. In seinem Heimatland gebe es noch immer keine Garantie, am Leben zu bleiben.

 

Der Beschwerdeführer wurde nach Stellung seines Asylantrags in der bundesbetreuten Unterkunft in der EAST-West untergebracht.

Die belangte Behörde hielt auf Grund des Ergebnisses der Befragung des Beschwerdeführers, der Durchsuchung und seiner erkennungsdienstlichen Behandlung die Annahme gerechtfertigt, dass sein Antrag auf internationalen Schutz - nach Abschluss eines Konsultationsverfahrens gemäß den Bestimmungen des Dubliner-Übereinkommens mit Polen - mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden werde.

Der Rechtsmittelwerber ist nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechts für Österreich und auch nicht imstande, den Besitz eines Nationalreisedokuments nachzuweisen, da sich sein Pass laut eigenen Angaben in Polen befindet. Er ist auch völlig mittellos.

Am 19. Juni 2006 wurde der Beschwerdeführer zur Verhängung der Schubhaft und zur weiteren Verwahrung in dieser festgenommen. Er wird seither im Polizeianhaltezentrum Linz angehalten.

 

1.2. Mit dem bekämpften Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 19. Juni 2006, Sich40-2187-2006, wurde die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Begründend wurde neben dem entscheidungswesentlichen Sachverhalt, der sich mit dem vom Oö. Verwaltungssenat festgestellten deckt, im Wesentlichen angeführt, es sei zu befürchten, dass sich der Beschwerdeführer - auf freiem Fuß belassen - vor allem nachdem ihm mitgeteilt worden sei, sein Asylbegehren werde an Polen abgetreten und er werde in diesen Mitgliedstaat ausgewiesen, dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werde. Aus diesem Grund sei zur Sicherung seiner Ausweisung sowie zur Sicherung seiner Abschiebung nach Polen seine Anhaltung in der Schubhaft unbedingt erforderlich.

Von der Erlassung eines gelinderen Mittels habe Abstand genommen werden müssen, vor allem weil er, nachdem er bereits in Polen einen Asylantrag eingebracht und bereits in diesem Land Schutz vor Verfolgung gefunden habe, dennoch illegal nach Österreich eingereist sei. Es könne aus seinem Verhalten der Schluss gezogen werden, dass er sich über die Asylantragstellung ausschließlich seinen Aufenthalt in Österreich sichern wolle, um hier eine für seine Verhältnisse lukrative Beschäftigung aufnehmen zu können.

 

In der mittels Fax eingebrachten Gegenschrift, mit der auch der Fremdenakt auszugsweise vorgelegt wurde, wird ergänzend angeführt, die Zustimmung der Rücknahme von Polen liege bereits vor, diese sei am 22. Juni 2006 beim Bundesasylamt eingegangen. Abschließend wurde die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde beantragt.

 

1.3. In der Haftbeschwerde vom 28. Juni 2006 wird einleitend beantragt, die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides sowie der Festnahme und Anhaltung in Schubhaft festzustellen und die Verfahrenskosten zu ersetzen. Dazu führte der Beschwerdeführer, vertreten durch Mag. D M, p/A C, aus, er sei mit Familienangehörigen aus Tschetschenien geflüchtet. Sein Zielland sei Österreich, weil zwei Schwestern seiner Frau anerkannte Flüchtlinge in Österreich seien. Er habe familiäre Bezugspunkte in Österreich, so sei die Schwester seiner Frau, M M, gemeinsam mit ihrem Sohn im Jahr 2004 als Flüchtlinge in Österreich anerkannt worden, ebenso wie eine weitere Schwester, S M, mit ihrer Familie. Die Familie würde durch ein sehr enges Verhältnis verbunden sein. Darüber hinaus sei er durch Kriegsereignisse in Tschetschenien traumatisiert, so sei er zwei Monate von den russischen Behörden inhaftiert und gefoltert worden. Er sei daher auch auf die psychische Unterstützung durch seine Familienmitglieder angewiesen. Seine Schwägerin als allein stehende tschetschenische Frau würde die Unterstützung seiner Familie benötigen, daher sei mit einer Zulassung seines Asylverfahrens in Österreich unter Hinweis auf Art. 15 Abs.2 erster Satz Dublin-II-Verordnung zu rechnen.

Er habe zum ersten Mal in Österreich einen Asylantrag gestellt, sich dem Asylverfahren nie entzogen und genieße seit der Antragstellung faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12 Asylgesetz 2005, da bisher keine durchsetzbare Entscheidung erlassen worden sei.

 

Die Bestimmung des § 76 Abs.2 Z4 FPG sei verfassungswidrig, da diese ebenso wie § 34b Abs.1 Z3 Asylgesetz überschießend ausgestaltet und daher nicht mit dem Rechtsstaatprinzip vereinbar sei. Denn es sei nicht bei jeder Antragstellung eines Asylwerbers, der bereits einen Asylantrag in einem anderen Staat gestellt hat, von vornherein sicher, dass der Asylantrag missbräuchlich gestellt worden sei bzw. sich der Asylwerber nicht rechtstreu verhalten werde.

Die Haft sei unverhältnismäßig insbesondere im Hinblick auf die durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechte. Es fehle die Begründung, weshalb eine Trennung des Beschwerdeführers von seiner Familie erforderlich gewesen sei; eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der Inhaftnahme gegenüber dem Schutz der persönlichen Freiheit sei notwendig.

 

Durch die Schubhaftverhängung habe er keine Möglichkeit eine wirksame Beschwerde einzubringen, da der Vollstreckungsschutz, den das Asylgesetz biete, nicht hinreichend sei, zumal das Ergreifen eines Rechtsmittels für einen unvertretenen Asylwerber unabhängig von diesem Schutz jedenfalls verunmöglicht werde. Daher verstoße § 76 Abs.2 Z4 gegen Art. 13 EMRK und das sich aus dieser Bestimmung manifestierende Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Darüber hinaus werde gegen Art. 4 4. ZPMRK verstoßen, der eine Kollektivausweisung von Fremden verbiete und es sei ein Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedsstaat gestellten Asylantrages zuständig sei, weil einem Asylwerber zunächst die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben sei, erst wenn sich herausstelle, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreise bzw. zu verstehen gebe, dass er dies nicht tun werde, sei eine Haftverhängung zulässig, gegeben.

Es werde auch ein Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie gesehen, denn nach dieser sollte die rechtliche Vermutung gegen eine Inhaftierung sprechen. Sofern andere Überwachungsmaßnahmen als Alternative zur Haft zur Verfügung stehen würden, sollten diese zuerst Anwendung finden, es sei denn, es gäbe Anhaltspunkte für die Vermutung, dass eine solche Alternative im betreffenden Fall nicht wirksam wäre.

 

Die Wahrscheinlichkeit, dass er als Tschetschene traumatisiert sei, sei sehr hoch, auch deshalb hätte die belangte Behörde nach einer Alternative zur Schubhaft suchen müssen, zum Beispiel ein gelinderes Mittel anwenden. Zum Beweis der Traumatisierung bzw. Retraumatisierung werde die Einholung eines ärztlichen Gutachtens beantragt.

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 82 Abs.1 FPG hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005

angehalten wird oder wurde, oder

wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Der Beschwerdeführer wird seit 19. Juni 2006 in Schubhaft angehalten, damit ist er zur Einbringung der Schubhaftbeschwerde legitimiert.

 

3.2. Gemäß § 76 Abs.2 Z4 kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 Asylgesetz 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Asylantrag am 18. Juni 2006 eingebracht. In der Ersteinvernahme wurde vom Beschwerdeführer selbst angegeben, er habe bereits am 26. Mai 2006 einen Asylantrag in Polen eingebracht. Diesbezüglich wurden auch Erhebungen mittels Abgleich der Fingerabdrücke getätigt. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, liegt die Zustimmung von Polen zur Rückübernahme des Beschwerdeführers bereits vor.

 

Die belangte Behörde ist damit zu Recht von der Annahme ausgegangen, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz - nach Abschluss eines Konsultationsverfahrens gemäß den Bestimmungen des Dubliner-Übereinkommens mit Polen - mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird und damit die Schubhaft auf der Grundlage des § 76 Abs.2 Z4 verhängt werden kann.

 

Soweit die Beschwerde vermeint, es sei anzunehmen, dass seinem Asylantrag unter Hinweis auf Art. 15 Abs.2 Dublin-II-Verordnung stattgegeben werde, so wird dem entgegengehalten, dass gemäß Art. 15 Abs.2 dieser Verordnung die Mitgliedsstaaten im Regelfall, in Fällen in denen die betroffene Person wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, einer schweren Krankheit, einer ernsthaften Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung der anderen Personen angewiesen ist, den Asylwerber und den anderen Familienangehörigen, der sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates aufhält, nicht trennen bzw. sie zusammenführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat.

Der Beschwerdeführer ist Schwager von zwei anderen Asylwerberinnen und damit auch Familienangehöriger von zwei in Österreich befindlichen Personen. Weder er noch seine Angehörigen weisen jedoch die in Abs.2 dieses Artikels aufgezeigten Kriterien auf. Damit kann sich der Rechtsmittelwerber nicht auf diese Bestimmung berufen. Im Übrigen ist der Unabhängige Verwaltungssenat nicht gehalten, im Rahmen der Prüfung einer Schubhaft die Anwendung von Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung zu beurteilen.

 

3.3. Gemäß § 77 Abs.1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werde.

Gemäß Abs.3 leg.cit. kommt als gelinderes Mittel insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

Die belangte Behörde ist im konkreten Fall zu Recht davon ausgegangen, dass gelindere Mittel nicht in Betracht zu ziehen sind, da es dem Beschwerdeführer ganz offensichtlich darauf angekommen ist, in Österreich zu bleiben. So hat er bereits in Polen einen Asylantrag eingebracht und damit Schutz vor Verfolgung gefunden. Die Weiterreise nach Österreich wäre zur Sicherung seiner eigenen Person nicht mehr nötig gewesen.

Der Beschwerdeführer hat angegeben, das von ihm gewählte Zielland sei Österreich, weil zwei Schwestern seiner Gattin in Linz als Asylwerberinnen aufhältig seien.

Wenn es dem Beschwerdeführer ausschließlich um die Familienzusammenführung gegangen wäre, so hätte er in Polen, dem Aufenthaltsstaat in dem er zuerst Asyl beantragt hat, die Familienzusammenführung von diesem Staat aus gemäß der Dublin-III-Durchführungsverordnung anregen können. Es ist daher davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer primär aus wirtschaftlichen Gründen darum geht, in Österreich bleiben zu können.

 

Die Trennung des Beschwerdeführers von seiner Gattin und seinem erst ca. einem halben Jahr alten Baby war gerechtfertigt, weil die Voraussetzungen der Verhängung der Schubhaft auch bei seiner Gattin zu bejahen gewesen wären, die belangte Behörde jedoch auf Grund des geringen Alters des Kindes davon Abstand genommen hat. Die vorübergehende Trennung der Familie durch Inschubhaftnahme des Vaters und Gatten gewährleistet, dass der Rest der Kernfamilie bei Anwendung des gelinderen Mittels, der Unterbringung in der EAST-West einer - allfälligen - Abschiebung nach Polen zur Verfügung stehen wird, weil nicht anzunehmen ist, dass die Gattin des Beschwerdeführers mit der kleinen Tochter in Österreich untertauchen wird, insbesondere weil ein berufliches Fortkommen auch in der Illegalität durch das Vorhandensein eines Babys erschwert ist.

 

Aus dem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers, der illegalen Einreise nach Österreich und der Vermeidung der Beschreitung des Amtsweges gemäß der Dublin-II-Verordnung in Verbindung mit der Dublin-III-Durchführungsverordnung, ist ersichtlich, dass er nicht gewillt ist, sich der österreichischen Rechtsordnung konform zu verhalten und seinen Verbleib in Österreich (gemeinsam mit seiner Frau und seiner Tochter) durch Abtauchen in die Illegalität durchsetzen wird.

 

3.4. Gemäß § 80 Abs.1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf gemäß Abs.2 leg.cit. solange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für die Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf, außer in den Fällen der Abs.3 und 4, insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

Die Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers erfolgte am 19. Juni 2006 und die Aufrechterhaltung der Schubhaft diente dem Zweck der Sicherung des Verfahrenes zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung.

Die Anhaltung in Schubhaft in der Dauer von nunmehr ca. einem halben Monat liegt innerhalb des (zeitlichen) Rahmens des § 80 FPG und ist damit zulässig. Es ist nicht ersichtlich, dass das Ziel der Schubhaft nicht mehr realisierbar ist, daher ist die weitere Aufrechterhaltung der Schubhaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt zulässig.

 

3.5. Sollte die Beschwerde mit dem Verweis auf die Dublin-II-Verordnung Art. 15 Abs.1 der humanitären Klausel gemeint haben (obwohl Abs.2 angeführt wurde), so wird darauf hingewiesen, dass es dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Rahmen einer Schubhaftbeschwerde nicht obliegt, das Eintrittsrecht Österreichs gemäß dieser Bestimmung zu prüfen.

 

Im vorliegenden Fall ist der Beschwerde zuwider auch keine Verfassungswidrigkeit des § 76 Abs.2 Z4 FPG erkennbar, weil eine Einzelfallprüfung stattgefunden hat und somit diese Gesetzesstelle verfassungskonform angewandt wurde.

 

3.6. Die Verhängung der Schubhaft ist verhältnismäßig, denn dem Recht des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit steht das Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um diese zu gewährleisten war der Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers notwendig.

Auf Grund des Verhaltens des Rechtsmittelwerbers, nämlich des illegalen Grenzübertritts und der Nichteinhaltung des Rechtsweges zur Durchsetzung der ihm möglicherweise zukommenden Vergünstigungen aus humanitären Gründen, ist anzunehmen, dass es ihm primär um den Verbleib in Österreich geht und er diesen auch durch Untertauchen in die Anonymität aufrecht erhalten wird. Da somit vorliegend die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nur durch die Verhängung der Schubhaft gewährleistet ist, ist letztere auch unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgebots gerechtfertigt.

 

3.7. Soweit der Beschwerdeführer in der Verhängung der Schubhaft einen Verstoß gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde geltend macht, wird auf dieses Verfahren hingewiesen, wonach es ihm offensichtlich nicht verunmöglicht wurde, eine Schubhaftbeschwerde zu erheben. Auch kann im konkreten Fall nicht von einer Kollektivausweisung eines Fremden und damit von einem Verstoß gegen Art. 4 4. ZPMRK gesprochen werden, da die konkreten Verhältnisse des Beschwerdeführers geprüft und erwogen wurden.

 

3.8. Seinem Vorbringen, dass er als Tschetschene von den Erlebnissen in seiner Heimat traumatisiert sei und die Gefahr bestehe, er werde durch die Haftverhängung retraumatisiert, wird die gängige Vorgangsweise bei der Verhängung einer Haft entgegengehalten, wonach jeder Schubhäftling nach Verhängung der Haft einem Amtsarzt vorgeführt wird und die Haftfähigkeit geprüft wird. Sollte sich während der Anhaltung in Schubhaft die Haftunfähigkeit einer Person ergeben, so wird diese unverzüglich aufgehoben. Im konkreten Fall kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer sich in einem derart schlechten psychischen Zustand befindet, dass eine Anhaltung in Schubhaft nicht mehr möglich wäre. Weil Häftlinge ohnehin bei Bedarf ärztlich betreut werden, konnte von der Einholung eines ärztlichen Gutachtens im Rahmen dieser Schubhaftprüfung Abstand genommen werden.

 

3.9. Im konkreten Fall war daher festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war über Antrag der belangten Behörde als obsiegende Partei nach § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 234/2003, ein Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand 220,30 Euro) zuzusprechen.

Analog dem § 59 Abs.4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl. Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19 GP, 14f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren ist eine Eingabengebühr in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

Beachte: vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben; VwGH vom 26.09.2007, Zl.: 2006/21/0177, 0178-8

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