Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400822/4/Ste/BP/Se

Linz, 10.07.2006

 

 

VwSen-400822/4/Ste/BP/Se Linz, am 10. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des K (alias H) A, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. B R, P, S, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

  2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) Kosten in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz - FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 157/2005) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck Sich40-1865-2006, wurde am 3. Mai 2006 über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, iVm § 80 Abs. 5 FPG und iVm § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Salzburg am 3. Mai 2006 vollzogen.

Begründend wird im genannten Bescheid dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf gemäß seinen eigenen Angaben über Unbekannt am 01. Mai 2006 illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich einreiste und in der Folge am 02. Mai 2006 beim Bundesasylamt Erstaufnahmestelle West in Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau ein Asylbegehren einbrachte. Dabei führte der Bf an, A K zu heißen, am geboren und Staatsangehöriger der Türkei zu sein. Dokumente, welche seine Identität bestätigt hätten, konnte der Bf nicht vorlegen, weshalb seine Identität als nicht gesichert gegolten habe.

Weiters führte der Bf an, keine Bezugspersonen in Österreich zu haben und auch keine Unterstützung von Bekannten oder Verwandten in Österreich zu erhalten, weswegen er staatliche Unterbringung benötigen würde, wenn auch nur vorübergehend eine bundesbetreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle West am 02. Mai 2006 zugewiesen wurde.

Während der niederschriftlichen Befragung am 03. Mai 2006 vom Bundesasylamt EAST West über Fluchtgründe und die illegale Einreise nach Österreich, hätte der Bf angegeben, dass er, um dem Militärdienst in der Türkei zu entgehen, schlepperunterstützt, seinen Heimatstaat am 16.04.2006, unter Zurücklassung der Reisedokumente, illegal in einem LKW - gegen ein Schlepperentgelt von 5.350 Euro - verlassen hätte und über eine, dem Bf unbekannte Route in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist wäre. Der Bf gab an, dass dies sein erster Aufenthalt im Gebiet der Europäischen Union sei, da er die Türkei noch nie verlassen hätte. Weiters hätte der Bf angegeben, noch niemals einen Asylantrag gestellt zu haben, wohingegen durch Abnahme der Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht werden konnte, dass der Bf bereits am 27.06.2005 illegal in das Bundesgebiet der Republik Deutschland gereist war und am 29.06.2005 ein Asylbegehren in Berlin eingebracht hatte.

Nach Vorhalt dieser Tatsachen gab der Bf zu, bewusst eine Falschaussage gemacht zu haben, um eine mögliche Abschiebung nach Deutschland zu verhindern. In der Folge machte der Bf verschiedene zeitlich unrealistische Angaben über seine Abschiebung von Deutschland in die Türkei und eine dortige Inhaftierung, was die belangte Behörde als neuerlichen vorsätzlichen Versuch einer Irreführung der Behörden ansah. Als insbesonderen Grund für seine Falschaussagen gab der Bf an, er würde lieber sterben als nach Deutschland zu gehen.

Die belangte Behörde spricht im gegenständlichen Bescheid dem Bf die Glaubwürdigkeit ab und geht davon aus, dass er, entgegen seiner Aussagen, nicht von der Türkei sondern von Deutschland nach Österreich eingereist ist. Der Bf verfügte zum Zeitpunkt der Befragung über Geldmittel von 5,41 Euro.

Dem Bf wird vorgeworfen seinen Asylantrag in Deutschland deshalb verleugnet zu haben, da ihm bewusst war, dass eine Überstellung nach Deutschland drohte, sollte den österreichischen Behörden die Einreise nach Österreich über Deutschland bekannt werden, weshalb nach den Bestimmungen des Dublin-Abkommens davon auszugehen war, dass Österreich mangels Zuständigkeit sein Asylbegehren zur Überprüfung in die Bundesrepublik Deutschland zurückweisen würde.

Weiters verweist die belangte Behörde auf von ihr eingeholte Erkundigungen beim Bundesasylamt, wonach ein klarer Dublinfall vorgelegen wäre und daher mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Konsultationsverfahren sowie ein Ausweisungsverfahren nach Deutschland eingeleitet werden würde. Die belangte Behörde ging davon aus, dass Deutschland einem Wiederaufnahmeersuchen zustimmen würde.

Von der Erlassung eines gelinderen Mittels musste erzwingend Abstand genommen werden, da nach Ansicht der belangten Behörde der Bf in keinster Weise gewillt sei die gesetzlichen Bestimmungen insbesondere die des Fremden- und Grenzkontrollrechts des Gastlandes zu respektieren. Dies wird auch mit den Falschaussagen bzw. bewussten Irreführungen seitens des Bfs, um einer drohenden Abschiebung nach Deutschland zu entgehen und sich in Österreich ein Aufenthaltsrecht zu erschleichen, begründet. Das Verhalten des Bf zeige eindeutig, dass er alles unternehmen würde, um einer drohenden Abschiebung zu entgehen, weshalb die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft als angemessen angesehen wird.

1.2. Der Bf befindet sich seit 03. Mai 2006 und auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats in Schubhaft.

 

2.1. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 04. Juli 2006 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin bringt der Bf im Wesentlichen vor, dass die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 verhängt wurde, der zum tragen kommt, wenn aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird. Der Bf führt dahingehend aus, dass mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.06.2006, Zl. 06.04.723 EAST West der Asylantrag abgewiesen wurde. Ihm wurde auch nicht der Status eines Asylberechtigten zuerkannt, sondern er gemäß § 10 AsylG aus dem Österreichischen Bundesgebiet in die Türkei ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf Berufung.

Aufgrund der Entscheidung des "BAS" erweise sich nach Ansicht des Bf die Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als hinfällig. Weiters habe der Bf in der niederschriftlichen Einvernahme seine Fluchtgründe nachvollziehbar und glaubwürdig dargelegt. Eine Zuständigkeit Deutschlands läge nicht vor.

Weiters führt der Bf an, dass der Bescheid mit dem die Schubhaft verhängt wurde an einen falschen Adressanten ergangen war, da sowohl das Geburtsdatum als auch die Staatsbürgerschaft falsch angegeben waren. Der Bf bemängelt, dass hinsichtlich der Person in Beziehung auf Staatsbürgerschaft und Geburtsdatum, Spruch und Begründung des bekämpften Bescheides nicht übereinstimmen.

Weiters beruft sich der Bf auf den Schutz des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und sieht durch die Verhängung der Schubhaft eine diesbezügliche Verletzung.

2.2. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Akt vorgelegt und beantragt, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Ergänzend legt die belangte Behörde dar, dass unmittelbar nach der Verhängung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes ein Ausweisungsverfahren nach Deutschland eingeleitet hat. Die Bundesrepublik Deutschland stimmte allerdings einer Übernahme nicht zu, wodurch es mangels fehlender Fluchtgründe des Bf zum Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Juni 2000 kam, mit dem der Asylantrag abgewiesen, die Zulässigkeit der Zurück- oder Abschiebung in die Türkei festgestellt und der Bf aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid habe der Bf am 16. Juni 2006 Berufung erhoben. Die Entscheidung des UBAS liegt jedoch noch nicht vor.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bf reiste nach eigenen Angaben über einen unbekannten Nachbarstaat am 1. Mai 2006 illegal, gegen ein Schlepperentgelt von 5.350 Euro nach Österreich ein. In der Folge brachte er am 02. Mai 2006 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West in Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau, ein Asyslbegehren ein, das er im Wesentlichen damit begründete, keinen Militärdienst in der Türkei ableisten zu wollen.

Der Bf führte an, A K zu heißen, am geboren und türkischer Staatsbürger zu sein. Der Bf führte keine Reisedokumente mit sich. Weiters führte er aus, dass er bislang die Türkei noch nicht verlassen hatte, somit erstmals das Gebiet der Europäischen Union betreten und noch nie einen Asylantrag gestellt zu haben.

Durch Abnahme der Fingerabdrücke konnte ermittelt werden, dass der Bf bereits am 27. Juni 2005 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war und am 29. Juni 2005 ein Asylbegehren in Berlin eingebracht hatte. Der Bf begründete seine bewusst falschen Angaben damit, dass er der drohenden Abschiebung nach Deutschland in jedem Fall entgehen wollte, da er "lieber sterben wolle, als nach Deutschland zurück zu gehen". Dementsprechend waren auch die weiteren Angaben des Bf, vor allem in zeitlicher Hinsicht mehrfach unschlüssig und falsch.

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck, Sich-40-1865-2006, wurde am 03. Mai 2006 über den Bf auf Basis des § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG Schubhaft verhängt und der Bf in das Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Salzburg überstellt, wo er sich seither befindet.

Unmittelbar nach der Verhängung der Schubhaft hat ebenfalls das Bundesasylamt EAST West aufgrund des vorliegenden Sachverhalts ein Ausweisungsverfahren gemäß dem Dublinabkommen eingeleitet, wobei die Bundesrepublik Deutschland allerdings einer Übernahme des Bf nicht zustimmte. Mangels ausreichender Fluchtgründe wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes EAST West vom 13.06.2006, Zl. 06.04.723 EAST West, das Asylbegehren des Bf abgewiesen, die Zulässigkeit der Zurück- oder Abschiebung in die Türkei bestätigt und der Bf aus dem österreichischen Bundesgebiet durchsetzbar ausgewiesen. Der Bf erhob dagegen Berufung an den UBAS, über die bislang noch nicht rechtskräftig entschieden wurde.

Gemäß § 68 Abs. 2 AVG änderte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck per Bescheid Sich40-1865-2006 am 04. Juli 2006 den Bescheid vom 03. Mai 2006 dahingehend ab, dass im Spruch des genannten Bescheides der Name des A H geb. , Sta. d. Türkei zu lauten hat. Die Identität des Bf ist nicht gesichert.

3.3. Der Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorliegenden Dokumenten.

4.1 Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.2. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 157/2005, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

4.3. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des

Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder

zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

4.4. Wie sich aus der Aktenlage und unwidersprochen aus der Beschwerdebegründung ergibt, war der Bf zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber.

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber nur verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 angeführten Fälle gegeben ist.

Aus dem dargestellten Sachverhalt geht eindeutig hervor, dass der Bf die österreichischen Behörden über seinen am 29. Juni 2005 in Berlin gestellten Asylantrag bewusst nicht informierte, um nicht Gefahr zu laufen, in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben zu werden. Die belangte Behörde konnte vollkommen zurecht annehmen, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden würde. Auch die Voraussetzung gemäß § 76 Abs. 2 FPG, dass Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Abweisung gemäß § 10 Asylgesetz 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung angeordnet werden kann, ist im vorliegenden Fall eindeutig gegeben, da aus dem Verhalten und der Vehemenz mit der sich der Bf gegen eine mögliche Abschiebung nach Deutschland verbal äußerte davon auszugehen war und ist, dass der Bf eine hohe Bereitschaft hat sich den Rechtsvorschriften seiner Gastländer zu widersetzen.

4.5. Gemäß § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

Gemäß Abs. 2 darf die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer in den Fällen des Abs. 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

Im Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft war - wie oben angeführt - klar vom Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG auszugehen. Allerdings wendet der Bf ein, dass der Grund für die Verhängung der Schubhaft durch die Einstellung des Ausweisungsverfahrens nach Deutschland nunmehr gemäß § 80 Abs. 2 FPG weggefallen sei. Dieser Ansicht schließt sich der Unabhängige Verwaltungssenat jedoch nicht an, da aus dem Sachverhalt klar ersichtlich ist, dass gegen den Bf ein Ausweisungsverfahren in die Türkei anhängig ist. § 80 Abs. 2 FPG stellt auf den "Wegfall des Grundes" für die Anhaltung in Schubhaft ab. Dieser Fall tritt jedoch nicht ein, wenn - wie im vorliegenden Verfahren - ein Haftgrund gemäß § 76 Abs. 2 (Ziffer 4) FPG unmittelbar und als logische Folge durch den Eintritt eines weiteren Grundes gemäß Ziffer 2 leg.cit. ersetzt wird, weshalb die Anhaltung in Schubhaft auch nicht als grundlos bezeichnet werden kann.

Insbesondere ist weiters zu prüfen, ob im vorliegenden Verfahren die Spezialnorm des § 80 Abs. 5 FPG anzuwenden ist. Gemäß dieser kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z. 1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der unabhängige Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

Wie unbestritten feststeht, hat die belangte Behörde die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG angeordnet und entsprechend dieser Bestimmung verhängt. Da zum Entscheidungszeitpunkt über die Beschwerde noch keine rechtskräftige negative Entscheidung über den Asylantrag vorliegt, konnte die belangte Behörde die weitere Anhaltung des Bf zurecht auf § 80 Abs. 5 FPG stützen.

Das Bundesasylamt (hier: BAA EAST West) hat den Asylantrag des Bf nach inhaltlicher Prüfung bereits im Zulassungsverfahren abgewiesen. Gemäß § 28 Abs. 3 AsylG 2005 ersetzt eine Abweisung des Asylantrages im Zulassungsverfahren die Zulassungsentscheidung. Wird der Asylantrag im Zulassungsverfahren abgewiesen, gilt dieser Antrag als zugelassen wenn oder sobald der Berufung gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung zukommt.

Da das BAA EAST West bei der bescheidmäßigen Erledigung eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gemäß § 38 AsylG 2005 nicht vorgenommen hat, war das Asylverfahren mit der Berufungseinbringung zugelassen. Ab diesem Zeitpunkt kommt dem Bf das Aufenthaltsrecht gemäß § 13 AsylG 2005 zu. Das bedeutet aber noch nicht, dass Schubhaft schlechthin unzulässig wäre.

Im Gegensatz zur Ansicht des Bf stellt § 80 Abs. 5 FPG nicht darauf ab, ob und welches Ausweisungsverfahren nach dem AsylG 2005 eingeleitet ist. § 80 Abs. 5 FPG bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden kann, wenn die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG verhängt wurde. Es findet hier keine weitere Spezifizierung zu den einzelnen Ziffern der genannten Bestimmung statt. Nur wenn der UBAS keine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt, ergibt sich e contrario aus § 80 Abs. 5 letzter Satz FPG, dass die Schubhaft nicht aufrecht erhalten werden darf.

Selbst wenn man der Ansicht des Bf zum Wegfall eines Haftgrundes folgen würde, ist damit für die vorliegende Beschwerde nichts gewonnen. Es ist zwar zutreffend, dass gemäß § 27 Abs. 4 AsylG 2005 ein gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. eingeleitetes Ausweisungsverfahren einzustellen ist, wenn das Verfahren zugelassen wird.

Abstellend auf das vorliegende Verfahren in der Erstaufnahmestelle ist damit ausschließlich das Ausweisungsverfahren betreffend die Unzuständigkeit Österreichs (Zuständigkeit eines anderen Staates - § 5 AsylG 2005) anzusehen. Die gesetzlich vorgesehene Einstellung eines derartigen Ausweisungsverfahrens hat aber nichts mit jenem Ausweisungsverfahren im Zulassungsverfahren gemein, auf Grund dessen die Ausweisung des Bf in die Türkei verfügt wurde (siehe Spruch des Bescheids des BAA EAST West vom 13. Juni 2006, Zl. 06 04.723). Da der entscheidenden Behörde im Zulassungsverfahren ein unbegründetes Asylbegehren vorgelegen ist, hat sie neben der inhaltlichen a limine Abweisung des Asylantrages - im Zuge des geführten Ausweisungsverfahrens - die angeführte Ausweisungsentscheidung getroffen.

Unbestritten ist, dass die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG verhängt wurde und zum Entscheidungszeitpunkt über die gegenständliche Beschwerde noch keine rechtskräftige negative Entscheidung über den Asylantrag vorliegt. Die weitere Anhaltung des Bf kann somit auf § 80 Abs. 5 FPG gestützt werden.

4.6. Der Einwendung des Bf, dass im Bescheid der BH Vöcklabruck vom 03. Mai 2006 ein falscher Adressat angegeben war und die in Schubhaft befindliche Person nicht der Bescheidadressat sein könne, kann nicht gefolgt werden, da die bloße Falschangabe des Geburtsdatums sowie der Staatsbürgerschaft des Bf keinen Zweifel an der Identifizierbarkeit des Bf lassen. Überdies entkräftet der Bf seine Einwendung selbst dadurch, dass er sehr wohl angibt, in der Begründung des angefochtenen Bescheids die korrekten Angaben hinsichtlich Geburtsdatum und Staatsbürgerschaft festgestellt zu haben. Wäre der Normadressat nicht identifizierbar gewesen, so hätte der Bescheid die absolute Nichtigkeit zur Folge gehabt, was jedoch nicht einmal vom Bf selbst vorgebracht wurde. Der Abänderungsbescheid der belangten Behörde vom 04. Juli 2006 bringt dazu im Übrigen eine endgültige Klarstellung.

4.7. Die Beschwerde war daher nach § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen; unter einem war gemäß § 83 Abs. 4 FPG festzustellen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

5.1. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG iVm § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung, BGBl. II Nr. 334/2003, Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

 

Beachte:

VwGH-Entscheidung zu 2006/21/0301 und 2007/21/0063-5 vom 17. März 2009:

Der erstangefochtene Bescheid (VwSen-400822/4/Ste/BP/Se) wurde, soweit er über die Zulässigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 16. Juni 2006 und über den Aufwandersatz absprach, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wurde die zu 1. erhobene Beschwerde abgewiesen.

Verweis auf die Entscheidung VwSen-400847/4/Ste/BP/CR vom 23. Oktober 2009

Der zweitangefochtene Bescheid (VwSen-400847/4/Ste/BP/CR) wurde im Umfang seiner Anfechtung (Abweisung der Schubhaftbeschwerde sowie Ausspruch über den Aufwandersatz) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

 

 

 

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