Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400825/4/BMa/Be

Linz, 11.07.2006

 

 

VwSen-400825/4/BMa/Be Linz, am 11. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Beschwerde des A K, geb. am , Staatsangehöriger von Serbien und Monte Negro, vertreten durch Mag. Dr. I W, Rechtsanwältin in W, gegen den Schubhaftbescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 23. Juni 2006, Zl. Sich40-2155-2006, zu Recht erkannt:

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.
  2.  

  3. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Aufwendungen in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I 100/2005 (im Folgenden: FPG), iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 (im Folgenden: AVG) und UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

A K reiste ohne im Besitz eines Nationalreisedokumentes und ohne im Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich oder einen anderen Schengenstaat zu sein am 7. Juni 2006 unter Umgehung der Grenzkontrolle illegal nach Österreich ein. Am 9. Juni 2006 brachte er in der EAST-Ost einen Asylantrag ein.

Als Asylgrund wurde vom Rechtsmittelwerber angeführt, er sei Mitglied der LDK Partei und Präsident der Jugend für sechs Dörfer in seinem Heimatland. Deshalb sei er mit dem Umbringen bedroht worden.

Aus diesem Grund habe er sich entschlossen, nach Österreich zu fliehen.

 

In seiner niederschriftlichen Erstbefragung im Rahmen des Asylverfahrens gab er an, mit Hilfe eines Schleppers versteckt in einem Kleintransporter, gegen Bezahlung eines Schlepperlohnes von 5.000 Euro, illegal nach Österreich eingereist zu sein. Von 1995 bis 2001 habe er sich in Deutschland bei seinem Onkel in Friedberg aufgehalten und sei freiwillig in den Kosovo zurück gekehrt.

Familiäre und soziale Gründe für seine Einreise nach Österreich wurden nicht geltend gemacht.

 

Der Asylwerber wurde in der bundesbetreuten Unterkunft in der EAST-West untergebracht.

Mit Schriftsatz des Bundesasylamtes, EAST-West, vom 16. Juni 2006, Zl.: 06 06.105 wurde ihm mitgeteilt, es sei beabsichtigt, seinen Asylantrag vom 10. Juni 2006 zurückzuweisen. Es wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass Konsultationen gemäß dem Dubliner Abkommen mit Ungarn und Slowenien geführt würden und dass gegen ihn ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 Asylgesetz eingeleitet worden sei.

 

Am 23. Juni 2006 wurde der Rechtsmittelwerber zur Erlassung der Schubhaft sowie zur Anhaltung in dieser festgenommen. Noch am selben Tag wurde der Schubhaftbescheid zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung erlassen.

 

Diesen Sachverhaltsdarstellungen stehen keine Äußerungen des Beschwerdeführers entgegen.

 

1.2. Begründend wurde im bekämpften Bescheid neben dem entscheidungswesentlichen Sachverhalt, der sich mit dem vom Oö. Verwaltungssenat festgestellten deckt, im Wesentlichen angeführt, es sei zu befürchten, der Beschwerdeführer werde sich - auf freiem Fuß belassen - vor allem nachdem ihm mitgeteilt worden sei, sein Asylbegehren werde an Ungarn und Slowenien abgetreten und er werde in einen dieser Mitgliedstaaten ausgewiesen, dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen. Aus diesem Grund sei zur Sicherung seiner Ausweisung sowie zur Sicherung seiner Abschiebung seine Anhaltung in Schubhaft unbedingt erforderlich.

Von der Erlassung eines gelinderen Mittels habe Abstand genommen werden müssen, vor allem weil er offensichtlich nicht gewillt sei, die gesetzlichen Bestimmungen des Fremdengesetzes und des Grenzkontrollgesetzes zu respektieren. Die von ihm und seinem Schlepper gewählte Reiseroute auf dem Landweg habe über zumindest einen an Österreich grenzenden Mitgliedstaat der Europäischen Union, vermutlich Ungarn oder Slowenien, geführt, ehe er illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sei und hier einen Asylantrag gestellt habe. Dabei habe er nicht nur illegal die Grenzen des österreichischen Bundesgebietes überschritten, sondern auch den illegalen Grenzübertritt an den Grenzen der Europäischen Union in Kauf genommen.

Aus seinem Verhalten könne der Schluss gezogen werden, dass er sich über die Asylantragstellung ausschließlich seinen Aufenthalt in Österreich sichern habe wollen. Dies werde auch durch den bezahlten Schlepperlohn in Höhe von 5.000 Euro untermauert. Es könne nach Ansicht der belangten Behörde davon ausgegangen werden, dass er versuchen werde, sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen, um den Einsatz der finanziellen Mittel für seine Verbringung nach Österreich nicht als ertraglose Aufwendungen abschreiben zu müssen. Auch das Zurücklassen seiner Ehefrau in dem laut seiner Schilderung unsicheren Heimatort bestätige die Ansicht der Behörde. Er sei völlig mittellos und könne weder mit einem Reisepass noch mit einem Personalausweis seine Identität nachweisen.

Der konkrete Sicherungsbedarf sei daher zu bejahen und die Schubhaft anstelle gelinderer Mittel zu verhängen.

 

In der mittels Fax eingebrachten Gegenschrift, mit der auch der Fremdenakt auszugsweise vorgelegt wurde, wird ergänzend angeführt, speziell nach der Mitteilung über Konsultationen mit Ungarn und Slowenien sei zu befürchten, der einwanderungswillige Fremde werde versuchen, sich dem Verfahren durch Untertauchen in die Illegalität zu entziehen. Seine Angabe, Österreich sei ein gutes Land, würden darauf hindeuten, dass Herr K sehr wohl über seine Reiseroute Bescheid wusste, diese aber mit Absicht verschwiegen habe.

Abschließend wurde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

1.3. In der Haftbeschwerde vom 26. Juni 2006 wird durch die rechtsfreundliche Vertretung des Rechtsmittelwerbers im Wesentlichen ausgeführt, es handle sich um eine unbegründete Mutmaßung der Behörde, dass er sich dem Asylverfahren entziehen werde. Die belangte Behörde habe sein Recht auf Parteiengehör und sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt. Seine Anhaltung sei eine Freiheitsberaubung, die begründet sein müsse. Wenn gelindere Mittel zur Zweckerreichung vorhanden seien, müssten diese jedenfalls vorgezogen werden. Die Behörde habe sich nicht mit den Gründen seiner illegalen Einreise auseinander gesetzt.

Die belangte Behörde habe das ihr zustehende Ermessen überschritten und Willkür geübt.

 

Abschließend wurde beantragt die Fortsetzung der Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts mit der Maßgabe, dass er umgehend enthaftet werde, aufzuheben.

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 82 Abs.1 FPG hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005

angehalten wird oder wurde oder

wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Der Beschwerdeführer wird seit 23. Juni 2006 in Schubhaft angehalten, damit ist er zur Einbringung der Schubhaftbeschwerde legitimiert.

 

3.2. Gemäß § 76 Abs.2 Z2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 Asylgesetz 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

Gemäß § 27 Abs.1 Z.1 des Asylgesetzes 2005 ist ein Ausweisungsverfahren ex lege eingeleitet, wenn dem Asylwerber im Zulassungsverfahren mitgeteilt wird, dass beabsichtigt wird, seinen Antrag abzuweisen oder zurückzuweisen (§ 29 Abs.3 Z4 und 5) - vgl. Bruckner/Doskozil/Marth/Taucher/Vogl Fremdenrechtspaket S 84.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Asylantrag in Österreich am 9. Juni 2006 eingebracht. Der Schriftsatz des Bundesasylamtes, EAST-West vom 16. Juni 2006, mit dem dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde, dass Konsultationen gemäß dem Dublin Abkommen mit Ungarn und Slowenien geführt würden, wurde ihm am 20. Juni 2006 ausgefolgt. Das Ausweisungsverfahren war mit dieser Mitteilung an den Beschwerdeführer eingeleitet.

 

Die belangte Behörde ist damit zu Recht von der Annahme ausgegangen, dass gegen den Beschwerdeführer nach den Bestimmungen des Asylgesetz 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde und die Schubhaft auf der Grundlage des

§ 76 Abs.2 Z.2 verhängt werden kann.

3.3. Gemäß § 77 Abs.1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werde.

Gemäß Abs.3 leg.cit. kommt als gelinderes Mittel insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

Die belangte Behörde ist im konkreten Fall zu Recht davon ausgegangen, dass gelindere Mittel nicht in Betracht zu ziehen sind, weil es dem Beschwerdeführer ganz offensichtlich darauf angekommen ist, nach Österreich zu kommen und hier zu bleiben. Wäre es dem Beschwerdeführer ausschließlich um Schutz vor politischer Verfolgung gegangen, so hätte er in einem an Österreich grenzenden Mitgliedstaat der Europäischen Union, durch den seine Reiseroute am Landweg nach Österreich geführt hat, bereits Asyl beantragen können und nicht einen weiteren illegalen Grenzübertritt nach Österreich innerhalb der Europäischen Union durchführen müssen. Viel mehr ist anzunehmen, dass es dem Beschwerdeführer primär aus wirtschaftlichen Gründen um einen Verbleib in Österreich geht. Wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, ist auch das Zurücklassen seiner Ehefrau in dem laut seiner Schilderung unsicheren Heimatort ein Indiz dafür, das es ihm vorwiegend darum gegangen ist, flexibel zu sein, um seinen Aufenthalt in Österreich zu sichern.

 

Aus dem Gesamtverhalten des Beschwerdeführers ist ersichtlich, dass er nicht gewillt ist, sich der österreichischen Rechtsordnung konform zu verhalten und dass er seinen Verbleib in Österreich durch Abtauchen in die Illegalität durchsetzen wird.

 

3.4. Gemäß § 80 Abs.1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf gemäß Abs.2 leg.cit. so lange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für die Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf, außer in den Fällen der Abs.3 und 4, insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

Die Inschubhaftnahme des Beschwerdeführers erfolgte am 23. Juni 2006 und die Aufrechterhaltung der Schubhaft dient dem Zweck der Sicherung des Verfahrenes zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung.

Die Anhaltung in Schubhaft in der Dauer von nunmehr weniger als drei Wochen liegt innerhalb des (zeitlichen) Rahmens des § 80 FPG und ist damit zulässig. Es ist nicht ersichtlich, dass das Ziel der Schubhaft nicht mehr realisierbar ist, daher ist auch deren weitere Aufrechterhaltung zum gegenwärtigen Zeitpunkt zulässig.

 

3.5. Die Verhängung der Schubhaft ist verhältnismäßig, denn dem Recht des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit steht das Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um diese zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers notwendig.

Auf Grund des Verhaltens des Rechtsmittelwerbers, nämlich des mehrfachen illegalen Grenzübertritts, ist anzunehmen, dass es ihm primär um den Verbleib in Österreich geht und er diesen auch durch Untertauchen in die Anonymität aufrecht erhalten wird. Da somit vorliegend die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nur durch die Verhängung der Schubhaft gewährleistet ist, ist letztere auch unter dem Aspekt des Verhältnismäßigkeitsgebots gerechtfertigt.

 

3.6. Im konkreten Fall war daher festzustellen, das die Verhängung der Schubhaft nicht rechtswidrig erfolgte und die Vorraussetzungen für eine weitere Anhaltung in dieser vorliegen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war über Antrag der belangten Behörde als obsiegende Partei nach § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 234/2003, ein Verfahrensaufwand in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand 220,30 Euro) zuzusprechen.

Analog dem § 59 Abs.4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl. Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19 GP, 14f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren ist eine Eingabengebühr in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

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