Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400826/6/Gf/Mu/Ga

Linz, 17.07.2006

VwSen-400826/6/Gf/Mu/Ga Linz, am 17. Juli 2006

DVR. 0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des M, zuletzt Polizeianhaltezentrum Linz, vertreten durch die RAe Dr.  F u.a., wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Schärding zu Recht erkannt:

  1. Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 25. Mai 2006, 11.40 Uhr, bis zum 29. Mai 2006 wird als rechtswidrig erklärt.
  2. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Schärding) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Weißrussland, ist - nachdem er am 6. April 2006 nach Deutschland ausgereist ist − nach seiner dortigen Festnahme und Verbüßung einer noch offenen Haftstrafe am 18. Mai 2006 unter Anwendung des österreichisch-deutschen Übernahmeabkommens nach Österreich rück überstellt worden.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 18. Mai 2006, Zl. Sich41-67-2006, wurde über den Rechtsmittelwerber gemäß § 76 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung bzw. der Zurückschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das PAZ Linz sofort vollzogen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass er einerseits weder über einen Identitätsnachweis noch über gültige Reisedokumente oder eine anderweitige Aufenthaltsberechtigung verfüge und er anderseits unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist sei. Überdies sei festgestellt worden, dass er weder beruflich noch in irgendeiner Weise sozial im Bundesgebiet verankert sei und er sich im Hinblick auf seine beabsichtigte Abschiebung künftig nicht freiwillig der Fremdenpolizeibehörde zur Verfügung halten werde.

Nachdem die Identität seiner Person noch zu klären sei, könnten überdies auch keine gelinderen Mittel herangezogen werden.

1.3. Am 25. Mai 2006 um 8.00 Uhr wurde der Rechtsmittelwerber anlässlich seines Hungerstreiks mittels "Entlassungsschein/Haftbestätigung" aus der Schubhaft entlassen und im Wege einer "Zuweisung" an das AKH Linz verwiesen.

Nachdem er "ohne Rücksprache mit dem diensthabenden Arzt und vor Abschluss der internistischen Abklärung noch am Aufnahmetag das Krankenhauses" verlassen hatte (vgl. den vorläufigen Bericht des AKH Linz vom 25. Mai 2006, Zl. 2006084838) und in der Folge um 11.40 Uhr freiwillig wieder ins PAZ Linz kam, wurde er neuerlich in Schubhaft genommen.

1.4. Mit Schreiben vom 29. Mai 2006, Zl. Sich41-67-2006, wurde dem PAZ Linz seitens des Bezirkshauptmannes von Schärding mitgeteilt, dass die über den Beschwerdeführer verhängte Schubhaft aufgehoben wird; gleichzeitig wurde die Weisung erteilt, ihn mit sofortiger Wirkung auf freien Fuß zu setzen.

1.5. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft vom 25. Mai 2006, 11.40 Uhr, bis zum 29. Mai 2006 richtet sich die vorliegende, am 6. Juli 2006 - und damit rechtzeitig − zur Post gegebene Beschwerde.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber im Wesentlichen vor, dass er infolge seines Hungerstreiks am 25. Mai 2006 um 8.00 Uhr aus der Schubhaft entlassen worden sei und sich nach der Untersuchung im AKH Linz um 11.40 Uhr freiwillig wieder zum PAZ Linz begeben habe. Dort sei er ohne vorangehende Erlassung eines (neuerlichen) Schubhaftbescheides in Haft genommen worden; vielmehr sei lediglich der Entlassungsschein durchgestrichen und mit dem Vermerk "keine stationäre Aufnahme - wieder retour um 11.40 Uhr, deshalb keine Entlassung" versehen worden.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft vom 25. Mai 2006, 11.40 Uhr, bis zum 29. Mai 2006 beantragt.

1.6. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Akt vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

2. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Nach § 82 Abs. 1 Z. 3 FPG hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft angeordnet wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Festnahme, der Anhaltung oder des Schubhaftbescheides anzurufen.

Gemäß § 76 Abs. 3 FPG ist die Schubhaft mit Bescheid anzuordnen. Nicht vollstreckte, auf Grund des § 57 AVG erlassene Schubhaftbescheide gelten allerdings 14 Tage nach ihrer Erlassung ex lege als widerrufen; die gleiche Rechtsfolge ordnet § 81 Abs. 2 FPG hinsichtlich des zu Grunde liegenden Bescheides auch für den Fall an, dass die Schubhaft formlos aufgehoben wurde.

2.2. Gegenständlich steht allseits unbestritten fest und ist dieser Umstand auch durch den "Entlassungsschein" des Stadtpolizeikommandos Linz vom 25. Mai 2006 dokumentiert, dass der Beschwerdeführer an diesem Tag um 8.00 Uhr aus der Schubhaft entlassen und er nach seiner freiwilligen Rückkehr in das PAZ Linz um 11.40 Uhr neuerlich in Schubhaft genommen wurde, ohne dass gegen ihn zuvor ein (neuer) Schubhaftbescheid erlassen wurde.

Da der Schubhaftbescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 18. Mai 2006, Zl. Sich41-67-2006 (s.o., 1.2.), gemäß § 81 Abs. 2 FPG am 25. Mai 2006 um 8.00 Uhr außer Kraft getreten ist, konnte sohin die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft vom 25. Mai 2006, 11.40 Uhr, bis zum 29. Mai 2006 nicht auf einen Bescheid gestützt werden, weshalb sich diese im Hinblick auf § 76 Abs. 3 FPG als rechtswidrig erweist.

2.3. Daher war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 81 Abs. 2 FPG stattzugeben und die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft vom 25. Mai 2006, 11.40 Uhr, bis 29. Mai 2006 für rechtswidrig zu erklären.

3. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer gemäß § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG iVm § 1 Z. 1 der Aufwandsersatzverordnung, BGBl. Nr. II 334/2003, antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro (Stempelgebühren: 13 Euro; Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 16,60 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

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