Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420013/16/Kl/Rd

Linz, 05.11.1992

VwSen - 420013/16/Kl/Rd Linz, am 5. November 1992 DVR.0690392 - & -

B e s c h l u ß

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers Friedrich G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Gendarmerieposten Frankenmarkt und St.Georgen/Attergau in Zurechnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 30. Oktober 1992 beschlossen:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 und § 67c Abs.3 AVG.

II. Jeder Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von jeweils 3.960 S binnen vierzehn Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der Beschwerdeführer wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 74 und 79a AVG.

B e g r ü n d u n g :

1. Mit Schriftsatz vom 27.3.1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 1.4.1992, wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, nämlich Hausdurchsuchung bzw. Alibiüberprüfung vom 16.2.1992 im Hause Hauptstraße Nr.77, 4890 Frankenmarkt, sowie im PKW der Marke BMW 520/M 60, Kennzeichen, durch Organe des Gendarmeriepostens Frankenmarkt und St.Georgen/Attergau erhoben, und die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Hausrechtes behauptet. Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, daß insgesamt 4 Gendarmeriebeamte den Eintritt in das Haus begehrten und die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund der schweren Bewaffnung der Gendarmeriebeamten willenlos den Eintritt gewährte. Es wurde nach Einbruchswerkzeugen gesucht.

Gleiches gilt für die Durchsuchung des PKWs des Erstbeschwerdeführers. Ein Hausdurchsuchungsbefehl lag nicht vor. Eine Alibiüberprüfung hätte hingegen mit gelinderen Mitteln durchgeführt werden können. Es wurde daher die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes beantragt.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 27.4.1992 eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie im wesentlichen ins Treffen führt, daß die Amtshandlung keinen Zwangscharakter aufweise, da die Maßnahmen freiwillig gestattet wurden. Es wurde daher die kostenpflichtige Abweisung begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.10.1992, zu der neben den Verfahrensparteien auch die Organe Bez.Insp. W und Insp. S vom GP Frankenmarkt sowie Rev.Insp.I und Insp.H vom GP St.Georgen/Attergau als Zeugen geladen wurden und erschienen sind. Im Grunde dieser mündlichen Verhandlung wird nachfolgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt und der Entscheidung zugrundegelegt:

Im Zuge von Gendarmerieerhebungen im Hinblick auf einen Einbruchsdiebstahl in Kärnten, also im Dienste der Strafrechtspflege, wurde am 16.2.1992 gegen 13.30 Uhr im Haus Hauptstraße 77, Frankenmarkt, welches sich im Alleineigentum der Zweitbeschwerdeführerin befindet, eine Alibiüberprüfung des Erstbeschwerdeführers, welcher sich ebenfalls vorübergehend an dieser Anschrift aufhielt, durch die genannten Gendarmeriebeamten durchgeführt. Zu diesem Zwecke wurde die Zweitbeschwerdeführerin nach der Anwesenheit des Erstbeschwerdeführers befragt und um Einlaß gebeten, welchen sie weder wörtlich noch mit Gestik verweigerte. Auch führte sie die Gendarmeriebeamten in den 1.Stock ihres Hauses, wo sich der Erstbeschwerdeführer befand. Dieser wurde hinsichtlich seiner Schuhprofile und auch hinsichtlich eines Alibis für den 12.2.1992 überprüft. Sowohl während des Betretens des Hauses als auch des dortigen Aufenthaltes wurden keine Gegenstände berührt, Räume geöffnet oder eine sonstige Durchsuchung durchgeführt. Einer Aufforderung an den Erstbeschwerdeführer, sich in seinem vor dem Haus befindlichen PKW umsehen zu dürfen, leistete der Erstbeschwerdeführer dahingehend unverzüglich Folge, daß er mit den Beamten hinunter in den Hof zum PKW ging und diesen mit seinem Fahrzeugschlüssel öffnete. Auch öffnete er den Kofferraum. Während der gesamten Amtshandlung waren 4 Gendarmeriebeamte anwesend, wobei einer der Leiter und Sprecher der Amtshandlung war, einer der Assistenzleistung diente, und die übrigen zwei Beamten der Sicherung, nämlich, daß sie in einiger Entfernung mit umgehängter, gesicherter Waffe, den Lauf seitlich oder zu Boden gerichtet, der Amtshandlung folgten. Eine Waffe war zu keiner Zeit auf eine Person gerichtet bzw. entsichert. Dieser Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei sowohl aus den Aussagen der Beschwerdeführer als auch der vernommenen Zeugen.

4. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Ein solcher Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt ist eine Amtshandlung im Rahmen der der Behörde zustehenden Befehls- und Zwangsgewalt, welcher eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann, die sich gegen eine individuell bestimmte Person richtet und sohin einen individuellen normativen Inhalt hat. Es ist daher erforderlich, daß ein verwaltungsbehördlicher Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch erteilt wurde, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre. Ein solcher verwaltungsbehördlicher Befehl mit sofort folgendem Zwang ist jedoch nicht ergangen. Vielmehr hat der Sachverhalt ergeben, daß der Zutritt zum Haus aus freien Stücken seitens der Zweitbeschwerdeführerin gewährt worden ist. Eine Bedrohung oder Drohung mit Waffengewalt ist nicht erfolgt. Wurden auch Waffen bei dem Einsatz in Anschlag getragen, aber konkret gegen keine Person gerichtet, so kann nicht von einem die Freiwilligkeit ausschließenden Zwang gesprochen werden.

Da vielmehr eine ex-ante-Betrachtungsweise zum Zeitpunkt der Amtshandlung geboten ist, war angesichts des ursprünglichen Verschlossenhaltens der Haustüre ein unmittelbarer Zwang nicht zu befürchten. Vielmehr sagte die Zweitbeschwerdeführerin selbst aus, daß sie dem Öffnen der Haustüre sofort nachgekommen ist, da "sie nichts zu verbergen hätte".

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob das Betreten des Hauses selbst als Hausdurchsuchung anzusehen war und somit die Möglichkeit der Verletzung des subjektiven Rechtes auf Achtung des Hauses bzw. der Wohnung gegeben sein konnte. Gleiches gilt auch hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers, wobei diesem aber auch keine Verfügungsberechtigung hinsichtlich des Hauses Hauptstraße 77 in Frankenmarkt zukam, sodaß eine Verletzung des Hausrechtes von vornherein nicht möglich war.

4.2. Auch hinsichtlich der weiters angefochtenen Durchsuchung des PKWs des Erstbeschwerdeführers wurde von diesem aus freien Stücken der PKW geöffnet und eine Nachschau gestattet. Mangels des Vorliegens einer Ausübung einer verwaltungsbehördlichen Befehls- bzw. Zwangsgewalt war daher auf die Frage, ob durch eine Durchsuchung eines PKWs das verfassungsgesetzlich geschützte Hausrecht verletzt werden kann bzw. ein PKW unter den Ausdruck "Wohnung" des § 1 des Gesetzes vom 17.10.1862 zum Schutz des Hausrechtes fällt, nicht mehr einzugehen.

Die angefochtenen Verwaltungsakte sind sohin im Einverständnis bzw. mit Zustimmung der Beschwerdeführer ergangen, weshalb es an der für die Anfechtbarkeit einer Verwaltungsmaßnahme geforderten einseitigen Befehls- und Zwangsgewalt fehlt, und die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen war, zumal der Verwaltungsakt nicht jeglicher rechtlicher Deckung entbehrt.

4.3. Da sohin eine wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtung mittels Beschwerde fehlt, war auch eine weitere Überpüfung hinsichtlich der Verletzung eines anderen subjektiven Rechtes der Beschwerdeführer nicht durchzuführen.

5. Gemäß § 79a AVG steht nur der Partei Kostenersatz zu, die in Fällen einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegt. Hinsichtlich der Höhe der zuzusprechenden Kosten erkannte der Verwaltungsgerichtshof am 23.9.1991, Zl.91/19/0162/7, in Anlehnung an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, daß als ähnlichste Kostenregelung jene über den Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof (§§ 47 bis 60 VwGG bzw. die darauf gegründete Pauschalierungsverordnung) heranzuziehen seien, wobei sich im Grunde der verschiedenen Mühewaltung die Pauschalsätze um ein Drittel verkürzen. Die Zurückweisung einer Beschwerde ist daher so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerde abgewiesen worden wäre (vgl. § 51 VwGG). Es haben daher die Beschwerdeführer ihre Kosten nach den allgemeinen Verwaltungsverfahrensbestimmungen (§ 74 AVG) selbst zu tragen. Hinsichtlich der Kosten der belangten Behörde ist § 52 Abs.2 VwGG analog heranzuziehen, wonach, wenn von mehreren Beschwerdeführern in einer Beschwerde mehrere Verwaltungsakte angefochten wurden, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen ist, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre. Da es sich um die Nachschau in verschiedenen Objekten verschiedener Beschwerdeführer handelte, ist von gesonderten Verwaltungsakten auszugehen. Es hat daher jeder Beschwerdeführer Kostenersatz zu leisten. Gemäß Art.IB Z5 und Z6 der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl.Nr. 104/1991, war daher der belangten Behörde jeweils ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S, d.s. 2.530 S gekürzt um ein Drittel, und ein Verhandlungsaufwand von 2.273 S, d.s. 3.410 S gekürzt um ein Drittel, zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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