Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420019/12/Kl/Kf

Linz, 18.11.1992

VwSen - 420019/12/Kl/Kf Linz, am 18. November 1992 DVR.0690392 - & -

B e s c h l u ß

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Hubert E vertreten durch Mag. Wintersberger, Verein für Sachwalterschaft, Dametzstraße 29, 4020 Linz, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Georg Lehner, Wischerstraße 30, 4040 Linz, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Linz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5. November 1992 beschlossen:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 und § 67c Abs.3 AVG.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde (dem Bund) die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von 3.960 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Das Kostenbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: §§ 74 und 79a AVG.

B e g r ü n d u n g :

1. Mit Schriftsatz vom 12. August 1992, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 13. August 1992, wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, nämlich Personendurchsuchung am 1. Juli 1992 in der Fa. Hofer KG, Linz, Schillerplatz, um ca. 10.30 Uhr, durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Linz erhoben und die Verletzung subjektiver Rechte behauptet.

Zum Sachverhalt wurde vorgebracht, daß der Beschwerdeführer wegen eines Ladendiebstahls verdächtigt, eine Durchsuchung seiner Person und seiner Taschen verweigert habe, worauf das herbeigerufene Organ der Bundespolizeidirektion Linz ohne nähere Begründung und ohne Vernehmung zur Sache gegen seinen Willen eine Personendurchsuchung durchführte, welche negativ verlief. Auch wurde nie ein richterlicher Befehl vorgewiesen bzw. zugestellt. Die in der Folge angefertigte Niederschrift wurde der Beschwerde angeschlossen.

Die Beschwerde wurde damit begründet, daß eine Haus- und Personendurchsuchung in der Regel nur Kraft eines richterlichen Befehls unternommen werden darf. Die gesetzlichen Ausnahmen seien nur hinsichtlich der Hausdurchsuchung aber nicht hinsichtlich der Personendurchsuchung anzuwenden. Es war daher eine Personendurchsuchung nicht berechtigt. Weiters war eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Besitz bestimmter Gegenstände nicht begründet, zumal nur eine anonyme Beschuldigung vorlag. Auch ist keine Vernehmung vorausgegangen, obwohl der Beschwerdeführer weder übelberüchtigt noch Gefahr in Verzug vorgelegen war. Es wurde daher die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes beantragt.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz hat als belangte Behörde mit Schriftsatz vom 8. September 1992 eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie im wesentlichen ins Treffen führt, daß die Amtshandlung keinen Zwangscharakter aufweise, da der Beschwerdeführer freiwillig den Inhalt der Sakkotasche ausgelehrt und das Sakko ausgezogen hat. Auch wurde dem Beschwerdeführer eine diesbezügliche Bestätigung zugesichert. Im übrigen wurde die Auffassung vertreten, daß die Ausnahmeregelung des § 141 StPO auch für die Personendurchsuchung Geltung habe, da die Bestimmung überschrieben sei mit "Haus- und Personendurchsuchung". Auch sei die Personsdurchsuchung als gelinderes Mittel jedenfalls auch unter den Voraussetzungen einer Hausdurchsuchung (Gefahr in Verzug) möglich. Es sei sowohl eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Besitz von Gegenständen als auch Gefahr in Verzug vorgelegen. Es wird daher kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. November 1992, zu der neben den Verfahrensparteien auch RI Reinhard B als Zeuge geladen wurde und anwesend war. Im Grunde dieser mündlichen Verhandlung wird nachfolgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt und der Entscheidung zugrundegelegt:

Aufgrund eines anonymen Hinweises einer Kundin in der Fa. Hofer KG in Linz, Schillerplatz, an eine Angestellte des Hofer-Marktes, daß gesehen wurde, daß der Beschwerdeführer einen Gegenstand in seine Sakkotasche eingesteckt habe, wurde der Beschwerdeführer nach Bezahlung seiner eingekauften Artikel und Passieren des Kassabereiches von einer Angestellten angehalten und in den angrenzenden Aufenthaltsraum gebeten. Auch wurde die Aufforderung gemacht, die Sakkotasche zu entleeren, da er in Verdacht stünde, etwas gestohlen zu haben. Dies wurde vom Beschwerdeführer verweigert, da eine Berechtigung hiezu nicht bestehe. Es äußerte daher der Beschwerdeführer den Wunsch, daß die Polizei gerufen werde, welche zu einer Durchsuchung berechtigt sei, und welche dann auch - da er nichts gestohlen habe und unschuldig sei - diese Unschuld feststellen und eine Bestätigung ausstellen könne. Dem wurde von der Leiterin der Filiale, Frau S, nachgekommen, und nach Aufklärung des Polizeibeamten durch die Filialleiterin über den Sachverhalt wurde der Beschwerdeführer vom Polizeibeamten nach Schilderung des gegen ihn vorliegenden Verdachtes zur Entleerung der Sakkotaschen aufgefordert und sodann auch zum Ausziehen des Sakkos, um eine Kontrolle durchzuführen und so die Anschuldigungen zu entkräften. Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeführer unter der Bedingung freiwillig nachgekommen, daß ihm dann eine Bestätigung über das Ergebnis ausgestellt werde. Dies wurde ihm zugesagt. Das tatsächliche Ausleeren der Sakkotaschen sowie eine Überprüfung des Sakkos hat auch dann ergeben, daß sich darin keine Gegenstände befunden haben, welche aus den Regalen der Fa. Hofer stammten. Es wurde dann dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß er sich eine entsprechende Bestätigung im Lauf des Nachmittags im Wachzimmer Hauserhof in Linz abholen könne, was dieser auch dann tat. Daraufhin war der Akt beendet.

Wenn zwar der Beschwerdeführer vorerst den Sachverhalt so darstellte, daß er ohne nähere Begründung bzw. Vernehmung seitens des Polizeibeamten zur Entleerung der Taschen aufgefordert wurde und ihm widrigenfalls mit der Mitnahme zum Wachzimmer gedroht wurde, so hat aber im Zuge des Beweisverfahrens, insbesondere aufgrund der Vernehmung des zeugenschaftlich einvernommenen Polizeibeamten, dann auch der Beschwerdeführer zum Ausdruck gebracht, daß es ihm lediglich darum gegangen ist, seine Unschuld zu beweisen, was nach seiner Auffassung nur dadurch geschehen konnte, daß eine Durchsuchung durch die Polizei stattfindet, um so zu einer Bestätigung über das negative Ergebnis zu gelangen. Es war daher unverkennbar aus den Aussagen des Beschwerdeführers zu entnehmen, daß er die Herbeiholung der Polizei wünschte und auch freiwillig - wenn auch unter der geäußerten Bedingung, daß er eine Bestätigung über das Ergebnis erhalte - den Inhalt seiner Sakkotasche auf den Tisch legte und sein Sakko auszog, um die vollständige Entleerung überprüfen zu lassen. Es bestand daher auch für den unabhängigen Verwaltungssenat kein Zweifel, daß die Aussage des einvernommenen Zeugen, der unter Wahrheitspflicht aussagte, glaubwürdig war und in schlüssiger Weise den Verlauf der Amtshandlung schilderte. Auch legte der Zeuge in glaubhafter Weise dar, daß er den Aussagen der Filialleiterin Frau Schuster über die anonyme Anzeige ohne Bedenken Glauben schenken konnte.

4. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß Art.129a Abs.1 Z.2 B-VG i.V.m. § 67a Abs.1 Z.2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Ein solcher Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt ist eine Amtshandlung im Rahmen der der Behörde zustehenden Befehls- und Zwangsgewalt, welcher eine rechtsfeststellende oder rechtserzeugende Wirkung beigemessen werden kann, die sich gegen eine individuell bestimmte Person richtet und sohin einen individuellen normativen Inhalt hat. Es ist daher erforderlich, daß ein verwaltungsbehördlicher Befehl mit unverzüglichem Befolgungsanspruch erteilt wurde, der erforderlichenfalls mit sofortigem Zwang durchgesetzt worden wäre. Ein solcher verwaltungsbehördlicher Befehl mit sofort folgendem Zwang ist jedoch nicht ergangen.

4.2. Das Beweisverfahren hat nämlich den Sachverhalt so dargestellt, daß seitens des Beschwerdeführers die Herbeiholung der Polizeiorgane und auch eine Durchsuchung durch die Polizeiorgane gewünscht und gefordert wurde, die nach seiner Meinung die einzig Berechtigten waren, um so seine Unschuld beweisen zu können. Es hat daher der vernommene Zeuge glaubwürdig dargelegt, daß es dem Beschwerdeführer nur um den Beweis seiner Unschuld ging, in konkreto also nur um eine Durchsuchung, damit von einem Polizeiorgan festgestellt werden könne, daß er nichts eingesteckt hätte, was zuvor gestohlen worden wäre. Diese Zeugenaussage wurde auch danach vom Beschwerdeführer bekräftigt, der selber zugab, daß er ja nur bezweckte, eine Bestätigung über seine Unschuld zu bekommen, und diese Bestätigung ja nur von einem Polizeiorgan ausgestellt werden könne.

Es hat daher das Beweisverfahren in eindeutiger Weise ergeben, daß die Durchsuchung bzw. die Kontrolle des Sakkos aus freien Stücken des Beschwerdeführers erfolgte und daher seitens des Polizeiorganes weder Befehls- noch Zwangsgewalt angewendet wurde. Vielmehr hat die Zusage der schriftlichen Bestätigung dazu geführt, daß der Beschwerdeführer sämtlichen Aufforderungen und Handlungen freiwillig und sofort nachgekommen ist.

4.3. Da eine ex- ante- Betrachtungsweise zum Zeitpunkt der Amtshandlung geboten ist, wurde aufgrund des dargelegten Sachverhaltes weder eine unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- noch eine Zwangsgewalt ausgeübt. Es war daher die eingebrachte Beschwerde unzulässig, ohne daß auf ein weiteres Vorbringen einzugehen war. Es war daher auf die weitere Frage der Möglichkeit einer subjektiven Rechtsverletzung durch die rechtswidrige Anwendung einer Personendurchsuchung nicht mehr einzugehen.

4.4. Da sohin eine wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtung mittels Beschwerde fehlt, war die Beschwerde ohne weitere Überprüfung spruchgemäß zurückzuweisen.

4.5. Die dem Beschwerdeführer ausgehändigte und der Beschwerde angeschlossene Niederschrift vom 1.7.1992 deutet zwar dem ersten Anschein nach auf eine Personendurchsuchung hin und soll eine Bescheinigung über das Ergebnis kundtun. Dieses Schriftstück ändert aber nichts an dem anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung objektiv festgestellten Sachverhalt bzw. der oben dargelegten rechtlichen Würdigung.

5. Gemäß § 79a AVG steht nur der Partei Kostenersatz zu, die in Fällen einer Beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegt.

Hinsichtlich der Höhe der zuzusprechenden Kosten erkannte der Verwaltungsgerichtshof am 23.9.1991, Zl. 91/19/0162/7, in Anlehnung an die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, daß als ähnlichste Kostenregelung jene über den Kostenersatz vor dem Verwaltungsgerichtshof (§§ 47 bis 60 VwGG bzw. die darauf gegründete Pauschalierungsverordnung) heranzuziehen seien, wobei sich im Grunde der verschiedenen Mühewaltung die Pauschalsätze um ein Drittel verkürzen.

Die Zurückweisung einer Beschwerde ist daher so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerde abgewiesen worden wäre (vgl. § 51 VwGG). Es hat daher der Beschwerdeführer seine Kosten nach den allgemeinen Verwaltungsverfahrensbestimmungen (§ 74 AVG) selbst zu tragen.

Gemäß Art.I B Z.5 und 6 der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, BGBl.Nr. 104/1991, war daher der belangten Behörde jeweils ein Schriftsatzaufwand von 1.687 S, d.s. 2.530 S gekürzt um ein Drittel, und ein Verhandlungsaufwand von 2.273 S, d.s. 3.410 S gekürzt um ein Drittel, zuzusprechen. Ein Vorlageaufwand war hingegen nicht zuzusprechen, da keine Aktenvorlage geleistet wurde. Das diesbezügliche Begehren war daher abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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