Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103127/2/Br

Linz, 06.09.1995

VwSen-103127/2/Br Linz, am 6. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn P P, B, vertreten durch Rechtsanwalt T S, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 10. August 1995, Zl.

VerkR96-272-1995, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. Nr.

666/1993 VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber 360 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat mit dem Straferkenntnis vom 10. August 1995 wegen der Übertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.3 lit.a wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 1.800 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 44 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

2. Begründend führte die Erstbehörde folgendes aus:

"Das Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, Außenstelle R, erstattete am 8.1.1995 zu GZP-22/95 Anzeige, weil Sie am 8.1.1995 um 15.35 Uhr den PKW Kennzeichen auf der A 8 Innkreisautobahn in Richtung Suben lenkten und bei Km 65.198 eine Geschwindigkeit von 164 km/h einhielten.

Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mit geeichtem und vorschriftsmäßig verwendetem Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser LTI 20.20 TS/KM 4374 durch Rev.Insp. L im Beisein von Bez.Insp. W festgestellt.

Sie führten bei der Anhaltung zu Ihrer Rechtfertigung aus, höchstens 150 km/h gefahren zu sein.

Die hs. Behörde legte Ihnen daraufhin mit Strafverfügung vom 26.1.1995 die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last und verhängte eine Geldstrafe von S 1.800,-.

Sie erhoben gegen diese mit Schreiben vom 7.2.1995 Einspruch, woraufhin Sie mit hs. Schreiben vom 23.3.1995 zur Rechtfertigung aufgefordert wurden.

Dieser Aufforderung haben Sie mit Schreiben vom 21.4.1995 Folge geleistet und in diesem die Verwaltungsübertretung neuerlich bestritten.

Es wurde daraufhin am 7.6.1995 Rev.Insp. Lals Zeuge von der hs. Behörde einvernommen und bestätigte dieser den in der Anzeige dargestellten Sachverhalt. Er führte weiters aus, den Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser den Vorschriften entsprechend bedient zu haben.

Der am 16.6.1995 als Zeuge einvernommene Bez.Insp. W bestätigte als Lenker des Dienstfahrzeuges die Angaben des Zeugen L, wobei er ergänzend anmerkte, daß der vom Beschuldigten gelenkte PKW zum Zeitpunkt der Messung das schnellste Fahrzeug gewesen sei. Ein anderes Fahrzeug käme daher für die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in Frage.

Die hs. Behörde übermittelte Ihnen mit Schreiben vom 20.6.1995 diese Zeugenaussagen, den Eichschein des verwendeten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessers sowie eine Kopie der Anzeige und lud Sie ein, hiezu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

Dieser Einladung haben Sie mit Schreiben vom 24.7.1995 Folge geleistet.

Die Behörde hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Die hs. Behörde sieht die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung, nämlich das Lenken des PKW's mit 164 km/h aufgrund der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos sowie der Aussagen der Zeugen Bez.Insp. W und Rev.Insp. L in objektiver Hinsicht als erwiesen an.

Ein Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser LTI 20.20 TS/KM" stellt grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit dar.

Ebenso wie bei der Radarmessung ist auch einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser betrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten (VwGH vom 16.3.1994, Zl. 93/03/0317).

Zu den Zeugen ist grundsätzlich festzuhalten, daß diese als Beamte im Falle einer wahrheitswidrigen Aussage neben strafauch mit dienstrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätten. Sie hingegen können sich als Beschuldigter in jede Richtung rechtfertigen, ohne an die Wahrheit gebunden zu sein.

Zum Verschulden ist zu bemerken, daß gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Ihr Vorbringen, für welches im übrigen keine Bescheinigung anher übersandt wurde, der Tacho habe nicht ordnungsgemäß funktioniert, ist nicht geeignet Ihr Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift auszuschließen. Einem Kraftfahrzeuglenker muß nämlich zugetraut werden, einen Geschwindigkeitsunterschied von 34 km/h auch bei einem möglicherweise defekten Tacho zu erkennen. Desweiteren gab Bez. Insp. W in seiner Zeugenaussage zu Protokoll, das von Ihnen gelenkte Fahrzeug wäre das schnellste gewesen. Hätten Sie daher eine solche Geschwindigkeit wie auch die anderen eingehalten, so wäre diese Verwaltungsübertretung nicht zustande gekommen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Di Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigte sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenige Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte S t r a f e a l s a n g e m e s s e n z u b e z e i c h n e n. Geschwindigkeitsüberschreitungen gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung und stellen eine der häufigsten Unfallursachen dar.

Da im gegenständlichen Fall jedoch keine konkreten nachteilige Folgen bekannt geworden sind und die hs. Behörde von einer bloß fahrlässigen Begehung ausgeht, konnte mit der verhängte Geldstrafe das Auslangen gefunden werden.

Zur Strafhöhe ist zu bemerken, daß die Höchststrafe für Übertretungen nach § 20 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit. a Straßenverkehrsordnung 1960 S 10.000, beträgt, die verhängte Geldstrafe von S 1.800,- sich also im unteren Bereich des Strafrahmens bewegt. Die Geldstrafe entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die hs. Behörde aufgrund Ihrer Weigerung, diese bekanntzugeben, davon ausgeht, da Sie ein monatliches Einkommen von S 18.000,-- bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten erzielen.

Als mildernd war Ihre bisherige Straflosigkeit, als erschwerend waren keine Umstände zu werten.

Das Verfahren wegen der Übertretung nach § 82 Abs. 4 KFG 1967 wird gemäß § 21 VStG 1991 eingestellt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenausspruch gründet in der zitierten Gesetzesstelle." 2.1. Der Berufungswerber bestreitet in seiner Berufung durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter nun nicht mehr den Tatvorwurf als solchen. Inhaltlich führt er im wesentlichen aus, daß es infolge eines Defektes des Tachos erschwert möglich gewesen sei die Fahrgeschwindigkeit festzustellen.

Dies erachte er als schuldmindernd. Dies zusätzlich deshalb, weil insbesondere bei einem höherklassigen Fahrzeug, um ein solches handle es sich hier, infolge der Laufruhe dies der Fall ist. Der Berufungswerber legt ergänzend noch eine Bestätigung einer Firma Ludwig B vom 9.6.1995 vor, aus welcher sich ergibt, daß der Tacho defekt gewesen sein soll bzw. eine Abweichung von 7% aufgewiesen habe.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden.

Zumal sich die Berufung bloß gegen das Strafausmaß richtete und ein gesonderter Antrag auf die Vornahme einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung erforderliche Sachverhalt.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von 1.800 S selbst bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen und trotz des zuzuerkennenden und zuerkannten strafmildernden Umstandes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit objektiv nicht entgegengetreten werden kann. Ein nicht bloß geringer Tatunwert derartiger Übertretungen liegt insbesondere darin, daß mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung und somit erhöhte Unfallsneigung ausgeht. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg um fast 70 Meter verlängert gewesen wäre.

Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 140 Meter beträgt, liegt dieser bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen fast bei 210 Metern. Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Insbesondere zum Überholen ausscherende Schwerfahrzeuge brauchen beim Überholentschluß nicht mit einer so hohen Fahrgeschwindigkeit rechnen. Es ist ferner für einen Kfz-Lenker auch nur schwer möglich die Geschwindigkeit eines von hinten aufschließenden Fahrzeuges durch den Rückspiegel zu schätzen. Wenn demzufolge ein Verhalten entsprechend dem Vertrauensgrundsatz gesetzt wird, ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren (unfallvermeidenden) Konstellationen kommen kann. Dies sind eben dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt dann eben (auch) in dieser Schutznormverletzung begründet. Eine Bestrafung ist somit insbesondere auch aus Gründen der Spezialprävention indiziert. Die Erstbehörde hat sich daher bei der Strafzumessung durchaus innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes bewegt und hier eher eine als niedrig zu bezeichnende Strafe verhängt.

Aus dem allfälligen Funktionsmangel des Tachos, welche dem Berufungswerber aufgrund seiner vorgelegten Unterlage bekannt gewesen sein dürfte, vermag eine schuldmildernde Komponente nicht erblickt werden. Wie die Erstbehörde unter Hinweis auf § 5 Abs.1 VStG zutreffend ausgeführt hat, genügt für die Strafbarkeit bereits fahrlässige Begehungsweise.

Vielmehr hätte ein Wissen um einen Funktionsmangel den Berufungswerber erst recht zu besonderer Bedachtnahme auf die Fahrgeschwindigkeit bewegen müssen, sodaß er nun einen Funktionsmangel nicht als Entschuldigungsgrund reklamieren kann. Im übrigen kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des erstbehördlichen Bescheides verwiesen werden, welchem der unabhängige Verwaltungssenat beitritt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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