Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-420046/15/Gf/La

Linz, 16.12.1993

VwSen-420046/15/Gf/La Linz, am 16.Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des G F, vom 27. September 1993 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen am 28. August 1993 nach der am 15. Dezember 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde Kosten in Höhe von 2.023 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG. Entscheidungsgründe:

1.1. In seiner am 28. September 1993 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, daß er am 28. August 1993 um ca. 4.30 Uhr ein Hallenfest in der Gemeinde E, auf dem er seit 22.00 Uhr vier halbe Liter Bier und drei Viertelliter gespritzten Wein getrunken habe, als Lenker eines PKW verlassen hätte. Nach etwa zwei bis drei Kilometer Fahrt habe er sich wegen beginnender Ermüdungserscheinungen auf dem Rücksitz des Fahrzeuges zur Ruhe begeben, obwohl er sich in keiner Weise fahruntüchtig gefühlt habe. Um 5.22 Uhr sei er von Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Waizenkirchen geweckt und zur Durchführung eines Alkotestes aufgefordert worden. Da sowohl er als auch sein mit ihm mitgefahrener Freund diesen verweigert hätten, seien beide zum Gendarmerieposten verbracht worden.

Dort sei ihm der Führerschein abgenommen worden. Diese Abnahme erweise sich jedoch deshalb als rechtswidrig, weil er im Zeitpunkt der Abnahme weder alkoholisiert gewesen sei noch ein Fahrzeug gelenkt oder in Betrieb zu nehmen versucht habe.

Da eine Führerscheinabnahme unter diesen Voraussetzungen unzulässig sei, fühlt sich der Beschwerdeführer in seinem subjektiven Recht darauf, daß die Abnahme des Führerscheines nur in der gesetzlich vorgesehenen Weise erfolgen darf, beeinträchtigt und beantragt die Feststellung dieser Rechtswidrigkeit sowie Verfahrenskostenersatz.

1.2. Die belangte Behörde hat ihren Führerscheinentzugsverfahrensakt zu Zl. VerkR-15286/1993 vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde sowie den Ersatz der Verfahrenskosten beantragt.

Begründend wird hiezu ausgeführt, daß die einschreitenden Gendarmeriebeamten den Beschwerdeführer aufgrund deutlich vorhandener Alkoholisierungssymptome (Alkoholgeruch, Bindehautrötung, schwankender Gang, undeutliche Sprache) zur Durchführung eines Alkomattestes aufgefordert hätten. Da der Beschwerdeführer sein eigentliches Ziel noch nicht erreicht hatte, hätten die Beamten sohin Grund zur Annahme gehabt, daß er nach deren Entfernung in alkoholisiertem Zustand sein Kraftfahrzeug in Betrieb nehmen werde. Die Abnahme des Führerscheines sei sohin im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich gewesen und habe auch den Voraussetzungen des § 76 des Kraftfahrgesetzes, BGBl.Nr. 267/1967, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 517/1991 (im folgenden: KFG), entsprochen.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Grieskirchen zu Zl. VerkR-15826/1993 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter sowie die Zeugen RI F S, GI K F und W P erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Am 28. August 1993 stellten die einschreitenden Gendarmeriebeamten im Zuge einer Streife fest, daß der PKW des Beschwerdeführers mit eingeschalteten Scheinwerfern in einer Ausweiche am Waldrand abgestellt war. Im Zuge einer Fahrzeugkontrolle wurde der Beschwerdeführer am Rücksitz schlafend angetroffen. Da die Beamten bei ihm deutliche Alkoholisierungssymptome wahrnehmen konnten und er dazu befragt angab, zuvor auf einem Zeltfest gewesen zu sein und dort in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 4.30 Uhr vier Halbe Bier und drei Viertel gespritzten Wein getrunken zu haben sowie seine Lenkereigenschaft nicht bestritt, wurde er zur Durchführung eines Alkotestes aufgefordert. Diesen verweigerte der Beschwerdeführer jedoch in etwa mit der Begründung, daß ein Alkotest nichts bringe, weil er ohnedies positiv ausfalle.

Daraufhin wurden dem Beschwerdeführer die Fahrzeugschlüssel abgenommen. Um einerseits die weiteren Amtshandlungen unter komfortableren Umständen durchführen zu können, andererseits aber auch, weil der Beschwerdeführer und dessen Beifahrer über keine Fahrgelegenheit mehr verfügten, wurden diese auf den Gendarmerieposten Waizenkirchen verbracht. Dort wurde dem Beschwerdeführer nach der Aufnahme einer Niederschrift der Führerschein gegen Aushändigung einer entsprechenden Bestätigung abgenommen und in der Folge der belangten Behörde übermittelt.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 76 Abs. 1 KFG haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einem Fahrzeuglenker, aus dessen Verhalten deutlich zu erkennen ist, daß er - insbesondere infolge eines übermäßigen Alkoholgenusses oder eines außergewöhnlichen Erregungs- oder Ermüdungszustandes - nicht mehr die volle Herrschaft über seinen Geist und seinen Körper besitzt, den Führerschein vorläufig abzunehmen, wenn er ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder versucht, es in Betrieb zu nehmen.

3.2. Eine derartige vorläufige Füherscheinabnahme - nur diese ist Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsund des Verwaltungsgerichtshofes eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar (vgl.

die Nachweise bei F. Grubmann, Das Kraftfahrgesetz 1967, 3.

Auflage, Wien 1987, S. 479, E. 4 und 4a). Da im vorliegenden Fall auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c Abs. 1 und 2 AVG erfüllt sind, ist die gegenständliche Maßnahmenbe schwerde sohin zulässig.

3.3. Sie ist im Ergebnis jedoch nicht begründet.

3.3.1. Nach der Textierung des § 76 Abs. 1 KFG dient das Instrumentarium der vorläufigen Führerscheinabnahme ausschließlich dem öffentlichen Interesse daran, einen drohenden Verkehrsunfall durch einen nicht fahrtüchtigen Kraftfahrzeuglenker zu verhüten (vgl. zB VwGH v. 10. April 1984, Zl.

84/11/0105). Dabei kommt es anders als bei einer Bestrafung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges im alkoholisierten Zustand (vgl. § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung, BGBl.Nr. 159/1960, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

615/1991, im folgenden: StVO) und bei einer allfälligen späteren Entziehung der Lenkerberechtigung (vgl. die §§ 73 ff KFG) bei der hier in Rede stehenden vorläufigen Abnahme des Führerscheines gemäß § 76 KFG nicht darauf an, ob eine Alkoholbeeinträchtigung erwiesen ist; es genügt vielmehr, daß das Sicherheitsorgan die begründete Vermutung hegen durfte, der Lenker befinde sich in einem die Fahrtüchtigkeit ausschließenden Zustand (vgl. zB VwGH v. 13. März 1985, 83/11/0129).

3.3.2. Es trifft zwar zu, daß der Beschwerdeführer von den einschreitenden Sicherheitsorganen zunächst tief schlafend angetroffen wurde und daß daher zu diesem Zeitpunkt angesichts dessen Verfassung keine Gefahr bzw. Veranlassung dafür bestand, Maßnahmen zu ergreifen, um einen drohenden Verkehrsunfall zu verhindern.

Ihr weiteres Einschreiten, insbesondere das Wecken des Beschwerdeführers, haben die Sicherheitsorgane auf die ihnen gesetzlich auferlegte Pflicht zur ersten allgemeinen Hilfeleistung gestützt. Da die - in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat bekräftigte - Vermutung der Beamten, daß der Beschwerdeführer aufgrund des nach dem Öffnen der Wagentür wahrnehmbaren starken Alkoholgeruches möglicherweise ärztliche Hilfe benötigen könnte, unter den gegebenen Begleitumständen zumindest nicht abwegig war, war ihr Vorgehen sohin von § 19 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, jedenfalls gedeckt.

3.3.3. Nachdem der Beschwerdeführer solcherart in zulässiger Weise wieder zu Bewußtsein gebracht worden war, lag aber in der Folge - da eine andere Fahrgelegenheit nicht gegeben war - die Annahme gleichsam auf der Hand, daß er nunmehr nach Beendigung der Amtshandlung sein Fahrzeug zu seinem nur mehr 17 km entfernten Wohnort lenken wird. Aufgrund der vom Beschwerdeführer selbst gemachten Trinkangaben (vier Halbe Bier und drei Viertel gespritzten Wein während sechseinhalb Stunden) konnten die Gendarmeriebeamten unter Berücksichtigung einer entsprechenden Abbaurate überschlagsmäßig davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt ihres Einschreitens noch etwa einen Blutalkoholgehalt von 1,0 Promille aufgewiesen hat und daher aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 5 Abs. 1 zweiter Satz StVO als von Alkohol beeinträchtigt anzusehen war. Unter diesen Umständen war daher zwingend Vorsorge dafür zu treffen, daß der nicht fahrtüchtige Beschwerdeführer keinen Verkehrsunfall herbeiführt.

Die im gegenständlichen Fall verfügte vorläufige Abnahme (der Fahrzeugschlüssel und) des Führerscheines erweist sich daher als den Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 KFG entsprechend und somit als rechtmäßig.

3.3.4. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte "Tätige Reue" dahingehend, daß er nach kurzer Fahrt - nachdem er selbst erkannt hat, daß er sich nicht in einem fahrtüchtigen Zustand befindet - freiwillig die Weiterfahrt abgebrochen und sich stattdessen in seinem Fahrzeug zur Ruhe begeben hat, ist allenfalls im Straf- bzw. im Führerscheinentzugsverfahren (vgl. oben), nicht jedoch im gegenständlichen Verfahren (wo es allein um die Beurteilung der Vertretbarkeit der Prognose, ob mit Blick auf die Verfassung des Lenkers bei einer allfälligen Weiterfahrt ein Verkehrsunfall droht, geht) zu berücksichtigen und kann somit die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise der einschreitenden Sicherheitsorgane in bezug auf die Verfügung der vorläufigen Abnahme des Führerscheines nicht tangieren.

3.3.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der obsiegenden belangten Behörde nach § 79a AVG antragsgemäß die zu ihrer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten in Höhe von 2.023 S (nur Aktenvorlage- und Schriftsatzaufwand; an der öffentlichen mündlichen Verhandlung hatte kein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen) zuzusprechen (vgl.

zB VwGH v. 23. September 1991, Zl. 91/19/0162).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum