Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103141/14/Br

Linz, 04.10.1995

VwSen-103141/14/Br Linz, am 4. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn A P, S, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. L und Dr. W, G gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 16. August 1995, Zl: St.

7082/94, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach der am 28.

September 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung am 4. Oktober 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben, das Straferkenntnis wird in allen Punkten aufgehoben; das Verwaltungsstrafverfahren wird in 1.) und 3.) nach § 45 Abs.1 Z1 und in Punkt 2.) nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.l u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem Straferkenntnis vom 16.8.1995, Zl. St.7082/94, den Berufungswerber bestraft (2 x 2.000 S und 1 x 500 S und für den Nichteinbringungsfall 2 x zwei Tage und 1 x 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und folgenden Spruch gefällt: "Sie haben am 17. 12.1994 um 16.40 Uhr in S, G und S als Lenker des Kfz. 1) das Kfz nicht so weit rechts gelenkt, wie Ihnen dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre. Diese Übertretung wurde mit besonderer Rücksichtslosigkeit begangen, weil dadurch zwei Fußgänger zur Seite springen mußten, um nicht überfahren zu werden, 2) haben Sie auf einem Schutzweg überholt und 3) vorschriftswidrig akustische Warnzeichen abgegeben." 2. Begründend führte die Erstbehörde aus:

2.1. "Sie haben am 17.12.1994 um 16.40 Uhr in S vorn G in Richtung S den PKW Kz. gelenkt. Dabei haben, Sie vor den nächst den Hause G befindlichen Schutzweg mehrere PKWs und einen Autobus überholt. Der Autobus hatte schon angehalten gehabt, um Fußgängern das ungehinderte überqueren der Fahrbahn auf dem Schutzweg zu ermöglichen. Als der Buslenker Sie überholen sah, war er mit dem Bus etwas nach links ausgeschert, um Sie so zum Anhalten zu zwingen, damit die Fußgänger auf dem Schutzweg von Ihnen nicht überfahren werden. Sie wurden dadurch, zum Anhalten gezwungen und gaben gleich darauf akustische Warnzeichen ab.

Der Buslenker wollte Ihnen erklären, daß er durch das, Ausscheren einen Verkehrsunfall verhindern wollte. Sie haben darauf erneut ständig hintereinander akustische Warnzeichen abgegeben. Als die Fußgänger den Schutzweg überquert hatten, setzte der Bus die Fahrt stadteinwärts fort. Sie haben diesen Bus auf dem Schutzweg überholt. Dabei beschleunigten Sie Ihr Kfz sehr stark und setzten etwa 3 m von linken Fahrbahnrand entfernt Ihre Fahrt fort. Nächst dem Hause S mußten zwei Männer zur Seite springen, um von Ihnen nicht überfahren zu werden.

Nach § 16/1b StVO 1860 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf oder unmittelbar vor Schutzwegen und Radfahrerüberfahrten, sofern der Verkehr in einem solchen Bereich nicht durch Armoder Lichtzeichen geregelt wird, nicht überholen.

Nach § 7/1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, soweit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Nach § 99/2c StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Std. bis 6 Wochen zu bestrafen, war als Lenker eines Fahrzeuges, zum Beispiel beim Überholen-, als Wartepflichtiger, oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassen Verordnungen verstößt, insbesondere Fußgänger, - die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen oder Radfahrer, als Radüberfahrten vorschriftsmäßig benützen gefährdet oder behindert. Gemäß § 22/2 StVO ist die Abgabe von Schallzeichen unbeschadet der Bestimmung über das Hupverbot verboten, wenn es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert. Schallzeichen dürfen insbesondere vor Kirchen und gekennzeichneten - Schulen und Krankenhäusern sowie zur Nachtzeit nicht länger als unbedingt nötig gegeben werden.

Am 28.02.1995 wurden Ihnen bei der hs. Behörde die Anzeige zur Kenntnis gebracht. Dabei gaben Sie an, daß die Angaben des Anzeigers nicht der Wahrheit entsprechen würden. da Sie nicht die Fahrzeugkolonne überholen hätten wollen, sondern Ihr Fahrzeug lediglich gegenüber Ihrer Wohnung, S, einparken wollten. Da der Bus immer weiter nach Winks ausgeschert habe, hätten Sie ihr Fahrzeug ebenfalls nach links lenken müssen und hätten daher nicht an rechten Fahrbahnrand fahren können da Sie sich bereits zum Einparken eingeordnet hätten.

Da Sie befürchtet hätten, daß es mit dem Bus zu einem Zusammenstoß kommen könnte, hätten Sie aus Gründen der Verkehrssicherheit akustische Warnsignale abgegeben. Durch das Ausscheren des Busses nach links wären Sie etwas abgelenkt gewesen, seien sich jedoch sicher, daß Sie dabei keine Fußgänger gefährdet haben, bzw. hätte diese, wie in der Anzeige angegeben, auch nicht zur Seite springen müssen.

Dies hätten Sie sicherlich bemerkt, Aufgrund Ihrer Rechtfertigungsangaben wurden die Zeugen H Hermann, P Wilhelm und B Thomas, alle Nationale im Akt, niederschriftlich einvernommen. Dabei gaben Sie wiederum schlüssige und widerspruchsfrei Angaben über den Sachverhalt an.

Am 13.06.1995 wurde Ihnen bei der hs. Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht. Sie erklärten dabei, daß Sie weiterhin bei Ihren niederschriftlichen Angaben bzw. Ihren Rechtfertigungsangaben vom 28.12.1994 verbleiben. Dazu darf von der erkennenden Behörde festgestellt werden, daß keinerlei Anlaß besteht. an den schlüssigen und widerspruchsfreien strafrechtlichen Folgen zu rechnen hätten, sollten die Angaben nicht der Wahrheit entsprechen. Ein Beschuldigter hingegen kann sich so verantworten, wie es für Ihn am günstigsten erscheint.

Nach sorgfältiger Wertung der aufgenommenen Beweise sind daher die Tatbestände als erwiesen anzusehen und es mußte spruchgemäß entschieden werden.

Bei der Strafbemessung mußten zwei einschlägige Vormerkungen nach § 16 StVO 1960 bei der hs. Behörde erschwerend gewertet werden.

Weiters wurde Ihr rücksichtsloses Verhalten bei der Begehung dieser Verwaltungsübertretungen erschwerend gewertet.

Mildernde Umstände wurden nicht bekannt.

Die verhängten Geldstrafen sind damit schuldangemessen, dem Unrechtsgehalt der Taten sowie Ihren Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnissen angepaßt und erscheinen der Behörde geeignet, Sie in Zukunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet." 2.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung und Verfahrenseinstellung eingebrachte Berufung. Es wird ausgeführt wie folgt:

2.2.1. "In der außen bezeichneten Verwaltungsstrafsache erhebe ich gegen das Straferkenntnis der BPD Steyr vom 16.8.1995, St. 7082/94, durch meine ausgewiesenen Vertreter fristgerecht nachstehende Berufung Ich fechte das vorangeführte Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach aus nachstehenden Gründen an.

Zunächst nehme ich zu der mir angelasteten Verwaltungsübertretung nach § 15/1 d StVO Stellung.

Es ist richtig, daß nach der Bestimmung des § 16 Abs.1 lit.d StVO auf oder unmittelbar vor Schutzwegen nicht überholt werden darf. In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wurde irrtümlich die Bestimmung des § 15/1 b StVO angeführt. Ich bin zunächst an dem vor dem Schutzweg bereits stehenden Omnibus mit dem Kennzeichen vorbeigefahren und habe meinen PKW vor dem Schutzweg angehalten. Wegen dieses Fahrmanövers, das gesetzlich zulässig war, wurde ich vom Lenker des Autobusses Hermann H zur Rede gestellt. Er hatte dabei die linke Scheibe des von ihm gelenkten Autobusses heruntergekurbelt. Als die Fußgänger vor mir den Schutzweg überquert hatten, bin ich sofort mit meinem PKW losgefahren, während der Autobuslenker erst hinter mir nachkam. Daß ich der schnellere war, ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen Wilhelm F und Thomas B. Daß sich der Autobus nur ganz langsam in Bewegung gesetzt hatte, ergibt sich eindeutig aus dem Aufschrieb auf dem Fahrtenschreiberblatt. In meinem PKW ist Frau Karin M mitgefahren, die gleichfalls bezeugen kann, daß ich vor dem Autobus über den Schutzweg gefahren bin, sodaß die Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs.1 lit.d der StVO bestenfalls der Lenker des Autobusses Hermann H zu vertreten hat.

Zum Nachweis dafür, das Hermann H nur mit ganz geringer Anfahrbeschleunigung mit dem Autobus vor dem Schutzweg weggefahren ist, beantrage ich die Beischaffung des Fahrtenschreiberblattes und dessen Auswertung durch einen Sachverständigen.

Beweis: Zg. Karin M, Bankangestellte, S Beischaffung des Fahrtenschreiberblattes des Autobusses mit dem KZ S und dessen Auswertung Zur Übertretung nach § 22/2 StVO:

Es ist richtig, daß ich akustische Warnzeichen abgegeben habe, dies ist jedoch nicht vorschriftswidrig erfolgt, sondern war durch die Fahrweise des Buslenkers Hermann H bedingt. Ich habe mich dem Schutzweg im zweiten Fahrstreifen genähert. Hermann H hat vor mir regelrecht einen Fahrstreifenwechsel durchgeführt und den Bus stark nach links gelenkt, was von ihm ohnehin zugegeben wurde. Weil durch dieses Fahrmanöver die Gefahr einer Kollision bestand, habe ich mehrmals akustisch Warnzeichen abgegeben, wozu ich auch berechtigt war.

Beweis: Zg. Karin M, wie oben Zur Übertretung nach § 7 (1) StVO Nach dem angefochtenen Straferkenntnis soll ich nächst dem Hause S so weit links gefahren sein, daß zwei Männer zur Seite springen mußten, um von mir nicht überfahren zu werden. Das Haus S (Optik F) ist. Vom Schutzweg bzw. meiner dortigen Halteposition 75 m entfernt.

Nach der Anzeige und der Aussage des Zeugen Hermann H fand dieses Ereignis jedoch auf Höhe des Hauses S (Bäckerei L) statt. Diese Stelle ist aber vom Schutzweg nur 3O m entfernt. Für das Zurücklegen der Fahrstrecke von 30 Meter wird bei normaler Beschleunigung eines Pkws aus dem Stand eine Zeit von rund 5 sec. benötigt. Es kann daher keine Rede davon sein, daß ich zwei Fußgänger in eine Gefahrensituation bringen konnte. Weil ich in der Nähe des Hauses S 34 längst wieder rechts gefahren bin, habe ich die mir angetastete Verwaltungsübertretung nicht begangen.

Beweis: beizuschaffender Lageplan des S Steyr Zg. Karin M, wie oben Was von der Aussage des Zeugen Wilhelm P zu halten ist, zeigt seine Darstellung, daß ich mit extrem überhöhter Geschwindigkeit aus einer Entfernung von ca. 30 m auf ihn zugerast wäre (Niederschrift vom 12.5.1995).

Selbst wenn mir die Übertretung nach § 7 /l StVO zur Last fallen sollte, liegt das Tatbild nach § 99/2 c StVO nicht vor. Fußgänger haben nach § 76 Abs. 5 StVO die Fahrbahn in angemessener Eile zu überqueren. Mir kann es daher nicht als besonders rücksichtslos nach § 99/2 c StVO angelastet werden, wenn die beiden Fußgänger ihr Gehtempo beschleunigen mußten. Aus der Annäherungsentfernung von 30 m und der dadurch bedingten Anfahrtzeit hätten die beiden Fußgänger leicht die Möglichkeit gehabt, aus dem Fahrkanal meines PKW's zu gehen, ganz abgesehen davon, daß die beiden Fußgänger die Fahrbahn entgegen der Bestimmung des § 76 Abs. 6 StVO überquert haben.

Selbst wenn ich die mir angetasteten Verwaltungsübertretungen begangen haben sollte, sind die über mich verhängten Strafen erheblich zu hoch.

Ich stelle daher den A n t r a g das angefochtene Straferkenntnis der BPD Steyr vom 16.8.1995, St. 7082/94, aufzuheben und das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen." 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Ferner durch Vernehmung der Zeugen P, H, B und von Frau M sowie des Berufungswerber als Beschuldigten im Rahmen der vor Ort durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung. Beweis erhoben wurde schließlich anläßlich der Berufungsverhandlung noch durch Vermessung der in Frage kommenden Wegdimensionen, der Verlesung der beigeschafften Beschleunigungsdaten des Fahrzeuges des Berufungswerbers im Wege der Firma A in L und der Berechnung der Weg-Zeit-Parameter und des Überholdiagramms im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der vorliegenden zeugenschaftlichen Angaben mittels des EVU-Unfallrekonstruktionsprogramms (von Prof. Dr. Gratzer, KFZ-Sachverständiger).

4. Zumal keine 10.000,- S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Einerseits wegen des diesbezüglich konkret gestellten Antrages, andererseits weil die Tatvorwürfe auch dem Grunde nach bestritten wurden, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen.

4.1. Obwohl hier hinsichtlich Punkt 1) und 3) auf Grund des Ergebnisses des Berufungsverfahrens und des Punktes 2) aus rein formalen Gründen mit einer Einstellung vorzugehen gewesen ist, wird hier das erwiesene Tatverhaltenwegen seiner auffälligen Gefährlichkeit trotzdem ausführlich wiedergegeben. Damit soll besonders zum Ausdruck gelangen, daß hier der Schuldspruch im wesentlichsten Punkt bloß aus strengen formalrechtlichen Gründen nicht zu halten war.

4.2. Der Berufungswerber lenkte an der o.a. Örtlichkeit seinen 230 PS starken PKW am G in Richtung S. Die Fahrbahnbreite beträgt im Bereich auf Höhe des Hauses Nr. 1 ca. 11 Meter. Zu dieser Tageszeit herrschte bereits Dämmerung und starkes Verkehrsaufkommen. Zur gleichen Zeit lenkte der Zeuge H den städtischen Linienbus mit einer Länge von 12 Metern ebenfalls in die gleiche Richtung. Die Fahrlinie des Busses lag bedingt durch die im Bereich der Post abgestellten Fahrzeuge und die zwei etwas danach nebeneinander abgestellten Reisebusse entsprechend weit links, wobei links am Bus ein PKW noch vorbeifahren konnte.

Bedingt durch die den G in Fahrtrichtung des Busses von rechts nach links den Fußgängerübergang überquerenden Fußgänger, mußte der Zeuge H den Bus etwa fünf Meter vor dem Fußgängerübergang anhalten. In dieser Phase schickte sich der Berufungswerber an, mit seinem PKW links am Bus vorbeizufahren. In der Befürchtung, daß bei diesem Manöver die den Fußgängerübergang überquerenden Fußgänger - welche der PKW-Lenker durch Abdeckung durch den Bus noch nicht sehen konnte und um einen zu befürchtenden Unfall zu vermeiden - zog er seinen Bus etwas weiter nach links und blockierte so den Berufungswerber an der Weiterfahrt und vermied dadurch einen zu befürchtenden Unfall mit den Fußgängern. Etwa auf halber Höhe des Busses gelangte der Berufungswerber dadurch knapp an der linken Seitenwand des Busses zum Stillstand. Dabei gab der Berufungswerber ein oder mehrere länger anhaltende Hupsignale ab. Nachdem folglich der Bus seine Fahrt in Richtung Stadtplatz unter maximaler Beschleunigung (1,5 m/sec/2) fortsetzte und sich das Heck des Busses noch auf dem Fußgängerübergang befand, überholte der Berufungswerber den Bus, sein Fahrzeug dabei sehr stark beschleunigend, sodaß dieses im Bereich 40 Meter nach dem Schutzweg 50 km/h erreichte. Gemäß den technischen Daten erreicht dieses Fahrzeug 80 km/h in vier Sekunden, was rechnerisch eine Beschleunigungskomponente von 5,6 m/sek/2 ergibt. Dabei vermögen bereits nach 37 Meter 54 km/h erreicht werden. Mit diesen Beschleunigungsdaten erfolgte der Überholvorgang. Auf der Höhe 41 Meter nach dem Schutzweg überquerte zu diesem Zeitpunkt der Zeuge P den Stadtplatz, wobei die Fahrbahnbreite dort 11,2 Meter beträgt. Auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite (Westseite) waren Fahrzeuge senkrecht zur Fahrbahn geparkt. Im Bereich von zwei bis vier Meter vor dem Erreichen des Fahrbahnrandes kam der Berufungswerber während der beschriebenen Überhol- und Beschleunigungsphase seines Fahrzeuges auf den Zeugen zugefahren, sodaß dieser sich nur mehr durch einen Sprung in Richtung der geparkten Fahrzeuge in Sicherheit bringen konnte. Etwas weiter in Richtung des Schutzweges war zur gleichen Zeit der etwas weiter vorne (in Richtung Schutzweg) und den Stadtplatz in gleicher Richtung überquerende Zeuge B verhalten, seinen Schritt zu beschleunigen, um dem Fahrzeug des Berufungswerbers auszuweichen. In der Folge hielt der Berufungswerber sein Fahrzeug etwa in der Mitte des Stadtplatzes an, um seine Beifahrerin zwecks einer Besorgung aussteigen zu lassen.

4.3. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die weitgehend sehr präzisen und übereinstimmenden Zeugenaussagen.

Sämtliche Zeugen vermochten sich an den Vorfall noch deutlich zu erinnern. Sie machten diese Wahrnehmung alle unabhängig voneinander und entschlossen sich schließlich auch gemeinsam zu einer Anzeigeerstattung. Insbesondere vermochte anläßlich des Ortsaugenscheines nachvollzogen werden, wo das Überqueren der Fahrbahn (des Stadtplatzes) durch den Zeugen P und den Zeugen B erfolgte. Der Buslenker H legte schlüssig und den Denkgesetzen entsprechend insbesondere ist dies auch mittels Computerprogramm (EVU) unter Zugrundelegung der KFZ-spezifischen Beschleunigungsparameter rekonstruierten Überholdiagramms nachvollziehbar gewesen - dar, wie der Berufungswerber den von ihm gelenkten Bus noch auf dem Schutzweg unter starker Beschleunigung überholte. Dieser Zeuge vermochte auch erkennen, daß die beiden den Stadtplatz überquerenden Fußgänger in Bedrängnis gerieten. Der Zeuge legt ferner auch sehr eindrucksvoll dar, wie er den Schutzweg blockierte, um so die darauf befindlichen Fußgänger zu schützen, als der Berufungswerber sich bereits vorher anschickte, ihn vor dem Schutzweg zu überholen, vor welchem er in fünf Meter Entfernung wegen überquerender Fußgänger bereits angehalten hatte. Die Zeugen machten alle einen sachlichen und glaubwürdigen Eindruck. Die bereits relativ lang zurückliegenden zeugenschaftlichen Angaben im erstbehördlichen Verfahren decken sich sinngemäß weitestgehend mit den heutigen. Ihre Angaben waren schließlich, wie oben schon gesagt, auch technisch haltbar.

Sie sind somit auch über jeden Zweifel hinsichtlich allfälliger Übertreibungen erhaben. Selbst die Zeugin des Berufungswerbers, Frau M, widerspricht diesem Fahrverlauf nicht. Sie konnte sich nur nicht mehr an eine Behinderung der Fußgänger im Bereich von ca. 35 bis 41 Meter nach dem Schutzweg erinnern. Sie sprach auch davon, daß nach dem Vorbeifahren bzw. Überholen des Busses der Audi von ihrem Lebensgefährten beschleunigt worden ist.

Schließlich vermag der Berufungswerber mit seinen Angaben dem inhaltlich nichts Greifbares entgegenzuhalten. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurden die Weg-Zeit-Berechnungen erstellt und wurden diese letztlich vom Berufungswerber zur Kenntnis genommen bzw. diesen nichts mehr entgegengesetzt.

Gefolgt vermochte dem Berufungswerber in seinen Ausführungen zumindest im Zweifel dahingehend werden, daß er die akustischen Warnsignale zumindest nicht nur als Unmutsäußerung über das "Zumachen der Fahrspur", sondern auch um den Buslenker auf seine knappe Position zur linken Busseite aufmerksam zu machen, abgegeben hat. Der Tatvorwurf zu Punkt 1) ist bei den rechtlichen Ausführungen zu erörtern. An dieser Stelle sei noch bemerkt, daß hier etwa die Überschreitung der Fahrgeschwindigkeit "Zonenbeschränkung" nicht verfolgt wurde.

5. Rechtlich ist folgendes zu erwägen:

5.1. Die Tatumschreibung einer Übertretung nach § 7 Abs.1 StVO 1960 erfordert einerseits die Konkretisierung, wie weit rechts ein Lenker gefahren ist und andererseits die konkrete Angabe, wie weit ihm dies zumutbar und möglich war (VwGH 22.11.1985, 85/18/0101 = ZfVB 1986/3/1350). Der vorliegende Abspruch wird dem Konkretisierungsgebot nicht gerecht (Verstoß gegen § 44a Z1 VStG), wozu noch kommt, daß auch in der Begründung der Behörde erster Instanz jedwede Feststellungen hiezu fehlen. Zumal schließlich jedoch dieser Tatvorwurf zur Gänze dem vorerst unmittelbar vor dem Schutzweg versuchten und im Anschluß auf diesem ausgeführten Überholvorgang zuzuordnen ist, wurde diese Tat letztlich objektiv nicht begangen. Das Rechtsfahrgebot und ein im gleichen Vorgang ausgeführtes "vorschriftswidriges Überholen" schließen einander aus.

5.2. Hinsichtlich der Übertretung nach § 22 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, andere Straßenbenützer mit der zum Abgeben von akustischen Warnzeichen bestimmten Vorrichtung durch deutliche Schallzeichen, sofern solche Vorrichtungen nicht vorhanden oder gestört sind, durch deutliche Zurufe zu warnen. Wie oben bereits ausgeführt, mußte im Zweifel von der Abgabe der Schallzeichen (auch) im Sinne der Verkehrssicherheit angenommen werden (vgl. VwGH vom 25.1.1995, 94/03/0325).

5.3. Nach § 16 Abs.1 lit.d StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges u.a. nicht überholen auf und unmittelbar vor Schutzwegen und Radfahrerüberfahrten, sofern der Verkehr in einem solchen Bereich nicht durch Arm- oder Lichtzeichen geregelt wird.

5.3.1 Nach § 99 Abs.2 lit.c StVO ist mit 500 S bis 30.000 S zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, zB beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, insbesondere Fußgänger, die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen oder Radfahrer, die Radfahrerüberfahrten vorschriftsmäßig benützen, gefährdet oder behindert.........

5.4. Um eine Übertretung der StVO nach § 99 Abs.2 lit.c StVO bestrafen zu können, haben zu den von den Vorschriften der StVO erfaßten Tatbildern zusätzliche Sachverhaltselemente zu treten, die entweder die Feststellung rechtfertigen, daß die Tat unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wurde, oder, daß eine besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern vorliegt. VwGH 20.3.1963, 1221/62, ZVR 1963/307. Hier lagen beide diesbezüglichen Elemente vor.

5.4.1. Besonders gefährliche Verhältnisse iSd § 81 Z1 StGB liegen etwa auch dann vor, wenn die Tat unter Umständen begangen wird, unter denen nach allgemeiner Erfahrung der Eintritt eines besonders umfangreichen und schweren, zunächst gar nicht überblickbaren Schadens an Leib und Leben zu erwarten ist, oder wenn die Wahrscheinlichkeit, daß ein Schaden eintritt, eine besonders große ist (OLG Wien 8.3.1976, 11 Bs 71/76, ZVR 1977/85). Unter den hier gegebenen Umständen, nämlich dem starken Verkehrsaufkommen, sowohl hinsichtlich des Fahrzeug- als auch des Fußgängerverkehrs, der Sichtbeeinträchtigung durch parkende Fahrzeuge, insbesondere durch die Sichtverdeckung nach rechts durch den überholten Reisebus, der herrschenden Dämmerung und auch der unter eklatant starken Beschleunigung eines Fahrzeuges und der dabei erreichten Fahrgeschwindigkeit, welche einerseits das erlaubte Ausmaß um ca. zwei Drittel überschritt, womit in dieser Situation niemand zu rechnen brauchte, ohne dabei auf die auf der Fahrbahn befindlichen Fußgänger geachtet zu haben bzw. auf diese achten zu können, sind derart gefährliche Verhältnisse durchaus zu erblicken. Ferner liegen "besonders gefährliche Verhältnisse" iSd § 81 Z1 StGB auch dann vor, wenn vom Täter eine qualitativ verschärfte Gefahrenlage iS einer außergewöhnlichen Unfallwahrscheinlichkeit geschaffen wird, wobei die so geartete Gefährdung schon einer einzigen Person ausreicht; diese gegenüber normalen Fällen gesteigerte Gefährlichkeit, welche eine schwere Schädigung an Leib und Leben eines anderen in hohem Maß wahrscheinlich machen muß, kann entweder in der Person des Kfz-Lenkers oder in einer Verschärfung der Verkehrssituation gelegen sein; ob ein solch gesteigerter Gefährlichkeitsgrad im Einzelfall anzunehmen ist, kann nur aufgrund einer umfassenden konkreten Wertung aller risikoerhöhenden und risikovermindernden Umstände beurteilt werden (OGH 2.10.1984, 9 Os 127/84, ZVR 1985/147). Die hier umschriebene Risikoerhöhung ist fallbezogen darin zu erblicken, daß eine Unfallvermeidung nicht mehr in der Disposition des Berufungswerbers lag. Die Kollision mit einem Fußgänger wäre hier wohl mit schwersten gesundheitlichen Folgen (hier für den Zeugen P) verbunden gewesen. Nur der Sprung des Fußgängers in Richtung der parkenden Fahrzeuge vermochte hier eine Kollision noch glaubhaft zu verhindern. Ein Anprall eines Menschen an einen mit 50 km/h fahrenden Pkw hat statistisch zu 70% tödliche Folgen für den Fußgänger.

5.5. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis 5 VStG festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen wurde, worunter die Tat subsumiert wurde, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

5.5.1. Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des VwGH. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 leg.cit. erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatortund Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat).

Den Anforderungen hinsichtlich des alle Tatbestandselemente umfassenden Tatvorwurfes wurde hier die Erstbehörde im Punkt 2) weder durch eine innerhalb der Frist nach § 31 Abs.1 gesetzten Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 VStG) noch mit dem Spruch des Straferkenntnisses gerecht.

Dies konnte daher auch nicht mehr durch eine Spruchpräzisierung, welchem die Frist nach § 31 Abs.2 VStG entgegensteht, ergänzt werden. Dies hätte unweigerlich zu einem Austausch bzw. Ergänzung von Tatbestandselementen geführt und würde den Berufungsbescheid mit Rechtswidrigkeit behaften.

5.5.2. Das Tatbestandsmerkmal, daß auf diesem Schutzweg ".... der Verkehr in diesem Bereich nicht durch Arm- oder Lichtzeichen geregelt wurde..." konnte hier dem gesamten Akt nicht entnommen werden. Schließlich lag auch für eine ebenfalls dem Beweisergebnis abzuleitenden - Tathandlung im Sinne des § 16 Abs.1 lit.c StVO keine diesem Erfordernis entsprechende Verfolgungshandlung vor, sodaß auch eine, auch nach Ablauf der Verjährungsfrist, noch zulässige Subsumption unter einen weiteren Überholverbotstatbestand, eben auch nicht möglich war. Somit mußte zwingend auch im wesentlichsten Anzeigepunkt mit einer Aufhebung und Einstellung vorgegangen werden.

6. Zur Strafzumessung wäre hier konkret festzustellen gewesen, daß der Berufungswerber bereits zahlreiche Vormerkungen wegen Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, insbesondere hinsichtlich Geschwindigkeitsüberschreitungen, aufweist. Darunter befindet sich auch eine einschlägige Vormerkung, nämlich zu St. 94/91 v. 11.6.1991.

Angesichts des objektiven Unwertgehaltes einer derartigen im hohen Ausmaß unfallsgeneigten, als unbeherrscht und rücksichtslos zu qualifizierenden Übertretungshandlung hätte daher hier eine empfindlich höhere Strafe verhängt werden können bzw. wären solche hier indiziert gewesen. Der Berufungswerber hat hier nachhaltig zum Ausdruck gebracht, daß er sich mit den rechtlich geschützten Werten des Straßenverkehrs nicht verbunden erachtet. Dies gelangte darin zum Ausdruck, daß er vorerst unmittelbar vor dem Schutzweg den Linienbus überholen wollte. Daran wurde er durch eine Art von Nothilfemaßnahme des Lenkers des Linienbusses, für die auf dem Schutzweg befindlichen und durch dieses Vorhaben massiv gefährdeten Fußgänger gehindert. Trotzdem ließ er von diesem Vorhaben nicht ab, überholte schließlich neuerlich auf dem Schutzweg den Linienbus und gefährdete dabei abermals zwei Fußgänger in eklatanter Weise. Immerhin reicht der Strafrahmen in diesem Fall bis zu 30.000 S. Dies insbesondere angesichts des, mit 35.000 S netto monatlich, überdurchschnittlichen Einkommens des Berufungswerbers bei keinen Sorgepflichten. Die im Punkt 2) verhängte Strafe von 2.000 S wäre im Hinblick auf den Tatunwert wohl zu niedrig bemessen gewesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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