Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420053/11/Wei/Bk

Linz, 05.05.1994

VwSen-420053/11/Wei/Bk Linz, am 5. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlaß der Beschwerde des J H, zuletzt vertreten durch Rechtsanwalt vom 9. März 1994 wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 1. Februar 1994 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Gmunden beschlossen und zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die in den Amtsräumlichkeiten der belangten Behörde am 1. Februar 1994 erfolgte Festnahme und Anhaltung sowie die anschließende Abschiebung durch zwangsweise Beförderung Richtung Ungarn wendet, als unzulässig zurückgewiesen.

II. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine Kostenentscheidung entfällt mangels Antragstellung der belangten Behörde.

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm §§ 67a Abs 1 Z 2, 67c Abs 3 AVG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Beschwerdeführer (im folgenden Bf), ein jugoslawischer Staatsangehöriger, hat durch seinen Rechtsvertreter per Telefax am 9. März 1994 eine Beschwerde "gegen die Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, und zwar die am 1.2.1994 in Räumlichkeiten der belangten Behörde vorgenommene Festnahme, Anlegung von Handfesseln und anschließende zwangsweise Beförderung zur Landesgrenze Ober-/Niederösterreich Richtung Bruck/Leitha zwecks zwangsweiser Abschiebung nach Ungarn per Bahn" beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich eingebracht und in der Hauptsache beantragt, diese Akte für verfassungs- bzw rechtswidrig zu erklären und dem Rechtsträger der belangten Behörde den Ersatz der mit S 7.533,-- verzeichneten Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstigem Zwang zu Handen seines Rechtsvertreters aufzutragen.

1.2. Als Beschwerdesachverhalt wurde vorgebracht, daß der Bf am 1. Februar 1994 beim Arbeitsamt Gmunden von Organen der belangten Behörde angesprochen und ohne Angabe des Grundes aufgefordert worden sei, in die Räumlichkeiten der belangten Behörde mitzukommen. Dieser Aufforderung sei er nachgekommen. In den Räumlichkeiten habe man seinen Reisepaß abgefordert und einen durch die belangte Behörde am 29. Juni 1993 ausgestellten, bis 31. Juli 1994 gültigen Wiedereinreisesichtvermerk mit dem Stempelaufdruck "ungültig" versehen.

Durch Organe der belangten Behörde seien dem Bf Handfesseln angelegt worden und er sei zwangsweise in ein bereitstehendes Kraftfahrzeug verbracht und zwecks zwangsweiser Abschiebung nach Ungarn zum Bahnhof Bruck an der Leitha befördert worden, wobei ihm die Handfesseln bis zu seiner Abschiebung nicht abgenommen worden wären. Einen Bescheid, der seinen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich beendet hätte, habe die belangte Behörde weder bis zu diesem Zeitpunkt noch in der Folge erlassen. Weder ein Aufenthaltsverbot noch ein Bescheid über seine Aus- oder Zurückweisung sei erlassen worden.

1.3. Begründend wird unter Hinweis auf § 36 Fremdengesetz FrG ausgeführt, daß eine Abschiebung nur rechtmäßig sei, wenn ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung wirksam erlassen und vollstreckbar sind. Mangels Vorliegens dieser Voraussetzungen sei der Bf in seinem Grundrecht nach Art 5 EMRK sowie nach dem BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit verletzt worden. Darüber hinaus verletze ihn das Anlegen der Handfesseln in seinem Grundrecht gemäß Art 3 EMRK.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde folgender Sachverhalt:

2.1. Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist zu entnehmen, daß der Bf am 12. Oktober 1993 um 23.15 Uhr wegen des Verdachts der Körperverletzung, gefährlichen Drohung und Nötigung zum Beischlaf betreffend seine ehemalige Lebensgefährtin, die iranische Staatsangehörige S-Y S, im gerichtlichen Auftrag verhaftet worden war (vgl Strafanzeige der Gendarmerie Altmünster vom 13. Oktober 1993). Das Landesgericht Wels teilte in der Folge am 27. Jänner 1994 gemäß § 407 StPO mit, daß der Bf mit Urteil vom 17. Dezember 1993 wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen á S 80,-- (S 14.400,--) rechtskräftig verurteilt worden ist.

2.2. Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift vom 23.

März 1994 vorgebracht, daß der Bf Frau S-Y S, seine ehemalige Lebensgefährtin, ständig bedroht hätte. Sie habe daher zunächst keine Aussage machen wollen. Erst nachdem ihr von der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes berichtet worden war, gab sie niederschriftlich bekannt, daß sie der Bf schon mehrfach geschlagen und vergewaltigt hätte. Ihre Arbeitgeberin teilte der Fremdenpolizei mit, daß die Iranerin in ständiger Angst vor dem Bf lebe, der sie schon sehr oft geschlagen habe (vgl Niederschrift vom 3. Jänner 1994). Sie gab an, daß sie vor Gericht aus Angst keine Aussage gegen den Bf gemacht hätte.

2.3. Mit Mandatsbescheid vom 1. Februar 1994, Zl. Sich07 22173 -1993, wurde der Bf in Schubhaft genommen, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und die Abschiebung zu sichern. Mit einem zur gleichen Zahl ergangenen Bescheid vom gleichen Tag hat die belangte Behörde gegen den Bf ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs 1 und 2 Z 2 FrG für das gesamte Gebiet der Republik Österreich ausgesprochen. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 27 Abs 4 FrG iVm § 64 Abs 2 AVG aberkannt. Auf beiden Bescheiden ist vermerkt, daß sie der Bf am 1. Februar übernommen, jedoch die Unterschrift verweigert habe.

Begründend hat die belangte Behörde auf die rechtskräftige Bestrafung des Bf wegen insgesamt acht teilweise schwerwiegender Verwaltungsübertretungen (etwa viermal Fahren ohne Lenkerberechtigung) und auf die strafgerichtliche Verurteilung wegen §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB und sein sonstiges Verhalten gegenüber der ehemaligen Lebensgefährtin hingewiesen.

2.4. Die Inschubhaftnahme des Bf erfolgte offenbar am 1.

Februar 1994 nach Ausfolgung des Schubhaftbescheides in den Amtsräumen der belangten Behörde. Aus einem Aktenvermerk vom 1. Februar 1994 geht hervor, daß er den Schubhaftbescheid sowie das Aufenthaltsverbot zwar übernommen, jedoch die Bestätigung der Übernahme durch seine Unterschrift verweigert hat. Auf die Beiziehung eines Dolmetschers hat er ausdrücklich verzichtet, da er der deutschen Sprache hinreichend mächtig sei. Dennoch wurde ein zufällig anwesender, amtsbekannter jugoslawischer Staatsangehöriger als Dolmetsch beigezogen. Die Gendarmeriebeamten wurden von der belangten behörde auf die Fluchtgefahr aufmerksam gemacht, da der Bf wiederholt bekanntgab, daß er Österreich nicht verlassen und es nicht gelingen werde, ihn abzuschieben. Um 14.24 Uhr wurde der Grenzkontrollstelle Nickelsdorf per Telefax die beabsichtigte Abschiebung des Bf am 1. Februar 1994 um 19.47 Uhr mit dem Zug von Bruck/Leitha nach Jugoslawien angekündigt. Nach Bruck/Leitha haben ihn Gendarmeriebeamte überstellt.

Nach der unwidersprochenen Darstellung der belangten Behörde wurden dem Bf die Gründe der Abschiebung ausführlich erläutert. Während der Amtshandlung habe er sinngemäß angegeben, daß er Österreich nicht verlassen und sich der Abschiebung entziehen werde. Aufgrund dieser Äußerungen und wegen des gewalttätigen Charakters des Bf bestand Fluchtgefahr sowie Gefahr für die ehemalige Lebensgefährtin, deren niederschriftliche Angaben dem Bf im Zuge der Amtshandlung bekannt geworden sind. Beim Verlassen der Amtsräume wurden ihm daher Handschellen angelegt. Die belangte Behörde verweist dazu auf § 79 Abs 1 lit b und c der Gendarmeriedienstinstruktion, wonach die Anlegung von Handfesseln auch vorgesehen sei. Der Bf ist in der Folge nach Jugoslawien abgeschoben worden.

2.5. Aus nachgereichten Aktenteilen, die die belangte Behörde mit Schreiben vom 26. April 1994 vorgelegt hat, geht hervor, daß der Bf schon im März 1994 trotz des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes vom 1. Februar 1994 mit einem gefälschten kroatischen Reisepaß über Spielfeld nach Österreich einreisen konnte. Am 12. April 1994 besuchte er seine ehemalige Lebensgefährtin, um sie abermals unter Druck zu setzen und für eine entlastende Aussage zu gewinnen. Der Bf konnte verhaftet werden, als er mit Frau S-Y im PKW zu seinem Rechtsanwalt nach Wien fahren wollte. Er wurde am 13. April 1994 neuerlich in Schubhaft genommen und in der Zwischenzeit abermals nach Jugoslawien abgeschoben.

2.6. Mit h. Schreiben vom 30. März 1994 wurde dem Rechtsvertreter des Bf die Gegenschrift der belangten Behörde mit der Aufforderung zur Kenntnis gebracht, eine allfällige Stellungnahme binnen drei Wochen einzubringen.

Über telefonisches Ersuchen wurden mit Schreiben vom 15.

April 1994 auch Ablichtungen des fremdenpolizeilichen Verwaltungsaktes der belangten Behörde an den Rechtsvertreter übersendet. Daraufhin langte per Telefax am 18. April 1994 ein Schriftsatz beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ein, mit dem der bisherige Rechtsvertreter des Bf die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekanntgab.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung hätte keine weitere Aufklärung erwarten lassen.

Da der derzeitige Aufenthalt des Bf gar nicht bekannt ist, wäre überdies dessen Ladung zur Verhandlung nicht möglich gewesen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG 1991 erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts sind Maßnahmen, die bloß der Vollstreckung vorangegangener Bescheide dienen, nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren (vgl ua VwSlg 11.468 A/1984; VfSlg 10978/1986; VfSlg 11171/1986; VfSlg 11694/1988; VfSlg 11880/1988; VfSlg 12091/1989). Es handelt sich dabei um Verwaltungsakte, die (besondere) Vollstreckungsmaßnahmen tatsächlicher Art sind und keiner bescheidmäßigen Vollstreckungsverfügung bedürfen (vgl etwa VfSlg 9465/1982; VfSlg 9999/1984; VwSlg 11.468 A/1984; VfSlg 12368/1990).

Dies gilt für die Festnahme und Anhaltung aufgrund eines rechtswirksam erlassenen Schubhaftbescheides ebenso wie für die Abschiebung aufgrund eines durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes. Für die gemäß § 13 Fremdenpolizeigesetz vorgenommene Abschiebung, welche nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise sowohl die Überstellung zum Flughafen als auch die Abbeförderung per Flugzeug umfaßt (vgl VwGH 11.11.1993, 93/18/0456), wurde dies erst vor kurzem klargestellt (vgl VwGH 14.4.1993, 93/18/0108). Hinsichtlich der Abschiebung nach § 36 FrG, die gemäß § 40 FrG von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durchzusetzen ist, kann im Sinne dieser Judikatur nichts anderes gelten.

Gegen eine Anhaltung in Schubhaft ist die Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungsenat gemäß § 51 Abs 1 FrG zulässig, die mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung erhoben wird. Eine solche Schubhaftbeschwerde wurde aber nicht eingebracht. Vielmehr hat der Bf die titellose (bescheidlose) Festnahme und Anhaltung behauptet und deshalb eine Maßnahmenbeschwerde erhoben.

4.2. Da der Bf nach seinem eigenen Vorbringen freiwillig der einfachen, ohne unmittelbare Zwangsandrohung ausgesprochenen Aufforderung in die Amtsräume zu kommen, Folge geleistet hat und er dort im Zuge der fremdenpolizeilichen Amtshandlung erst nach Zustellung (Übergabe) des Schubhaftbescheides in Haft genommen und angehalten wurde, liegen keine selbständig anfechtbaren faktischen Amtshandlungen vor, die mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar sind. Aber auch die ohne vorher erlassenen Schubhaftbescheid erfolgte fremdenpolizeiliche Festnahme gemäß § 43 Abs 1 FrG wäre mit Schubhaftbeschwerde geltend zu machen (vgl § 51 Abs 1 FrG).

Was im Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kommt nicht als Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde in Betracht (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9.461 A/1977 und 9.439 A/1977). Diese ist ein subsidiärer Rechtsbehelf, mit dem Rechtsschutzlücken geschlossen werden (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

Der Begriff der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt hat durch die B-VG-Novelle 1988, die gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern für zuständig erklärt hat, keine Änderung erfahren (vgl etwa VfGH 28.2.1994, B 1281/93-9; VwGH 14.4.1993, 93/18/0108).

Auch die Abschiebung durch Überstellung des Bf nach Bruck/Leitha und anschließende Weiterbeförderung mit der Bahn erfolgte erst nach Übergabe - und damit rechtswirksamer Erlassung - des sofort durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes vom 1. Februar 1994. Es liegt insofern ebenfalls eine bloße Vollstreckungsmaßnahme vor, die kein tauglicher Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein kann. Die Beschwerde war daher in dem im Spruch beschriebenen Umfang als unzulässig zurückzuweisen.

4.3. Eine andere Beurteilung der Zulässigkeit muß für das Anlegen der Handfesseln in Betracht kommen, obwohl auch diese Maßnahme im Zuge der Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes gesetzt worden ist. Im Gegensatz zur Festnahme, Anhaltung und Abschiebung war die Fesselung mit Handschellen aber keine (unbedingt) notwendige Folge der vorangegangenen Bescheide. Vielmehr bedarf es insofern zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken einer eigenständigen Prüfung, ob diese Maßnahme in ihrer Art und Weise nach den konkreten Verhältnissen gerechtfertigt war. Der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist zu entnehmen, daß die Begleitumstände, unter denen eine Festnahme oder Anhaltung erfolgt, einer gesonderten Anfechtung unterliegen. Daher betrachtet der Verfassungsgerichtshof neben einer Festnahme und Anhaltung den Gebrauch des Gummiknüppels, einer Schußwaffe, die Anwendung von Körperkraft oder die Fesselung als eigenständige Verwaltungsakte, die in unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt werden (vgl etwa VfSlg 10051/1984; VfSlg 10321/1985; VfSlg 10427/1985; VfSlg 11809/1988). Insofern ist die vorliegende Beschwerde demnach zulässig.

4.4. Der Bf beruft sich auf Art 3 EMRK, wonach niemand unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden darf. Durch das Anlegen der Handfesseln, die bis zu seiner Abschiebung nicht abgenommen worden wären, erachtet sich der Bf in seinem Grundrecht gemäß Art 3 EMRK verletzt.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes wird das Verbot des Art 3 EMRK durch physische Zwangsakte verletzt, denen eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung des Betroffenen als Person zu eigen ist. Die im Rahmen von Zwangsbefugnissen angewendete Körperkraft, die den Rechtsgrundsätzen des Waffengebrauchsgesetzes 1969 entspricht, kann aber keinesfalls als erniedrigende oder unmenschliche Behandlung angesehen werden (vgl mwN VfSlg 11809/1988; VfSlg 10427/1985; VfSlg 10321/1985). Die denselben Einschränkungen wie der Waffengebrauch unterliegende Anwendung von Körperkraft (vgl idS auch § 50 Abs 3 SPG) ist zur Erreichung der gesetzlichen Zwecke erlaubt, wenn sie notwendig und maßhaltend erscheint (vgl VfSlg 10321/1985). Die nach den Umständen notwendige und maßhaltende Fesselung ist daher eine gerechtfertigte Zwangsmaßnahme, die nicht gegen Art 3 EMRK verstößt (vgl ua VfSlg 12134/1989; VfSlg 10321/1985). Auch aus dem vorgelegten § 79 der Gendarmeriedienstinstruktion, die allerdings nur eine interne Vorschrift für den Gendarmeriedienst ist, ergeben sich keine anderen Grundsätze.

Im gegenständlichen Fall wurden dem Bf kurz vor dem Verlassen der Amtsräume der belangten Behörde Handschellen angelegt, weil er während der fremdenpolizeilichen Amtshandlung unmißverständlich zum Ausdruck gebracht hat, daß er das Aufenthaltsverbot nicht akzeptieren und seine Abschiebung nicht gelingen werde. Die belangte Behörde hat die beigezogenen Gendarmeriebeamten mit Recht auf die im renitenten Verhalten des Bf begründete Fluchtgefahr aufmerksam gemacht. Mit einen Fluchtversuch des Bf war unmittelbar zu rechnen. Außerdem war der Bf, der offensichtlich wiederholt und ohne Skrupel schwerwiegende Verwaltungsübertretungen begangen hat, der belangten Behörde auch als gewalttätig bekannt. Eine Gefährdung der Gendarmeriebeamten konnte daher ebensowenig wie ein gewalttätiges Vorgehen gegen seine ehemalige Lebensgefährtin nach gelungener Flucht ausgeschlossen werden.

In der Beschwerde wird - ohne jede Präzisierung - pauschal die aufrechte Fesselung bis zur Abschiebung behauptet.

Abgesehen davon, daß damit angesichts der bekannten negativen Charaktereigenschaften und des Vorverhaltens des Bf noch keine Rechtswidrigkeit infolge unangemessener Dauer der Fesselung dargetan ist, sind der Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß die Fesselung länger als notwendig aufrechterhalten worden ist. Da ein hinreichendes Tatsachensubstrat für die Annahme einer unvertretbaren Fesselung fehlt, war die Beschwerde insofern als unbegründet abzuweisen.

5. Die belangte Behörde hätte einen Antrag auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten iSd § 79a AVG für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand stellen können, wobei nach ständiger Jukikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einem Ansatz in Höhe von zwei Drittel des Pauschalkostenersatzes vor dem Verwaltungsgerichtshof auszugehen wäre (vgl ua VwGH 23.9.1991, 91/19/0162). Da sie dies unterlassen hat, waren ihr keine Kosten zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - abgesehen von gesetzlichen Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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