Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420073/27/Kl/Rd

Linz, 28.11.1995

VwSen-420073/27/Kl/Rd Linz, am 28. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde der B H, vertreten durch RA wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Zurechnung der BPD Linz am 20.4.1995 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17.10. und 8.11.1995 und Verkündung am 8.11.1995 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Personendurchsuchung am 20.4.1995 als nicht rechtswidrig festgestellt.

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in der Höhe von insgesamt 6.511 S binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

Der Kostenersatzantrag der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm §§ 67a Abs.1 Z2 und 67c AVG iVm §§ 40 und 88 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl.Nr. 566/1991.

zu II.: §§ 74 und 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 15.5.1995, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 16.5.1995, wurde Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der BPD Linz am 20.4.1995, nämlich durch die in dem Lokal "L V", L, vorgenommene Personendurchsuchung erhoben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit und die Zuerkennung des Kostenersatzes beantragt. Begründend wurde ausgeführt, daß im Lokal zunächst eine Durchsuchung aller männlichen Gäste stattgefunden habe, sodann eine Durchsuchung des Lokales mit einem Suchhund stattgefunden habe, wobei alle Personen aus dem Lokalraum in den Vorraum herausgewiesen wurden. Im Anschluß daran seien die weiblichen Lokalgäste durch eine Polizeibeamtin im Bereich des WC durchsucht worden. Dabei sei die Beschwerdeführerin (kurz: Bfin) gefragt worden, ob sie irgend etwas - gemeint wohl Suchtgift - eingesteckt habe. Über Befehl mußte sie Schuhe und Jacke ausziehen und den Tascheninhalt ausleeren.

Ferner mußte sie die Hose und die Socken ausziehen.

Schließlich sah die Polizistin sogar noch in ihre Unterhose hinein. Weil nichts gefunden wurde, durfte sie schließlich das Lokal verlassen. Diese Vorgangsweise sei nicht rechtmäßig gewesen, weil eine Gefahr im Verzug nicht gegeben gewesen sei. Auch wurde dem Lokalinhaber F H nach einem Anruf beim zuständigen Journaldienst der BPD Linz mitgeteilt, daß kein Durchsuchungsbefehl vorhanden sei. Im vorliegenden Fall läge überhaupt kein gefährlicher Angriff vor, sondern habe sich die Bfin nur normal im Lokal aufgehalten. Umso weniger könne die belangte Behörde annehmen, sie hätte irgendwelche Gegenstände mit, von denen eine Gefahr ausginge. Es stehe also fest, daß die Vorschriften des § 40 SPG bei der Bfin mißachtet worden sind.

2. Die BPD Linz als belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 10.6.1995 eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie im wesentlichen darlegte, daß aufgrund anonymer Hinweise der Verdacht bestand, daß das Lokal "L V" von den Gästen als Umschlagplatz für Suchtgift in großen Mengen und verbotenen Waffen verwendet werde. Dieser Mitteiler erscheine glaubwürdig, weil er auch in der Vergangenheit bereits dienliche Hinweise gegeben habe. Aufgrund der anonymen Hinweise mußten die einschreitenden Beamten zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, daß im genannten Lokal gegenwärtig ein gefährlicher Angriff iSd § 16 Abs.2 Z2 SPG stattfinde. Auch das weitere vorgefundene Erscheinungsbild des Lokales, nämlich ungewöhnlich viele Gäste, welche lärmten, und welche großteils einschlägig vorbestraft seien, bestätigten den Verdacht der Beamten, sodaß sie zunächst Verstärkung anforderten und dann bei deren Eintreffen Personenkontrollen durchführten. Gemäß § 16 Abs.2 Z2 SPG ist der Suchgifthandel bei Vorliegen einer großen Menge, von der aufgrund der Umstände natürlich ausgegangen werden mußte, als gefährlicher Angriff zu werten. Die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes seien daher gemäß § 40 Abs.2 ermächtigt, Menschen zu durchsuchen, weil zum Zeitpunkt des Einschreitens jedenfalls bestimmte Tatsachen vorlagen, die im Lokal anwesenden Personen stünden mit einem gegen Leben bzw. Gesundheit gerichteten gefährlichen Angriff im Zusammenhang. Darüber hinaus war bei jeder einzelnen Person der Verdacht gegeben, sie hätte einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht, nämlich Suchtgift. Auch das Öffnen von Behältnissen und die Durchsuchung von Taschen ergibt sich aus § 40 Abs.3 SPG. Aber auch dann, wenn der gefährliche Angriff bereits abgeschlossen wäre und damit die StPO anzuwenden wäre, würde die Personendurchsuchung in der Bestimmung des § 24 StPO ihre Grundlage finden, weil Gefahr im Verzug jedenfalls gegeben war. Die belangte Behörde beantragte daher die kostenpflichtige Abweisung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den zu Zl. VwSen-420072 (Beschwerdeangelegenheit Friedrich Hofer) vorgelegten denselben Sachverhalt betreffenden Verwaltungsakt und die eingebrachten Schriftsätze sowie durch die Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 17.10. und 8.11.1995, zu der der Rechtsvertreter der Bfin sowie ein Vertreter der belangten Behörde erschienen sind und in welcher auch die geladenen Zeugen RI H L, Insp. Peter L, GI M S und RI W D sowie Mag. E H, alle von der BPD Linz, sowie J M, D T und E W einvernommen wurden.

Die Bfin hat eine Adressenänderung nicht bekanntgegeben und ist zur mündlichen Verhandlung trotz Ladung und der Einladung ihres Rechtsvertreters nicht erschienen.

4. Folgender erheblicher Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Die Bfin war am 20.4.1995 Gast in dem Lokal "L V" in der R in L. Sie ist in diesem Lokal Stammgast und der Kellnerin bekannt.

4.2. Über eine vertrauliche telefonische Mitteilung an das WZ Landhaus, daß im Lokal "L V" Suchtgift gehandelt werde und, falls man etwas sicherstellen wollte, man sofort in das Lokal gehen müsse, weil dort so viel Rauschgift im Lokal zu finden wäre, daß man eine Kompanie eindecken könne, begaben sich die beiden Sicherheitswachebeamten RI L und Insp. L vom WZ Landhaus zum Lokal in der R.

Dem anonymen Anruf maßten sie deshalb Bedeutung bei, weil sie aufgrund der verwendeten Phrasen glaubten, den Anrufer zu kennen, welcher ihnen schon mehrmals brauchbare Hinweise gegeben hatte. Schon bei Annäherung an das Lokal war es dort sehr laut und waren im Lokal ungewöhnlich viele Personen, und zwar waren diese Personen größtenteils im Hinblick auf Suchtgifthandel und Besitz verbotener Waffen amtsbekannt. Sie stammten aus der Hooligan-Szene, dem Prostituierten- und Suchtgiftmilieu. Nach Anforderung einer Verstärkung (6 bis 8 Polizisten) betraten die beiden Sicherheitswachebeamten mit den übrigen Polizisten das Lokal, um dort befindliche Personen zu durchsuchen, ob sie wirklich Suchtgift oder auch verbotene Waffen bei sich hatten. Beim Eintreten sahen zwei namentlich bekannte Gäste sehr erschrocken aus und es konnte ein weiterer Gast zum WC laufen, wobei nicht eruiert werden konnte, was dieser hinuntergespült hat. Der Kellnerin Eleonore Winter wurde mitgeteilt, daß wegen des Verdachtes auf Suchtgift die Personen visitiert werden. Es wurden zunächst nur die männlichen Gäste durchsucht. Es wurden grundsätzlich nur die bekannten, dem Suchtgiftmilieu zugerechneten Personen durchsucht. Für die weiblichen Gäste wurde eine weibliche Sicherheitswachebeamtin herbeigerufen. Weil aber die Personendurchsuchung eine solche lange Zeit in Anspruch genommen hat, eine Person beim WC etwas hinunterspülen konnte und minimale Mengen Suchtgift, nämlich 2 g Cannabis und eine Minimalmenge Hanfkörner, gefunden wurden, ergab sich für die Sicherheits wachebeamten verstärkt der Verdacht, daß Suchtgift im Lokal abgelegt worden sei. Bei der Durchsuchung wurde auch eine verbotene Waffe, nämlich ein Tränengasspray, gefunden.

Die im Lokal anwesenden Personen waren größtenteils namentlich bekannt, etwa ein Drittel der Personen aber unbekannt.

Der überwiegende Teil der anwesenden Personen war unter 30 Jahre alt.

Während der Personendurchsuchung kam Herr F H, der Eigentümer, in das Lokal. Er befragte einige Beamte über das Vorgehen. Er äußerte Bedenken, daß die Amtshandlung wie eine Hausdurchsuchung aussehe, und verlangte einen Hausdurchsuchungsbefehl. Ein solcher konnte ihm nicht vorgewiesen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt fand eine Durchsuchung der Räumlichkeit nicht statt.

Aufgrund der vorgefundenen Fakten wurde dann von den einschreitenden Beamten der Entschluß gefaßt, eine Hausdurchsuchung aus eigener Macht mit dem Suchhund durchzuführen. Es wurde ein Suchhund angefordert. Weil der Hundeführer aber Bedenken hinsichtlich der Durchsuchung des Raumes hatte, nämlich daß der Hund, weil so viele Leute anwesend waren, jemanden beißen könnte, wurde Kontakt mit dem Journaldienst der BPD Linz aufgenommen, wie vorzugehen sei. Es wurde daraufhin vom journalhabenden Beamten mitgeteilt, daß es die Möglichkeit der Wegweisung der Personen gebe. Hinsichtlich der Hausdurchsuchung selbst wurde der Journalbeamte nicht kontaktiert. Es wurden die Gäste gebeten, das Gastzimmer zu verlassen und sich in den Vorraum zu begeben. Daraufhin fand eine Durchsuchung des Gastraumes mit dem Suchhund statt. Herr F H war dabei im Raum nicht anwesend. Auch über Verlangen konnte Herrn F H kein Hausdurchsuchungsbefehl vorgewiesen werden. Unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit sah er dann der weiteren Amtshandlung zu.

Über Anforderung erschien am Ort der Amtshandlung eine Sicherheitswachebeamtin, welche sodann eine Personendurchsuchung der weiblichen Gäste, jeweils nacheinander vorgenommen hat. Die Durchsuchung fand im Bereich des WC gesondert für jedes Mädchen statt. Eine Zeugin hat mit der Bfin, welche zuletzt durchsucht wurde, gesprochen. Diese erzählte ihr, daß sie die Oberbekleidung ausziehen mußte und die Polizistin sogar in ihre Unterhose hineingeschaut hat.

Es wurde bei den weiblichen Gästen kein Suchtgift gefunden.

Während der Amtshandlung (noch vor der Durchsuchung des Lokales) sackte ein weiblicher Gast, nämlich Frau B in sich zusammen und war nicht mehr ansprechbar.

Weil sie keinerlei Reflexe mehr zeigte, wurde dann auch die Rettung verständigt und wurde sie ins AKH Linz gebracht. Die Kellnerin gab dazu befragt den Beamten an, daß Frau B 3 bis 4 Halbe Bier getrunken habe. Weil Frau B amtsbekannt war, und deshalb auch davon auszugehen war, daß sie mehr als diese Menge verträgt, war auch der Verdacht auf die Einnahme von Suchtgift gegeben.

Nachdem kein weiteres Suchtgift gefunden wurde, wurde die Amtshandlung gegen 17.30 Uhr beendet.

4.3. Dieser Sachverhalt wurde durch die glaubwürdigen Aussagen der einvernommenen Zeugen erwiesen. Die einvernommenen Sicherheitswachebeamten machten einen seriösen Eindruck, wurden auf ihren Diensteid hingewiesen und sagten unter Wahrheitspflicht aus. Sie gaben den Sachverhalt in sachlicher Weise wieder. Auch verwickelten sich diese Zeugen nicht in erhebliche Widersprüche. Daß diese Zeugenaussagen aber nicht ganz gleichlautend waren, ist zum einen darauf zurückzuführen, daß seit der Amtshandlung eine geraume Zeit verstrichen ist und andererseits, daß die Zeugen der Wahrheitspflicht gehorchend so aussagten, wie sie die Amtshandlung erlebt haben bzw. jetzt noch in Erinnerung haben.

Dies war für den erkennenden Senat ein Beweis dafür, daß die Beamten nicht versuchten, ihre Darstellung zu beschönigen, sondern daß sie wahrheitsgetreu aussagten. Hinsichtlich der wesentlichen Schritte in der Amtshandlung war jedoch ein Gleichklang festzustellen. Dieser wurde auch nicht von den durch Herrn F H benannten und einvernommenen Zeugen erschüttert.

Wenn sich hinsichtlich des Eindruckes über das Lokal beim Eintreffen verschiedene Wahrnehmungen ergeben haben, so ist dies aber damit erklärlich, daß den Zeugen RI L und Insp. L die im Lokal anwesenden Personen zum Teil namentlich, jedenfalls aber von der Person her aus früheren Amtshandlungen bekannt waren und die Gäste zum jeweiligen Milieu zuordnen konnten. Auch waren diese Beamten schon öfters im Lokal. Für diese ergaben sich daher viel eingehendere und zu früheren Situationen vergleichende Wahrnehmungen. Solche Wahrnehmungen waren daher mangels des Hintergrundwissens der als Verstärkung herbeigerufenen Beamten nicht gemacht worden. Diesen waren ja die Personen aus früheren Amtshandlungen nicht bekannt.

Daß die vorgenannten Zeugen mit dem im Lokal befindlichen Milieu vertraut waren und eine richtige Einschätzung trafen, bestätigt auch die einvernommene Zeugin E W (Kellnerin), welche einwandfrei aussagte, daß nur die ihr bekannten Gäste von den Polizisten kontrolliert wurden. Dies bestätigt die Aussagen der Beamten, daß sie den Großteil der Gäste kannten und auch dem jeweiligen Milieu (Suchtgiftmilieu) zurechnen konnten, grundsätzlich aber nur Personen aus dem Suchtgiftmilieu durchsucht wurden. Weiters war zu würdigen, daß die Kellnerin zwar leugnet, daß ihr von den Beamten gesagt wurde, daß es bei der Amtshandlung um Suchtgift gehe, daß sie aber dann von sich aus sagte, daß sie sich schon gedacht hätte, daß es um Suchtgift gehe. Auch ist ihren Aussagen zu entnehmen, daß sie um die Zugehörigkeit einiger Gäste zum Suchtgiftmilieu wußte. Sie zählte diese Gäste zu den Suchtgiftkonsumenten.

Schließlich sagte Herr F H selbst, daß es schon mehrmals zu Perlustrierungen im Lokal gekommen sei, allerdings nicht in diesem Ausmaß.

Aufgrund des amtsbekannten Wissens der Sicherheitswachebeamten, insbesondere auch über die im Lokal anwesenden Persönlichkeiten, der besonderen Schulung der Organe und der teilweise vorhandenen langjährigen Erfahrung in dieser Tätigkeit kann den einvernommenen Beamten ein höheres Maß an Wahrnehmungsgabe zugemutet werden und stellte sich daher ihnen gegenüber der Sachverhalt anders dar als gegenüber Herrn F H. Es konnte daher diesen Aussagen Glaube geschenkt werden, zumal kein Beweis genannt und erbracht wurde, der diese Aussagen grundlegend erschüttern konnte.

4.4. Der Antrag des Herrn F H, den Namen des anonymen Anrufers zu nennen, zum Beweis dafür, "daß diese vermeintliche Person nicht angerufen hat und der Anruf in Wirklichkeit völlig anonym ist", war abzulehnen, weil dieser Beweisantrag nicht entscheidungserheblich war. Ob diese vom Beamten vermeintliche Person oder eine andere Person anonym angerufen hat, ist für die Entscheidung nicht relevant, weil sich die Beamten zunächst über Verdachtsmomente im Lokal vergewisserten und erst dann mit Personendurchsuchungen und einer Hausdurchsuchung einschritten.

4.5. Hinsichtlich der Durchführung der Personendurchsuchung der Bfin konnte diese, weil sie trotz Ladung nicht erschienen ist, nicht einvernommen werden. Es konnte aber die Aussage der einvernommenen Zeugin J M zugrundegelegt werden. Die weiters benannte Zeugin D T hingegen konnte über die Personendurchsuchung der Bfin keine Aussage machen, weil sie davon nichts wisse.

5. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

5.2. Gemäß Art.8 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Personendurchsuchungen greifen daher jedenfalls in Art.8 EMRK ein. Einfachgesetzliche Regelungen, die eine Personendurchsuchung vorsehen, sind daher am Maßstab des Art.8 Abs.2 EMRK zu messen. Ob auch ein Eingriff in Art.3 EMRK vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

5.3. Gemäß § 1 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl.Nr.

566/1991, regelt dieses Bundesgesetz die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei, wobei die Sicherheitspolizei aus der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit und aus der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht besteht (§ 3 SPG). Von den Aufgaben im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit sind die Gefahrenabwehr, der vorbeugende Schutz von Rechtsgütern usw. umfaßt (§ 20 SPG).

Den Sicherheitsbehörden obliegt die Abwehr allgemeiner Gefahren. Sie haben gefährlichen Angriffen unverzüglich ein Ende zu setzen. Hiefür ist dieses Bundesgesetz auch dann maßgeblich, wenn bereits ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist (§ 21 Abs.1 und 2 SPG).

Überdies haben Sicherheitsbehörden gefährlichen Angriffen auf Leben, Gesundheit, Freiheit, Sittlichkeit, Vermögen oder Umwelt vorzubeugen, sofern solche Angriffe wahrscheinlich sind (§ 22 Abs.2 SPG). Nach einem gefährlichen Angriff haben die Sicherheitsbehörden, unbeschadet ihrer Aufgaben nach der Strafprozeßordnung 1975, die maßgebenden Umstände, einschließlich der Identität des dafür Verantwortlichen, zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten ausschließlich die Bestimmungen der StPO (§ 22 Abs.3 SPG).

5.3.1. Es wird daher durch die Schaffung der Bestimmungen des SPG im Bereich der Sicherheitspolizei (§ 20 im Zusammenhalt mit § 16 SPG) der Anwendungsbereich der StPO dort eingeschränkt, wo ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, aber ein gefährlicher Angriff iSd § 16 SPG noch nicht beendet ist, weil das Ende des gefährlichen Angriffs mit der formellen Vollendung der Straftat, also mit der Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale nicht unbedingt zusammenfallen muß. Ausschlaggebend ist die noch andauernde Bedrohung des geschützten Rechtsgutes (vgl. auch Hauer-Keplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, Anm.32 zu § 16). Weiters ist auch die Aufklärung strafbarer Handlungen bzw. gefährlicher Angriffe Regelungsgegenstand des SPG, allerdings nur insoweit, als es zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Dies bis zu dem Zeitpunkt, an dem feststeht, daß mit weiteren Angriffen nicht mehr zu rechnen ist (vgl. auch Hauer-Keplinger, S.122).

5.3.2. Gemäß § 16 Abs.1 Z1 SPG besteht eine allgemeine Gefahr bei einem gefährlichen Angriff, wobei ein gefährlicher Angriff in § 16 Abs.2 Z2 SPG als die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer nach den §§ 12, 14 oder 14a des Suchtgiftgesetzes, BGBl.Nr. 234/1951, strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, definiert ist. Ein gefährlicher Angriff ist auch Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Bedrohung vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird (§ 16 Abs.3 SPG).

5.3.3. Nach dem festgestellten erwiesenen Sachverhalt bot sich den Sicherheitswachebeamten bei Annäherung und Betreten des Lokals "L V" in der R, der Eindruck eines sehr vollen Lokales mit lärmenden und zum Teil enthemmten Gästen, welche zum Großteil amtsbekannt waren und der Suchtgiftszene, den Hooligans, dem Prostituiertenmilieu und dem illegalen Waffenbesitz zuzurechnen waren. Personendurchsuchungen der männlichen Gäste haben das Aufgreifen eines Tränengassprays, also einer illegalen Waffe, von 2g Cannabis-Harz und von Hanfkörnern ergeben. Aufgrund der außergewöhnlichen Anzahl von einschlägig bekannten Personen, des Umstandes, daß - wenn auch geringe Mengen - Suchtgift gefunden wurde und eine Person ins WC laufen und etwas hinunterspülen konnte, und des weiteren Vorfalles, daß während der Amtshandlung ein Gast in äußerst bedenklicher Weise in sich zusammensackte und keine Reaktionen mehr zeigte, und unter Bedachtnahme, daß die Personendurchsuchungen eine geraume Zeit in Anspruch nahmen, in welcher auch das Ablegen von Suchtgift im Gastraum möglich gewesen wäre, konnten die einschreitenden Organe aus der momentanen Situation zum Zeitpunkt des Einschreitens davon ausgehen, daß ein gefährlicher Angriff unmittelbar gegenwärtig stattfindet oder noch geschehen wird. Aufgrund der Zahl der anwesenden einschlägig bekannten Personen im Zusammenhang mit deren ungehemmten und lauten Verhalten sowie im Zusammenhang mit dem anonymen Anruf, daß "so viel Rauschgift im Lokal zu finden wäre, daß man eine Kompanie eindecken könnte", konnten die einschreitenden Organe von einer Tatbegehung gemäß § 12 oder § 14a Suchtgiftgesetz ausgehen bzw.

von einer noch drohenden Begehung nach § 12 bzw. § 14a SGG.

Zu letzterem wäre nämlich die Vorbereitung des Ablegens von Suchtgift im Lokalraum zum Zweck der weiteren Tatbegehung nach dem Suchtgiftgesetz zu zählen. Nach den einschlägigen zitierten Bestimmungen des SPG haben daher die einschreitenden Organe der Bedrohung des Rechtsgutes des Lebens und der Gesundheit ein Ende zu setzen und auch die maßgebenden Umstände zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. In dem abgezeichneten Rahmen sind daher die Bestimmungen und Befugnisse des SPG und nicht der StPO anzuwenden (siehe Ausführungen zu 5.3.1.).

5.4. Gemäß § 28 Abs.2 SPG dürfen die Sicherheitsbehörden und die Organe des öffentlichen Sicherheitdienstes zur Erfüllung der ihnen in diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben alle rechtlich zulässigen Mittel einsetzen, die nicht in Rechte eines Menschen eingreifen. In die Rechte eines Menschen dürfen sie bei der Erfüllung dieser Aufgaben nur dann eingreifen, wenn eine solche Befugnis in diesem Bundesgesetz vorgesehen ist und wenn entweder andere Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben nicht ausreichen oder wenn ihr Einsatz außer Verhältnis zum sonst gebotenen Eingriff steht.

5.4.1. Gemäß § 40 Abs.2 SPG sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, Menschen zu durchsuchen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, diese stünden mit einem gegen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum gerichteten gefährlichen Angriff im Zusammenhang und hätten einen Gegenstand bei sich, von dem Gefahr ausgeht.

Die den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes in den Abs.1 und 2 eingeräumten Befugnisse gelten auch für das Öffnen und das Durchsuchen von Behältnissen (zB Koffer oder Taschen), die der Betroffene bei sich hat. Bei Durchsuchungen gemäß Abs.1 und 2 haben sich die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf eine Durchsuchung der Kleidung und eine Besichtigung des Körpers zu beschränken, es sei denn, es wäre aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen, der Betroffene habe einen Gegenstand in seinem Körper versteckt; in solchen Fällen ist mit der Durchsuchung ein Arzt zu betrauen (§ 40 Abs.3 und 4 SPG).

War auch die Hausdurchsuchung (ohne Erfolg) bereits beendet, so war aus der ad hoc-Situation auch zu diesem Zeitpunkt noch von einem drohenden gefährlichen Angriff oder aber von einem gegenwärtigen noch nicht beendeten gefährlichen Angriff auszugehen. Weil im Zuge der Amtshandlung ein weiblicher Gast in sich zusammensackte und unansprechbar war und ins Krankenhaus verbracht werden mußte und andererseits im Gastraum selbst kein Suchtgift gefunden wurde, konnten die einschreitenden Organe davon ausgehen, daß die noch nicht durchsuchten weiblichen Gäste noch immer das Suchtgift bei sich hätten und iZm dem gefährlichen Angriff stünden. Es waren daher die Voraussetzungen für die Personendurchsuchung der Bfin gemäß § 40 Abs.2 SPG gegeben. Im Rahmen dieser Befugnisse ist auch das Durchsuchen der Kleidung sowie auch der mitgebrachten Behältnisse inkludiert. Diese Befugnis wurde nach den erwiesenen Feststellungen auch nicht in exzessiver Weise ausgeübt. Eine die Menschenwürde beeinträchtigende gröbliche Mißachtung der Bfin als Person bzw.

eine erniedrigende Behandlung ist im Beweisverfahren nicht aufgekommen. Entsprechende Behauptungen wurden von der Bfin nicht erhoben. Es wurde daher in die Rechtssphäre der Bfin möglichst schonend eingegriffen. Es kam daher der Beschwerde keine Berechtigung zu.

5.5. Gemäß § 88 Abs.1 SPG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein (Art.129a Abs.1 Z2 B-VG).

Aus der zitierten Gesetzesstelle erhellt, daß die darin vorgesehene Beschwerdemöglichkeit sich lediglich auf den Anwendungsbereich des SPG, nämlich die Sicherheitspolizei bzw. Sicherheitsverwaltung erstreckt.

Eine über den Bereich der Sicherheitspolizei hinausgehende Kompetenz zur Entscheidung über Maßnahmen in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kommt den unabhängigen Verwaltungssenaten schon gemäß dem Art. 129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG zu, weshalb § 88 Abs.1 SPG nur deklaratorischen Charakter hat.

Im Grunde der Anwendbarkeit des SPG war daher die vorliegende Beschwerde gemäß §§ 40 und 88 Abs.1 SPG als unbegründet abzuweisen.

6. Gemäß § 88 Abs.4 SPG gelten bei Beschwerden gemäß Abs.1 die §§ 67c bis 67g AVG. Weil aber bei Maßnahmenbeschwerden nach Art.129a Abs.1 Z2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z2 AVG nach § 79a AVG nur der obsiegenden Partei der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Kosten zusteht und dem § 88 Abs.1 SPG nur deklaratorischer Charakter zukommt, war auch im gegenständlichen Fall die planwidrige Lücke zu schließen und § 79a AVG anzuwenden.

Da die Beschwerde keinen Erfolg hatte, hat die Bfin ihre Kosten selbst zu tragen. Der Kostenantrag war daher gemäß §§ 74 und 79a AVG abzuweisen.

Entsprechend dem Kostenersatzantrag der belangten Behörde waren dieser entsprechend der Judikatur des VwGH in Anlehnung der §§ 47 ff VwGG bzw. die darauf gegründete Pauschalierungsverordnung Pauschalsätze, gekürzt um ein Drittel, für den Schriftsatzaufwand von 2.667 S, den Vorlageaufwand von 377 S und Verhandlungsaufwand von 3.467 S zuzusprechen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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