Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103147/2/Br

Linz, 13.09.1995

VwSen-103147/2/Br Linz, am 13. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung der Frau K O, M, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 6. September 1995, Zl. VerkR96-2039-1995, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben. Der angefochtene Bescheid wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. Nr.

666/1993 VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden der Berufungswerberin 260 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem Straferkenntnis vom 6. September 1995 wegen der Übertretung nach § 52a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO wider die Berufungswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 1.300 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 39 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Mit diesem Straferkenntnis hat die Erstbehörde dem wider eine in dieser Sache bereits erlassene Strafverfügung erhobenen Einspruch insofern Folge gegeben, als sie die darin verhängte Geldstrafe von 1.800 S und die Ersatzfreiheitsstrafe von 54 Stunden auf das hier angefochtene Strafausmaß ermäßigt hatte.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß für die Strafbarkeit bereits fahrlässige Begehungsweise genügte. Geschwindigkeitsüberschreitungen seien immer wieder die Ursache schwerer Verkehrsunfälle, weshalb im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung sowohl aus Gründen der Spezial- als auch der Generalprävention eine strenge Strafe geboten sei. Unter Bedachtnahme auf die sonstigen Strafzumessungsgründe sei daher eine weitere Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht zu ziehen gewesen.

Mit diesen Ausführungen ist die Erstbehörde durchaus im Recht.

2.1. Die Berufungswerberin führt anläßlich der von der Erstbehörde durchgeführten Strafverhandlung und der nachfolgenden Bescheidverkündung lediglich aus, daß sie die Übertretung nicht vorsätzlich begangen habe. Nach der Bescheidverkündung vermeint die Berufungswerberin als Berufungserklärung lediglich, daß sie um eine weitere Herabsetzung der Strafe ersuche.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Zumal sich die Berufung bloß gegen das Strafausmaß richtete und ein gesonderter Antrag auf die Vornahme einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG). Bemerkt wird, daß die am Formular der Strafverhandlungsschrift von der Erstbehörde ergänzend angefügte Rechtsmittelbelehrung ..."oder beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich".... nicht mehr der Rechtslage entspricht (siehe § 63 Abs.5 idF BGBl.

Nr.471/1995).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung erforderliche Sachverhalt.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von 1.300 S selbst bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen und trotz des zuzuerkennenden und zuerkannten strafmildernden Umstandes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit objektiv nicht entgegengetreten werden kann. Ein nicht bloß geringer Tatunwert derartiger Übertretungen liegt insbesondere darin, daß mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung und somit erhöhte Unfallsneigung ausgeht. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der von der Berufungswerberin getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg um 47 Meter verlängert gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 50,46 Meter beträgt, liegt dieser bei der von der Berufungswerberin gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen bei über 97 Metern (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer).

Diesem Ergebnis liegt zugunsten der Berufungswerberin schon die Berücksichtigung einer Verkehrsfehlergrenze zugrunde.

Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei Geschwindigkeitsüberschreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren (unfallvermeidenden) Konstellationen kommen kann. Dies sind eben dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt dann (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet. Eine Bestrafung ist, wie die Erstbehörde zutreffend ausführte, somit insbesondere auch aus Gründen der Spezialprävention indiziert. Die Erstbehörde hat sich daher bei der Strafzumessung durchaus innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes bewegt und hier mit der Herabsetzung der Strafe von ursprünglich 1.800 S eher eine als niedrig zu bezeichnende Strafe verhängt.

Wie die Erstbehörde unter Hinweis auf § 5 Abs.1 VStG zutreffend ausgeführt hat, genügt für die Strafbarkeit bereits fahrlässige Begehungsweise. Grundsätzlich muß aber von einem Fahrzeuglenker erwartet werden, daß er bei Erreichen von "Geschwindigkeitsbeschränkungen", welche immer nur auf einer relativ kurzen Strecke gelten, bzw.

entsprechende Wiederholungszeichen angebracht sind, einen Blick auf den Tacho wirft, sodaß hier seiner Verantwortung einer bloß fahrlässigen Begehung wohl kaum gefolgt werden kann. Ein allfälliges "Übersehen" der Fahrgeschwindigkeit wäre allenfalls noch auf Freilandstraßen oder Autobahnen wo man eben nicht gesondert auf eine bestimmte Fahrgeschwindigkeit erinnert wurde - denkbar.

Der O.ö. Verwaltungssenat sieht daher keine Veranlassung von dem hier verhängten Strafausmaß abzugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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